Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 27.08.2019; Aktenzeichen 420 Js 42300/18 1 KLs) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 27. August 2019 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freispruch im Übrigen – wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, versuchter Nötigung, Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung und wegen Beleidigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus zwei Entscheidungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
Rz. 2
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
Rz. 3
1. Die Revision ist zulässig. Der Beschwerdeführer hat in seiner Revisionsbegründung zwar keinen Antrag gestellt, jedoch ausgeführt, dass sich die Revision lediglich gegen die „Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus ohne die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung” richte. Aus dem gesamten Inhalt der Revisionsschrift lässt sich eindeutig entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer nur durch die Nichtaussetzung der Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung gemäß § 67b StGB beschwert fühlt und seine Revision sich auch nur auf diesen Aspekt bezieht. Das Fehlen ausdrücklicher Anträge ist daher unschädlich (LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 344 Rn. 3).
Rz. 4
2. In diesem engen Umfang ist die Beschränkung freilich unwirksam, weil die Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel gemäß § 67b Abs. 1 Satz 2 StGB zwingend von einer Aussetzung der gleichzeitig verhängten Strafe zur Bewährung abhängt. Eine isolierte Überprüfung allein der Entscheidung nach § 67b Abs. 1 Satz 2 StGB ist mithin nicht möglich (LK-StGB/Rissing-van Saan/Peglau, 12. Aufl., § 67b Rn. 63).
Rz. 5
3. Die Unwirksamkeit der Revisionsbeschränkung führt hier jedoch nicht dazu, dass die gesamte Beschränkung entfällt. Das Urteil muss nicht in vollem Umfang, sondern nur wegen der dem angefochtenen Teil in der logischen Reihenfolge vorausgehenden Teile bis zu dem Teil geprüft werden, der eine selbstständige Kontrolle zulässt (KK-StPO/Gericke, 8. Aufl., § 344 Rn. 16; BeckOK-StPO/Wiedner, 35. Ed., § 344 Rn. 35; LR-StPO/Franke, aaO, Rn. 67; MüKo-StPO/Knauer/Kudlich, § 344 Rn. 56; aA Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. § 344 Rn. 7c). Der Gesetzgeber hat den Rechtsmittelberechtigten eine prozessuale Gestaltungsmacht eingeräumt, deren Ausübung im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren ist (BGH, Beschluss vom 27. April 2017 – 4 StR 547/16, BGHSt 62, 155 Rn. 17 mwN). Das Rechtsmittelgericht kann und darf diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Nachprüfung von keiner Seite begehrt wird, wenn und soweit der angegriffene Entscheidungsteil trennbar ist, also losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbstständig geprüft und beurteilt werden kann (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 364 mwN).
Rz. 6
Vor diesem Hintergrund ist nicht das gesamte Urteil der revisionsrechtlichen Kontrolle zu unterwerfen. Eine umfassende Überprüfung des Urteils hat der Beschwerdeführer nicht gewollt. Um seinem Rechtsschutzziel so weit wie möglich zu entsprechen, ist lediglich die gemäß § 67b Abs. 1 Satz 2 StGB zwingend zu beachtende Strafaussetzung zur Bewährung in die revisionsrechtliche Überprüfung mit einzubeziehen.
Rz. 7
4. Im danach wirksamen Umfang ihrer Beschränkung ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Unterschriften
Mutzbauer, Sander, Schneider, Berger, Mosbacher
Fundstellen
Haufe-Index 14173986 |
NStZ-RR 2022, 335 |