Leitsatz (amtlich)
a) Die Erklärung einer Aufrechnung durch die Notarkasse ist nicht mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 BNotO anfechtbar, es sei denn sie ist in der Form eines Verwaltungsakts erklärt.
b) Verwaltungsakte, die nach der Bundesnotarordnung oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder Satzung ergehen, sind nicht schon deshalb nichtig, weil sie von der sie erlassenden Behörde nicht unterschrieben sind.
Normenkette
BNotO § 111; BGB §§ 387-388
Verfahrensgang
OLG München (Beschluss vom 26.06.2003) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des OLG München v. 26.6.2003 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
90.000 EUR
festgesetzt.
Gründe
Durch Beschluss des AG München v. 18.5.2001 wurde über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf seinen Antrag wurde er mit Ablauf des 31.10.2002 aus dem Amt als Notar entlassen. Die dagegen gerichteten Rechtsmittel, weil nicht zugleich über den ihm zustehenden "Ausgleich sonst unverhältnismäßiger Belastungen und gleichheitswidriger Sonderopfer durch die Entlassung" mitentschieden worden war, hatten nach dem Senatsbeschluss v. 14.7.2003 (BGH, Beschl. v. 14.7.2003 --NotZ 6/03, BGHReport 2003, 1180) insgesamt keinen Erfolg. Die Parteien streiten jetzt um Abrechnungen nach der Abgaben- und Versorgungssatzung der Antragsgegnerin und damit vor allem um Ansprüche des Antragstellers auf Ruhegehalt und Ersatzruhegehalt, Einkommensergänzung und Unterhaltsbeiträge.
Die Antragsgegnerin setzte am 30.10.2001 die Staffelabgabe "laut Gebührenjahresstaffel" für das Rechnungsjahr Oktober 2000 bis Mai 2001 gem. § 13 Abs. 2 der Abgabensatzung der Notarkasse auf 321.038 DM fest mit einem im Verhältnis zu den kumulierten Monatsabrechnungen festgestellten Guthaben des Antragstellers von 11.697 DM. Gegen diesen spätestens am 29.11.2001 zugegangenen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben v. 10.1.2002 Widerspruch ein.
Gegenüber dem Anspruch des Antragstellers auf Jahres- und Überschussausgleich nach § 13 Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 der Abgabensatzung für das Abrechnungsjahr 2000/2001 rechnete die Antragsgegnerin vorsorglich mit ihrem Anspruch auf rückständige Abgabenzahlungen i. H. v. 232.419 DM nach dem Stand v. 15.11.2001 mit Schreiben vom selben Tage auf. Dieses Schreiben ging dem Antragsteller ebenfalls spätestens am 29.11.2001 zu.
Mit Bescheid v. 6.3.2002 setzte die Antragsgegnerin die Staffelabgabe "laut Haushaltsausgleich" für das Rechnungsjahr Oktober 2000 bis Mai 2001 auf 156.415 DM fest, wodurch sich ein Guthaben des Antragstellers im Verhältnis zur festgesetzten Gebührenjahresstaffel von 164.623 DM ergab. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller unter dem 13.5.2002 Widerspruch ein.
Mit Schriftsatz v. 24.7.2002 erhob er Klage, die beim Bayerischen VGH am 1.8.2002 und von dort weitergeleitet beim VGH München am 2.8.2002 einging. Das VGH erklärte den Verwaltungsrechtszug - soweit hier von Interesse - für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das OLG München.
Der Antragsteller hält das gesamte Staffelabgaben-, Haushalt- und Rückvergütungssystem für rechtswidrig.
Mit Schriftsatz v. 19.11.2002 hat er beantragt,
1. die gegen den Antragsteller ergangenen Bescheide der Notarkasse v. 16.1.2002, soweit die Höhe des Unterhaltsbeitrages betroffen ist, und v. 30.10.2001, 15.11.2001 und 6.3.2002 werden aufgehoben;
2. die Notarkasse wird verpflichtet, die für das Rechnungsjahr v. 1.1.2001 bis 31.12.2001 fälligen Staffelabgaben des Antragstellers neu zu berechnen mit einer näher bezeichneten Maßgabe, hilfsweise einer anderen vom Gericht zu bestimmenden angemessenen und verfassungskonformen Maßgabe;
3. es wird festgestellt, dass die Bescheide der Notarkasse über die für die Rechnungsjahre 1.2.1969 bis 31.12.2000 fälligen Staffelabgaben des Antragstellers rechtswidrig waren und dem Antragsteller als Folgenbeseitigung Erstattungsansprüche zustehen, die in gleicher Weise wie im Antrag zu 2. vorgesehen zu berechnen sind,
und mit Schriftsatz v. 16.12.2002 hilfsweise für den Fall, dass die angefochtenen Bescheide keine Verwaltungsakte seien,
4. die Notarkasse wird verurteilt, denjenigen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag an Staffelabgaben des Rechnungsjahres 2001 und der Rechnungsjahre 1969 bis 2000 an den Antragsteller zurückzuzahlen, der infolge der Verfassungswidrigkeit und sonstigen Rechtswidrigkeit der Abgabensatzungen der Notarkasse der Rechnungsjahre 1969 bis 2001 nicht erhoben werden durfte,
sowie ferner mit Schriftsatz v. 9.5.2003
5. der Insolvenzverwalter des über das Vermögen des Antragstellers eröffneten Insolvenzverfahrens wird durch Zwischenentscheidung aus dem Verfahren gewiesen; seine Intervention wird als unzulässig zurückgewiesen;
6. hilfsweise, es wird festgestellt, dass der Streitgegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört;
weiter hilfsweise, dass
7. die streitgegenständlichen Ansprüche der Zessionarin C. nicht dem Insolvenzverwalter zustehen und vom Antragsteller in gewillkürter Prozess-Standschaft geltend gemacht werden können;
8. die Antragsgegnerin fortan nicht mehr berechtigt ist, wegen Gläubigerungewissheit zu hinterlegen und
9. die von der Notarkasse wegen Gläubigerungewissheit beim AG München unter Hinterlegungs-Nummer HL hinterlegten Beträge der Zessionarin C. zustehen und
10. weiter hilfsweise, dass der Insolvenzverwalter am gegenwärtigen Verfahren nur beteiligt werden kann, wenn rechtskräftig entschieden ist, dass die Zessionarin C. die an sie abgetretenen streitgegenständlichen Versorgungsansprüche gem. § 143 InsO an die Insolvenzmasse zurückzugewähren hat, oder sonst rechtskräftig festgestellt ist, dass diese zur Insolvenzmasse gehören. Seine Intervention ist derzeit unzulässig und wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das OLG hat die genannten Anträge zurückgewiesen. Bezüglich eines weiteren Haupt- und Hilfsantrags ist das Verfahren weiterhin beim OLG anhängig.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat der Antragsteller zu Antrag Nr. 1 teilweise und den Antrag zu Nr. 5 insgesamt zurückgenommen.
II. Die gem. § 111 Abs. 4 BNotO i. V. m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Mit Recht und zutreffender Begründung, auf die - auch zur Vermeidung von Wiederholungen - verwiesen wird, hat das OLG die vom Antragsteller mit der Beschwerde noch weiter verfolgten Anträge zurückgewiesen. Sein Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.
1. Der auf Aufhebung der Bescheide hinsichtlich der Staffelabgaben gerichtete Antrag zu 1) ist unzulässig. Dahinstehen kann, ob der Antragsteller mit Blick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch antragsberechtigt ist. Jedenfalls ist der Bescheid v. 6.3.2002 (ebenso wie der Bescheid v. 31.10.2001), der die Staffelabgabe für den Abrechnungszeitraum Oktober 2000 bis Mai 2001 verbindlich festlegte, bestandskräftig geworden. Gegen diesen Verwaltungsakt hätte der Antragsteller gem. § 111 Abs. 2 S. 1 BNotO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen müssen. Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde demgegenüber auf fehlende Bekanntgabe (a) und Nichtigkeit des Verwaltungsaktes (b).
a) Der Bescheid ist dem Antragsteller spätestens am 13.5.2002 - dem Tag seines Widerspruchschreibens - bekannt gemacht worden. In welcher Weise eine Bekanntgabe erfolgt, ist unerheblich. Eine förmliche Zustellung ist nicht erforderlich, da § 16 Abs. 2 FGG nur für gerichtliche, nicht für behördliche Verfügungen gilt (BGH, Beschl. v. 25.10.1982 - NotZ 15/82, DNotZ 1984, 186 [187]; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 5. Aufl., § 111 Rz. 114; Schippel/Lemke, BNotO, 7. Aufl., § 111 Rz. 39). Gleichfalls ohne Bedeutung für den Lauf der Frist ist, dass dem Bescheid der Antragsgegnerin keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Denn im Bereich der Bundesnotarordnung können Verwaltungsakte ausschließlich gegen Notare oder Notarassessoren ergehen, so dass die Aufnahme einer Rechtsmittelbelehrung in alle Verwaltungsakte wegen der Rechtskunde der beteiligten Personen entbehrlich erscheint. (BGHZ 42, 390 [392]; BGH, Beschl. v. 10.8.1987 - NotZ 7/87, BGHR BNotO § 111 Abs. 2 S. 1 Fristablauf 1 und Beschl. v. 30.7.1990 - NotZ 25/89, BGH-DAT Nr. 1263; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 5. Aufl., § 111 Rz. 114).
Die Monatsfrist ab Bekanntgabe des Bescheides war bei Eingang der Klage beim Bayerischen VGH bzw. VGH München schon verstrichen. Offenbleiben kann deshalb, ob die Antragsfrist überhaupt durch Einreichung der Klage beim VGH hätte gewahrt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 25.10.1982 - NotZ 15/82, DNotZ 1984, 186 [188]). Unerheblich ist ferner, dass der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt hat. Ein Widerspruchsverfahren ist für die Anfechtung von Verwaltungsakten nach § 111 BNotO in der Bundesnotarordnung nicht vorgesehen.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend § 111 Abs. 4 BNotO, § 40 Abs. 4 BRAO, § 22 Abs. 2 FGG kommt hier nicht in Betracht. Nach diesen Vorschriften ist einem Antragsteller, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist des § 111 Abs. 2 S. 1 BNotO einzuhalten, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, wenn er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses gestellt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft gemacht hat. Ein Rechtsirrtum entschuldigt die Fristversäumung nur, wenn er unvermeidbar war. Das ist hier nicht der Fall. Es gereicht selbst einer jeder rechtsunkundigen Partei zum Verschulden, wenn sie sich nicht über Form und Frist eines Rechtsbehelfs unterrichtet. Erst recht gilt dies für den rechtskundigen Notar, der für die Beurkundung von Rechtsvorgängen und anderen Aufgaben auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege bestellt ist (§ 1 BNotO) und den insoweit selbst Prüfungs- und Belehrungspflichten treffen (§ 17 BeurkG). Der Notar kann sich auf Unkenntnis der für ihn maßgebenden Gesetze und Dienstvorschriften nicht berufen; mindestens ist ihm insoweit eine fahrlässige Unterlassung vorzuwerfen (BGH, Beschl. v. 29.3.1993 - NotZ 14/92, BGHR BNotO § 111 Abs. 4 S. 2 Wiedereinsetzung 2). Zwar war der Antragsteller nicht mehr als Notar im Amt. Gleichwohl war ihm das Verfahren zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 BNotO schon aus früheren Verfahren bekannt und damit auch die Fristgebundenheit und die Zuständigkeit für solche Entscheidungen. Unerheblich ist schließlich, ob er sich vorgestellt hat, dass das VGH für die Entscheidung zuständig sei. Zum einen sind die Ausnahmefälle der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit nach § 113 Abs. 3 Nr. 2, 3 und 7 i. V. m. Abs. 7 BNotO unmissverständlich dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen. Zum anderen war zum Zeitpunkt der Antragseinreichung beim VGH die Frist des § 111 Abs. 2 S. 1 BNotO bereits abgelaufen.
b) Der vom Antragsteller gerügte Verstoß gegen den durch das Gesetz zur Stärkung elektronischer Verwaltungstätigkeiten v. 24.12.2002 (GVBl. S. 962) in das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz eingefügten Art. 37 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 BayVwVfG, weil kein - der elektronischen Signatur gleichzusetzendes - Dienstsiegel beigefügt gewesen sei, geht fehl. Davon abgesehen übersieht der Antragsteller, dass das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz gemäß Art. 2 Abs. 3 Nr. 1 BayVwVfG nicht anwendbar ist, denn die Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen erfolgt nicht im Verwaltungsrechtsweg (vgl. BGH, Beschl. v. 11.12.1978 - NotZ 3/78, DNotZ 1979, 373 [375] und Beschl. v. 22.10.1979 - NotZ 3/79, DNotZ 1980, 177 [178]; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 5. Aufl., § 111 Rz. 5). Im Übrigen sind die vom Antragsteller geltend gemachten Regelungen erst nach dem Erlass der hier in Rede stehenden Bescheide in Kraft getreten.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist auch allen Bescheiden die erlassende Stelle unschwer zu entnehmen. Auch würde - bei unterstellter Anwendung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes -, soweit für die hier streitigen Bescheide überhaupt die Schriftform vorgesehen ist, die fehlende Unterschrift nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes, sondern lediglich zu dessen Anfechtbarkeit führen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rz. 36; VGH Bayern v. 22.8.1986 - 23 B 85 A.446, NVwZ 1987, 729; FG Hannover v. 4.3.1992 - XIII 296/91, NVwZ-RR 1993, 229; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 37 Rz. 53). Es handelte sich dann nicht um einen so schwer wiegenden Mangel, der nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen die Nichtigkeit des Bescheides zur Folge hätte. Dies ergibt sich auch aus einem Umkehrschluss aus Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG, der für diesen Fall nicht die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes vorsieht im Gegensatz zu dem anderen in Art. 37 Abs. 3 S. 1 BayVwVfG geregelten Fall der nicht erkennbaren Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat.
Soweit der Antragsteller die mangelnde Berechtigung der Antragsgegnerin zur Beitragserhebung anführt, folgt daraus ebenfalls keine Nichtigkeit. Der Senat hat bereits mehrfach die Rechtmäßigkeit der Abgabenerhebung durch die Notarkassen bestätigt. Er hält daran fest (BGH v. 25.4.1994 - NotZ 8/93, BGHZ 126, 16 ff.; Beschl. v. 8.5.1995 - NotZ 26/94, DNotZ 1996, 213 ff.; Beschl. v. 10.3.1997 - NotZ 5/96, DNotZ 1997, 822 ff.; Beschl. v. 10.3.1997 - NotZ 6/96, bei Juris dokumentiert und Beschl. v. 24.11.1997 - NotZ 30/96, DNotZ 1999, 166 und Beschl. v. 14.7.2003 - NotZ 3/03, m. w. N.).
2. Zu Recht hat das OLG in der mit Schreiben v. 15.11.2001 erklärten Aufrechnung der Antragsgegnerin keinen Verwaltungsakt gesehen. Der darauf gerichtete Aufhebungsantrag konnte deswegen keinen Erfolg haben.
Die Aufrechnung ist ein schuldrechtliches Gestaltungsrecht. Sie erfolgt i. d. R. gem. §§ 387, 388 BGB durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung oder anderenfalls durch einen entsprechenden Aufrechnungsvertrag. Die Erklärung wird regelmäßig nicht aus einer hoheitlichen Position abgegeben; sie ergeht ähnlich wie eine Willenserklärung, mit der ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen wird, auf einer gleichgeordneten rechtlichen Ebene (BVerwG v. 27.10.1982 - 3 C 6/82, BVerwGE 66, 218 [220]; BFH v. 2.4.1987 - VII R 148/83, BFHE 149, 482). Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn sie in der Form eines Verwaltungsaktes erklärt wird und damit die Rechtsnatur eines Verwaltungsaktes erhält (BFH v. 2.4.1987 - VII R 148/83, NVwZ 1987, 1118). Besondere die Erklärung als Verwaltungsakt kennzeichnende Umstände gibt es hier jedoch nicht. Begehrt der Antragsteller aber nicht Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder einer konkreten ihm gegenüber hoheitlich erfolgten Amtshandlung, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 BNotO nicht eröffnet (vgl. BGH v. 29.7.1991 - NotZ 25/90, BGHZ 115, 275 [279 ff.] = MDR 1992, 185; Beschl. v. 17.121962 - NotZ 7/62, DNotZ 1963, 357 [359] und Beschl. v. 13.7.1992 - NotZ 9/91, BGHR BNotO § 111 Abs. 1 Feststellungsantrag 3). Damit wird für den Antragsteller auch nicht die durch Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG gewährte Rechtsweggarantie verletzt. Über die Berechtigung zur Aufrechnung ist im Verfahren auf Auszahlung zu befinden, das der Antragsteller bereiben kann (vgl. BVerwG v. 27.10.1982 - 3 C 6/82, BVerwGE 66, 218 [223]). Ein solches Auszahlungsbegehren ist nicht geltend gemacht worden. Für eine Umdeutung des Aufhebungsantrages in einen Feststellungsantrag ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kein Raum. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sieht § 111 BNotO keinen Feststellungsantrag vor. Ein solcher Antrag ist deshalb grundsätzlich unzulässig, es sei denn, dass sonst die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG leer laufen würde (BGH, Beschl. v. 26.3.2001 - NotZ 30/00, bei Juris dokumentiert und v. 20.7.1998 - NotZ 36/97, BGHR BNotO § 111 Abs. 1 Feststellungsantrag 7), was hier - wie ausgeführt - nicht der Fall ist.
3. Dem Antrag zu 2) auf Neuberechnung der Staffelabgaben nach näher ausgeführten Maßstäben steht bereits die Bestandskraft der in diesem Zeitraum dazu ergangenen Bescheide der Antragsgegnerin entgegen; er ist aus denselben Gründen wie der Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfristet (siehe dazu vorstehend unter 1. a)).
4. Der Antrag zu 3 ist - auch in Gestalt eines Fortsetzungsfeststellungsantrags - unzulässig, weil die jeweiligen Abgabenbescheide der Antragsgegnerin als Verwaltungsakte, mit denen sie gegenüber dem Antragsteller Abgaben für die Jahre v. 1.2.1969 bis 31.12.2001 festgesetzt hat, mangels fristgerechter Anfechtung gem. § 111 BNotO bestandskräftig geworden sind.
Das gilt - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch unter dem Gesichtspunkt der Klärung von Rechtsfragen für künftige Verfahren. Zwar hat der Senat im Rahmen von Bewerbungsverfahren Feststellungsanträge für zulässig gehalten, wenn sie dazu dienen, eine Rechtsfrage zu klären, die sich der Justizverwaltung bei künftigen Bewerbungen des Antragstellers ebenso stellen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 30.11.1998 - NotZ 26/98, NotBZ 1999, 130, m. w. N.). Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt nicht vor. Die Aussicht, dass der in Italien lebende Antragsteller wieder als Notar in Deutschland tätig werden kann, ist ausgesprochen vage. Es kann daher keine Rede davon sein, dass unter dem Aspekt der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ein Feststellungsantrag zwecks Klärung "der Frage der Staffelabgabe" ausnahmsweise für zulässig erachtet werden müsste. Im Übrigen kann der Antragsteller unabhängig von der begehrten Feststellung seine Rückforderungsansprüche geltend machen.
5. Den Antrag zu 4 hat das OLG zu Recht nicht mehr geprüft, da er nur hilfsweise für den Fall gestellt worden ist, dass es sich bei den Abgabenbescheiden der Antragsgegnerin nicht um einen Verwaltungsakte handele. Die dagegen gerichteten Angriffe der Beschwerde gehen ins Leere.
6. Der Antrag zu 6) auf Feststellung, dass der von der Antragsgegnerin zu zahlende über die Pfändungsfreigrenzen hinausgehende Betrag nicht zur Insolvenzmasse gehört, kann nicht im Verfahren nach § 111 BNotO geltend gemacht werden. Diese Frage ist zivilrechtlicher Natur und zwischen denjenigen zu klären, die Anspruch auf die konkreten Beträge erheben. An dem Verfahren kann sich der Antragsgegner im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten - z. B. gem. § 66 ZPO - beteiligen und dabei seine Rechte und Interessen wahrnehmen. Eine Notwendigkeit, den gestellten Antrag mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG ausnahmsweise als zulässig anzusehen, besteht daher nicht.
7. Gleiches gilt für die Zurückweisung der Anträge zu 7) und 9). Wie bereits dargelegt, ist für Feststellungsanträge im Verfahren nach § 111 BNotO grundsätzlich kein Raum. Eine unzumutbare Einschränkung der Rechtsverfolgung besteht nicht, weil die Frage, ob dem Insolvenzverwalter oder der Zessionarin die hinterlegten Beträge zustehen, zwischen diesen in dem dafür vorgesehenen Verfahren geklärt werden kann, woran sich der Antragsteller ggf. im Rahmen der bestehenden verfahrensrechtlichen Möglichkeiten beteiligen kann.
8. Aus demselben Grunde ist auch der auf Feststellung gerichtete Antrag zu 8) unzulässig, dass die Antragsgegnerin nicht mehr berechtigt ist, die ihm zustehenden Zahlungen, die er an die Zessionarin abgetreten hat, zu hinterlegen.
9. Dem Antrag Nr. 10, mit dem die Feststellung begehrt wird, dass der Insolvenzverwalter am gegenwärtigen Verfahren nur beteiligt werden kann, wenn rechtskräftig entschieden ist, dass die Zessionarin die streitgegenständlichen Ansprüche an die Insolvenzmasse zurückzugewähren hat, fehlt bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Weder haben der Insolvenzverwalter oder die Antragsgegnerin eine entsprechende Beteiligung beantragt, noch haben das OLG oder der erkennende Senat eine solche Beteiligung in Aussicht genommen.
Fundstellen
Haufe-Index 1141280 |
BGHR 2004, 992 |
EBE/BGH 2004, 1 |
NJW-RR 2004, 1432 |
MittBayNot 2004, 296 |
ZNotP 2004, 328 |