Entscheidungsstichwort (Thema)
im Grundbuch eingetragenes Grundstück
Leitsatz (amtlich)
Der Testamentsvollstrecker kann mit Zustimmung der Erben und der Vermächtnisnehmer auch über den Rahmen von Pflicht- und Anstandsschenkungen hinaus unentgeltlich über Nachlaßgegenstände verfügen.
Normenkette
BGB § 2205
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 17.09.1970) |
AG Bremen (Beschluss vom 23.04.1970) |
OLG Bremen |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 17. September 1970 sowie Nr. 2 des Beschlusses des Amtsgerichts – Grundbuchamts – Bremen vom 23. April 1970 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Prüfung und Entscheidung nach Maßgabe der Gründe an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für die weitere Beschwerde wird auf 50.500 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der 1960 verstorbene Bauunternehmer Wilhelm C. hat im notariellen gemeinschaftlichen Testament vom 7. Januar 1958 nebst Ergänzungstestament vom 25. Juni 1959 seine Ehefrau, die Beteiligte zu 1, zur befreiten Vorerbin und seine beiden Kinder, die Beteiligte zu 2 und den Bauunternehmer Egmont C., zu Nacherben je zur Hälfte eingesetzt. Nach einer Teilungsanordnung sollen bei Eintritt des Nacherbfalls aus dem Nachlaß des Erblassers die Beteiligte zu 2 das Grundstück G.-H.straße … und Egmont C. das in B., K.straße … belegene Grundstück erhalten. Ferner hat der Erblasser zur Verwaltung des Nachlasses während der Dauer der Vorerbschaft und zur späteren Durchführung der Teilungsanordnung Testamentsvollstreckung angeordnet. Seiner Mutter hat der Erblasser ein lebenslängliches Wohnrecht vermacht.
In notarieller Urkunde vom 13. November 1969 (Urkundenrolle Nr. 550/69 Notar Ka. in B.) haben die Vorerbin und die Beteiligte zu 2 u.a. erklärt, sie setzten sich endgültig über den Nachlaß des Erblassers auseinander, die Beteiligte zu 1 übertrage der Beteiligten zu 2 im Wege der Vorwegnahme des Falles der Nacherbfolge das Eigentum am Grundstück G. H.straße …; als Ausgleich bestelle die Beteiligte zu 2 der Beteiligten zu 1 einen lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundstuck. Der Testamentsvollstrecker hat in derselben Urkunde seine Zustimmung zu dem Vertrag und die Entlassung des Grundstücks aus seiner Verwaltung erklärt. Die Vorerbin und die Nacherbin haben zugleich die Auflassung erklärt; die Nacherbin hat ferner die Eintragung des Nießbrauchs bewilligt. In weiteren, notariell beglaubigten Urkunden haben Egmont C. sein Einverständnis mit dem Inhalt des Vertrages und der Testamentsvollstrecker den Antrag auf Löschung des Testamentsvollstreckervermerks im Grundbuch dieses Grundstücks erklärt.
Der Urkundsnotar hat gemäß § 15 GBO im Namen der drei Beteiligten den grundbuchlichen Vollzug dieser Urkunden beantragt.
Das Amtsgericht hat die Anträge abgelehnt.
Die gegen ihre Zurückweisung gerichtete Beschwerde des Urkundsnotars ist erfolglos geblieben. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, der Testamentsvollstrecker habe das Grundstück nur freigegeben, um der Vorerbin eine Verfugung darüber zu ermöglichen, die sich als unentgeltlich darstelle; die Wirksamkeit der Verfügung der Vorerbin hänge davon ab, ob der Testamentsvollstrecker selbst unentgeltlich hätte verfügen können. Das treffe jedoch nicht zu, weil nicht habe festgestellt werden können, daß sich die Durchführung des Vertrages im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses halte und insbesondere die Interessen eventueller Nachlaßgläubiger nicht beeinträchtige.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Urkundsnotar namens der Beteiligten die Erledigung der Anträge weiter.
Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen möchte der weiteren Beschwerde stattgeben. Es sieht sich daran jedoch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. Oktober 1962 (NJW 1963, 162 f) gehindert und hat deshalb gemäß § 79 Abs. 2 GBO die weitere Beschwerde dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 GBO sind gegeben. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen hat die weitere Beschwerde wegen der Frage vorgelegt, ob die unentgeltliche Verfügung eines Erben wirksam ist, wenn sie mit Zustimmung der anderen Erben und des Testamentsvollstreckers getroffen worden ist. Diese Frage möchte das vorlegende Oberlandesgericht bejahen. Es beabsichtigt damit, von der genannten Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (NJW 1963, 162 f) – und wie hinzuzufügen ist, auch von der Entscheidung desselben Gerichts vom 10. Juni 1966 (JMBl NRW 1966, 272 f) – abzuweichen, wonach eine unentgeltliche Verfügung unter Mitwirkung aller Erben und des Testamentsvollstreckers bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung für eine längere Zeit unwirksam ist, weil sie im Widerspruch zum Willen des Erblassers steht. Die Vorlagepflicht entfällt nicht mit Rücksicht auf die Entscheidungen des Senats vom 25. September 1963 (BGHZ 40, 115) und vom 18. Juni 1971, V ZB 4/71 (WM 1971, 1126, für die Entscheidungssammlung bestimmt). Zwar hat der Senat dort (bei einer Erblasseranordnung auf Ausschluß der Auseinandersetzung und bei einer Anordnung, daß der Testamentsvollstrecker über bestimmte Nachlaßgrundstücke nicht verfügen dürfe) dahin entschieden, daß im Fall einer Verfügungsbeschränkung des Testamentsvollstreckers Erben und Testamentsvollstrecker zusammen über einen Nachlaßgegenstand dinglich verfügen können, weil sonst eine derartige Verfügung überhaupt nicht möglich wäre. Dabei handelt es sich aber um ein Zusammenwirken von Erben und Testamentsvollstrecker entgegen einer vom Erblasser gesetzten Schranke, also entgegen einem rechtsgeschäftlichen Verbot. Die Vorlage betrifft dagegen die Frage der Durchbrechung eines gesetzlichen Verbots (§ 2205 Satz 3 BGB). Eine Entscheidung darüber hat der Bundesgerichtshof bisher nicht getroffen; auch der Senat hat sie in seiner letztgenannten Entscheidung offengelassen (vgl. auch Urteil des II. Zivilsenats vom 18. Juni 1962, II ZR 99/61, NJW 1962, 1718, 1719, sowie Senatsurteil vom 15. Mai 1963, V ZR 141/61, NJW 1963, 1613, 1615). Auch wenn es sich dabei im Grunde um erbrechtliche Fragen handelt, betrifft dies doch im Sinn des § 79 Abs. 2 GBO eine grundbuchrechtliche Vorschrift, nämlich § 19 GBO, und zwar im Hinblick darauf, ob ein wegen der Anordnung einer Testamentsvollstreckung nach § 2211 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht verfügungsberechtigter Erbe eine wirksame Eintragungsbewilligung erteilen kann.
Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft und auch in rechter Weise und vom Urkundsnotar befugterweise eingelegt worden (§ 80 Abs. 1 GBO).
III.
Bei der Entscheidung über die weitere Beschwerde ist zunächst davon auszugehen, daß der Testamentsvollstrecker durch seine vor dem Notar abgegebene Erklärung in der Urkunde vom 13. November 1969 von sich aus das Grundstuck der Vorerbin zu deren freier Verfügung überlassen hat.
Sieht man zunächst von der gesetzlichen Schranke des Schenkungsverbots ab (§ 2205 Satz 3 BGB; darüber unten IV), so ist eine solche Freigabe durch den Testamentsvollstrecker mit Zustimmung der Erben (Vor- und Nacherben) ohne die Schranke des § 2217 Abs. 1 Satz 1 BGB zulässig und hat zur Folge, daß das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Testamentsvollstreckers erlischt und der Erbe nunmehr über den Gegenstand verfügen kann (vgl. den genannten Senatsbeschluß vom 18. Juni 1971 unter IV 2).
Daß die Freigabe dem im Testament verlautbarten Willen des Erblassers widersprochen haben mag, ändert im Hinblick auf § 137 Satz 1 BGB an ihrer Wirksamkeit dann nichts, wenn, wie hier, Vor- und Nacherben zustimmen (vgl. III des genannten Senatsbeschlusses vom 18. Juni 1971). Das gilt auch für den hier zu entscheidenden Fall, wo der Erblasser zwar nicht ausdrücklich, aber durch die Anordnung der Verwaltungstestamentsvollstreckung und die Bestimmung, daß bei Eintritt des Nacherbfalls die Beteiligte zu 2 und Egmont C. ganz bestimmte Grundstücke erhalten sollen, die Verfügung der Vorerbin und des Testamentsvollstreckers ausgeschlossen hat.
Weitere Anforderungen an die Durchbrechung des Verfugungsverbots sind – zunächst wiederum abgesehen vom Schenkungsverbot des § 2205 Satz 3 BGB (unten IV) – nicht zu stellen. Es kommt daher hier auch nicht darauf an, ob Vermächtnisnehmer oder Nachlaßgläubiger einem Zusammenwirken von Testamentsvollstrecker und Erben zustimmen. Mag auch der Testamentsvollstrecker im Rahmen seines Verwaltungsrechts dafür Sorge zu tragen haben, daß dem Erblasserwillen entsprechend das Vermächtnis erfüllt und demgemäß im vorliegenden Fall, solange das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers dauert und die Vermächtnisnehmerin lebt, das Grundstück nicht veräußert wird, so ist dies für die Frage des Verfügungsverbots ohne Bedeutung. Denn die pflichtgemäße Erfüllung der Aufgaben des Testamentsvollstreckers hinsichtlich eines Dritten, der weder zum Kreis der Rechtsträger (Erben) gehört noch der an sich Verfügungsberechtigte (Testamentsvollstrecker) ist, hat grundsätzlich nichts damit zu tun, ob den beiden Letztgenannten auch bei Zusammenwirken jegliche Verfügungsmacht genommen und damit jede Verfügung überhaupt unmöglich gemacht ist, worauf es in diesem Zusammenhang allein ankommt. Die Rechte eines Vermächtnisnehmers, der lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung hat (§ 2174 BGB), werden im Verhältnis zum Erben durch die allgemeinen Vorschriften über Schuldverhältnisse, im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker durch die Bestimmung des § 2219 BGB geschützt. Ähnlich verhält es sich hier mit etwa vorhandenen Nachlaßgläubigern. Auch sie gehören hinsichtlich des Nachlasses nicht zum Kreis der Rechtsträger oder Verfügungsberechtigten. Ihr Schutz ist insofern sogar noch geringer ausgestaltet, als sie nur auf allgemeine Schadensersatzbestimmungen zurückgreifen können (gegen den Testamentsvollstrecker sogar nur bei unerlaubter Handlung, vgl. Urteil vom 25. Januar 1957, VI ZR 319/55, LM BGB § 823 (Ad) Nr. 1). Das Testamentsvollstreckungsrecht enthält zu ihren Gunsten keine besondere Schadensersatzregelung.
Kann danach aber der Testamentsvollstrecker gemeinsam mit den Erben entgegen einem vom Erblasser angeordneten Verfügungsverbot über Nachlaßgegenstände verfügen, so ist es ihm auch möglich, von sich aus Nachlaßgegenstände dem Erben zu überlassen, um dadurch eine Verfügung des Erben darüber zu ermöglichen. Ist diese Maßnahme pflichtwidrig, sind eventuell davon Betroffene allein auf Schadensersatzansprüche angewiesen. Die Wirkung des Erlöschens des Verwaltungs- und Verfügungsrechts des Testamentsvollstreckers tritt aber trotzdem ein (vgl. Soergel/Siebert/Ehard/Eder, BGB 9. Aufl. § 2217 Anm. 1, Erman/Hense, BGB 4. Aufl. § 2217 Anm. 1, KG in KGJ 40, 207, 212, Häußermann, BWNotZ 1967, 235, Möhring, Vermögensverwaltung in Vormundschafts- und Nachlaßsachen, 5. Aufl. S. 324 f).
Ist somit davon auszugehen, daß der Testamentsvollstrecker grundsätzlich nicht gehindert war, das Grundstück von sich aus freizugeben, ist das Grundbuchamt bei dieser Frage auch nicht befugt, die Zustimmung der Vermächtnisnehmerin oder den Nachweis der Erledigung des Vermächtnisses und Erklärungen über eventuelle Nachlaßgläubiger zu verlangen, sowie die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung des Testamentsvollstreckers zu prüfen (vgl. KG in KGJ 40, 207, 212 und JFG 20, 261, 263, Haegele in BWNotZ 1969, 260, 282, Staudinger/Dittmann BGB 10./11. Aufl. § 2217 Rdn. 14).
IV.
Es fragt sich aber, ob die Freigabe nicht eine Umgebung des gesetzlichen Verbots unentgeltlicher Verfügungen des Testamentsvollstreckers (§ 2203 Satz 3 BGB) bedeutet. Das Beschwerdegericht bat angenommen, der Zweck der Freigabe sei gewesen, der Vorerbin die Verfügung über das Grundstück zu ermöglichen. Dies ergebe sich bereits daraus, daß beide Erklärungen in einer Urkunde enthalten seien. Darin ist ein Rechtsfehler nicht zu erblicken. Da § 2205 Satz 3 BGB gerade die Verhinderung unentgeltlicher Verfügungen durch den Testamentsvollstrecker zum Gegenstand hat, kann das Ergebnis einer unentgeltlichen Verfügung nicht durch andere, an sich zulässige Rechtshandlungen herbeigeführt werden (vgl. Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des BGB, Allgemeiner Teil 13. Aufl. § 190 III 1, Raape, Das gesetzliche Veräußerungsverbot 1908 S. 193, Staudinger/Dittmann a.a.O. § 2217 Rdn. 15). Es kommt also darauf an, ob es sich bei der Verfügung der Erben über das Grundstück (Auflassung) um eine unentgeltliche Verfügung handelt und ob der Testamentsvollstrecker im Zusammenwirken mit den Erben – hier der Vorerbin und den Nacherben – eine solche Verfügung vornehmen könnte.
1. Das Landgericht ist davon ausgegangen, die Verfügung sei unentgeltlich. Weil der Testamentsvollstrecker nach § 2205 Satz 3 BGB zu unentgeltlichen Verfügungen, soweit sie nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen, grundsätzlich nicht befugt ist, würde also im Ergebnis auch die Freigabeerklärung nicht zu einem Erlöschen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers führen und der Vorerbin ihrerseits eine wirksame Verfügung nicht ermöglichen. Zur Frage der Unentgeltlichkeit hat der Beschwerderichter ausgeführt, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise stelle die Einräumung des Nießbrauchs an dem Grundstück zugunsten der Vorerbin kein Entgelt für die Übertragung des Grundstücks dar, sondern gewissermaßen einen von der Veräußererin zurückbehaltenen Rest.
Unentgeltlichkeit i.S. des § 2205 Satz 3 BGB setzt voraus, daß aus dem Nachlaß ein Wert hingegeben, ein Opfer gebracht wird, ohne daß die dadurch eintretende Verringerung des Nachlasses durch Zuführung eines entsprechenden Vermögensvorteils ausgeglichen wird (BGHZ 7, 274, 277; Senatsurteil vom 15. Mai 1963 V ZR 141/61, NJW 1963, 1613, 1614). Das Vorhandensein dieser Voraussetzung hat der Beschwerderichter rechtsirrtumfrei bejaht. Eine Übereignung des Grundstücks an die Nacherbin bedeutet für den Nachlaß den Verlust des Eigentums. Dabei kann es nicht darauf ankommen, daß die Nacherbin nur das erhält, was ihr auch nach der Teilungsanordnung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge zukommen sollte, und das Grundstück – so gesehen – demjenigen, dem es der Erblasser im Ergebnis zugedacht hat, nicht verloren geht. Denn rechtlich gesehen erleidet der gegenwärtige Nachlaß eine Einbuße (vgl. das zuletzt genannte Senatsurteil für den Fall der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft). Für dieses Opfer gelangt eine Gegenleistung nicht in den Nachlaß. Daß der Nießbrauch der Beteiligten zu 1 persönlich zustehen soll, steht der Beurteilung als Gegenleistung zwar nicht entgegen. Eine Gegenleistung braucht nicht der Nachlaßmasse selbst zugute zu kommen. Es genügt auch, wenn sie nur dem befreiten Vorerben zufließt (Urteil vom 6. Juli 1955 IV ZR 110/54, LM BGB § 2136 Nr. 2). Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nicht um eine Gegenleistung. Obwohl die Vorerbin durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung in ihren Rechten hinsichtlich der Verwaltungs- und der Verfügungsmacht eingeschränkt ist, steht ihr wirtschaftlich gesehen das, was ihr ein Nießbrauch bietet, nämlich die Nutzungen des Grundstücks ohnehin zu. Für die Aufgabe des Eigentums fließt also weder etwas in die Nachlaßmasse noch an die befreite Vorerbin persönlich.
Allein das Fehlen einer objektiv gleichwertigen Gegenleistung reicht nicht aus, um den Begriff der Unentgeltlichkeit i.S. des § 2205 Satz 3 BGB auszufüllen. Es muß ein subjektives Merkmal hinzukommen. Unentgeltlich verfügt der Testamentsvollstrecker nämlich nur dann, wenn er entweder weiß, daß dem Opfer keine gleichwertige Leistung gegenübersteht, oder doch bei ordnungsmäßiger Verwaltung der Masse unter Berücksichtigung seiner künftigen Pflicht, die Erbschaft an den Erben (Nacherben) herauszugeben, das Fehlen oder die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen (vgl. RGZ 105, 246, 248; BGHZ 5, 173, 182; 7, 274, 278, 279; Urteil vom 15. Mai 1963 V ZR 141/61, NJW 1963, 1613, 1614).
Darüber, ob diese Voraussetzung vorliegt, hat das Beschwerdegericht keine Feststellung getroffen. Dies wird nachzuholen sein.
2. Darüber, ob ein Testamentsvollstrecker über Pflicht- und Anstandsschenkungen hinaus überhaupt und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen unentgeltlich verfügen kann, bestehen unterschiedliche Auffassungen. Eine in Rechtsprechung und Schrifttum stark vertretene Meinung geht dahin, der Testamentsvollstrecker könne auch mit Zustimmung der Erben keine unentgeltlichen Verfügungen treffen, weil es nicht auf den Willen der Erben, sondern allein des Erblassers ankomme und den Erben keine Verfügungsmacht zustehe (vgl. RGZ 74, 215, 218; 105, 246, 249; Oberlandesgericht München in JFG 21, 240, 242; Landgericht Köln in JMBl NRW 1949, 26 ff.; Oberlandesgericht Düsseldorf in NJW 1963, 162, 163 und JMBl NRW 1966, 272, 273; Soergel/Siebert/Erhard/Eder a.a.O. § 2205 Rdn. 6; Meikel/Imhof/Riedel, Grundbuchrecht, 6. Aufl. § 35 GBO Rdn. 78; Horber GBO 11. Aufl. § 52 Anm. 5 B b; Möhring a.a.O. S. 324; Kipp/Coing, Erbrecht 12. Bearb. § 68 IV 2 c). Ihr steht die Ansicht gegenüber, eine unentgeltliche Verfügung des Testamentsvollstreckers sei unter drei Voraussetzungen wirksam: wenn alle Erben zustimmten, ein entgegenstehender Wille des Erblassers nicht erkennbar sei und die Interessen Dritter, insbesondere von Vermächtnisnehmern und Nachlaßgläubigern, nicht betroffen oder geschädigt würden (vgl. Staudinger/Dittmann a.a.O. § 2205 Rdn. 37; Flad in DFG 1936, 135; Brox, Erbrecht 1966 Rdn. 523; Palandt/Keidel BGB 30. Aufl. § 2205 Anm. 3 vor a; Planck/Flad BGB 4. Aufl. § 2205 Anm. 12; Haegele, Der Testamentsvollstrecker 3. Aufl. S. 85, Justiz 1953, 140, Grundbuchrecht 4. Aufl. Rdn. 1753, BWNotZ 1969, 260, 263 ff, 272 ff; von Lübtow JZ 1960, 151, 158 f.; auch das Kammergericht in KGJ 33 A 164, 173 hatte bereits auf Vermächtnisnehmer und Nachlaßgläubiger hingewiesen; ähnlich Güthe-Triebel GBO 6. Aufl. § 35 Rdn. 66, die allein die Zustimmung der Erben für ausreichend erachten, wenn keine anderen Beteiligten, insbesondere Vermächtnisnehmer und Nachlaßgläubiger vorhanden sind, und Wendelstein in Rechts- und Wirtschafts-Praxis – Forkel-Verlag – Bürgerliches Recht, D Testament II 2, wonach die Zustimmung der Erben und die fehlende Möglichkeit einer Schädigung von Nachlaßgläubigern und Vermächtnisnehmern genügen). Bettermann (JMBl NRW 1949, 65) will sogar die Zustimmung der Erben allein genügen lassen. Das Beschwerdegericht ist bereits in Rpfleger 1967, 411 der zweiten Auffassung gefolgt, daß unentgeltliche Verfügungen eines Testamentsvollstreckers unter den drei genannten Voraussetzungen wirksam seien. Es meint in der angefochtenen Entscheidung, zusätzlich komme es darauf an, ob sich die Verfügung des Testamentsvollstreckers im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses halte. Demgegenüber stellt das vorlegende Oberlandesgericht weder auf den Willen des Erblassers noch auf Nachlaßgläubiger, sondern allein auf die Zustimmung der Erben und Vermächtnisnehmer ab.
Der Senat hält diese Auslegung des § 2205 Satz 3 BGB für zutreffend.
Soweit Rechtsprechung und Schrifttum auf die fehlende Verfügungsbefugnis des Erben und im Zusammenhang damit auf den Willen des Erblassers verweisen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Daß sich Erbe und Testamentsvollstrecker über vom Erblasser auf Grund letztwilliger Verfügung (Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, weitere Beschränkungen) gesetzte Verfügungsschranken durch Zusammenwirken hinwegsetzen können, ist bereits oben dargelegt. Die zusätzliche gesetzliche Schranke des § 2205 Satz 3 BGB hat mit den vom Erblasser aufgestellten Schranken nichts zu tun. § 2205 Satz 3 BGB ist eine Schutzvorschrift, die zum Schutz vornehmlich des nicht verfügungsberechtigten Erben vor dem verfügungsberechtigten Testamentsvollstrecker geschaffen ist. Nach den Protokollen zum Entwurf des BGB (Protokolle V S. 280) sollte es, weil dies keineswegs der Absicht des Erblassers entspreche, nicht rein vom Belieben des berufenen Testamentsvollstreckers abhängen, ob der Erbe überhaupt etwas aus dem Nachlaß erhält. Der Erbe soll also nicht der Willkür des Testamentsvollstreckers ausgeliefert sein. Nur insoweit ist im Rahmen des § 2205 Satz 3 BGB ein Wille des Erblassers berücksichtigt. Andere erkennbare Willensrichtungen des Erblassers sind bei der Beurteilung dieser Frage ohne Bedeutung. Das läßt sich aus § 2207 BGB entnehmen. Nach dieser Bestimmung kann der Erblasser zwar anordnen, daß der Testamentsvollstrecker in der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß grundsätzlich nicht beschränkt sein soll. § 2207 Satz 2 BGB schränkt diese Anordnungsbefugnis aber dahin ein, daß gleichwohl dem Testamentsvollstrecker andere unentgeltliche Verfügungen als Pflicht- oder Anstandsschenkungen untersagt sind. Daraus ist die allgemeine Tendenz des Gesetzgebers zu erkennen, bei unentgeltlichen Verfügungen in jeder Weise den Willen des Erblassers auszuschalten. Ist aber § 2205 Satz 3 BGB nur auf den Schutz des Erben ausgerichtet, ist kein innerer Grund erkennbar, warum der Erbe darauf nicht sollte verzichten können, indem er einer unentgeltlichen Verfügung des Testamentsvollstreckers zustimmt.
Daß § 2205 Satz 3 BGB neben den Erben auch sonstige Nachlaßbeteiligte schützen soll, trifft in dieser allgemeinen Form nicht zu. Der Testamentsvollstrecker ist nicht verpflichtet, gegenüber allen nur möglichen Betroffenen in gleicher Weise objektiv zu verfahren. So trifft ihn nicht gegenüber allen Nachlaßgläubigern die Verpflichtung, den Nachlaß ordnungsgemäß zu verwalten (Staudinger/Dittmann a.a.O. § 2216 Rdn. 5, Planck/Flad a.a.O. § 2216 Anm. 1, Vorbem. 5 g zu § 2197), mögen auch diese Gläubiger ein dringendes wirtschaftliches Interesse daran haben, daß der Testamentsvollstrecker gerade in ihrem Sinne ordnungsgemäß mit dem Nachlaß verfährt und nichts daraus wegschenkt, worauf sie hätten Zugriff nehmen können. Irgendwelche Rechtsbeziehungen bestehen zwischen ihnen und dem Testamentsvollstrecker nicht, insbesondere gibt es keine besondere Schadensersatzbestimmung. Die Gläubiger können sich nur an den Testamentsvollstrecker halten, wenn dieser – wie schon oben ausgeführt – ihnen gegenüber eine unerlaubte Handlung begeht. Aus § 2204 BGB in Verbindung mit § 2046 BGB läßt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Denn auf eine Vorabberichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten bei einer Auseinandersetzung haben die Gläubiger keinen Anspruch. Die Regelung betrifft nur das interne Verhältnis unter Miterben (Staudinger/Lehmann a.a.O. § 2046 Rdn. 2, Palandt/Keidel a.a.O. § 2046 Anm. 1 a, RGZ 95, 325, 328: die Vorabberichtigung dient dem Schutz des einzelnen Miterben), wobei lediglich die Durchführung der einzelnen Maßnahmen bei Anordnung einer Testamentsvollstreckung dem Testamentsvollstrecker und nicht den Miterben obliegt. Die Interessen der Nachlaßgläubiger im allgemeinen erfahren demnach keinen Schutz durch § 2205 Satz 3 BGB (Mattern BWNotZ 1961, 149, 152).
Anders verhält es sich jedoch mit einem Vermächtnisnehmer. Seine Stellung in bezug auf den Testamentsvollstrecker ist stärker als die der sonstigen Nachlaßgläubiger. Das folgt daraus, daß der Testamentsvollstrecker ihm – wie auch dem Erben – gegenüber gemäß § 2216 Abs. 1 BGB zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet ist (Palandt/Keidel a.a.O. § 2216 Anm. 1, Staudinger/Dittmann a.a.O. § 2216 Rdn. 5) und der Vermächtnisnehmer ferner (wie auch der Erbe) den Testamentsvollstrecker bei Verschulden kraft der besonderen Vorschrift des § 2219 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann. Diese starke Stellung hat neben dem Erben nur der Vermächtnisnehmer, nicht aber zum Beispiel ein Auflagenbegünstigter. Daraus ergibt sich, daß dem Vermächtnisnehmer, dem gleichermaßen durch den Erblasser etwas zugewendet worden ist und der, was die Berücksichtigung seiner Interessen anbetrifft, in Beziehung zum Testamentsvollstrecker dem Erben gleichgestellt ist, ebenso der Schutz durch § 2205 Satz 3 BGB zukommen muß. Es ist nicht gerechtfertigt, ihn bei unentgeltlichen Verfügungen anders als den Erben der Willkür des Testamentsvollstreckers (und des Erben bei deren Zusammenwirken) auszusetzen, wenn man davon ausgeht, § 2205 Satz 3 BGB solle sicherstellen, daß die vom Erblasser Bedachten im engeren Sinne etwas vom Nachlaß erhalten.
Demnach kann der Testamentsvollstrecker mit Zustimmung der Erben (wozu auch die Nacherben gehören) und der Vermächtnisnehmer such über den Rahmen von Pflicht- und Anstandsschenkungen hinaus unentgeltlich verfügen. Weitere Anforderungen sind nicht zu stellen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum – wie das Landgericht angenommen hat – außerdem noch die Verfügung unter dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Verwaltung zu beurteilen sein soll. Wenn alle durch § 2205 Satz 3 BGB geschützten Personen der Verfügung zustimmen, ist es für die Wirksamkeit der Verfügung unerheblich, ob der Testamentsvollstrecker objektiv ordnungsgemäß handelt.
Das Landgericht meint daher zu Unrecht, es komme darauf an, ob der im Testament vorgesehene finanzielle Ausgleich durchgeführt worden sei, ob weitere Nachlaßverbindlichkeiten vorhanden seien und ob die Verwaltung des Testamentsvollstreckers hinsichtlich eines anderen Grundstücks ordnungsgemäß gewesen sei.
Zutreffend vermißt das Landgericht allerdings den Nachweis, daß das Vermächtnis erledigt sei. Zur Wirksamkeit einer unentgeltlichen Verfügung über das Grundstück bedarf es hier der Zustimmung der Vermächtnisnehmer in, solange sie lebt. Sollte sie nicht mehr leben, wie der Testamentsvollstrecker in seiner schriftlichen Erklärung vom 11. August 1970 ausführt, und sich dadurch das Vermächtnis – Wohnrecht bis zum Tode – erledigt haben, muß dies nachgewiesen werden. In welcher Form der Nachweis zu erbringen ist, ergibt sich grundsätzlich aus § 29 Abs. 1 GBO. Danach ist die Vorlage von Urkunden erforderlich. Die Rechtsprechung hat allerdings gerade für den Nachweis, daß eine Verfügung eines Testamentsvollstreckers nicht unentgeltlich ist, von diesen strengen Beweisanforderungen Abstand genommen. Danach können auch einfache Erklärungen des Testamentsvollstreckers genügen, wenn keine begründeten Zweifel daran erkennbar sind (vgl. KG in KGJ 33 A 164, 174 f, Oberlandesgericht München in HRR 1940 Nr. 1128, Bayerisches Oberstes Landesgericht 1956, 54, 63; 1969, 278, 283, Horber a.a.O. § 29 Anm. 9, Meikel/Imhof/Riedel a.a.O. § 29 Rdn. 84, 85, Staudinger/Dittmann a.a.O. § 2205 Rdn. 35, Planck/Flad a.a.O. § 2205 Anm. 15). Das kann hier jedoch nicht gelten, soweit es um den Tod der Vermächtnisnehmerin geht. Denn die Lockerung der strengen Beweisanforderungen ist nur dort geboten, wo es praktisch unmöglich ist, Urkunden beizubringen (Horber a.a.O.). In diesen Fällen sollen die Beweisanforderungen nicht überspannt werden, um einen geordneten Geschäftsverkehr nicht unnötig zu erschweren. Kann aber unter normalen Verhältnissen eine Urkunde ohne weiteres beigebracht werden, wie hier eine Sterbeurkunde, kann darauf nicht verzichtet werden (Horber a.a.O.).
Da eine solche Urkunde nicht eingereicht worden ist, hat das Landgericht zu Recht die Anträge der drei Beteiligten noch nicht als vollzugsreif angesehen.
Daraus folgt jedoch noch nicht, daß die Anträge abzulehnen und die Beschwerde gegen die Ablehnung zurückzuweisen waren. Das Eintragungshindernis bestand darin, daß nicht entweder die Zustimmung der Vermächtnisnehmerin oder die Erledigung des Vermächtnisses in grundbuchmäßiger Form (§ 29 GBO) nachgewiesen war. Dieses Hindernis war seiner Natur nach in der einen oder anderen Richtung behebbar, und zwar nach dem Vortrag der Antragsteller mit Leichtigkeit. Infolgedessen war zunächst noch nicht die Zurückweisung der Anträge angebracht, sondern eine Zwischenverfügung zur Behebung des Hindernisses binnen einer zu bestimmenden angemessenen Frist (§ 18 GBO). Selbst wenn man die Wahl zwischen Antragszurückweisung und Zwischenverfügung dem Ermessen des Grundbuchrichters (und des Landgerichts) überlassen wollte, liegt ein Rechtsfehler darin, daß die Vorinstanzen infolge der rechtsirrigen Bejahung weiterer, ersichtlich als unbehebbar angesehener Hindernisse einen Ermessensspielraum im genannten Sinn überhaupt nicht gesehen und deshalb eine Ermessensentscheidung nicht getroffen haben (vgl. dazu Güthe/Triebel, a.a.O. § 18 Rdn. 24; Meikel/Imhof/Riedel, Grundbuchrecht a.a.O. § 18 Rdn. 39).
Damit dies nachgeholt werden kann, waren die angefochtenen Entscheidungen des Landgerichts und des Grundbuchamts aufzuheben und die Sache wie geschehen an das Grundbuchamt zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dr. Augustin, Rothe, Mattern, Offterdinger, Dr. Grell
Fundstellen
Haufe-Index 1559943 |
BGHZ |
BGHZ, 84 |
NJW 1971, 2264 |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1972, 90 |
JZ 1972, 94 |