Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 12.05.2017; Aktenzeichen 3 S 73/16) |
AG Wiesbaden (Entscheidung vom 19.05.2016; Aktenzeichen 91 C 4027/15) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Beklagten gemäß § 552 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, soweit sie die Härteregelung nach § 574 BGB betrifft, und sie im Übrigen durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung zum Zwecke der Nutzung der Wohnung als Ferien- und Zweitwohnung.
Rz. 2
Der Kläger ist Nießbrauchsberechtigter eines älteren, aus vier Wohnungen in vier Geschossen bestehenden Hauses in sehr bevorzugter Lage der Landeshauptstadt Wiesbaden. Eigentümer des Hauses sind seine drei Kinder, die jeweils verheiratet sind und ihrerseits insgesamt sechs Kinder haben. Ebenso wie der Kläger haben seine Kinder und deren Familien ihren Lebensmittelpunkt in Finnland, wo sie auch über Ferienimmobilien verfügen.
Rz. 3
Der Kläger und seine Kinder nutzen zwei der vier Wohnungen des streitgegenständlichen Anwesens für gelegentliche Aufenthalte in Wiesbaden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfolgt die Nutzung etwa zweimal pro Jahr für ein bis zwei Wochen, insbesondere für Familientreffen. Das Anwesen stammt aus Familienbesitz, dem Wiesbadener Zweig der Familie des Klägers, dessen Großmutter väterlicherseits aus Wiesbaden stammte und dessen Vater mehrere Jahre lang in Wiesbaden lebte. Es gelangte schließlich im Wege der Erbfolge an die Kinder des Klägers. Diese haben von Kindheit an eine starke Verbundenheit mit Wiesbaden und verfügen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch über nicht unerhebliche Kenntnisse der deutschen Sprache.
Rz. 4
Der Beklagte ist seit dem Jahr 1993 Mieter der im zweiten Obergeschoss des Hauses gelegenen streitgegenständlichen Fünfzimmerwohnung. Er verfügt zudem über Wohnimmobilien sowohl in unmittelbarer Nähe des Hauses als auch im nahe gelegen Wiesbaden-B..
Rz. 5
Mit Schreiben vom 29. August 2014 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Kündigung des Mietverhältnisses zum 1. September 2015 wegen Eigenbedarfs. Zur Begründung führte er aus, er benötige eine weitere Wohnung in dem Anwesen für die Familien seiner Kinder, um deren Aufenthalte in Wiesbaden sicherzustellen. Die bisher hierzu von seinen Kindern und deren Familien genutzte Dachgeschosswohnung sei für sechs Erwachsene und vier Kinder zu klein; zudem würden nach der Familienplanung für die nächsten Jahre weitere vier (Enkel-)Kinder erwartet. Aufgrund der mehrere Generationen übergreifenden Beziehung der Familie des Klägers zu Wiesbaden und der über Generationen wiederkehrenden Aufenthalte der Familie in Wiesbaden liege ein zulässiger Eigenbedarf vor, der nach der Rechtsprechung auch bei einer nicht dauerhaften Nutzung bestehen könne und der nach der individuellen Lebensgestaltung des Klägers und seiner Familie auch nicht überhöht sei.
Rz. 6
Das Amtsgericht hat die auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gerichtete Klage abgewiesen, da die beabsichtigte Nutzung der Wohnung für wenige Wochen im Jahr keine Nutzung zu Wohnzwecken darstelle und es daher an einem Wohnbedarf fehle. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil – nach Vernehmung der drei Kinder des Klägers als Zeugen – abgeändert und der Klage stattgegeben.
Rz. 7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 8
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts könne allein mit dem Argument, die nur wenige Wochen im Jahr währende Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung sei keine Nutzung zu Wohnzwecken, der berechtigte Eigenbedarf nicht verneint werden. Nach den vom Bundesgerichtshof und vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne hier noch von einem angemessenen Wohnbedarf des Klägers für seine weitere Familie ausgegangen werden. Voraussetzung für die Geltendmachung von Eigenbedarf seien dabei ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe. Nicht erforderlich sei, dass der Vermieter einen Mangel an Wohnraum habe. Auch komme es nicht entscheidend darauf an, ob er bereits eine andere Wohnung besitze und diese nicht aufgeben wolle. Die Begründung des Lebensmittelpunkts in der streitgegenständlichen Wohnung sei für den Eigenbedarf gerade nicht erforderlich, auch ein zeitlich begrenzter Bedarf an einer Wohnung könne die Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung erfüllen. Grundsätzlich sei es Sache des Einzelnen, welchen Wohnbedarf er für sich und seine Angehörigen für angemessen halte. Der vom Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf sei daher nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfen. Rechtsmissbräuchlich sei aber allenfalls ein weit überhöhter Wohnbedarf.
Rz. 9
Die umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls und das Ergebnis der Beweisaufnahme einschließlich des Lebensentwurfs, der Lebensplanung und der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Bedarfspersonen könnten hier gerade nicht einen rechtsmissbräuchlich weit überhöhten Wohnbedarf des Klägers begründen. Das Haus sei für den Kläger und seine Familie nicht irgendein Haus, sondern stamme aus Familienbesitz und sei damit gerade Ausdruck der Verbundenheit des Klägers und seiner Familie mit der Stadt Wiesbaden und dem Wiesbadener Zweig der Familie. Zwar hätten die Kinder des Klägers lediglich bestätigt, eher nur zweimal im Jahr für ein bis zwei Wochen in Wiesbaden zu sein. Dies genüge aber den oben genannten Kriterien, um einen Rechtsmissbrauch zu verneinen. Denn alle Kinder hätten übereinstimmend ausgesagt, schon aus ihrer eigenen Kindheit herrührend eine starke Verbundenheit mit Wiesbaden zu haben und dies auch ihren Kindern weitergeben zu wollen, wobei gerade der Aufenthalt in Wiesbaden in einem Haus für intensive, enge Zusammenkünfte der Familie geeignet sei. Die Aussagen der Zeugen seien auch von der Beklagtenseite letztlich nicht angezweifelt worden. Zudem lasse der „fehlende Eifer” der Darstellung einer zeitlich längeren Nutzung zu Familienferienanlässen ernstliche Zweifel an der Wahrheit der Aussagen nicht aufkommen.
Rz. 10
Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Größe der Familie sowie der besonderen Verbundenheit mit Wiesbaden und dem streitgegenständlichen Anwesen erscheine der Wunsch des Klägers, das Haus weitgehend für sich und seine Kinder selbst zu nutzen, aus seiner Sicht als vernünftig und nachvollziehbar. Zwei große Wohnungen erschienen im Übrigen auch zu Ferienzwecken für insgesamt bis zu 12 Personen nicht als weit überhöhter Wohnbedarf.
Rz. 11
Schließlich habe der Beklagte auch keinen Härtefall nach § 574 BGB geltend gemacht. Hier sei es sogar so, dass der Beklagte selbst über eigenes Immobilieneigentum in Wiesbaden verfüge und auch deswegen nicht zwingend auf den Wohnraum angewiesen sei.
Rz. 12
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 13
Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Verneinung der Voraussetzungen der Härteregelung nach § 574 BGB wendet. Insoweit ist die Revision nicht statthaft (§ 542 Abs. 1, § 543 Abs. 1 Nr. 1, 2 ZPO), weil sie – entgegen der Auffassung der Revision – vom Berufungsgericht diesbezüglich nicht zugelassen worden ist. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage beschränkt, ob eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auch zum Zwecke der Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung in Betracht komme.
Rz. 14
1. Eine solche Beschränkung der Zulassung der Revision muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 4. März 2014 – XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 18; vom 2. Mai 2017 – VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 16; vom 24. Oktober 2017 – II ZR 16/16, NJW-RR 2018, 39 Rn. 9; Beschlüsse vom 10. April 2018 – VIII ZR 247/17, WRP 2018, 710 Rn. 10; jeweils mwN; vom 12. Juni 2018 – VIII ZR 121/17, unter II 1, zur Veröffentlichung vorgesehen). So verhält es sich auch hier.
Rz. 15
Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zugelassen, da die Frage der Eigenbedarfskündigung zum Zwecke der Nutzung als Ferienwohnung – auch unter Berücksichtigung der im Berufungsurteil genannten Grundsätze des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 23. April 2014 (NJW 2014, 2417 Rn. 27-30) und des Senatsurteils vom 4. März 2015 (VIII ZR 166/14, BGHZ 204, 216 Rn. 13 ff.) – noch nicht ausdrücklich entschieden worden sei. Damit hat das Berufungsgericht die Zulassung der Revision ausdrücklich und ausschließlich auf das Vorliegen eines Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, namentlich auf die Frage beschränkt, ob auch ein zeitweiser Nutzungswunsch des Vermieters – wie insbesondere im Fall einer Ferienwohnung – einen Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB darstellen kann. Hingegen umfasst die Zulassung der Revision nicht die hiervon eindeutig zu trennende – vom Berufungsgericht verneinte – Frage, ob im Streitfall die Voraussetzungen der Härteregelung des § 574 BGB und damit eines Anspruchs des Beklagten auf Fortsetzung des Mietverhältnisses erfüllt sind.
Rz. 16
2. Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist auch wirksam. Zwar ist eine Beschränkung der Revision auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente unzulässig (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 22. September 2016 – VII ZR 298/14, BGHZ 212, 90 Rn. 18; vom 2. Februar 2017 – III ZR 41/16, NVwZ-RR 2017, 579 Rn. 23; vom 15. März 2017 – VIII ZR 295/15, NJW 2017, 2679 Rn. 13; jeweils mwN; Beschluss vom 12. Juni 2018 – VIII ZR 121/17, aaO unter II 2). Anerkanntermaßen hat das Berufungsgericht jedoch die Möglichkeit, die Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 26. April 2016 – XI ZR 108/15, WM 2016, 1031 Rn. 11; vom 15. März 2017 – VIII ZR 295/15, aaO; vom 10. November 2017 – V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 6; Beschlüsse vom 10. April 2018 – VIII ZR 247/17, aaO Rn. 20; jeweils mwN; vom 12. Juni 2018 – VIII ZR 121/17, aaO).
Rz. 17
Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Denn bei der Härteregelung nach § 574 BGB und dem dort geregelten Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, in deren Rahmen – und nicht in dem des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB – die besonderen Belange des Mieters im Einzelfall (individuelle Härte) auf dessen Widerspruch hin berücksichtigt werden (vgl. Senatsurteile vom 26. September 2012 – VIII ZR 330/11, NJW 2013, 225 Rn. 18; vom 29. März 2017 – VIII ZR 45/16, NJW 2017, 2018 Rn. 49 mwN), handelt es sich um einen selbständigen Teil des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff – hier namentlich dem Vorliegen von Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB – beurteilt werden (so bereits Senatsbeschluss vom 14. September 2010 – VIII ZR 83/10, WuM 2010, 680 Rn. 1 f.) und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 295/15, aaO Rn. 14; Senatsbeschlüsse vom 10. April 2018 – VIII ZR 247/17, aaO Rn. 21; jeweils mwN; vom 12. Juni 2018 – VIII ZR 121/17, aaO).
III.
Rz. 18
1. Soweit das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, fehlt es an einem Zulassungsgrund. Denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt einer der weiteren in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Revisionszulassungsgründe vor.
Rz. 19
Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, die Frage der Eigenbedarfskündigung zum Zwecke der Nutzung als Ferienwohnung sei noch nicht ausdrücklich entschieden worden. Diese Frage vermag die Zulassung der Revision jedoch nicht zu rechtfertigen, da sie sich ohne weiteres anhand der bereits ergangenen Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts beantworten lässt, die das Berufungsgericht für seine Entscheidung auch zutreffend herangezogen hat.
Rz. 20
a) Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts sind die wesentlichen Fragen der Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geklärt (so auch BVerfG, NJW 2014, 2417 Rn. 27 ff. mwN). Danach wird der Vermieter durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG in seiner Freiheit geschützt, die Wohnung bei Eigenbedarf selbst zu nutzen oder durch privilegierte Angehörige nutzen zu lassen. Dabei haben die Gerichte den Entschluss des Vermieters, die vermietete Wohnung nunmehr selbst zu nutzen oder durch den – eng gezogenen – Kreis privilegierter Dritter nutzen zu lassen, grundsätzlich zu achten und ihrer Rechtsfindung zugrunde zu legen. Ebenso haben sie grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen ansieht. Die Gerichte sind daher nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen.
Rz. 21
Dem Erlangungswunsch des Vermieters sind allerdings zur Wahrung berechtigter Belange des Mieters Grenzen gesetzt. Die Gerichte dürfen den Eigennutzungswunsch des Vermieters daraufhin nachprüfen, ob dieser Wunsch ernsthaft verfolgt wird, ob er von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen ist oder ob er missbräuchlich ist, etwa weil der geltend gemachte Wohnbedarf weit überhöht ist, die Wohnung die Nutzungswünsche des Vermieters überhaupt nicht erfüllen kann oder der Wohnbedarf in einer anderen (frei gewordenen) Wohnung des Vermieters ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden kann. Ferner wird der Mieter über die sogenannte Sozialklausel des § 574 BGB geschützt, indem er Härtegründe anbringen kann (Senatsurteile vom 4. März 2015 – VIII ZR 166/14, aaO Rn. 14 ff. mwN; vom 15. März 2017 – VIII ZR 270/15, NJW 2017, 1474 Rn. 18 f.; vom 21. März 2018 – VIII ZR 104/17, NZM 2018, 388 Rn. 17 f.; Senatsbeschluss vom 23. August 2016 – VIII ZR 178/15, NZM 2016, 715 Rn. 15 ff.; BVerfGE 68, 361, 367 ff.; 79, 292, 302 ff.; 89, 1, 9 ff.; BVerfG, NJW-RR 1999, 1097, 1098; WuM 2002, 21 f. [letztere jeweils zu § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF]).
Rz. 22
b) Auch ist – wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat – höchstrichterlich bereits entschieden, dass sowohl ein zeitlich begrenzter Bedarf hinsichtlich der Wohnung (vgl. hierzu Senatsurteile vom 20. Oktober 2004 – VIII ZR 246/03, NZM 2005, 143 unter II 1; vom 4. März 2015 – VIII ZR 166/14, aaO Rn. 31 ff.; BVerfG, NJW 2014, 2417 Rn. 29) als auch ein Wohnbedarf, der zwar nicht von seiner Gesamtdauer her zeitlich begrenzt ist, der aber nicht die ständige, sondern nur eine zeitweise Nutzung der Wohnung umfasst, die Voraussetzungen des „Benötigens” der Räume „als Wohnung” und damit die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfüllen kann.
Rz. 23
aa) Deshalb kann grundsätzlich auch die vom Vermieter beabsichtigte Nutzung der dem Mieter überlassenen Räume als Zweitwohnung eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB rechtfertigen (Senatsbeschluss vom 22. August 2017 – VIII ZR 19/17, NZM 2017, 846 Rn. 3 f.; ebenso BVerfG, aaO Rn. 27 ff.; Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2018, § 573 Rn. 95; Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 573 Rn. 28; BeckOK BGB/Hannappel, Stand 1. Mai 2018, § 573 Rn. 36; BeckOGK BGB/Geib, Stand 1. Juli 2018, § 573 Rn. 77; BeckOK Mietrecht/Siegmund, Stand 1. Juni 2018, § 573 Rn. 38; LG München I, ZMR 2018, 334, 335). Der Tatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wonach die Räume „als Wohnung” benötigt werden müssen, setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung – entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13. Aufl., § 573 BGB Rn. 104) – nicht voraus, dass der Vermieter oder eine der sonstigen in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannten privilegierten Personen in der dem Mieter überlassenen Wohnung den Lebensmittelpunkt begründen wollen (Senatsbeschluss vom 22. August 2017 – VIII ZR 19/17, aaO Rn. 4; BVerfG, aaO Rn. 29; Jauernig/Teichmann, BGB, 17. Aufl., § 573 Rn. 3).
Rz. 24
bb) Wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat, ist bei der rechtlichen Beurteilung des möglichen Eigenbedarfs hinsichtlich einer Zweitwohnung eine generalisierende, über den Einzelfall hinausgehende zeitliche Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals des „Benötigens” im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB – etwa in Gestalt einer konkreten „Mindestnutzungsdauer” der Zweitwohnung – nicht möglich. Vielmehr kommt es für die Beantwortung der Frage, ob der Wunsch des Vermieters, die vermietete Wohnung künftig als Zweitwohnung selbst zu nutzen oder durch privilegierte Angehörige im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nutzen zu lassen, eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigt, maßgeblich auf eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der oben (unter III 1 a) bereits genannten Kriterien an, wonach der Eigennutzungswunsch ernsthaft verfolgt werden, von vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen getragen sein muss und nicht missbräuchlich sein darf (vgl. Senatsbeschluss vom 22. August 2017 – VIII ZR 19/17, aaO Rn. 3).
Rz. 25
c) Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage, ob auch eine seitens des Vermieters beabsichtigte Nutzung der Wohnung als (eigengenutzte) Ferienwohnung – oder wie im vorliegenden Fall eine Nutzung sowohl als (eigengenutzte) Ferienwohnung als auch als Zweitwohnung – Eigenbedarf gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB begründen kann, lässt sich – wie das Berufungsgericht ebenfalls richtig gesehen hat und wovon auch die Revision ausgeht – unter Heranziehung der hierfür ebenfalls geltenden vorbezeichneten Grundsätze ohne Weiteres beantworten. Es kommt auch insoweit entscheidend darauf an, ob nach der Würdigung der Umstände des Einzelfalls der Eigennutzungswunsch des Vermieters ernsthaft verfolgt wird und von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen ist oder ob er missbräuchlich ist (vgl. BeckOK BGB/Hannappel, aaO; aA Schmidt-Futterer/Blank, aaO [Eigenbedarf an einer Ferienwohnung generell verneinend]; BeckOGK BGB/Geib, aaO [Eigenbedarf an einer Ferienwohnung im Regelfall verneinend]; wohl auch Staudinger/Rolfs, aaO). Hiervon ist mit Recht auch das Berufungsgericht ausgegangen.
Rz. 26
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung anhand der vorstehend genannten Maßstäbe stand. Das Berufungsgericht hat die Eigenbedarfskündigung des Klägers (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Beurteilung auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme und einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände für wirksam erachtet und dementsprechend zu Recht der Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung (§ 546 Abs. 1, § 985 BGB) stattgegeben. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
Rz. 27
a) Rechtsfehlerfrei und von der Revision insoweit nicht beanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kinder und Enkel des Klägers als Familienangehörige im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB anzusehen sind und der Kläger daher die Eigenbedarfskündigung auf die beabsichtigte Nutzung der Wohnung durch diese Personen stützen kann.
Rz. 28
b) Ebenfalls ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass nach den oben (unter III 1 b und c) genannten Grundsätzen auch eine vom Vermieter beabsichtigte Nutzung der dem Mieter überlassenen Wohnung als Zweit- und/oder Ferienwohnung die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung erfüllen kann.
Rz. 29
c) Auch ist die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach aufgrund der Gesamtumstände des vorliegenden Falles und des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass der Kläger seinen in der Kündigungserklärung geltend gemachten Eigennutzungswunsch ernsthaft verfolge und der Eigennutzungswunsch angesichts der hier gegebenen besonderen Umstände trotz des relativ geringen Umfangs der beabsichtigten Nutzung von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen sowie nicht rechtsmissbräuchlich sei, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Mit ihrer Rüge, der Eigennutzungswunsch des Klägers sei angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten jährlichen Nutzungsdauer von (nur) zwei bis vier Wochen nicht von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen, jedenfalls aber rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), versucht die Revision vergeblich, ihre eigene Würdigung an die Stelle der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts zu setzen, ohne jedoch einen Rechtsfehler der Beurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen.
Rz. 30
aa) Vergeblich versucht die Revision bereits im Ausgangspunkt die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, wonach die Nutzung durch die Kinder des Klägers und deren Familien bisher etwa zweimal pro Jahr für ein bis zwei Wochen erfolge, in Zweifel zu ziehen. Die Revision stützt sich hierbei lediglich auf einzelne Passagen der Aussagen von zwei der drei vernommenen Zeugen, ohne dabei – anders als das Berufungsgericht – den Gesamtinhalt dieser Aussagen und die Aussage der weiteren Zeugin vollständig in den Blick zu nehmen. Das Berufungsgericht konnte vielmehr – entgegen der Auffassung der Revision – im Rahmen der von ihm vorgenommenen Gesamtwürdigung des Inhalts aller Zeugenaussagen ohne weiteres und ohne Rechtsfehler zu der Feststellung gelangen, dass (zumindest) von einer Nutzung etwa zweimal pro Jahr für ein bis zwei Wochen auszugehen ist.
Rz. 31
bb) Ebenfalls ohne Erfolg versucht die Revision eine geringere Nutzungsdauer und einen geringeren Wohnbedarf aus dem Umstand herzuleiten, dass der Kläger in seinem Kündigungsschreiben ausgeführt hat, die derzeit für die Aufenthalte seiner Kinder und deren Familien vorhandene Dachgeschosswohnung sei zu klein, um alle drei Ehepaare nebst Kindern aufzunehmen, während sich aus den Zeugenaussagen der drei Kinder des Klägers ergebe, dass diese und ihre Familie „regelmäßig” nicht alle zur selben Zeit in Wiesbaden anwesend seien. Die Revision meint, für einen möglichen Bedarf hinsichtlich der Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung komme es alleine auf die Zeiträume an, zu denen die gesamte Familie in Wiesbaden anwesend sei.
Rz. 32
Auch diese Rüge der Revision greift nicht durch. Es trifft zwar zu, dass das Berufungsgericht nicht ausdrücklich festgestellt hat, dass sich der von ihm als erwiesen erachtete Nutzungszeitraum von zwei bis vier Wochen im Jahr auf die Anwesenheit der gesamten Familie bezieht. Auch trifft es zu, dass die Zeugen ausweislich des Sitzungsprotokolls des Berufungsgerichts (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO) im Rahmen ihrer Vernehmung bekundet haben, dass bei den von ihnen geschilderten Aufenthalten im Familienanwesen nicht ausnahmslos die gesamte Familie anwesend ist, sondern es daneben auch Aufenthalte gibt, bei denen nur Teile der gesamten Familie, insbesondere einzelne der Kinder des Klägers mit deren Kindern nach Wiesbaden in das Familienanwesen kommen.
Rz. 33
Entgegen der Auffassung der Revision ist den Aussagen der Zeugen, denen das Berufungsgericht mit Recht einen „fehlenden Eifer” der Darstellung einer zeitlich längeren (und intensiveren) Nutzung des Familienanwesens zugutegehalten hat, jedoch ohne Weiteres zu entnehmen, dass der Schwerpunkt der Nutzung deutlich in einer solchen für Zusammenkünfte der gesamten Familie liegt und diese Zusammenkünfte eine Dauer aufweisen, die der vom Berufungsgericht festgestellten jährlichen Nutzungsdauer entspricht.
Rz. 34
cc) Vergeblich versucht die Revision schließlich, die vom Berufungsgericht als gegeben erachtete Vernünftigkeit und Nachvollziehbarkeit des Eigennutzungswunschs des Klägers durch einen Verweis auf einen erhöhten und weiter steigenden Wohnungsbedarf in den Ballungszentren und den Großstädten in Zweifel zu ziehen. Die Revision verkennt hierbei, dass der Vermieter – wie oben (unter III 1 a) dargestellt – durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG in seiner Freiheit geschützt wird, die Wohnung bei Eigenbedarf selbst zu nutzen oder durch privilegierte Angehörige nutzen zu lassen, die Gerichte den Eigennutzungsentschluss des Vermieters grundsätzlich zu achten und ihrer Rechtsfindung zugrunde zu legen haben und dem Erlangungswunsch des Vermieters lediglich durch die oben ebenfalls genannten, jeweils auf den Einzelfall bezogenen Gesichtspunkte Grenzen gesetzt sind.
Rz. 35
dd) Ebenfalls ohne Erfolg bleibt schließlich auch der Einwand der Revision, der Erlangungswunsch des Klägers sei jedenfalls missbräuchlich, weil der geltend gemachte Wohnbedarf weit überhöht sei. Auch insoweit versucht die Revision vergeblich, ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen. Das Berufungsgericht ist jedoch rechtsfehlerfrei unter Heranziehung der oben genannten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme und einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis gelangt, dass insbesondere angesichts der besonderen Verbundenheit des Klägers und seiner Familie mit Wiesbaden und mit dem dortigen, schon seit langer Zeit im Eigentum der Familie stehenden streitgegenständlichen Anwesen sowie angesichts der Größe der Familie des Klägers und deren wirtschaftlicher Verhältnisse der Eigennutzungswunsch des Klägers von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen und nicht missbräuchlich, insbesondere der geltend gemachte Wohnbedarf nicht weit überhöht ist.
Rz. 36
Gegen diese tatrichterliche Beurteilung ist, anders als die Revision meint, aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
IV.
Rz. 37
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Unterschriften
Dr. Milger, Dr. Hessel, Dr. Bünger, Kosziol, Dr. Schmidt
Fundstellen