Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittelstreitwert eines unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsmittelstreitwert eines in der Vorinstanz abgewiesenen unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruchs ist regelmäßig mit einem Bruchteil des voraussichtlichen Unterhaltsanspruchs zu bemessen; dessen Wertberechnung bestimmt sich nach § 9 ZPO (im Anschluß an Senatsurteil vom 31. März 1993 – XII ZR 67/92 – FamRZ 1993, 1189).
Normenkette
ZPO § 9
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 27.11.1995) |
AG Bad Segeberg |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 27. November 1995 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind seit 1987 geschieden. In einem Scheidungsfolgenvergleich hatte sich der Beklagte zur Zahlung eines Ehegattenunterhalts von monatlich 656 DM bis einschließlich Oktober 1988 verpflichtet. Danach sollte der Unterhalt neu vereinbart werden. Die Klägerin hatte ihre während der Ehe ausgeübte Teilzeittätigkeit ab September 1988 zu einer Vollzeitbeschäftigung ausgedehnt und danach keinen Unterhalt mehr verlangt. Im Januar 1992 verlor sie ihre Arbeitsstelle infolge Konkurses ihres Arbeitgebers und bezieht seither Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe.
Mit der im August 1994 erhobenen Stufenklage begehrte sie die Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung über sein Jahreseinkommen im Jahre 1993 und zur Zahlung eines entsprechenden Unterhalts.
Das Amtsgericht hat durch Teilurteil die Auskunftsklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, weil die Berufungssumme nicht erreicht werde. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat den Wert des Auskunftsanspruchs mit einem Bruchteil, nämlich 1/4, des Jahresbetrages bemessen, den die Klägerin voraussichtlich als Unterhalt beanspruchen könne. Dabei ist es davon ausgegangen, daß ein Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 BGB in Betracht komme. Diesen hat es gemäß § 3 ZPO auf monatlich höchstens 300 DM geschätzt, und zwar aufgrund eines – zugunsten der Klägerin – unterstellten gleich gebliebenen Einkommens ihrerseits und eines angenommenen, seit September 1988 um rund 42 % gestiegenen Einkommens des Beklagten. Als Rechtsmittelstreitwert hat es 1/4 des Jahresbetrags dieses Differenzunterhalts, nämlich (300 DM × 12: 4 =) 900 DM zugrunde gelegt und die Berufung mangels Erreichens der Rechtsmittelsumme als unzulässig verworfen.
2. Dem kann nicht in allen Punkten gefolgt werden.
Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, den Rechtsmittelstreitwert für den Auskunftsanspruch nach dem wirtschaftlichen Interesse zu bemessen, das die Klägerin an der Erteilung der Auskunft hat. Dieses ist nach § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Dabei bildet der Leistungsanspruch, zu dessen Durchsetzung die Auskunft benötigt wird, einen Anhaltspunkt. Er ist zunächst ebenfalls nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei anhand des Tatsachenvortrags der klagenden Partei von ihren Vorstellungen auszugehen ist, die sie sich über den Wert ihres Leistungsanspruchs gemacht hat. Der Wert des Auskunftsanspruchs ist allerdings nicht identisch mit dem Leistungsanspruch, sondern in der Regel nur mit einem Bruchteil desselben zu bewerten, da die Auskunft die Geltendmachung dieses Anspruchs erst vorbereiten soll. Dabei werden üblicherweise 1/4 bis 1/10 zugrunde gelegt (vgl. zum ganzen Senatsurteil vom 31. März 1993 – XII ZR 67/92 – BGHR ZPO § 3 Rechtsmittelinteresse 22 = FamRZ 1993, 1189 m.w.N.).
Das Oberlandesgericht hat hier rechtlich bedenkenfrei 1/4 angenommen. Ob es bei der Schätzung des voraussichtlichen Unterhaltsanspruchs in Höhe von 300 DM den ihm gemäß § 3 ZPO eingeräumten, in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt nachprüfbaren Ermessensspielraum überschritten hat (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 6. Dezember 1989 – IVb ZB 90/89 – BGHR ZPO § 3 Beschwerdewert 1), wie die Revision meint, kann hier dahinstehen. Denn für die Berechnung des Rechtsmittelstreitwerts ist § 9 ZPO maßgebend (vgl. Senatsurteil vom 31. März 1993 a.a.O. und Senatsbeschluß vom 7. Dezember 1994 – XII ZB 112/94 – FamRZ 1995, 729, 730). Nach dessen ab 1. März 1993 geltender Fassung wird der Wert eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen wie hier des Unterhaltsanspruchs nach dem 3,5-fachen Wert des Jahresbezugs und nicht nur, wie vom Oberlandesgericht angenommen, nach dem einfachen Wert des Jahresbezugs bemessen. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch auf ein Jahr beschränken will, so daß nur ein auf ein Jahr begrenzter bestimmter Gesamtbetrag als der geringere zugrundezulegen wäre (vgl. § 9 Satz 2 ZPO), sind nicht ersichtlich. Danach ergibt sich hier ein Wert des Leistungsanspruchs von 300 DM × 12 × 3,5 = 12.600 DM, wovon 1/4 = 3.150 DM für den Auskunftsanspruch anzusetzen ist. Damit wird die Berufungssumme überschritten, so daß das Rechtsmittel zulässig ist. Die Sache war daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Gerber
Fundstellen
Haufe-Index 1128087 |
NJW 1997, 1016 |
FuR 1998, 90 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 1997, 504 |