Verfahrensgang

OLG München (Entscheidung vom 11.07.2022; Aktenzeichen 24 U 2380/22)

LG Memmingen (Entscheidung vom 31.03.2022; Aktenzeichen 34 O 1827/21)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 31.07.2023; Aktenzeichen VIa ZR 1066/22)

 

Tenor

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. Juli 2022 nach Ablauf von drei Wochen seit Zustellung dieses Beschlusses auf Kosten des Klägers als unzulässig zu verwerfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 25.000 €.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Der Kläger bestellte im Juni 2016 bei einem Händler zum Preis von 28.000 € einen neuen Skoda Octavia 2.0 TDI, der mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 288 ausgestattet ist. Der Kläger hat behauptet, bei dem Fahrzeug kämen unzulässige Abschalteinrichtungen zum Einsatz. Er hat die Erstattung des Kaufpreises nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs nebst Fahrzeugschlüssel, die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und ihrer Pflicht zum Ersatz von Schäden aufgrund der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung begehrt.

Rz. 2

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nach Erteilung eines Hinweises durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers. Mit der angestrebten Revision möchte er seine Klageanträge weiterverfolgen.

II.

Rz. 3

Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als unbegründet erachtet. Zur Begründung hat es, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Bedeutung, ausgeführt:

Rz. 4

Der Kläger habe eine sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB nicht hinreichend dargelegt. Aus seinem Vorbringen ergebe sich nicht, dass das Fahrzeug über die angeführten unzulässigen Abschalteinrichtungen verfüge und/ oder dass diese mit einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten einhergingen. Auch liege kein Schaden des Klägers in Form des Erwerbs eines für seine Zwecke nicht voll brauchbaren Fahrzeugs vor. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe nach mehrfachen sorgfältigen Prüfungen keinen Rückrufbescheid erlassen. Im Zeitpunkt des Kaufs habe daher kein (abstraktes) Risiko eines Widerrufs der Typgenehmigung oder einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung bestanden. Einem Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 stehe entgegen, dass die unionsrechtlich determinierten Vorschriften nicht dem Schutz des Interesses des Klägers dienten, vor der Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit bewahrt zu bleiben.

III.

Rz. 5

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil ihre Begründung den Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe (§ 544 Abs. 4 Satz 3 ZPO) nicht genügt.

Rz. 6

1. Bei der Nichtzulassungsbeschwerde prüft der Bundesgerichtshof nach § 544 Abs. 4 Satz 3 ZPO nur die Zulassungsgründe, die die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt hat. Beruht die angegriffene Entscheidung auf mehreren selbstständig tragenden Begründungen, ist die Nichtzulassungsbeschwerde nur zulässig, wenn hinsichtlich aller Begründungen die Voraussetzungen eines Zulassungsgrunds dargelegt werden (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2022 - VIa ZR 579/22, juris Rn. 6 mwN; für die Revision vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2022 - VIa ZR 230/22, juris Rn. 13; für die Rechtsbeschwerde vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2005 - IX ZB 430/02, NJW-RR 2006, 142).

Rz. 7

2. Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Rz. 8

a) Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB mit den jeweils selbstständig tragenden Begründungen verneint, der Kläger habe weder ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten dargelegt noch liege der geltend gemachte Schaden vor. Soweit es einen Schaden des Klägers verneint hat, handelt es sich um eine Erwägung, die jeglichen deliktischen Anspruch auf den sogenannten großen Schadensersatz betrifft. Sie greift daher gleichermaßen für die Anspruchsgrundlage des § 823 Abs. 2 BGB, die das Berufungsgericht bereits im rechtlichen Ausgangspunkt mangels Schutzgesetzeigenschaft der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV, Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verneint hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2022 - VIa ZR 230/22, juris Rn. 16).

Rz. 9

b) Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, das Berufungsgericht habe das Verfahrensgrundrecht des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, weil dieser hinreichend vorgetragen habe, dass das Fahrzeug über mehrere unzulässige, teils manipulative Abschalteinrichtungen verfüge. Mit Blick darauf stelle sich die - zu bejahende - Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ein Schadensersatzanspruch des Klägers auch ohne den Nachweis einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung im Sinne von § 826 BGB bei unionsrechtskonformer Auslegung des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aus § 823 Abs. 2 BGB folge. Mit der die Verneinung aller in Betracht kommender deliktischer Anspruchsgrundlagen - und damit auch derjenigen des § 823 Abs. 2 BGB - selbstständig tragenden Erwägung des Berufungsgerichts, der vom Kläger angeführte Schaden liege nicht vor, setzt sich die Nichtzulassungsbeschwerde dagegen nicht auseinander.

Menges     

Möhring     

Krüger

Wille     

Liepin     

Hinweis: Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde erledigt worden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15853067

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