Entscheidungsstichwort (Thema)
Umschreibung eines Alttitels über Kindesunterhalt. Abänderung eines Alttitels über Kindesunterhalt
Leitsatz (amtlich)
1. Auf die sofortige Beschwerde gegen die Abänderung eines Alttitels über den Unterhalt eines minderjährigen Kindes im vereinfachten Verfahren ist der angefochtene Beschluss bei einer Entscheidung nach dem 30.6.2003 nicht schon deshalb aufzuheben, weil diese Vorschrift nach Art. 8 KindUG mit diesem Tage außer Kraft getreten ist.
2. Ein Antrag des Kindes auf Abänderung eines Alttitels über seinen Unterhalt für die Zeit seiner Minderjährigkeit wird nicht dadurch unzulässig, dass das Kind nach Antragstellung, aber vor der Entscheidung darüber volljährig wird.
Normenkette
ZPO § 645 Abs. 1, § 652 Abs. 1; KindUG Art. 8, 5 § 3
Verfahrensgang
KG Berlin (Beschluss vom 23.09.2003; Aktenzeichen 18 UF 132/03) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 05.03.2003; Aktenzeichen 127 FH 2179/01) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des KG in Berlin vom 23.9.2003 wird auf Kosten des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dessen sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 5.3.2003 als unzulässig verworfen wird, soweit sie sich gegen die Neufestsetzung des Unterhalts für die Zeit bis zum 30.6.2001 richtet.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Beschwerdewert: bis 300 EUR
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Umschreibung eines Alttitels über Kindesunterhalt gem. Art. 5 § 3 KindUG.
Durch Versäumnisurteil des AG Niebüll vom 24.8.1992 war der Antragsgegner verurteilt worden, an die Antragstellerin, seine am 17.12.1983 geborene Tochter, Regelunterhalt zzgl. eines Zuschlages von 25 % des Regelbedarfs bis zum vollendeten 18. Lebensjahr zu zahlen, und zwar ab 17.11.1995i.H.v. monatlich 488 DM. Durch Beschluss des AG Spandau vom 12.7.1996 war dieser Titel u.a. dahin geändert worden, dass sich der ab 1.1.1997 zu zahlende Unterhalt auf monatlich 518 DM belief.
Mit Schriftsatz vom 8.1.2001 beantragte die Antragstellerin, den geänderten Titel im vereinfachten Verfahren nach Art. 5 § 3 KindUG umzuschreiben und den Unterhalt für die Zeit ab Antragstellung neu auf 125 % des jeweiligen Regelbetrags (West) der dritten Altersstufe festzusetzen.
Das AG hat die Antragsschrift nicht mit einem Eingangsstempel versehen. Am 19.3.2001 wurde verfügt, den beigefügten Originaltitel zu kopieren und zurückzusenden sowie den Vorgang nach einem Monat wieder vorzulegen. Eine weitere Verfügung vom 3.5.2001 lautet: "2 Monate (kein Personal)". Am 3.7.2001 wurde die Sache erneut vorgelegt. Am 3.4.2002 wurde die Zustellung der Antragsschrift an den Antragsgegner verfügt. Am 4.7.2002 wurde diese Verfügung ausgeführt. Wegen zwischenzeitlicher Änderung der Anschrift des Antragsgegners konnte diesem die Antragsschrift erst am 26.7.2002 zugestellt werden. Inzwischen, nämlich am 17.12.2001, war die Antragstellerin volljährig geworden.
Mit Beschluss vom 5.3.2003 setzte das AG den Unterhalt für die Zeit ab 10.1.2001 auf 100 % des jeweiligen Regelbetrages (West) der dritten Altersstufe fest.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners wies das KG zurück. Dagegen richtet sich die vom KG zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Soweit die sofortige Beschwerde des Antragsgegners sich gegen die Neufestsetzung des Kindesunterhalts für die Zeit bis zum 30.6.2001 richtete, war sie unzulässig.
Zwar mag der Antragsgegner insofern durch den angefochtenen Beschluss des AG formell beschwert sein, als durch Abänderung des alten Titels ein neuer Titel gegen ihn geschaffen wurde. Jedenfalls fehlt ihm aber ein Rechtsschutzinteresse, gegen diesen Titel anzugehen, soweit damit der Unterhalt für die Zeit bis zum 30.6.2001 neu festgesetzt wurde. Denn nach dem Abänderungsbeschluss des AG Spandau vom 12.7.1996 hatte er für die Zeit ab 1.1.1997 monatlich 518 DM zu zahlen (Regelbedarf 502 DM + 25 % abzgl. 110 DM hälftiges Kindergeld). Demgegenüber wurde dem Antrag der Antragstellerin mit dem angefochtenen Beschluss - ohne nähere Begründung - nur i.H.v. 100 % des jeweiligen Regelbetrages stattgegeben, der sich gem. Art. 1 § 1 Nr. 3b der Ersten Verordnung zur Änderung der Regelbetrag-Verordnung vom 28.5.1999 (BGBl. I, 1100) für die Zeit vom 1.7.1999 bis 30.6.2001 auf 510 DM belief. Der titulierte Unterhalt ist somit, aus welchen Gründen auch immer, für diese Zeit zu seinen Gunsten um 8 DM monatlich herabgesetzt worden.
Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das AG den Unterhalt zu Recht für die Zeit ab 10.1.2001 neu festgesetzt hat, ohne den Zeitpunkt des Eingangs der Antragsschrift vom 8.1.2001 - etwa anhand des vergebenen Aktenzeichens - zu ermitteln.
Erst für die Zeit ab 1.7.2001 ist der Antragsgegner durch den neuen Titel auch materiell beschwert, weil sich der Regelbetrag gem. Art. 1 § 1 Nr. 3c der Zweiten Verordnung zur Änderung der Regelbetrag-Verordnung vom 8.5.2001 (BGBl. I, 842) von diesem Zeitpunkt an auf 525 DM erhöhte, 100 % dieses Betrages den zuvor titulierten Unterhalt somit um 7 DM monatlich überstiegen.
2. Soweit die sofortige Beschwerde zulässig war, hat das KG seine Entscheidung im Ergebnis zu Recht auf Art. 5 § 3 KindUG gestützt; dies greift die Rechtsbeschwerde auch nicht an.
Allerdings hat sich das KG nicht damit auseinandergesetzt, dass diese Vorschrift im Zeitpunkt seiner Entscheidung (23.9.2003) schon nicht mehr geltendes Recht war. Sie war gem. Art. 8 Abs. 2 KindUG am 1.7.2003 außer Kraft getreten.
Daraus wird von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur gefolgert, bei einer erst nach dem 30.6.2003 zu treffenden Entscheidung über eine Beschwerde gegen eine Abänderung eines Alttitels nach Art. 5 § 3 KindUG sei die rechtliche Grundlage für eine Abänderung unwiderruflich entfallen, so dass anhängige Verfahren nicht mehr fortgesetzt werden könnten oder zumindest noch nicht rechtskräftige Abänderungsbeschlüsse aufzuheben seien (Deutsches Institut für Jugend und Familie, Rechtsgutachten v. 31.10.2002, JAmt 2002, 513 f.; OLG Naumburg FuR 2004, 377 f.; FuR 2004, 378; OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.8.2001 - 10 UF 95/01, FamRZ 2002, 1346 - obiter dictum; wohl auch Schumacher/Grün, FamRZ 1998, 778 [797]; a.A. wohl Luthin/Seidel, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl., Rz. 7329).
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Mit dem Kindesunterhaltsgesetz wollte der Gesetzgeber die rechtliche Situation unterhaltsbedürftiger Kinder verbessern (BGH, Urt. v. 6.2.2002 - XII ZR 20/00, MDR 2002, 644 = BGHReport 2002, 323 m. Anm. Luthin = FamRZ 2002, 536 [540]). Sowohl damit als auch mit dem Rechtsstaatsprinzip wäre es nicht zu vereinen, wenn mit dem Außerkrafttreten des Art. 5 § 3 KindUG auch rechtzeitig gestellten, aber bis zum 30.6.2003 noch nicht beschiedenen Anträgen nach dieser Vorschrift jede Wirkung genommen würde. Das antragstellende Kind wäre damit, wie auch der vorliegende Fall zeigt, gerichtlicher Willkür schutzlos ausgeliefert (AG Wilhelmshaven v. 18.3.2004 - 16 FH 468/99, FamRZ 2004, 1887m. zust. Anm. Wettlaufer) und ggf. darauf angewiesen, Amtshaftungsansprüche geltend zu machen (Deutsches Institut für Jugend und Familie, Rechtsgutachten v. 31.10.2002, JAmt 2002, 513 [514]).
Art. 8 KindUG ist deshalb verfassungskonform dahin auszulegen, dass jedenfalls Beschlüsse, mit denen - wie hier durch den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 5.3.2003 - einem Abänderungsantrag nach Art. 5 § 3 KindUG vor dem 30.6.2003 stattgegeben wurde, nicht schon deshalb im Beschwerdeverfahren aufzuheben sind, weil über die Beschwerde bis zu diesem Stichtag noch nicht entschieden wurde. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber offenbar keinen Anlass gesehen hat, eine Überleitungsvorschrift für am 30.6.2003 noch anhängige Verfahren dieser Art vorzusehen. Zwar heißt es in der amtlichen Begründung zu Art. 6 des Regierungsentwurfs des KindUG - jetzt: Art. 8 KindUG - (BT-Drucks. 13/7338, 51):
"Abs. 2 enthält eine Außerkrafttretensregelung. Die Übergangsregelungen des Art. 4 (RegE = Art. 5 KindUG) ... sollen nach fünf Jahren außer Kraft treten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die anhängigen Verfahren in diesem Zeitraum abgeschlossen werden. Titel, die innerhalb dieses Zeitraums noch nicht umgestellt worden sind, können nach § 323 ZPO abgeändert werden. Die Befristung soll der Rechtsbereinigung dienen."
Es bedarf keiner näheren Begründung, dass das Interesse an einer Rechtsbereinigung hinter dem Rechtsstaatsprinzip zurücktreten muss. Soweit sich die Erwartung des Gesetzgebers, alle anhängigen Verfahren seien bis zum 30.6.2003 abgeschlossen, nicht erfüllt hat, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass er gleichwohl, hätte er dies bedacht, sämtliche Antragsteller in noch anhängigen Verfahren auf die kostspieligere Abänderungsklage nach § 323 ZPO hätte verweisen wollen, zumal derartige Unterhaltsverfahren zumeist im Wege der Prozesskostenhilfe und damit zu Lasten der Staatskasse durchgeführt werden. Insbesondere spricht die Begründung des Regierungsentwurfs von Titeln, die bis zum Stichtag noch nicht umgestellt worden sind, und nicht etwa von solchen, die bis dahin noch nicht rechtskräftig umgestellt worden sind. Das lässt eine Ausfüllung der auf einer Fehleinschätzung des Gesetzgebers beruhenden Regelungslücke dahin zu, dass zumindest bis zum 30.6.2003 - wenn auch noch nicht rechtskräftig - nach Art. 5 § 3 KindUG umgestellte Titel durch spätere Zurückweisung dagegen gerichteter Rechtsmittel noch rechtskräftig werden können.
3. Das KG hat die Abänderung des Alttitels gem. Art. 5 § KindUG ungeachtet der inzwischen eingetretenen Volljährigkeit der Antragstellerin für zulässig gehalten. Das hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
Verbreitet wird zwar unter Hinweis auf den angeblich eindeutigen Wortlaut des § 645 Abs. 1 ZPO die Auffassung vertreten, die Minderjährigkeit des Antragstellers sei eine zu jeder Zeit des (auch vereinfachten) Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung, die auch noch im Zeitpunkt der Beschlussfassung nach Art. 5 § 3 KindUG gegeben sein müsse (OLG Nürnberg v. 1.12.1999 - 7 WF 3949/99, OLGReport Nürnberg 2000, 77 f. = FamRZ 2001, 372, LS; OLG Naumburg, Beschl. v. 24.10.2001 - 8 WF 167/01, FamRZ 2002, 1048 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 31.7.2001 - 12 UF 153/01, MDR 2002, 279 f.; Musielak/Borth, 3. Aufl., vor § 645 Rz. 3; Göppinger/Wax/van Els, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 2236, für die Umstellung von Alttiteln, anders für das Verfahren der Erstfestsetzung: Rz. 2176; Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rz. 5254, anders noch 2. Aufl., Rz. 4254; Hk-ZPO/Kemper, vor §§ 645-660 Rz. 2; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., vor § 645 Rz. 1; Graba, NJW 2001, 249 [257]).
Die ebenfalls weit verbreitete Gegenmeinung stellt indes allein darauf ab, dass im vereinfachten Verfahren Unterhalt für die Zeit der Minderjährigkeit festgesetzt werden soll, so dass die Zulässigkeit des Verfahrens nach dieser Ansicht nicht entfällt, wenn der Antragsteller zwischen Antragstellung und Entscheidung volljährig geworden ist (OLG Köln v. 29.9.1999 - 27 UF 189/99, FamRZ 2000, 678 [679]; KG v. 17.3.2003 - 13 UF 73/03, MDR 2003, 1235 = KGReport Berlin 2003, 225; Coester-Waltjen in MünchKomm/ZPO, Aktualisierungsband, 2. Aufl., § 645 Rz. 6; Wendl/Thalmann, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 8 Rz. 331; Johannsen/Voßkuhle, Eherecht, 4. Aufl., § 645 ZPO Rz. 2; Luthin/Seidel, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl., Rz. 7322; Hoppenz/Zimmermann, Familiensachen, 8. Aufl., § 645 ZPO Rz. 2; FA-FamR/Gerhardt, 5. Aufl., Kap. 6, Rz. 202a; Schulz, FuR 1998, 385; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 63. Aufl., § 645 Rz. 3; OLG Naumburg v. 12.2.2004 - 14 AR 4/03, OLGReport Naumburg 2004, 302 = FamRZ 2005, 120, zu § 642 ZPO).
Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung. Er vermag bereits nicht nachzuvollziehen, warum der Wortlaut des § 645 Abs. 1 ZPO dieser Auffassung entgegenstehen soll. Denn dort heißt es gerade, dass auf Antrag der Unterhalt eines minderjährigen Kindes im vereinfachten Verfahren festgesetzt werden kann, und nicht etwa, dass auf Antrag eines minderjährigen Kindes dessen Unterhalt in diesem Verfahren festgesetzt werden könne. Auch das Gesetz stellt somit auf die Art des zu titulierenden Unterhaltsanspruchs ab, ohne die Befugnis zur Antragstellung von besonderen Eigenschaften des Antragstellers abhängig zu machen.
Vor allem spricht für diese Auffassung, dass auch Dritte, auf die der Unterhaltsanspruch nach § 91 BSHG (ab 1.1.2005: § 94 Abs. 4 Satz 2 SGB XII) oder nach § 7 Abs. 4 Satz 1 UVG übergegangen ist, sich dieses Verfahrens bedienen können, wie sich aus § 646 Abs. 1 Nr. 12 ZPO ergibt und auch von Vertretern der Gegenmeinung nicht in Abrede gestellt wird (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 645 Rz. 1; Göppinger/Wax/van Els, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 2175). Auch daraus folgt, dass das Gesetz dieses Verfahren nicht nur minderjährigen Kindern zur Verfügung stellen wollte, die ihren Unterhaltsanspruch selbst geltend machen.
4. Soweit die Beschwerde (für den Zeitraum ab 1.7.2001) zulässig ist, ist sie auch nicht etwa deswegen begründet, weil der neu festgesetzte Unterhaltsbetrag erst ab Zustellung des Antrags und nicht schon ab dessen Eingang bei Gericht zu zahlen wäre, wenn die Zustellung nicht "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO (vgl. § 270 Abs. 3 ZPO a.F.) erfolgt (vgl. dazu schon Odersky, FamRZ 1973, 528 [529], m.w.N.). Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob es bei der Neufestsetzung von Regelunterhalt allein auf den Zeitpunkt der Antragstellung - unabhängig von der Frage zeitnaher Zustellung - ankommt (so LG Heilbronn DAVorm 1993, 733 f.).
Der Antragsgegner hat jedenfalls Einwendungen gegen den Zeitpunkt, von dem an der neu festgesetzte Unterhalt gezahlt werden soll, vor dem 5.3.2003, an dem die Abänderung des Alttitels verfügt wurde, nicht geltend gemacht. Nach diesem Zeitpunkt kann er mit derartigen Einwendungen nach §§ 648 Abs. 1 Nr. 2, 648 Abs. 3, 652 Abs. 2 Satz 2 ZPO, die Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG im Verfahren der Abänderung von Alttiteln für entsprechend anwendbar erklärt, nicht mehr gehört werden.
5. Entsprechendes gilt, soweit der Antragsgegner geltend macht, die titulierten Ansprüche unstreitig bereits erfüllt zu haben. Mit diesem Einwand kann er im Verfahren der Abänderung von Alttiteln nach Art. 5 § 3 KindUG nicht gehört werden. Denn Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG erklärt u.a. § 648 Abs. 1 und 3 ZPO für entsprechend anwendbar, nicht aber § 648 Abs. 2 ZPO, dessen Satz 2 den Erfüllungseinwand - und dies auch nur unter bestimmten Voraussetzungen - im Verfahren der Erstfestsetzung zulässt (vgl. zum Ausschluss des Erfüllungseinwandes im Annexverfahren des § 653 ZPO auch BGH, Urt. v. 7.5.2003 - XII ZR 140/01, MDR 2003, 994 = BGHReport 2003, 1005 = FamRZ 2003, 1095 f.).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erweist sich der Antrag auf Abänderung des Alttitels auch nicht als rechtsmissbräuchlich. Die Antragstellerin hat auch bei Erfüllung ihres Unterhaltsanspruchs ein schutzwürdiges Interesse an der Abänderung ihres alten Titels allein schon deswegen, um eine Klärung herbeizuführen, in welcher Höhe ihr Unterhalt zustand und sie die Unterhaltsleistungen des Antragsgegners zu Recht erhalten hat. Denn eine Rückforderung überzahlten Unterhalts ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen; § 1360b BGB ist auf den Kindesunterhalt nicht entsprechend anwendbar (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 235). Erst ein Vollstreckungsversuch aus diesem Titel könnte rechtsmissbräuchlich sein.
6. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren war gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen, weil sich bei rechtzeitiger Zustellung der Antragsschrift vom 8.1.2001 die rechtsgrundsätzlichen Fragen, mit denen das KG und der BGH sich hier zu befassen hatten, nämlich zur Zulässigkeit des Verfahrens nach Volljährigkeit der Antragstellerin und zur Geltungsdauer des Art. 5 § 3 KindUG, nicht gestellt hätten.
Fundstellen
Haufe-Index 1480300 |
BGHR 2006, 581 |
FamRZ 2006, 402 |
NJW-RR 2006, 582 |
ZAP 2006, 377 |
MDR 2006, 813 |
NJ 2006, 271 |
Rpfleger 2006, 185 |
FamRB 2006, 143 |
JAmt 2006, 256 |