Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 08.06.2017) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten Z. gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 8. Juni 2017 wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte Z. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten T., K. und W. wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendstrafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen schweren Bandendiebstahls in 19 Fällen unter Einbeziehung einer anderen Verurteilung und unter Auflösung der dortigen Freiheitsstrafe zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten Z. wegen Diebstahls sowie wegen schweren Bandendiebstahls in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, den Angeklagten W. wegen schweren Bandendiebstahls in 18 Fällen und wegen „besonders schweren” Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und den Angeklagten K. wegen Diebstahls, wegen schweren Bandendiebstahls in 19 Fällen und wegen „besonders schweren” Diebstahls in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es ein Fahrzeug des Angeklagten K. eingezogen. Die Revisionen der Angeklagten gegen dieses Urteil rügen die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Während die Revisionen der Angeklagten T., W. und K. mit einer Verfahrensrüge Erfolg haben, ist die Revision des Angeklagten Z. unbegründet.
Rz. 2
1. Die Revisionen der Angeklagten T., W. und K. beanstanden mit Recht die Verlesung der Protokolle der polizeilichen Vernehmungen der Angeklagten T. und K. unter Verstoß „gegen §§ 254, 250 StPO”.
Rz. 3
Die Kammer hat „ergänzend zu der umfassenden Vernehmung der Vernehmungsbeamten zum Zwecke der Zusammenfügung der Vielzahl berichteter Taten, Tatorte, Geschehensabläufe und Details gem. §§ 249, 250 S. 2 StPO” zwei Niederschriften über polizeiliche Vernehmungen des Angeklagten T. und „ergänzend zur Vernehmung des Vernehmungsbeamten KOK Kö. zur Erfüllung ihrer Sachaufklärungspflicht zum Zwecke der Zusammenfügung der Vielzahl berichteter Taten und Details gem. §§ 249, 250 S. 2 StPO” auch die Niederschrift der polizeilichen Vernehmung des Angeklagten K. verlesen. Eine solche Verlesung lässt das Gesetz aber nur bei Niederschriften über die richterliche Vernehmung des Beschuldigten zu (§ 254 StPO). Die Verlesung ist ausdrücklich nicht zum Zwecke des Vorhalts an die Vernehmungsbeamten oder an den in der Hauptverhandlung abweichend aussagenden Angeklagten T. erfolgt. Danach war die Verwertung der im Urteil in indirekter Rede wiedergegebenen Angaben, die der in der Hauptverhandlung schweigende Angeklagte K. und der Angeklagte T. jeweils bei der Polizei gemacht haben, unzulässig (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 1960 – 5 StR 168/60, BGHSt 14, 310 ff.; vom 28. Juni 1995 – 3 StR 99/95, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Verwertungsverbot 4; Beschluss vom 23. August 1994 – 5 StR 447/94, NStZ 1995, 47; OLG Köln, Beschluss vom 3. Juni 1982 – 1 Ss 323/82, StV 1983, 97).
Rz. 4
Der Senat vermag nicht sicher auszuschließen, dass der Tatrichter sich bei seiner Überzeugungsbildung neben den weiteren Beweisergebnissen auch von den fehlerhaft berücksichtigten polizeilichen Einlassungen der Angeklagten hat leiten lassen. Dies nötigt zur Aufhebung des Urteils insgesamt.
Rz. 5
2. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Eigentumsverhältnisse an dem eingezogenen Fahrzeug näher zu klären (vgl. BGH, Urteile vom 29. Oktober 1963 – 1 StR 387/63, BGHSt 19, 123, 124; vom 8. November 2016 – 1 StR 325/16, NStZ-RR 2017, 84 [Ls.]). Auch wird er bei einer erneuten Einziehungsanordnung den Wert des Fahrzeugs festzustellen und gegebenenfalls bei der Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe zu berücksichtigen haben (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169; vom 3. Mai 2017 – 2 StR 364/16 Rn. 9 f.; Urteil vom 8. November 2016 – 1 StR 325/16, Rn. 10 [insofern nicht abgedruckt in NStZ-RR 2017, 84], jeweils mwN).
Rz. 6
3. Die auch vom Angeklagten Z. erhobene Rüge der Verletzung der §§ 250, 254 StPO ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 29. November 2017 nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Nachprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Quentin, Feilcke, Paul
Fundstellen
Haufe-Index 11957223 |
NStZ 2019, 106 |
RÜ 2019, 438 |
StRR 2018, 2 |