Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 29.06.2011) |
Tenor
1. Der Antrag der Angeklagten G., ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Begründung ihrer Revision zu gewähren, wird verworfen.
2. Die Revisionen der Angeklagten G., T. und J. gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 29. Juni 2011 werden verworfen.
3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten sowie zwei Mitangeklagte wegen besonders schweren Raubes – teilweise unter Einbeziehung früherer Strafen – zu (Gesamt-)Freiheitsstrafen verurteilt und unter anderem bei den Angeklagten J. und T. die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug eines Teils der (Gesamt-)Freiheitsstrafe angeordnet. Gegen das Urteil richten sich die auf jeweils eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten G. und J.. Der Angeklagte T. beanstandet mit seinem Rechtsmittel allein das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung, nämlich eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses. Die Rechtsmittel sowie der von der Angeklagten G. zudem gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist haben keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Der Antrag der Angeklagten G. auf Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig, weil das Rechtsmittel – wie der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 7. November 2011 zutreffend ausgeführt hat – rechtzeitig begründet wurde. Er ist daher nicht nur gegenstandslos, sondern – weil auf eine unmögliche Rechtsfolge gerichtet – unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2005 – 2 StR 153/05; LR/Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 44 Rn. 6 mwN).
Rz. 3
2. Die Revisionen der Angeklagten G., T. und J. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere liegt das Verfahrenshindernis eines fehlenden bzw. unwirksamen Eröffnungsbeschlusses nicht vor.
Rz. 4
Ein Eröffnungsbeschluss ist unwirksam, wenn er nicht von der im Gesetz vorgeschriebenen Anzahl an Richtern erlassen wurde, „wobei es nicht auf die Zahl der Unterschriften, sondern nur auf die Zahl der Richter ankommt, die bei der Beschlußfassung mitgewirkt haben” (so bereits BGH, Urteil vom 14. Mai 1957 – 5 StR 145/57, BGHSt 10, 278, 279 mwN). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Er ist hieran auch nicht durch die im Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 29. September 2011 (3 StR 280/11) als entgegenstehend zitierte Rechtsprechung gehindert. Denn der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in späteren Entscheidungen eine etwaige entgegenstehende frühere Rechtsprechung aus dem Jahr 1977 aufgegeben (vgl. Urteil vom 8. Juni 1999 – 1 StR 87/99, NStZ-RR 2000, 34; Beschluss vom 6. April 2005 – 1 StR 60/05); der 4. Strafsenat hält an einer etwaigen entgegenstehenden Rechtsprechung nicht fest.
Rz. 5
Da durch die dienstliche Erklärung der drei berufsrichterlichen Mitglieder der Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 2. September 2011 bewiesen ist, dass die Eröffnung des Hauptverfahrens von diesen Richtern (mündlich) beschlossen und lediglich der schriftliche Beschluss versehentlich von zwei der Richter nicht unterschrieben wurde, liegt ein Verfahrenshindernis nicht vor.
Unterschriften
Ernemann, Roggenbuck, Cierniak, Mutzbauer, Bender
Fundstellen
Haufe-Index 2885514 |
wistra 2012, 157 |
NStZ-RR 2012, 117 |
AO-StB 2012, 285 |
StV 2012, 451 |