Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Verfahrensgang
Niedersächsischer AGH (Beschluss vom 14.11.2001) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluß des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs in Celle vom 14. November 2001 und die Verfügung der Antragsgegnerin vom 22. September 2000 aufgehoben.
Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 51.129,19 EUR (100.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller wurde 1974 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht G. und dem Landgericht B. zugelassen. Im Jahre 1979 wurde er zum Notar bestellt. Der Präsident des Oberlandesgerichts B. enthob den Antragsteller mit Verfügung vom 7. August 2000 vorläufig seines Amtes als Notar. Unter Bezugnahme auf die zur Begründung dieses Bescheides getroffenen Feststellungen widerrief die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 22. September 2000 die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der inzwischen seines Amtes als Notar endgültig enthoben worden ist (BGH, Beschluß vom 8. Juli 2002 – NotZ 1/02, zur Veröffentlichung bestimmt).
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO) und auch begründet. Der Widerruf der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft hat keinen Bestand.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.
Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st.Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 25. März 1991 – AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Senatsbeschluß vom 21. November 1994 – AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Diese Voraussetzungen waren bei Erlaß der Widerrufsverfügung nicht erfüllt.
Zwar hatte der Antragsteller zur Zeit der Widerrufsverfügung Schulden gegenüber der D. Bank in Höhe von 766.261,83 DM; es war auch bereits zu Vollstreckungsmaßnahmen der Bank gekommen. Dieser Forderung, auf welche die Widerrufsverfügung in erster Linie gestützt wurde, stand jedoch ausreichendes Vermögen des Antragstellers, mit dem die Forderung hätte beglichen werden können, gegenüber.
Zur Tilgung dieser Verbindlichkeit reichte der Erlös aus dem (späteren) Verkauf von Grundbesitz und das Guthaben einer gekündigten Lebensversicherung zwar nicht aus. Der Antragsteller hatte jedoch zur damaligen Zeit, wie er im Beschwerdeverfahren belegt hat, weiteres Vermögen, mit dem er die dadurch nicht abgedeckte Restforderung der D. Bank von knapp 150.000 DM hätte tilgen können, wenn nicht die Bank später – nach Erlaß der Widerrufsverfügung – auf diese Restforderung verzichtet hätte. Die Rückkaufswerte der nicht gekündigten Lebensversicherungen des Antragstellers beliefen sich nämlich nach den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bescheinigungen der Versicherungen auch bereits bei Erlaß der Widerrufsverfügung auf einen Betrag, der die durch den Verkaufserlös des Grundbesitzes und das Guthaben aus der gekündigten Lebensversicherung nicht getilgte Restforderung der D. Bank weit überstieg und bei einer Kündigung dieser Lebensversicherungen darüber hinaus ausgereicht hätte, einige weitere – kleinere – Forderungen, die gegen den Antragsteller tituliert waren, zu tilgen. Dieser Vermögenswert ist als Gegenwert zu den Verbindlichkeiten des Antragstellers entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs zu berücksichtigen, auch wenn die Lebensversicherungen vorrangig der Alterssicherung des Antragstellers dienten.
Da der Antragsteller seiner Pflicht zur Mitwirkung bei der Aufklärung seiner Vermögensverhältnisse erst im Beschwerdeverfahren hinreichend nachgekommen ist, entspricht es nicht der Billigkeit, eine Erstattung seiner außergerichtlichen Auslagen anzuordnen (§ 40 Abs. 4 BRAO i.V.m. § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG).
Unterschriften
Deppert, Schlick, Otten, Frellesen, Salditt, Schott, Kappelhoff
Fundstellen