Verfahrensgang

OLG Bamberg (Beschluss vom 07.10.1980; Aktenzeichen 2 UF 142/80)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des 2. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Bamberg vom 7. Oktober 1980 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 1.577,40 DM.

 

Tatbestand

I.

Der im Jahre 1934 geborene Ehemann (Antragsteller) und die im Jahre 1936 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am 31. Juli 1958 die Ehe geschlossen. Am 29. März 1977 ist der Ehefrau die Scheidungsklage des Ehemannes zugestellt worden.

Während der Ehezeit (1. Juli 1958 bis 28. Februar 1977, § 1587 Abs. 2 BGB) hat nur der Ehemann Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben, und zwar in Höhe von 588,90 DM, Außerdem besteht für ihn eine Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst bei der Bundesbahnversicherungsanstalt (BVA). Diese hat dem Amtsgericht – Familiengericht – in Auskünften vom 12. Juli 1978 und vom 6. Dezember 1978 mitgeteilt: Der Ehemann habe – bezogen auf das Ende der Ehezeit – aus der Zusatzversorgung eine Anwartschaft auf eine dynamische Versichertenzusatzrente (Versorgungsrente) nach §§ 61 ff. der Satzung der BVA – Abt. B – (Teil C) in Höhe von monatlich 262,90 DM erlangt und eine – unverfallbare – Anwartschaft auf eine Versorgungsrente nach § 53 a der Satzung i.V. mit §§ 1, 18 Abs. 2 BetrAVG in Höhe von monatlich 203,80 DM.

Das Amtsgericht hat nach Abtrennung des Verfahrens über den Versorgungsausgleich die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 28. Dezember 1978) und später den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der BVA Rosenheim (weitere Beteiligte zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 294,45 DM (Hälfte des Betrages von 588,90 DM) auf ein für die Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Unterfranken (weitere Beteiligte zu 2) zu errichtendes Konto übertragen hat. Ferner hat das Amtsgericht den Ehemann verpflichtet, zur Begründung einer monatlichen Rentenanwartschaft von 131,45 DM (Hälfte des Betrages der Zusatzversorgungsrente von 262,90 DM) – bezogen auf den 28. Februar 1977 – zugunsten der Ehefrau einen Betrag von 24.638,09 DM an die LVA Unterfranken zu zahlen.

Gegen diese als Urteil bezeichnete Entscheidung hat der Ehemann Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Versorgungsausgleich hinsichtlich seiner Anwartschaften aus der Zusatzversorgung wegen Verfassungswidrigkeit der zugrundeliegenden gesetzlichen Regelung entfallen zu lassen, jedenfalls aber nur seine Anwartschaft auf die unverfallbare Betriebsrente nach § 53 a der Satzung der BVA i.V. mit §§ 1, 18 Abs. 2 BetrAVG in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen.

Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die BVA das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, daß ihre Satzung der Abteilung B zum 1. August 1979 durch ein neues Beitrags- und Leistungsrecht in Teil D ergänzt und der Ehemann nach den Übergangsvorschriften in das neue Satzungsrecht übergeleitet worden sei.

Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Ehemannes zurückgewiesen. Hiergegen wendet dieser sich mit der – zugelassenen – weiteren Beschwerde, mit der er seine bereits vor dem Oberlandesgericht gestellten Anträge weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Soweit der Ehemann verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 b Abs. 3 BGB geltend macht, hält der Senat diese nicht für durchgreifend. Zur Begründung wird auf den Beschluß vom 3. Juni 1981 (BGHZ 81, 152 ff.) verwiesen.

2. Wie der Senat durch Beschluß vom 26. Mai 1982 (IVb ZB 718/81 – zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, FamRZ 1982, 899, NJW 1982, 1989) zum Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung im Bereich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes entschieden hat, ist – nach Erfüllung der satzungsmäßigen Wartezeit – nur die Anwartschaft des bei einer Zusatzversorgungseinrichtung versicherten, noch im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehegatten auf die (statische) Versicherungsrente, nicht hingegen die Anwartschaft auf die (dynamische) Versorgungsrente unverfallbar im Sinne von § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB. Demgemäß ist nur die ehezeitlich erlangte Anwartschaft auf die statische Versicherungsrente, allerdings mit dem jeweils im Einzelfall erworbenen höchsten Wert (nach der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder – VBL – gemäß § 44, § 44 a oder § 92), in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen und nach Dynamisierung mit Hilfe der BarwertVO durch Beitragsentrichtung gemäß § 1587 b Abs. 3 BGB auszugleichen. Dies gilt in gleicher Weise für Zusatzversorgungsanwartschaften sowohl des ausgleichspflichtigen als auch des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Erwirbt der Versicherte später bei Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die dynamische Versorgungsrente (nach der Satzung der VBL gemäß § 37 Abs. 1 a), dann ist die Differenz zwischen dem auf die Ehezeit entfallenden Anteil dieser Rente einerseits und der bereits im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichenen – dynamisierten – Versicherungsrente andererseits gemäß § 1587 f Nr. 4 BGB nach den Vorschriften der §§ 1587 g bis 1987 n BGB im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen.

Mit diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluß, durch den das Oberlandesgericht die Anwartschaft des Ehemannes auf eine dynamische Versicherten-Zusatzrente ausgeglichen hat, nicht zu vereinbaren. Er kann daher keinen Bestand haben.

Der Senat ist nicht in der Lage, selbst in der Sache zu entscheiden. Denn das Oberlandesgericht hat nicht die erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen dazu getroffen, welche Anwartschaften auf eine statische Versicherungsrente der Ehemann – bezogen auf das Ende der Ehezeit – als unverfallbare Anwartschaften bei der BVA – Abt. B – erworben hat.

Für die weitere Sachbehandlung wird auf folgendes hingewiesen:

Das Oberlandesgericht hat seiner Entscheidung die am Ende der Ehezeit (28. Februar 1977) geltende Satzung der BVA – Abt. B – Teil C vom 1. Januar 1958 (§§ 53, 53 a und 61 ff.) zugrundegelegt, auf die sich die dem Amtsgericht erteilten Auskünfte der BVA vom 12. Juli 1978 und vom 6. Dezember 1978 bezogen hatten. Das Oberlandesgericht hat jedoch nicht berücksichtigt, daß vor dem Erlaß seiner Entscheidung die Satzung der BVA (Abt. B), wie diese dem Gericht mit Schreiben vom 31. Juli 1980 mitgeteilt hatte, zum 1. August 1979 ergänzt worden war. Dabei hatten sich folgende Änderungen ergeben:

Die Satzung vom 1. Januar 1958 – Teil C – sah für den Versicherten nur die dynamische – Versicherten-Zusatzrente nach § 53 i.V. mit §§ 61 ff. und die nichtdynamische Zusatzrente aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 nach § 53 a vor. Zum 1. August 1979 wurde die Satzung durch ein neues Beitrags- und Leistungsrecht (in Teil D) ergänzt, das weitgehend mit den Vorschriften der Satzung der VBL übereinstimmt. Die neue Satzung der BVA – Abt, B – (Teil D) enthält, ebenso wie die Satzung der VBL, folgende Versorgungsrechte für die Versicherten:

  1. Die dynamische Versorgungsrente (§ 156 Abs. 1 a), die gemäß §§ 160 ff. der Satzung nach dem Prinzip der Gesamtversorgung berechnet wird (auf der Grundlage des monatlichen Durchschnitts der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der letzten drei Kalenderjahre vor dem Jahr des Eintritts des Versicherungsfalls, während nach dem Satzungsrecht Teil C das letzte Jahresentgelt für die Berechnung maßgebend ist),
  2. die statische Versicherungsrente (§ 156 Abs. 1 b), die nach § 163 der Satzung auf der Grundlage der Beiträge bzw. Umlagen ermittelt wird,
  3. die statische Versicherungsrente aufgrund des Betriebsrentengesetzes nach § 164 der Satzung (wiederum auf der Grundlage des monatlichen Durchschnitts der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der letzten drei Kalenderjahre vor dem Jahr des Eintritts des Versicherungsfalls, während nach dem Satzungsrecht Teil C das letzte Jahresentgelt maßgebend ist),
  4. sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Besitzstandsrente nach § 202 der Satzung.

Für Versicherungsfälle, die vor dem 1. August 1979 eingetreten sind, gelten weiterhin die Satzungsbestimmungen in Teil C. Hingegen sind die Pflichtmitglieder und Pflichtversicherten der BVA – Abt. B –, die am Tage des Inkrafttretens des Teils D der Satzung die Voraussetzungen der Pflicht zur Versicherung erfüllten, also noch in einem Arbeitsverhältnis im Bereich der Bundesbahnversicherungsanstalt standen (§ 147 der Satzung), nach den Übergangsvorschriften in das neue Satzungsrecht übergeleitet worden. Sie sind Pflichtversicherte im Sinne des neuen Teils D der Satzung geworden (§ 197 Abs. 1 der Satzung) mit der Folge, daß sich ihre Versorgungsanwartschaften und zukünftigen Versorgungsrechte aus der Zusatzversorgung mit Wirkung vom 1. August 1979 an insgesamt nach dem neuen Satzungsrecht bestimmen.

Dies gilt nach der Auskunft der BVA vom 31. Juli 1980 auch für den Ehemann im vorliegenden Fall. Seine Anwartschaften auf die ihm bei Eintritt des Versicherungsfalls zustehenden Rechte gegenüber der BVA richten sich daher nach den neuen Bestimmungen in Teil D der Satzung.

In den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich sind diejenigen Anwartschaften des Ehemannes aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst einzubeziehen, die gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB unverfallbar waren, also nach den in Betracht kommenden Satzungsbestimmungen in ihrem Versorgungswert durch die künftige berufliche Entwicklung des Ehemannes nicht mehr beeinträchtigt werden konnten, sondern ihm auch verblieben, wenn er vor Eintritt des Versicherungsfalls aus seinem Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst ausschied (Senatsbeschluß vom 26. Mai 1982 a.a.O.). Ob – und ggf. für welchen Versorgungswert – diese Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit der Anwartschaften des Ehemannes aus der Zusatzversorgung bei der BVA erfüllt waren, beurteilt sich nach den Umständen im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB; vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 29. September 1982 – IVb ZB 747/80 –, zur Veröffentlichung bestimmt). Hier unterscheidet sich die Regelung des Versorgungsausgleichs bei der betrieblichen Altersversorgung von derjenigen des Rentensplittings und des Quasi-Splittings, bei denen für die Höhe der auszugleichenden Versorgung stets der am Ehezeitende erreichte Wert maßgebend bleibt und nur die Form des Ausgleichs durch die bei der Entscheidung gegebenen Voraussetzungen bestimmt wird (BGHZ 81, 100, 123). Bei der betrieblichen Altersversorgung kann demgegenüber als Folge der in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB getroffenen Sonderregelung die Rechtsstellung des Inhabers einer Versorgungsanwartschaft durch die Entwicklung der Verhältnisse in dem Zeitraum zwischen dem Ehezeitende und dem Erlaß der Entscheidung beeinflußt werden. So kann bei einem in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes versicherten Ehegatten noch nach dem Ende der Ehezeit die Wartezeit (als Grundvoraussetzung für die Unverfallbarkeit der Versorgungszusage) erfüllt werden mit der Folge, daß dies bei der Entscheidung beachtet werden muß. Ebenso ist in dem hier vorliegenden Fall die am 1. August 1979 in Kraft getretene Satzungsänderung – unter dem Gesichtspunkt der Unverfallbarkeit der Anwartschaft(en) des Ehemannes aus der Zusatzversorgung – zu berücksichtigen. Denn das Gericht hat bei Erlaß seiner Entscheidung zu prüfen, welche Anwartschaften – bezogen auf das Ende der Ehezeit – dem Versicherten im Zeitpunkt der Entscheidung nach Grund und Höhe unverfallbar zustehen. Dies bestimmt sich bei einer nach dem 1. August 1979 zu treffenden Entscheidung, sofern der Versicherte unter die Übergangsvorschrift des § 197 der Satzung der BVA fällt, nach den Vorschriften des neuen Satzungsrechts in Teil D (ebenso OLG Koblenz FamRZ 1981, 901, 903 für die Satzung der BVA – Abt. B – gegen OLG München FamRZ 1981, 281, 282 für eine private betriebliche Altersversorgung). Die gegenteilige Auffassung (OLG München Beschluß des 26. Zivilsenats vom 5. Oktober 1981 – 26 UF 1052/79; OLG Koblenz Beschluß des 15. Zivilsenats – 2. Senat für Familiensachen vom 10. November 1981 – 15 UF 326/80) berücksichtigt nicht die Sonderregelung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB für den Ausgleich von Leistungen, Anwartschaften und Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, bei denen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift Veränderungen nach Ehezeitende, die sich auf die Unverfallbarkeit auswirken, noch zu beachten sind.

Der Entscheidung über den Versorgungsausgleich sind demnach im vorliegenden Fall diejenigen Anwartschaften des Ehemannes zugrundezulegen, die ihm – bezogen auf das Ende der Ehezeit – nach den Vorschriften in Teil D der Satzung der BVA – Abt. B – zustehen.

Der vorliegende Sachverhalt gibt nach den hier gegebenen Umständen keine Veranlassung zu der Prüfung, wie ein Fall zu beurteilen wäre, in dem ehezeitlich erworbene Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung nach dem Ende der Ehezeit durch eine Änderung der Satzung der Zusatzversorgungseinrichtung erhöht werden. Jedenfalls bis zur Höhe der bereits in der Ehe – wenn auch verfallbar – begründeten Anwartschaften ist der Eintritt der Unverfallbarkeit aufgrund späterer Satzungsänderung zu berücksichtigen.

Da der Wert der hiernach maßgeblichen Anwartschaften des Ehemannes nach Teil D der Satzung der BVA bisher nicht festgestellt ist, ist die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur Neuberechnung des Versorgungsausgleichs auf der sich alsdann ergebenden neuen Tatsachengrundlage – durch Ausgleich der werthöchsten Anwartschaft des Ehemannes auf eine statische Versicherungsrente aus der Zusatzversorgung bei der BVA – an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1512106

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