Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 19.12.2016) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom 19. Dezember 2016 wird
- das Verfahren hinsichtlich Fall II.3 der Urteilsgründe eingestellt;
- von der Einziehung des Pkw mit der Fahrgestellnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren abgesehen und die Verfolgung der Taten auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt;
das vorgenannte Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II.7 der Urteilsgründe wegen Betrugs in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten verurteilt ist;
bb) im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass die Einziehungsanordnung hinsichtlich des vorbezeichneten Pkw nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen; hiervon ausgenommen sind die auf Fall II.3 der Urteilsgründe und die Einziehungsentscheidung entfallenden Kosten und notwendigen Auslagen, die der Staatskasse zur Last fallen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, wegen versuchten Betrugs und wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es einen Pkw mit den zugehörigen Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren eingezogen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Der Schuldspruch wegen Betrugs im Fall II.1 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung stand; insbesondere besteht kein Verfahrenshindernis.
Rz. 3
a) Deutsches Strafrecht ist anwendbar. Zwar teilt das Urteil weder den Ort, an dem die Täuschung über die vermeintliche Investitionsmöglichkeit stattfand, noch die Staatsangehörigkeit der durchgehend im Ausland wohnenden Geschädigten mit. Die Tat ist jedoch gemäß § 3 StGB als Inlandstat verfolgbar, weil die Geschädigte dem Angeklagten einen Teil der von ihm ertrogenen Bargeldbeträge auf der deutschen Seite von R. übergab und hierdurch jedenfalls ein inländischer Erfolgsort im Sinne des § 9 Abs. 1 StGB gegeben ist.
Rz. 4
b) Auch die Identität der ausgeurteilten mit der angeklagten Tat ist gewahrt. Der Umstand, dass nach den Urteilsfeststellungen die Geschädigte aufgrund Täuschung durch den Angeklagten dessen Hotel- und Mietwagenkosten mit ihrer Kreditkarte bezahlte, während die Anklage noch davon ausgegangen war, dass die Geschädigte täuschungsbedingt dem Angeklagten ihre Kreditkarte überließ und er die Karte zum Ausgleich dieser Verbindlichkeiten einsetzte, steht der Identität der Tat im Sinne des § 264 StPO nicht entgegen, da diese Änderung die Individualisierung des geschichtlichen Vorgangs nicht berührt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. März 2017 – 4 StR 516/16; vom 18. Oktober 2016 – 3 StR 186/16, StraFo 2017, 26 f.; vom 10. November 2008 – 3 StR 433/08, NStZ-RR 2009, 146 f.).
Rz. 5
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Betrugs im Fall II.6 der Urteilsgründe hat ebenfalls Bestand. Sie weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Rz. 6
a) Der vom Angeklagten durch Täuschung über seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit erschlichene Aufenthalt im Hotel des Geschädigten N. führte bei dem Geschädigten zu einem Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB, auch wenn es das Landgericht unterlassen hat, die Höhe der Hotelkosten mitzuteilen. Entgegen der Annahme der Strafkammer liegt ein Eingehungsbetrug vor, so dass der Betrug bereits durch die Überlassung des Hotelzimmers vollendet war; die spätere Zahlung der Hotelrechnung durch die Eltern seiner damaligen Partnerin bleibt bei der Ermittlung des tatbestandlichen Vermögensschadens unberücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2016 – 1 StR 456/15, NStZ 2016, 674, 675; Beschlüsse vom 14. März 2017 – 4 StR 472/16; vom 14. Juli 2016 – 4 StR 362/15, WM 2016, 1785, 1786). Dass der Angeklagte nur wegen versuchten Betrugs verurteilt wurde, beschwert ihn nicht.
Rz. 7
b) Der Senat ist an einer Entscheidung gemäß § 349 Abs. 2 StPO nicht dadurch gehindert, dass der Generalbundesanwalt hinsichtlich dieser Tat die Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO beantragt hat. Denn im Ergebnis hat die Revision des Angeklagten auch nach Auffassung des Generalbundesanwalts keinen Erfolg (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2015 – 1 StR 279/15, wistra 2015, 476 mwN).
Rz. 8
3. Hingegen hält im Fall II.7 der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Urkundenfälschung rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 9
a) Die vom Angeklagten zur Verstärkung der Täuschung lediglich per E-Mail an den Geschädigten übermittelte, angeblich von der Firma S. … stammende Zusage, die Hotelkosten zu übernehmen, stellt nicht das Herstellen und Gebrauchen einer (schriftlichen) Urkunde im Sinne des § 267 StGB, sondern das Speichern und Gebrauchen beweiserheblicher Daten im Sinne des § 269 Abs. 1 StGB dar (vgl. Erb in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 269 Rn. 33 mwN).
Rz. 10
b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte hiergegen wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Der Strafausspruch bleibt von der Änderung des Schuldspruchs unberührt.
Rz. 11
4. a) Aus verfahrensökonomischen Gründen stellt der Senat das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs des Diebstahls (Fall II.3 der Urteilsgründe) auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein und sieht mit dessen Zustimmung gemäß § 430 Abs. 1 StPO von der Einziehung des Pkw mit den zugehörigen Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren ab.
Rz. 12
Im Fall II.3 sind der Bruch fremden (Mit-)Gewahrsams und damit die objektiven Voraussetzungen eines Diebstahls nicht belegt. Mit Blick auf die Einziehung des Fahrzeugs ist – neben Bedenken hinsichtlich dessen Einsatz als Tatmittel in den Fällen II.6 und II.7 der Urteilsgründe und bezüglich der Verhältnismäßigkeit der Einziehung – dem Urteil nicht zu entnehmen, dass sich das Landgericht bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche Gründe für die Ausübung des Ermessens gegeben waren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. März 2016 – 2 StR 243/15, NStZ 2017, 89, 90; vom 28. August 2011 – 4 StR 375/11; vom 4. Januar 1994 – 4 StR 718/93, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Ermessensentscheidung 1).
Rz. 13
b) Der Ausspruch über die Gesamtstrafe bleibt von der Verfahrenseinstellung unberührt. Mit Blick auf die weiteren Einzelstrafen – zwei Jahre und neun Monate, zweimal zwei Jahre, ein Jahr, neun Monate und sechs Monate – schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die für den Diebstahl verhängte Einzelstrafe von sechs Monaten auf eine noch niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Rz. 14
5. Das undatierte Schreiben des Angeklagten an den Senat, eingegangen am 23. Mai 2017, lag bei der Entscheidung vor.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Franke, Quentin, Feilcke
Fundstellen
Haufe-Index 10886240 |
NStZ-RR 2017, 281 |
NStZ-RR 2017, 6 |