Verfahrensgang

OLG Bamberg (Beschluss vom 24.09.1980)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 2. Zivilsenats – Familiensenats – des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24. September 1980 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 1.000 DM.

 

Tatbestand

I. Die im Jahre 1956 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der im Jahre 1953 geborene Ehemann (Antragsgegner) haben am 9. August 1974 die Ehe geschlossen. Am 28. Mai 1979 ist dem Ehemann der Scheidungsantrag der Ehefrau zugestellt worden.

Beide Parteien haben während der Ehezeit (1. August 1974 bis 30. April 1979, § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar der Ehemann in Höhe von monatlich 130,10 DM und die Ehefrau in Höhe von monatlich 33,90 DM. Für den Ehemann besteht außerdem eine Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst bei der Bundesbahn-Versicherungsanstalt (BVA; Abteilung B). Aus der Zusatzversorgung hat er – bezogen auf das Ende der Ehezeit – eine Anwartschaft auf Versichertenzusatzrente (Versorgungsrente) erlangt, deren Höhe das Oberlandesgericht aufgrund einer dem Amtsgericht erteilten Auskunft der BVA vom 11. März 1980 mit monatlich 55,70 DM angenommen hat. In der Auskunft hat die BVA im übrigen mitgeteilt, die Unverfallbarkeit einer Anwartschaft nach § 53 a der (im Zeitpunkt des Eheendes geltenden) Satzung in Verbindung mit §§ 1, 18 Abs. 2 BetrAVG könne erst am 20. April 1988, bei Vollendung des 35. Lebensjahres des Ehemannes, eintreten.

Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 10. Dezember 1980) und – unter anderem – den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der BVA Rosenheim (weitere Beteiligte zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 48,10 DM (Hälfte des Wertunterschiedes zwischen 130,10 DM und 33,90 DM) – bezogen auf den 30. April 1979 – auf das Konto der Ehefrau bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) übertragen hat. Ferner hat das Amtsgericht den Ehemann verpflichtet, zur Begründung von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 27,85 DM (Hälfte des Betrages der Versichertenzusatzrente) – bezogen auf den 30. April 1979 – zugunsten der Ehefrau einen Betrag von 4.995,16 DM an die BfA zu zahlen.

Gegen die Entscheidung über die Verpflichtung zur Beitragsentrichtung hat der Ehemann Beschwerde eingelegt mit dem Antrag,die Ehefrau wegen des Ausgleichs seiner Anwartschaft aus der Zusatzversorgung auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu verweisen.

Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die BVA mit Schreiben an das Oberlandesgericht vom 16. Juni 1980 darauf hingewiesen, daß die Satzung der Abteilung B zum 1. August 1979 durch ein neues Beitrags- und Leistungsrecht (Teil D) ergänzt und der Ehemann nach den Übergangsvorschriften in das neue Satzungsrecht übergeleitet worden sei.

Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der – zugelassenen – weiteren Beschwerde, mit der er verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs durch Beitragsentrichtung erhebt und im übrigen, wie im Verfahren vor dem Oberlandesgericht, beantragt, anstelle der Anwartschaft auf die dynamische Versorgungsrente allenfalls seine Anwartschaft auf die statische Versicherungsrente in den öffentlich-rechtlichen Versorungsausgleich einzubeziehen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Die Bedenken, die der Ehemann gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1587 b Abs. 3 BGB für den Bereich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes geltend macht, hält der Senat allerdings – wie in dem Beschluß vom 3. Juni 1981 (IVb ZB 529/80 = BGHZ 81, 152 ff) dargelegt – nicht für durchgreifend.

2. Die weitere Beschwerde hat jedoch aus einem anderen Grund Erfolg.

Wie der Senat durch Beschluß vom 26. Mai 1982 (IVb ZB 718/81 – zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, FamRZ 1982, 899; NJW 1982, 1989) zum Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung im Bereich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes entschieden hat, ist – nach Erfüllung der satzungsmäßigen Wartezeit – nur die Anwartschaft des bei einer Zusatzversorgungseinrichtung versicherten, noch im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehegatten auf die (statische) Versicherungsrente, nicht hingegen die Anwartschaft auf die (dynamische) Versorgungsrente unverfallbar im Sinne von § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB. Demgemäß ist nur die ehezeitlich erlangte Anwartschaft auf die statische Versicherungsrente, allerdings mit dem jeweils im Einzelfall erworbenen höchsten Wert (nach der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, VBL, gemäß § 44, § 44 a oder § 92), in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen und nach Dynamisierung mit Hilfe der Barwertverordnung durch Beitragsentrichtung gemäß § 1587 b Abs. 3 BGB auszugleichen. Dies gilt in gleicher Weise für Zusatzversorgungsanwartschaften sowohl des ausgleichspflichtigen als auch des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Erwirbt der Versicherte später bei Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die dynamische Versorgungsrente (nach der Satzung der VBL gemäß § 37 Abs. 1 a), dann ist die Differenz zwischen dem auf die Ehezeit entfallenden Anteil dieser Rente einerseits und der bereits im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichenen – dynamisierten – Versicherungsrente andererseits gemäß § 1587 f Nr. 4 BGB nach den Vorschriften der §§ 1587 g bis 1587 n BGB im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen.

Mit diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluß, durch den das Oberlandesgericht die Anwartschaft des Ehemannes auf die dynamische Zusatzrente (Versorgungsrente) ausgeglichen hat, nicht zu vereinbaren. Er kann daher keinen Bestand haben.

Der Senat ist nicht in der Lage, selbst in der Sache zu entscheiden. Denn es fehlt an der erforderlichen tatrichterlichen Feststellung dazu, welche Anwartschaft auf eine statische Versicherungsrente der Ehemann – bezogen auf das Ende der Ehezeit – als unverfallbare Anwartschaft aus der Zusatzversorgung bei der BVA (Abteilung B) erworben hat. Das Oberlandesgericht hat seiner Entscheidung die am Ende der Ehezeit (30. April 1979) als dem Zeitpunkt des fiktiven Eintritts des Versicherungsfalls geltende Satzung der BVA (Abteilung B) in Teil C vom 1. Januar 1958 (§§ 53 a und 61 ff) zugrunde gelegt, auf die sich die dem Amtsgericht erteilte Auskunft vom 11. März 1980 bezogen hatte. Danach waren die Voraussetzungen für eine – statische – Zusatzrente aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung nach § 53 a der Satzung (Teil C) noch nicht erfüllt. Im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung, am 24. September 1980, galt jedoch die am 1. August 1979 in Kraft getretene geänderte Satzung der BVA, die außer der qualifizierten Versicherungsrente aufgrund des Betriebsrentengesetzes auch eine – auf der Grundlage von Beiträgen bzw. Umlagen ermittelte – statische Versicherungsrente (§§ 156 Abs. 1 b, 163 der Satzung – Teil D) vorsieht.

Wie der Senat in dem Beschluß vom 29. September 1982 (IVb ZB 862/80 – FamRZ 1982, 1193, 1195) entschieden hat, richtet sich die Beurteilung der Frage, welche Anwartschaften eines bei der BVA (Abteilung B) zusatzversicherten Ehegatten unverfallbar geworden sind, bei einer zeitlich nach dem 1. August 1979 zu treffenden Entscheidung in Fällen, in denen der Versicherte unter die Übergangsvorschrift des § 197 der Satzung der BVA fällt, nicht nach der am Ende der Ehezeit (vor dem 1. August 1979) geltenden Satzung der BVA (Abteilung B – Teil C) vom 1. Januar 1958, sondern nach den im Zeitpunkt des Erlasses der gerichtlichen Entscheidung für das Zusatzversorgungsverhältnis des Versicherten geltenden Vorschriften des neuen Satzungsrechts in Teil D.

Da das Zusatzversorgungsverhältnis des Ehemannes im vorliegenden Fall nach der Auskunft der BVA vom 16. Juni 1980 aufgrund der Übergangsregelung in das neue Satzungsrecht übergeleitet worden ist, sind dem Versorgungsausgleich hier diejenigen Anwartschaften zugrunde zu legen, die er nach den Vorschriften des neuen Satzungsrechts der BVA in der Ehezeit erlangt hat. Soweit ihm danach – bezogen auf das Ende der Ehezeit – eine Anwartschaft auf eine statische Versicherungsrente als unverfallbare Anwartschaft aus der Zusatzversorgung zusteht, ist diese nach den Grundsätzen des Beschlusses vom 26. Mai 1982 – nach Dynamisierung – in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen. Der Wert einer Anwartschaft des Ehemannes nach §§ 156 Abs. 1 b, 163 der Satzung der BVA (Teil D) ist bisher nicht festgestellt. Aus diesem Grund ist die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur Neuberechnung des Versorgungsausgleichs auf der sich alsdann ergebenden neuen Tatsachengrundlage an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Lohmann, Seidl, Blumenröhr, Krohn, Richter Dr. Zysk ist im Urlaub und kann nicht unterschreiben. Lohmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1512105

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