Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 18.12.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 18. Dezember 2003 im Schuldspruch dahin geändert, daß in den Fällen II. 1 bis 3 die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in neun Fällen, davon in acht Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der Fälle II. 1 bis 3 der Urteilsgründe; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch bedarf in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe der Änderung dahin, daß der Angeklagte in diesen Fällen jeweils allein des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) schuldig ist. Die Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich verwirklichten sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) muß entfallen, weil insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Daran ändert nichts, daß – was der Senat nach § 354 a StPO zu beachten hat – nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3007) geänderten Fassung die Verjährung nunmehr auch bei Straftaten nach § 174 StGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht. Diese Regelung gilt zwar auch rückwirkend für vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. April 2004 begangene Taten; ihre Anwendung ist indes ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes bereits Verjährung eingetreten war. So verhält es sich hier, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 12. Mai 2004 zutreffend ausgeführt hat.
Für den Rechtszustand nach Änderung des § 78 b Abs. 1 StGB durch das 30. StrÄndG vom 23. Juni 1994 (BGBl. I 1310) folgte die beschränkte Rückwirkung bereits aus der ausdrücklichen Übergangsregelung in Art. 2 des Gesetzes (vgl. dazu BGHSt 47, 245, 247 m.w.N.). Eine entsprechende Übergangsvorschrift enthält das neuerliche Änderungsgesetz vom 27. Dezember 2003 allerdings nicht. Doch läßt das nicht den Schluß zu und es ergibt sich auch sonst kein Anhalt, der Gesetzgeber habe nunmehr rückwirkend auch in eine bereits eingetretene Verjährung eingreifen wollen (im Ergebnis wie hier Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 78 b Rdn. 3). Für diese Auffassung spricht schon, daß die Übergangsregelung in das 30. StrÄndG nur deshalb eingefügt wurde, „damit insoweit Rechtsklarheit besteht” (BTDrucks. 12/6980 S. 6), ihr mithin gerade keine konstitutive Wirkung beigemessen wurde. Der Verzicht auf eine entsprechende klarstellende Übergangsregelung in dem neuen Änderungsgesetz ändert daran nichts.
2. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug.
Auch der Strafausspruch hat Bestand. Dies gilt auch hinsichtlich der in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen. Der Senat schließt in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts aus, daß der Tatrichter in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn er die Verfolgungsverjährung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 174 StGB beachtet hätte.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Kuckein, Solin-Stojanović, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2558039 |
NStZ 2005, 89 |