Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzungsverfahren. Kostenfestsetzungsbeschluss. Rechtsschutzinteresse. Insolvenzverfahren. Insolvenzverwalter. Altmassegläubiger. Masseunzulänglichkeit. Neumasseverbindlichkeit. Neumassegläubiger. Beweismittel
Leitsatz (amtlich)
Macht der Insolvenzverwalter mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zulässigen Beweismitteln glaubhaft, dass ggü. den Neumassegläubigern Masseunzulänglichkeit eingetreten ist, fehlt das Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses (Fortführung von BGH, Beschl. v. 17.3.2005 - IX ZB 247/03, MDR 2005, 952 = BGHReport 2005, 942 = ZIP 2005, 817).
Normenkette
InsO § 209 Abs. 1 S. 2; ZPO § 104
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Dresden v. 10.2.2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das LG zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf 530,30 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin ist Verwalterin in dem am 2.8.2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der L. GmbH. Am 8.8.2000 zeigte sie dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. In ihrer Eigenschaft als Verwalterin erhob sie im Jahre 2003 Klage gegen die Beklagte. Das AG Dresden wies die Klage mit Urteil v. 15.7.2004 ab und erlegte der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf.
Auf den Antrag der Beklagten hat das AG deren Kosten i.H.v. 530,30 EUR festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin ist erfolglos geblieben. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Der Senat hat mit Beschluss v. 17.3.2005 (BGH v. 17.3.2005 - IX ZB 247/03, MDR 2005, 952 = BGHReport 2005, 942 = ZIP 2005, 817 [818]) entschieden, dass der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses zu Gunsten eines Altmassegläubigers (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO) nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit unzulässig ist. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass der Antragsteller wegen des in § 210 InsO angeordneten Vollstreckungsverbots - nicht anders als im Klageverfahren - kein Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses hat.
2. In dem hier zu entscheidenden Fall liegt eine Neumasseverbindlichkeit gem. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor, weil die Klägerin die Klage gegen die Beklagte nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit erhoben hat. Auch in einem solchen Fall kann das Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses fehlen (vgl. zur Leistungsklage BGH v. 22.2.2001 - IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28 [36 f.] = MDR 2001, 1076 = BGHReport 2001, 711; BAG v. 4.6.2003 - 10 AZR 586/02, ZIP 2003, 1850; ZInsO 2005, 50 [52]; Hefermehl in MünchKomm/InsO, § 210 Rz. 23).
a) Der Senat hat für das Klageverfahren entschieden, dass es in den Fällen der erneuten Masseunzulänglichkeit ggü. den Neumassegläubigern geboten ist, auf eine entsprechende Einwendung des Insolvenzverwalters hin nur noch die Feststellungsklage zuzulassen. Allerdings hat der nur im Prozess vorgebrachte Einwand der Masseunzulänglichkeit nicht die verbindliche Wirkung einer Anzeige gem. § 208 InsO. Vielmehr obliegen dem Insolvenzverwalter die Darlegung und der Nachweis der Masseunzulänglichkeit. Das Prozessgericht hat die Voraussetzungen der Masseunzulänglichkeit entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO zu beurteilen (BGH v. 3.4.2003 - IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358 [369] = BGHReport 2003, 759 m. Anm. Ringstmeier = MDR 2003, 1015; Urt. v. 4.12.2003 - IX ZR 222/02, MDR 2004, 594 = BGHReport 2004, 484 m. Anm. Lützenkirchen = ZIP 2004, 326 [330]; v. 29.4.2004 - IX ZR 141/03, BGHReport 2004, 1264 = ZInsO 2004, 674 [676]; v. 7.7.2005 - IX ZR 241/01, zu § 60 KO, z.V.b.).
b) Im Kostenfestsetzungsverfahren kann es sich grundsätzlich nicht anders verhalten. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren ist lediglich ein im Vergleich zu einem klageweisen Vorgehen regelmäßig weniger aufwändiges Verfahren. Das Ziel, in beiden Fällen einen zur Vollstreckung geeigneten Titel zu schaffen, ist jedoch dasselbe. Deswegen müssen die Verfahren auch in dem hier gegebenen Zusammenhang gleich behandelt werden (BGH v. 17.3.2005 - IX ZB 247/03, MDR 2005, 952 = BGHReport 2005, 942 = ZIP 2005, 817 [818]).
Allerdings kommt eine umfangreiche Beweisaufnahme über eine (erneute) Masseunzulänglichkeit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht. Entscheidend ist vielmehr, ob der Insolvenzverwalter mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zulässigen Beweismitteln (Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 104 Rz. 18) darlegen und glaubhaft machen (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO) kann, dass nunmehr auch ggü. den Neumassegläubigern Masseunzulänglichkeit eingetreten ist (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.8.2001 - 1 W 44/01, juris). Gelingt ihm dies nicht, ist der Titel zu erlassen und der Verwalter ggf. auf den Weg der Vollstreckungsabwehrklage zu verweisen (§ 794 Abs. 1, §§ 795, 767 ZPO; BAG ZInsO 2005, 50 [52]; Hefermehl in MünchKomm/InsO, § 210 Rz. 21).
c) Ob danach der Kostenfestsetzungsbeschluss gegen die Klägerin ergehen durfte, vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Die Klägerin hat im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht, dass "weiterhin Masseunzulänglichkeit besteht" und zum Beleg einen Kontoauszug v. 31.8.2004 vorgelegt, der ein Guthaben von 6.339,61 EUR ausweist. Die Klägerin hat nicht die mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 208 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 18 Abs. 2 InsO) des für Neumasseverbindlichkeiten gebildeten, abgesonderten Massebestandteils im Einzelnen dargelegt; dies war jedoch erforderlich (BGH v. 3.4.2003 - IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358 [370] = BGHReport 2003, 759 m. Anm. Ringstmeier = MDR 2003, 1015). Die Anzeige der Unzulänglichkeit der Masse hat für eine Unzulänglichkeit der für die Neumassegläubiger zur Verfügung stehenden Masse keine Indizwirkung (BGH, Urt. v. 29.4.2004 - IX ZR 141/03, BGHReport 2004, 1264 = ZInsO 2004, 674 [676]).
III.
Die angefochtene Entscheidung ist daher gem. § 577 Abs. 4 S. 1 ZPO aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Das Beschwerdegericht wird die Prüfung der Masseunzulänglichkeit ggü. den Neumassegläubigern, auf die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankam, nachzuholen haben.
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass ein Feststellungsausspruch nicht in Betracht kommt. Denn die Klägerin hat nicht eingewandt, der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss sei sachlich oder rechnerisch unrichtig. Die Zulässigkeit eines solchen Ausspruchs im Kostenfestsetzungsverfahren kann daher auch hier dahinstehen (BGH v. 17.3.2005 - IX ZB 247/03, MDR 2005, 952 = BGHReport 2005, 942 = ZIP 2005, 817 [818 f.]).
Fundstellen