Entscheidungsstichwort (Thema)

sexueller Mißbrauch von Kindern

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 28. Juli 1998

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in fünf Fällen, hiervon in vier Fällen in jeweils zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, schuldig ist;

b) im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Das Landgericht hat die festgestellten Mißbrauchshandlungen des Angeklagten als neun selbständige Taten gewertet. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand:

Nach den Feststellungen kam es bei vier Gelegenheiten zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten gegenüber den Kindern Rosanna und Anika P. , wobei in jedem dieser Fälle die Kinder sich zuvor gemeinsam entkleideten und im Anschluß zeitgleich oder abwechselnd den Angeklagten im Genitalbereich berührten, bzw. der Angeklagte seinerseits im unmittelbaren Wechsel sexuelle Handlungen an den beiden Kindern vornahm (Fälle II. 1.-2., II. 3.-4., II. 5.-6, II. 7.-8. der Urteilsgründe). Bei einem derartigen Geschehensablauf, in welchem es gleichzeitig oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge zu Sexualkontakten gemäß § 176 Abs. 1 StGB mit mehreren Kindern kommt, ist jedoch - wie der Revisionsführer und der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt haben - jeweils Tateinheit gegeben (vgl. BGHR StGB § 176 Abs. 1 Konkurrenzen 1 und 2; BGH bei Miebach NStZ 1995, 222; Lenckner in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 176 Rdn. 25; Tröndle StGB 48. Aufl. vor § 52 Rn. 3). Unter Berücksichtigung des weiteren festgestellten Falles, in welchem das Kind Rosanna P. allein betroffen ist (Fall II. 9. der Urteilsgründe), liegen somit lediglich fünf tatmehrheitlich begangene Taten nach § 176 Abs. 1 StGB vor, wobei den vier ersten Mißbrauchstaten jeweils zwei tateinheitlich konkurrierende Fälle zugrundeliegen.

Die Schuldspruchänderung zwingt hier zur Aufhebung der in den Fällen II. 1. - 8. der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe. Der Senat hebt auch die im Fall II. 9. der Urteilsgründe festgesetzte Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten (= Einsatzstrafe) auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, über die Rechtsfolgen insgesamt zu befinden. Dieser wird auch die Verhältnismäßigkeit des Vollzuges der weiteren Untersuchungshaft zu prüfen haben.

 

Unterschriften

Meyer-Goßner Maatz Kuckein Solin-Stojanovic Ernemann

 

Fundstellen

Haufe-Index 538419

NStZ-RR 1999, 329

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