Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung des Rechtsmittelstreitwerts bei unterhaltsrechtlicher Auskunftsklage
Leitsatz (redaktionell)
Der Streitwert einer Auskunftsklage zur Vorbereitung der erstmaligen Geltendmachung von nachehelichem Unterhalt ist mit einem Bruchteil des vollen voraussichtlichen Unterhaltsanspruchs (3,5-facher Wert des Jahresbezugs) und nicht nach dem voraussichtlichen Unterschiedsbetrag gegenüber dem Trennungsunterhalt zu bemessen.
Normenkette
ZPO § 9
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 4. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. November 1998 aufgehoben.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
I.
Die Ehe der Parteien ist seit dem 22. September 1997 rechtskräftig geschieden. Zur Berechnung ihres Trennungsunterhaltes hatte der Beklagte der Klägerin am 18. März 1997 Auskunft über seine Einkünfte in den Monaten Februar 1996 bis Februar 1997 gegeben; ferner hatte er am 2. Juni und 22. Juli 1997 unter Vorlage der Gehaltsabrechnung für den Monat Juni 1997 mitgeteilt, daß sein Gehalt trotz Arbeitsplatzwechsels gleichgeblieben sei.
Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin zur Vorbereitung einer Klage auf nachehelichen Unterhalt Auskunft durch Vorlage von Gehaltsabrechnungen, des Steuerbescheids 1997 und eines aktuellen Arbeitsvertrages begehrt und dazu vorgetragen, daß der Beklagte zum Jahreswechsel 1997/1998 erneut seine Arbeitsstelle gewechselt habe.
Das Amtsgericht hat die Klage mangels Wahrung der 2-Jahresfrist des § 1605 Abs. 2 BGB abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.500 DM nicht übersteige, und dazu ausgeführt: Da der Beklagte bereits in den Monaten März, Juni und Juli 1997 Auskunft über seine Einkünfte erteilt habe, könne es allenfalls um ein inzwischen gestiegenes Einkommen des Beklagten gehen, aufgrund dessen sich gegenüber seinem früheren Einkommen ein höherer Unterhaltsanspruch ergeben könnte. Die Klägerin habe aber nicht glaubhaft gemacht, daß der Beklagte mit seinem zweiten Arbeitsplatzwechsel eine die ehelichen Lebensverhältnisse prägende, so deutliche Einkommenssteigerung erreicht habe, daß der erhoffte Steigerungsbetrag ihres Leistungsanspruches bzw. der aus einem Bruchteil desselben zu errechnende Auskunftsanspruch die Berufungssumme erreiche.
II.
Dem kann nicht gefolgt werden, da das Berufungsgericht nicht hinreichend zwischen Elementen der Zulässigkeit der Berufung und ihrer Begründetheit unterscheidet.
Der Rechtsmittelstreitwert eines in der Vorinstanz abgewiesenen unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruches ist in der Regel mit einem Bruchteil des voraussichtlichen Unterhaltsanspruches zu bemessen; dessen Wert richtet sich gemäß § 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Wert des Jahresbezugs (Senatsurteil vom 8. Januar 1997 - XII ZR 307/95 - FamRZ 1997, 546). Dabei ist aber zu beachten, daß die Klägerin im vorliegenden Verfahren keine Erhöhung ihres Trennungsunterhalts im Rahmen einer Abänderungsklage, sondern erstmals ihren nachehelichen Unterhalt geltend macht, der mit dem Trennungsunterhalt nicht identisch ist (st. Rspr. siehe Senatsurteile vom 14. Januar 1981 - IVb ZR 575/80 - FamRZ 1981, 242 f. und vom 13. Januar 1988 - IVb ZR 7/87 - FamRZ 1988, 370 f.). Sie hat daher Anspruch auf Titulierung des vollen nachehelichen Unterhaltsbetrags, nicht nur eines Differenzbetrages, der sich aufgrund eines gestiegenen Einkommens des Beklagten ergeben könnte. Da die Klägerin ihren voraussichtlichen Unterhaltsanspruch mit mindestens 1.579 DM monatlich angegeben hat, würde sich hieraus ein Rechtsmittelstreitwert für die Hauptsache von (1.579 DM × 12 × 3,5 =) 66.318 DM errechnen, wovon bereits 1/10 ausreichen würde, um die Berufungssumme zu erreichen. Damit ist die Berufung zulässig.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Klägerin ungeachtet § 1605 Abs. 2 BGB für ihren nachehelichen Unterhalt bereits vor Ablauf von zwei Jahren erneut Auskunft verlangen kann, wenn der unterhaltsverpflichtete Beklagte im Rahmen des Trennungsunterhalts Auskunft erteilt hat (hierzu vgl. OLG Hamm FamRZ 1990, 657; 1996, 868; Heiß/Heiß Unterhaltsrecht I 6.19 Rdn. 72, 73; Kalthoener/Büttner Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 6. Aufl. Rdn. 608; Johannsen/Henrich/Büttner Eherecht 3. Aufl. § 1580 BGB Rdn. 15; OLG Thüringen FamRZ 1997, 1280). Dies ist aber keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Berufung, über die das Oberlandesgericht noch zu befinden hat.
Unterschriften
Blumenröhr, Hahne, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 539541 |
FamRZ 1999, 1497 |
NJWE-FER 1999, 250 |