Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzung einer Gerichtsstandsbestimmung in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Nr. 6 ZPO in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit setzt voraus, daß die das Verfahren einleitende Antragsschrift allen materiell Beteiligten mitgeteilt wird.

 

Normenkette

ZPO § 36 Nr. 6, § 621 Abs. 2 S. 2, § 621a Abs. 1 S. 1; FGG § 36 Abs. 1, § 43 Abs. 1; BGB § 1696; ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Amberg

 

Tenor

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

 

Gründe

Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung liegen nicht vor.

Zwar handelt es sich bei dem Abänderungsverfahren nach §§ 1696 i.V.m. 1671 Abs. 5 BGB um eine Familiensache gemäß § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, so daß sich das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 621a Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht nach § 5 FGG, sondern – in entsprechender Anwendung – nach § 36 Nr. 6 ZPO richtet (Senatsbeschluß vom 29. Januar 1992 – XII ARZ 1/92 – BGHR ZPO § 36 Nr. 6 Unzuständigerklärung, rechtskräftige 4 = FamRZ 1992, 664). Indessen setzt § 36 Nr. 6 ZPO – auch in seiner entsprechenden Anwendung bei Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit – voraus, daß ein Verfahren anhängig geworden ist, das unter Einbeziehung aller materiell Beteiligten eine abschließende Klärung der Zuständigkeitsfrage und gegebenenfalls eine bindende Verweisung nach § 281 ZPO an das zuständige Gericht ermöglicht. Dazu ist die Zustellung oder – wie hier – die in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausreichende formlose Mitteilung der das Verfahren in Gang setzenden Antragsschrift an alle materiell Beteiligten erforderlich (vgl. Senatsbeschluß vom 8. Oktober 1986 – IVb ARZ 34/86 – BGHR ZPO § 36 Nr. 6 Unzuständigerklärung, rechtskräftige 1). Daran fehlt es hier, weil der Antrag des Vaters auf Abänderung der elterlichen Sorge der Mutter nicht übermittelt wurde.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, daß das Amtsgericht Emden örtlich zuständig sein dürfte. Das ergibt sich zwar nicht bereits aus einer bindenden Wirkung des „Verweisungsbeschlusses” des Amtsgerichts Amberg analog § 281 ZPO, da dieses der Mutter zu der von ihm beabsichtigten und vom Vater beantragten „Verweisung” kein rechtliches Gehör gewährt hat (vgl. BGHZ 71, 69, 72; Senatsbeschluß vom 8. Juli 1992 – XII ZR 14/92 – FamRZ 1993, 48, 49). Bei dem Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB handelt es sich aber um ein selbständiges Verfahren, in dem sich die örtliche Zuständigkeit gemäß §§ 621 Abs. 2 Satz 2, 621a Abs. 1 Satz 1 ZPO nach den allgemeinen Vorschriften bestimmt. Maßgeblich ist gemäß §§ 36 Abs. 1, 43 Abs. 1 FGG der Wohnsitz des Kindes im Zeitpunkt der Befassung des Gerichts mit der Angelegenheit (Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 1990 – XII ARZ 25/90 – FamRZ 1990, 1101 und vom 25. September 1991 – XII ARZ 23/91 – FamRZ 1992, 170). § 43 Abs. 2 FGG steht nicht entgegen. Das Kind lebt mit Zustimmung des Vormunds im Bezirk des Amtsgerichts Emden.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Gerber

 

Fundstellen

Haufe-Index 1131000

Nachschlagewerk BGH

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