Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 19.06.2017) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19. Juni 2017 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Anstiftung zu unrichtigen Angaben zur Beschaffung eines Aufenthaltstitels, der Anstiftung zur falschen Versicherung an Eides Statt in Tateinheit mit Nötigung, der Fälschung beweiserheblicher Daten in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Ausspähen von Daten, und der Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage in drei Fällen schuldig ist.
Die für das Ausspähen von Daten gesondert verhängte Strafe entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zu unrichtigen Angaben zur Beschaffung eines Aufenthaltstitels, Anstiftung zur falschen Versicherung an Eides Statt in Tateinheit mit Nötigung sowie wegen Ausspähens von Daten, Fälschung beweiserheblicher Daten in zwei Fällen und Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, von der ein halbes Jahr als vollstreckt gilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Beschwerdeführers führt auf die Sachrüge hin zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und zum Entfallen der wegen des Ausspähens von Daten festgesetzten Freiheitstrafe von sieben Monaten. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Angeklagte Anfang 2008 seine damalige Geliebte, die gesondert verurteilte Zeugin G., gegenüber der Ausländerbehörde eine eheliche Lebensgemeinschaft mit dem gesondert Verurteilten T. vorzuspiegeln, um diesem einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet zu verschaffen. Nachdem die Staatsanwaltschaft die zunächst nur gegen das „Scheinehepaar” geführten Ermittlungen wegen des Verdachts einer Straftat nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG im Frühjahr 2009 auf den Angeklagten erstreckt hatte, baute dieser ein System der „Beweismanipulation” auf, um den gegen ihn gerichteten Tatverdacht zu entkräften. Insbesondere versuchte er, die Glaubwürdigkeit der Zeugin G. zu erschüttern, nachdem diese ihn gegenüber der Staatsanwaltschaft massiv belastet hatte.
Rz. 3
Zu diesem Zweck verschaffte sich der Angeklagte am 15. April 2010 um 1:38 Uhr allein oder unter Mitwirkung Dritter mit dem zuvor erschlichenen Passwort Zugang zum E-Mail-Account der Zeugin G. und versendete weniger als zwei Minuten später eine vermeintlich von dieser stammende Nachricht an ein in den Tatplan eingeweihtes, mit der Zeugin bekanntes Vorstandsmitglied der T. G. H. e.V. Dieses ließ die E-Mail, deren Inhalt die Zeugin als eifer- und rachsüchtige Lügnerin auswies, über den Vorsitzenden des Vereins der Staatsanwaltschaft zukommen, wo der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt als Beschuldigter vernommen wurde.
Rz. 4
2. Das Landgericht hat das Einloggen in den E-Mail-Account der Zeugin G. als ein Ausspähen von Daten nach § 202a Abs. 1 StGB und das Versenden dieser Nachricht als eine in Tatmehrheit dazu stehende Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 Abs. 1 StGB bewertet. Die Subsumtion des Sachverhalts unter die beiden Strafbestände begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Hingegen hält die konkurrenzrechtliche Einordnung der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Rz. 5
Zwar ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die bloße Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, ein einheitliches Motiv, die Verfolgung eines Zwecks, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung eine Tateinheit nicht zu begründen vermögen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Leipziger Kommentar/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 20). Es hat aber nicht hinreichend bedacht, dass die beiden strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen nicht nur auf einem einheitlichen Tatentschluss beruhten, sondern zudem in einem derart engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang standen, dass das gesamte Tätigwerden des Angeklagten insoweit als ein einheitliches Tun erscheint und deshalb als natürliche Handlungseinheit zu einer
materiell-rechtlichen Tat zusammenzufassen war (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 1997 – 3 StR 574/97, BGHSt 43, 312, 315; Leipziger Kommentar aaO Vor §§ 52 ff. Rn. 10; Fischer, StGB, 65. Aufl. Vor § 52 Rn. 3).
Rz. 6
3. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Rz. 7
4. Da das Ausspähen von Daten (§ 202a Abs. 1 StGB) im Verhältnis der Tateinheit zur Fälschung beweiserheblicher Daten steht, entfällt die dafür festgesetzte Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Die für die Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 Abs. 1 StGB) verhängte Strafe von einem Jahr bleibt bestehen. Der Senat kann ausschließen, dass der Gesamtstrafenausspruch angesichts der vom Landgericht „sehr eng” zusammengezogenen (Einzel-) Strafen (UA S. 255) darauf beruht (§ 337 Abs. 1 StPO), zumal die unzutreffende konkurrenzrechtliche Bewertung den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2018 – 2 StR 417/17).
Rz. 8
5. Angesichts des nur geringfügigen Erfolgs seiner Revision ist es nicht unbillig, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels und seine notwendigen Auslagen in vollem Umfang zu tragen hat (§ 473 Abs. 4 StPO).
Unterschriften
Mutzbauer, Sander, Berger, Mosbacher, Köhler
Fundstellen
Haufe-Index 12556981 |
NStZ-RR 2019, 173 |