Normenkette

ZPO § 542 Abs. 1, § 543 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Zweibrücken (Urteil vom 06.10.2020; Aktenzeichen 8 U 71/17)

LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 01.08.2017; Aktenzeichen 7 O 266/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.05.2022; Aktenzeichen VII ZR 176/20)

 

Tenor

Die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist auf den von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Anspruch auf Vertragsstrafe gegen die Klägerin in Höhe von 149.503,45 € wirksam beschränkt.

Die vorsorglich eingelegte Beschwerde der Beklagten gegen die teilweise Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 6. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 6. Oktober 2020 wird insoweit als unzulässig verworfen, als sie über die beschränkt zugelassene Revision hinausgeht.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gegenstandswert für die Nichtzulassungsbeschwerde/unzulässige Revision: bis 500.000 €.

 

Gründe

Rz. 1

Die Revision der Beklagten ist nach § 552 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO als teilweise unzulässig zu verwerfen, weil sie unstatthaft ist, § 542 Abs. 1, § 543 Abs. 1 ZPO. Die Revision ist nur in dem im vorstehenden Tenor genannten Umfang vom Berufungsgericht zugelassen, § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die vorsorglich eingelegte Beschwerde gegen die teilweise Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg, § 543 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

Rz. 2

1. Das Berufungsgericht hat, wie sich aus den Entscheidungsgründen eindeutig ergibt, die Zulassung der Revision wirksam auf den zur Aufrechnung gestellten Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Vertragsstrafe in Höhe von 149.503,45 € beschränkt.

Rz. 3

a) Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2017 - VII ZR 46/17 Rn. 3, BauR 2018, 555; Urteil vom 21. Mai 2015 - VII ZR 190/14 Rn. 13, BauR 2015, 1515 = NZBau 2015, 477; Beschluss vom 10. September 2009 - VII ZR 153/08 Rn. 5, NZBau 2010, 105, jeweils m.w.N.). Dabei ist auch eine Beschränkung der Revisionszulassung auf eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung möglich, da es sich insoweit ebenfalls um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs handelt, auf den der Revisionskläger selbst seine Revision hätte begrenzen können (BGH, Beschluss vom 10. September 2009 - VII ZR 153/08 Rn. 5 m.w.N., NZBau 2010, 105; Urteil vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, BauR 2006, 701 = NZBau 2006, 254, juris Rn. 11). Eine solche Beschränkung kann im Tenor ausgesprochen werden, sie kann sich aber auch, was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich ausreichend ist, aus den Entscheidungsgründen ergeben. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe dazu führen, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2017 - VII ZR 46/17 Rn. 3, BauR 2018, 555; Urteil vom 21. Mai 2015 - VII ZR 190/14 Rn. 13, BauR 2015, 1515 = NZBau 2015, 477; Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09 Rn. 18, MDR 2011, 1494, jeweils m.w.N.).

Rz. 4

b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Revision ausschließlich hinsichtlich des zur Aufrechnung gestellten Anspruchs auf Vertragsstrafe - und nicht auch hinsichtlich des zur Aufrechnung gestellten Vorschussanspruchs und des Feststellungsantrags betreffend die Abnahmewirkungen - zugelassen. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, weil es der Klärung des Verhältnisses zwischen der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB und der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB grundsätzliche Bedeutung und Rechtsfortbildungsbedarf beimisst. Diese Rechtsfrage betrifft indes nur die rechtliche Beurteilung der Klausel betreffend die Vertragsstrafe in Ziffer 11.1.0 der Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) der Beklagten und damit von vornherein nicht den Vorschussanspruch wegen Mängeln des Bühnenbodens oder den Feststellungsantrag. Die Angaben in den Entscheidungsgründen stellen sich damit nicht als bloße Begründung der Zulassungsentscheidung dar, sondern lassen eindeutig erkennen, dass die Revision nur in Bezug auf den zur Aufrechnung gestellten Anspruch auf Vertragsstrafe zugelassen wurde.

Rz. 5

Die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 5. März 2020 - I ZR 32/19 Rn. 13, MDR 2020, 940; Urteil vom 9. Mai 2019 - I ZR 205/17 Rn. 8, MDR 2019, 1001; Urteil vom 1. Februar 2018 - I ZR 82/17 Rn. 9, MDR 2018, 877) stehen dem nicht entgegen. In jenen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof die dort jeweils zur Begründung der Zulassungsentscheidung erfolgten Angaben des Berufungsgerichts aus Gründen der Rechtsklarheit nicht ausreichen lassen, um eine Zulassungsbeschränkung anzunehmen. Den Entscheidungen kann indes nicht entnommen werden, dass sich eine beschränkte Revisionszulassung generell nicht im Wege der Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben könne.

Rz. 6

c) Dagegen kann dem Berufungsurteil - anders als die Klägerin meint - nicht entnommen werden, dass die Zulassung der Revision auf den Grund des Anspruchs auf Vertragsstrafe in Ziffer 11.1.0 der BVB der Beklagten beschränkt worden ist.

Rz. 7

Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Zulassung der Revision grundsätzlich auch auf den Grund eines im Rechtsstreit erhobenen Gegenanspruchs beschränkt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08 Rn. 11 m.w.N., BGHZ 182, 241). Eine solche Beschränkung der Revisionszulassung ergibt sich indes nicht hinreichend klar aus den Gründen der berufungsgerichtlichen Entscheidung. Das vom Berufungsgericht zur Begründung der Zulassungsentscheidung herangezogene Verhältnis von § 307 Abs. 1 BGB und § 305c Abs. 2 BGB bezieht sich auf die Frage, ob die Klausel im Hinblick auf die Anknüpfung der Höhe der Vertragsstrafe an das Merkmal der "Abrechnungssumme" vorrangig wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam anzusehen ist, oder ob die Klausel zwar wirksam ist, aber eine dem Vertragspartner des Verwenders günstige Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB eingreift. Die Frage der Wirksamkeit der Klausel und der Höhe der sich aus der Klausel ergebenden Vertragsstrafe sind daher im Streitfall miteinander verknüpft.

Rz. 8

2. Soweit die Beklagte mit der Revision das Urteil des Berufungsgerichts in Bezug auf die Aufrechnung mit dem Vorschussanspruch und den Feststellungsantrag angreift, ist die Revision deshalb unzulässig.

Rz. 9

3. Die für den Fall der beschränkten Revisionszulassung vorsorglich von der Beklagten insoweit eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Von einer Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 544 Abs. 6 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO.

Pamp     

Halfmeier     

Kartzke

Jurgeleit      

Sacher      

 

Fundstellen

Haufe-Index 15100712

NJW-RR 2022, 306

ZfBR 2022, 353

ZfBR 2022, 562

NZBau 2022, 150

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