Leitsatz (amtlich)
a) Sieht das Beschwerdegericht in einer Familienstreitsache von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und entscheidet im schriftlichen Verfahren, so ist der Erlass eines Versäumnisbeschlusses nicht zulässig.
b) Im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht ist vom Unterhaltsschuldner im Hinblick auf den nicht gesicherten Mindestunterhalt seines Kindes auch zu verlangen, dass er neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eine ihm mögliche und zumutbare Nebentätigkeit ausübt (im Anschluss an BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 185/12, FamRZ 2014, 637).
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 2; FamFG § 68 Abs. 3 S. 2, § 117 Abs. 2-3; ZPO § 539
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 23.01.2013; Aktenzeichen 10 UF 233/12) |
AG Ahrensburg (Beschluss vom 05.10.2012; Aktenzeichen 25 F 396/12) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des OLG Schleswig in Schleswig vom 23.1.2013 aufgehoben, soweit die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Ahrensburg vom 5.10.2012 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das OLG zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe
I.
Rz. 1
Die 2004 geborene Antragstellerin nimmt den Antragsgegner, ihren Vater, für die Zeit ab März 2012 auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts in Anspruch.
Rz. 2
Der Antragsgegner hat sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Er ist Vater von drei weiteren minderjährigen Kindern und lebt mit deren Mutter und deren drei weiteren Kindern aus früheren Beziehungen zusammen. Der Antragsgegner hat ein Schlagzeugstudium absolviert. Er erteilt Schlagzeugunterricht und arbeitet in einem Restaurant; daraus erzielt er nach seinen Angaben Gesamteinkünfte von ca. 700 EUR netto monatlich. Das AG hat den Antrag abgewiesen, weil der Antragsgegner auch bei einem fiktiven Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit nur wenige Euro über dem - seinerzeitigen - notwendigen Selbstbehalt von 950 EUR verdienen könne. Da die Einkünfte auf insgesamt vier minderjährige Kinder zu verteilen seien, komme eine Unterhaltsverpflichtung wegen Geringfügigkeit nicht in Betracht.
Rz. 3
Die Antragstellerin hat dagegen Beschwerde eingelegt und ihr Unterhaltsbegehren aufrechterhalten. Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren keine Stellung genommen. Das OLG hat über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entschieden. Es hat den Antragsgegner unter teilweiser Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 36 EUR von März 2012 bis Dezember 2012 und 21 EUR ab Januar 2013 verpflichtet und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen.
Rz. 4
Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, die ihr Unterhaltsbegehren, soweit noch nicht zuerkannt, weiterverfolgt.
II.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Rz. 6
1. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil es in der Sache entschieden habe, obwohl der Antragsgegner sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und insb. keinen Antrag gestellt habe. Eine Säumnisentscheidung, die die Möglichkeit des Einspruchs für den Antragsgegner eröffnet hätte, habe nicht getroffen werden können, da eine Säumnissituation i.S.d. §§ 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG, 539 Abs. 2 ZPO im Verfahren nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht gegeben sei.
Rz. 7
In der Sache hat das OLG die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung im ausgesprochenen Umfang darauf gestützt, dass der Antragsgegner seiner gesteigerten Unterhaltspflicht nicht hinreichend nachgekommen sei. Anstelle des unzureichenden Einkommens aus seiner Tätigkeit als Musiklehrer und im Schichtbetrieb in einem Restaurant sei er verpflichtet, sich nach einer besser bezahlten Vollzeitstelle umzusehen. Trotz seines abgeschlossenen Studiums als Schlagzeuger komme aber nur eine ungelernte Tätigkeit in Betracht. Ein Stundenlohn von brutto 9 EUR sei entsprechend den tariflichen Mindestlöhnen gemäß dem Arbeitnehmerentsendegesetz, z.B. für Tätigkeiten im Gebäudereinigerhandwerk, erzielbar. Mehr als ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.071,58 EUR könne der Antragsgegner hingegen auch daraus nicht erzielen, was zu einer Deckungsquote von 12,92 % (bis Dezember 2012) und 7,61 % (ab 2013) und dementsprechendem Unterhalt von monatlich 36 EUR (März 2012 bis Dezember 2012) und 21 EUR (ab Januar 2013) führe.
Rz. 8
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
Rz. 9
a) Die Wahl des schriftlichen Verfahrens durch das OLG und die Entscheidungsform als streitiger Endbeschluss statt als Versäumnisbeschluss sind nicht zu beanstanden.
Rz. 10
aa) Das OLG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Erlass eines Versäumnisbeschlusses im schriftlichen Beschwerdeverfahren nicht zulässig ist. Ein Versäumnisbeschluss gegen den Beschwerdegegner ist vom Gesetz zwar in § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 539 Abs. 2 Satz 1 ZPO für Familienstreitsachen vorgesehen. Er setzt indessen nach § 539 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Beschwerdegegner im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint. Ein Versäumnisbeschluss kann demnach nur erlassen werden, wenn das Beschwerdegericht eine mündliche Verhandlung durchführt. Für den Erlass eines Versäumnisbeschlusses besteht also kein Raum, wenn das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absieht.
Rz. 11
bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Verfahren nicht mit dem sog. Bagatellverfahren nach § 495a ZPO vergleichbar. Ob in diesem Verfahren der Erlass eines Versäumnisurteils ohne mündliche Verhandlung zulässig und geboten ist (dagegen MünchKomm/ZPO/Deubner 4. Aufl., § 495a Rz. 45; dafür Peglau NJW 1997, 2222; vgl. auch BVerfG NJW 2007, 3486), kann hier offen bleiben. Denn es mangelt bereits an der Vergleichbarkeit der beiden Verfahrensarten. Anders als beim Verfahren nach § 495a ZPO ist dem Beschwerdeverfahren bereits ein streitiges Verfahren vorausgegangen. Der Beschwerdegegner ist in diesem Verfahren nicht untätig geblieben, sondern hat in der Sache vorgetragen und einen Antrag gestellt, was vom erstinstanzlichen Gericht in seiner Entscheidung auch berücksichtigt worden ist.
Rz. 12
Für zivilprozessuale Familiensachen bestand im Berufungsverfahren bis zu der am 1.9.2009 in Kraft getretenen Reform des Familienverfahrensrechts (FGG-Reformgesetz vom 17.12.2008; BGBl. I, 2586) gem. § 522 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit, eine unbegründete Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Die Zurückweisung erfolgte unabhängig davon, ob der Berufungsbeklagte in der Berufungsinstanz in der Sache vorgetragen oder einen Antrag angekündigt hatte. Ein Versäumnisurteil konnte im schriftlichen (Beschluss-)Verfahren nicht erlassen werden. Vielmehr entschied das Gericht auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen unter Berücksichtigung der hiergegen in der Berufungsinstanz vorgebrachten Angriffe nach §§ 513 Abs. 1, 529 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 28.7.2011 - VII ZR 180/10, NJW-RR 2011, 1528 Rz. 13 zum anstelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung maßgeblichen Zeitpunkt).
Rz. 13
Die Zurückweisung der Beschwerde entsprechend § 522 Abs. 2 ZPO ist seit dem 1.9.2009 in Familiensachen nicht mehr vorgesehen. An deren Stelle ist die Regelung des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG getreten (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 225, 412), die dem Beschwerdegericht ebenfalls ermöglicht, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, und hierfür voraussetzt, dass von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Dem gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis des Gerichts gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO entspricht in Familienstreitsachen nunmehr der Hinweis nach § 117 Abs. 3 FamFG (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 225).
Rz. 14
Die Vorschrift des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG dient nach der Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs der effizienten Nutzung gerichtlicher Ressourcen in der Beschwerdeinstanz. Hierdurch sollen etwa unnötige doppelte Beweisaufnahmen verhindert werden; des Weiteren werde die Durchführung eines Termins entbehrlich, wenn die Sache bereits in der ersten Instanz im erforderlichen Umfang mit den Beteiligten erörtert worden sei (BT-Drucks. 16/6308, 167, 207). Dementsprechend entscheidet das Beschwerdegericht bei - ermessensfehlerfreier - Wahl des schriftlichen Verfahrens nach Lage der Akten unter Berücksichtigung der Feststellungen des Vorgerichts. Dass das schriftliche Verfahren zu einer anderen Entscheidungsform führt als eine mündliche Verhandlung, welche beiden Beteiligten auch den Erlass eines Versäumnisbeschlusses eröffnen würde, ist die Folge der vom Gesetzgeber mit der Regelung in § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ermöglichten flexibleren Verfahrenshandhabung durch das Beschwerdegericht. Sie stimmt im Übrigen mit dem allgemeinen Zivilprozessrecht überein, wenn etwa - wie ausgeführt - im Berufungsverfahren durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO oder (in erster oder zweiter Instanz) im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entschieden wird. Das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO ermöglicht - im Gegensatz zum schriftlichen Vorverfahren (§§ 276 Abs. 1 Satz 1, 331 Abs. 3 ZPO) - ebenfalls nicht den Erlass eines Versäumnisurteils (Reichold in Thomas/Putzo ZPO, 35. Aufl., § 128 Rz. 34).
Rz. 15
Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG bleibt ferner nicht auf den Fall beschränkt, dass die Beschwerde insgesamt zurückzuweisen ist. Denn das Absehen von einer mündlichen Verhandlung setzt lediglich voraus, dass von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die vom erstinstanzlichen Gericht getroffenen Feststellungen auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Beschwerdegründe ausreichend sind. Dementsprechend ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Zurückweisung eines insgesamt erfolglosen Rechtsmittels nur einen Teil der § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG unterfallenden Fallgestaltungen ausmacht (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 412).
Rz. 16
cc) Die angefochtene Entscheidung erweist sich schließlich auch nicht deswegen als verfahrensfehlerhaft, weil das OLG im schriftlichen Verfahren entschieden hat. Die Rechtsbeschwerde erhebt dagegen keine Einwände. Die von der Rechtsbeschwerde erhobenen Sachrügen betreffen ausschließlich die Anwendung des materiellen Rechts und sind daher im Rahmen der Begründetheit zu prüfen.
Rz. 17
b) In der Sache begegnet der angefochtene Beschluss indessen durchgreifenden Bedenken. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das OLG zu geringe Anforderungen an die Darlegung einer begrenzten Leistungsfähigkeit des Antragsgegners gestellt hat.
Rz. 18
aa) Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gem. § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus (BGH BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rz. 29 ff. und vom 3.12.2008 - XII ZR 182/06, FamRZ 2009, 314 Rz. 20, 28; BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 185/12, FamRZ 2014, 637 Rz. 9; v. 19.6.2013 - XII ZB 39/11, FamRZ 2013, 1378 Rz. 17 f. m.w.N.). Schließlich darf dem Unterhaltspflichtigen auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist (BVerfG FamRZ 2010, 793, 794; BGH, Urt. v. 3.12.2008 - XII ZR 182/06, FamRZ 2009, 314 Rz. 24 ff. und BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 185/12, FamRZ 2014, 637 Rz. 14).
Rz. 19
Auch wenn der Unterhalt aufgrund eines - wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit - lediglich fiktiven Einkommens aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit festzusetzen ist, trifft den Antragsgegner grundsätzlich zudem eine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit im selben Umfang wie einen seine Erwerbsobliegenheit erfüllenden Unterhaltsschuldner (BGH v. 22.1.2014 - XII ZB 185/12, FamRZ 2014, 637 Rz. 18). Trotz der gesteigerten Unterhaltspflicht ergeben sich die Grenzen der vom Unterhaltspflichtigen zu verlangenden Tätigkeiten aus den Vorschriften des Arbeitsschutzes und den Umständen des Einzelfalls. Die Anforderungen dürfen nicht dazu führen, dass eine Tätigkeit trotz der Funktion des Mindestunterhalts, das Existenzminimum des Kindes zu sichern, unzumutbar erscheint (vgl. BGH BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rz. 29 ff.; v. 3.12.2008 - XII ZR 182/06, FamRZ 2009, 314 Rz. 20, 28).
Rz. 20
bb) Diesen Grundsätzen genügt die angefochtene Entscheidung nicht in vollem Umfang.
Rz. 21
Zwar ist das OLG zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsgegner in Anbetracht des von ihm vorgetragenen - und vom OLG unterstellten - Einkommens (monatlich 568 EUR brutto aus seiner Tätigkeit im Restaurant mit einem rechnerischen Stundenlohn von ca. 4,70 EUR und 240 EUR aus Schlagzeugunterricht) durch die bisher ausgeübten Tätigkeiten seiner Obliegenheit zur bestmöglichen Ausnutzung seiner Erwerbsfähigkeit nicht genügt hat.
Rz. 22
Die Rechtsbeschwerde rügt aber insoweit zu Recht, dass das OLG auf das Vorbringen der Antragstellerin, der Antragsgegner habe zu Zeiten des Zusammenlebens mit ihrer Mutter aus seiner Tätigkeit in der Gastronomie ein wesentlich höheres Einkommen erzielt, nicht eingegangen ist. Damit hat die Antragstellerin hinreichend bestritten, dass der Antragsgegner in der Gastronomie jedenfalls nicht deutlich mehr als den vorgetragenen Lohn von nur 568 EUR brutto bei 28 Wochenstunden erzielen kann. Da der Mindestunterhalt in § 1612a Abs. 1 BGB gesetzlich festgelegt ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit beim Antragsgegner als Unterhaltsschuldner.
Rz. 23
Abgesehen von der Frage, ob der Antragsgegner aus seiner Tätigkeit im Restaurant und als Musiker nicht ein höheres Einkommen erzielt oder erzielen kann, hätte das OLG jedenfalls erwägen müssen, ob ihm neben der unterstellten Vollzeittätigkeit auch die Ausübung einer Nebentätigkeit möglich ist, die vom Unterhaltspflichtigen im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB zur Sicherung des Existenzminimums seines Kindes grundsätzlich zu verlangen ist (BGH vom 22.1.2014 - XII ZB 185/12, FamRZ 2014, 637 Rz. 18). Auch die Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit fällt in die Darlegungs- und Beweislast des Antragsgegners. Allein aus der Tatsache, dass er mit weiteren eigenen Kindern und Kindern seiner Partnerin zusammenlebt, folgt für sich genommen noch nicht, dass ihm eine Nebentätigkeit nicht zumutbar sei. Demnach ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner das bislang bezogene Einkommen etwa aus Schlagzeugunterricht auch neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit weiter erzielen kann.
Rz. 24
Die vom OLG getroffenen Feststellungen tragen die von ihm angenommene eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Antragsgegners somit nicht.
Rz. 25
3. Der angefochtene Beschluss ist im angegriffenen Umfang aufzuheben. Der Senat ist gehindert, in der Sache abschließend zu entscheiden, weil - nach einer den Beteiligten noch einzuräumenden Möglichkeit ergänzenden Vortrags - weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. Die Sache ist daher an das OLG zurückzuverweisen.
Fundstellen
NJW 2014, 3784 |
EBE/BGH 2014 |
JurBüro 2015, 109 |
DNotZ 2015, 54 |
JZ 2015, 10 |
JZ 2015, 7 |
MDR 2014, 1396 |
FF 2014, 509 |
FF 2014, 511 |
FF 2015, 75 |
FamRB 2015, 19 |
FamRB 2015, 9 |
NJW-Spezial 2014, 36 |
NJW-Spezial 2015, 36 |
ZNotP 2014, 386 |
NZFam 2014, 1084 |