Entscheidungsstichwort (Thema)
schwere räuberische Erpressung
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11. Juli 2000 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 17. Oktober 2000 ausgeführt:
„Das Landgericht hat die gegen den Angeklagten verhängte Strafe dem Strafrahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB entnommen. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt beim Einsatz einer geladenen Schreckschußpistole voraus, daß der Täter durch Aufsetzen auf Kopf oder Körper mit der Abgabe eines Schusses droht (BGH, Beschluß vom 12. Januar 1999 – 4 StR 688/98 – mit weiteren Nachweisen; Boetticher/Sander NStZ 1999, 292, 293/294). Eine derartige Verwendung hat die Strafkammer ebenso wenig dargelegt wie die Androhung einer anderen konkreten Anwendung des Tatmittels, die geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen (BGH aaO). Nach den Feststellungen richtete der Angeklagte die Tatwaffe „aus nächster Nähe” auf die Filialleiterin und den Kassierer (UA S. 6). Nähere Angaben zur Entfernung zwischen dem Angeklagten und den bedrohten Personen fehlen, so daß es dem Revisionsgericht nicht möglich ist, die Schlußfolgerung des Landgerichts, die Pistole sei angesichts dieser Verwendung geeignet gewesen, erhebliche Körperverletzungen zuzufügen (UA S. 6), zu überprüfen. Das Verhalten des Angeklagten erfüllt daher nur den Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB (BGH, Beschluß vom 23. Juni 1998 – 4 StR 245/98).
Darüber hinaus hält auch die Begründung, mit der das Landgericht einen minder schweren Fall der schweren räuberischen Erpressung nach § 255 i.V.m. § 250 StGB verneint hat, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Strafkammer hat zwar einerseits ausgeführt (UA S. 8), daß für die Prüfung der Frage, ob der Ausnahmetatbestand anzuwenden ist, alle für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommenden Umstände zu berücksichtigen sind. Sie hat dann allerdings unter Hinweis auf die erhebliche kriminelle Energie, die der Angeklagte bei der Tatplanung und -durchführung aufgewendet hat, einen minder schweren Fall verneint, ohne in diesem Zusammenhang die erlittene Untersuchungshaft und die stabilen persönlichen Lebensverhältnisse des Angeklagten sowie den Umstand zu erörtern, daß der Angeklagte nicht vorbestraft ist (vgl. BGH NStZ 1983, 119; BGH StV 1993, 245). Dies läßt besorgen, daß die Strafkammer – worauf die Revision zu Recht hinweist – dem Gebot der Gesamtwürdigung aller strafzumessungserheblichen Umstände (BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Gesamtwürdigung, unvollständige 1 bis 3; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 46 Rdn. 42 mit weiteren Nachweisen) nicht gerecht geworden ist. …”
Dem schließt sich der Senat an. Er bemerkt ergänzend:
Daß das Landgericht die Maskierung des Angeklagten bei der Tat strafschärfend gewertet hat, ist – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit aus einer früheren Entscheidung des Senats (BGH, Beschluß vom 11. März 1997 – 4 StR 25/97) Gegenteiliges hätte entnommen werden können, hat der Senat hieran nicht festgehalten (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2000 – 4 StR 611/99). Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Wertung des Landgerichts, schon der Umstand, daß der Angeklagte bei der Ausführung der Tat maskiert gewesen sei, schließe in der Regel die Annahme eines minder schweren Falles aus (vgl. BGH NStZ 1998, 188 f.).
Der neue Tatrichter wird sich auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob eine Strafmilderung nach §§ 46 a, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen ist. Das Landgericht hat nicht geprüft, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, obwohl es festgestellt hat, daß der Angeklagte sich bei der Filialleiterin für seine Tat schriftlich entschuldigt hatte und der Versicherung der Sparkasse die Kosten eines „Auslobungsbetrages” ersetzt hat, den diese an den Motorradfahrer gezahlt hatte.
Unterschriften
Meyer-Goßner, Tolksdorf, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen