Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung eines Abgabenbescheids
Leitsatz (amtlich)
Verordnung über die Tätigkeit von Notaren in eigener Praxis vom 20. Juni 1990 (GBl. der DDR Teil I S. 475 – VONot) § 39; EinigVtr Anl. II Kap. III Sachgeb. A Abschn. III Nr. 2
Zu den rechtlichen Anforderungen an Regelungen zur Finanzierung der Aufgaben einer Notarkasse mit länderübergreifender Zuständigkeit (hier: Ländernotarkasse in Leipzig).
Verfahrensgang
BezirksG Dresden (Beschluss vom 29.12.1992) |
OLG Dresden |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Bezirksgerichts Dresden vom 29. Dezember 1992 aufgehoben. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Abgabenbescheid der Antragsgegnerin vom 28. Februar 1992 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 17. September 1992 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu erstatten.
Der Geschäftswert wird für beide Instanzen auf 105.763 DM festgesetzt.
Tatbestand
A.
I. Der Antragsteller wurde mit Wirkung vom 17. Juni 1991 vom sächsischen Staatsministerium der Justiz zum (Nur-) Notar mit Amtssitz in Leipzig bestellt. Zuvor war er bereits als Notar im Saarland tätig gewesen. Er wendet sich gegen Beitragsbescheide der Ländernotarkasse in Leipzig, der Antragsgegnerin. Mit grundsätzlichen Erwägungen bestreitet er die Wirksamkeit der Rechtsgrundlage der Abgabenforderung.
II. 1. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 der – durch den Einigungsvertrag (Anlage II, Kapitel III, Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 2) in etwas veränderter Form übernommenen – Verordnung über die Tätigkeit von Notaren in eigener Praxis vom 20. Juni 1990 (DDR-GBl. I S. 475, in der Fassung vom 22. August 1990, DDR-GBl. I S. 1328, im folgenden: VONot) errichtet worden ist. Ihr Tätigkeitsgebiet umfaßt in länderübergreifender Zuständigkeit die Bezirke der Notarkammern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Zu ihren Aufgaben gehören, vergleichbar denen der schon seit langem bestehenden Notarkasse in München (§ 113 Teil I Abs. 1 BNotO), insbesondere
- die erforderliche Ergänzung des Berufseinkommens der Notare,
- die Versorgung der ausgeschiedenen Berufsangehörigen im Alter und bei Amtsunfähigkeit sowie die Versorgung ihrer Hinterbliebenen,
- die einheitliche Durchführung der Versicherung nach § 18 VONot und der Versicherungen der Notarkammern nach § 29 Abs. 3 Ziff. 2 VONot sowie
- die Bereitstellung der Haushaltsmittel der in ihrem Gebiet gebildeten Notarkammern.
Nach § 39 Abs. 7 VONot hat die Antragsgegnerin, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, von den Notaren Abgaben zu erheben, deren Höhe sich nach der Leistungsfähigkeit der betroffenen Berufsangehörigen richten muß. In der Abgabensatzung, die sich die Antragsgegnerin gemäß § 39 Abs. 7 durch Beschluß ihres Verwaltungsrates vom 10. Oktober 1990 für das von Oktober 1990 bis September 1991 dauernde Rechnungsjahr 1990/1991 gegeben hat, ist vorgesehen, daß nach Kalendermonaten berechnete Staffelabgaben aus den abgabenpflichtigen Notargebühren zu entrichten sind. Von der Abgabenpflicht sind bestimmte, in § 3 Abs. 2 der Abgabensatzung beschriebene Gebühren von vornherein ausgenommen. Darüber hinaus bleibt bei der Ermittlung der Abgaben ein prozentual festgelegter Freibetrag außer Betracht. Nach der ursprünglichen Regelung machten die Staffelabgaben bei einem monatlichen abgabenpflichtigen Gebührenaufkommen von 3.000 DM bis 6.000 DM einen Anteil von 10 % aus; sie stiegen hinsichtlich des Mehrbetrags an Gebühren von mehr als 24.000 DM bis auf 80 % an. Durch § 10 Abs. 1 der Abgabensatzung wird der Antragsgegnerin gestattet, die Stufen der Abgabenstaffel zur Anpassung des Abgabenaufkommens an den Haushaltsbedarf während des Laufs des Rechnungsjahres jeweils mit Rückwirkung auf den Jahresbeginn in bestimmtem Umfang zu erhöhen oder herabzusetzen. Für den Fall, daß sich ein Überschuß für das Ende des Rechnungsjahres abzeichnet, ist ausdrücklich vorgesehen, daß die Stufen der auf ein Jahr umgerechneten Abgabenstaffel bis zum entsprechenden Ausgleich zu erhöhen sind. Die erste Änderung und Neufassung der Abgabensatzung nahm die Antragsgegnerin durch Beschluß ihres Verwaltungsrates vom 17. Februar 1991 vor: Der allgemeine Freibetrag wurde von 10 % auf 20 % der abgabenpflichtigen Gebühren erhöht; außerdem wurden die Stufen der Abgabenstaffel angehoben. Die erste Stufe mit einer Abgabenpflicht von 10 % lag nunmehr bei einem monatlichen Gebührenaufkommen von mehr als 3.000 DM bis 10.000 DM; die höchste mit einem Abgabenanteil von 80 % war bei einem abgabenpflichtigen monatlichen Gebührenanfall von mehr als 70.000 DM erreicht.
Da das Rechnungsjahr 1990/1991 mit einem Überschuß endete, hob die Antragsgegnerin die Stufen der Abgabenstaffel erneut am 16. Dezember 1991 und nach Vorliegen der geprüften Haushaltsrechnung 1991 am 27. August 1992 ein weiteres Mal an. Entsprechend kam es zu erheblichen Rückvergütungen an die angeschlossenen Notare. Nach der sogenannten ersten Rückvergütungsstaffel vom 16. Dezember 1991 betrug die Abgabenpflicht bei ihr unterliegenden monatlichen Gesamtgebühren bezüglich eines Betrags
von mehr als 3.000 DM bis 20.000 DM 10 %,
von mehr als 20.000 DM bis 40.000 DM 20 %,
von mehr als 40.000 DM bis 60.000 DM 30 %,
von mehr als 60.000 DM bis 80.000 DM 40 %,
von mehr als 80.000 DM bis 100.000 DM 50 %,
von mehr als 100.000 DM bis 120.000 DM 60 %,
von mehr als 120.000 DM bis 140.000 DM 70 %,
von mehr als 140.000 DM 80 %.
Die sogenannte zweite Rückvergütungsstaffel vom 27. August 1992 hat folgenden Inhalt: Als Abgabenpflicht ergibt sich für eine ihr unterliegende Summe monatlicher Gesamtgebühren
von mehr als 3.000 DM bis 22.500 DM 10 %,
von mehr als 22.500 DM bis 45.000 DM 20 %,
von mehr als 45.000 DM bis 67.500 DM 30 %,
von mehr als 67.500 DM bis 90.000 DM 40 %,
von mehr als 90.000 DM bis 112.500 DM 50 %,
von mehr als 112.500 DM bis 135.000 DM 60 %,
von mehr als 135.000 DM bis 157.500 DM 70 %,
von mehr als 157.500 DM 80 %.
Dabei werden der Abgabenermittlung die im einzelnen Abrechnungsmonat „zum Soll gestellten” abgabenpflichtigen Gebühren ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Eingang zugrundegelegt (§ 3 Abs. 3 der Abgabensatzung). Fällig sind die monatlich abzurechnenden Abgaben (§ 5 Abs. 1 der Abgabensatzung) am zehnten Tag des dritten auf den Abrechnungsmonat folgenden Kalendermonats (§ 7 Abs. 1 der Abgabensatzung). Soweit sich bereits abgerechnete Gebühren nachträglich als uneinbringlich herausstellen, können sie bei der Ermittlung der Abgaben für den Monat Januar abgesetzt werden (§ 5 Abs. 3 der Abgabensatzung).
2. Durch den dem Notar am 2. März 1992 zugegangenen vorläufigen Abgabenbescheid vom 28. Februar 1992 setzte die Antragsgegnerin die für die Monate Juni bis September 1991 zu entrichtenden Abgaben gemäß §§ 4 Abs. 1, 10 Abs. 2 und 4 der Abgabensatzung auf 90.284 DM fest. Zugrundegelegt wurden entsprechend den dazu gemachten Angaben des Notars insgesamt 428.717 DM an abgabenpflichtigen Gebühren sowie die Sätze der sogenannten ersten Rückvergütungsstaffel 1991. Mit Bescheid vom 17. September 1992 verfügte die Antragsgegnerin in Abänderung des vorläufigen Abgabenbescheids vom 28. Februar 1992, daß die verbleibende Abgabenschuld für die Monate Juni bis September 1991 93.763 DM betrage. Grundlage der veränderten Berechnung sind die Abgabensätze der sogenannten zweiten Rückvergütungsstaffel 1991 sowie die auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 492.407 DM korrigierten Angaben des Antragstellers über die abgabenpflichtigen Gebühren in den Monaten Juni bis September 1991. Daraus errechnete die Antragsgegnerin Staffelabgaben in Höhe von 105.763 DM; die mit dem Änderungsbescheid eingeforderte Summe ergibt sich nach Abzug eines vom Antragsteller im Mai 1992 auf die Abgabenschuld überwiesenen Betrages in Höhe von 12.000 DM.
3. Gegen beide Bescheide hat sich der Notar jeweils rechtzeitig mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewandt und mit näheren Ausführungen geltend gemacht, daß sie wegen Nichtigkeit der zugrundeliegenden Abgabensatzung rechtswidrig seien. § 39 Abs. 7 VONot stelle, so hat der Antragsteller zur Begründung ausgeführt, keine gültige Ermächtigungsgrundlage dar, weil dadurch die Bemessungsgrundlagen nicht, wie verfassungsrechtlich geboten, durch Parlamentsentscheidung festgelegt, sondern der Entschließung der demokratisch nicht legitimierten Gremien der Antragsgegnerin überlassen worden seien; in jedem Falle fehle es an einer ausreichenden Grundlage für eine mit dem Gesamtgebührenaufkommen bis zu einer 80 %igen Abgabenpflicht progressiv ansteigenden Staffelabgabe. Mit dieser Art der Abgabenbemessung werde zu Lasten der großen Notariate ein standesinterner Lastenausgleich im Sinne einer sachlich nicht gerechtfertigten Umverteilung und Einkommensnivellierung angestrebt. Nach Meinung des Antragstellers wird die schon aus der Abgabenprogression folgende Unverhältnismäßigkeit der Belastung leistungsstarker Notariate noch dadurch erhöht, daß bei der Ermittlung der Abgaben der beim Aufbau größerer Notariate erhöhte Kostenaufwand ebenso unberücksichtigt bleibt wie die Minderung des tatsächlichen Gebührenaufkommens gegenüber dem für die Abgabenberechnung maßgebenden Gebührensoll. Der Antragsteller hat sich des weiteren darauf berufen, daß Abgaben weit über das Maß des Notwendigen erhoben worden seien, wie allein schon darin deutlich werde, daß die Stufen der Abgabenstaffel für das Rechnungsjahr 1991 insgesamt dreimal angehoben worden seien und die Antragsgegnerin in erheblichem Umfang Rückvergütungen habe vornehmen müssen. Darin liegt nach Auffassung des Antragstellers eine unzulässige Zwangsanleihe. Insbesondere die Vermögenszuweisung von einem Betrag in Höhe von 7,5 Millionen DM (Rückstellung zur Absicherung der Altersversorgung durch den zweiten Nachtrag zum Haushalt 1991) sei sachlich nicht begründet; denn konkrete Vorstellungen zur Art der Alters- und Hinterbliebenenversorgung, zu deren Absicherung die Schaffung eines Vermögensstocks dienen könnte, seien nicht vorhanden.
Der Antragsteller hat im erstinstanzlichen Verfahren beantragt, den Abgabenbescheid vom 28. Februar 1992 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17. September 1992 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin hat die Zurückweisung des Antragsbegehrens beantragt und zur Begründung mit eingehenden, auf ein ausführliches Rechtsgutachten von Prof. Dr. Lerche, Universität München, gestützten Darlegungen ausgeführt, daß die Abgabensatzung in § 39 Abs. 7 VONot auf rechtsgültiger Grundlage beruhe. Die Befugnis zu einer mit dem Gebührenaufkommen progressiv wachsenden Abgabenstaffelung folge aus der Regelung in § 39 Abs. 7 VONot, wonach sich die Abgabenverpflichtung nach der Leistungsfähigkeit der Notare zu richten habe. Die Antragsgegnerin hat ferner die Auffassung vertreten, daß eine unverhältnismäßige oder gar erdrosselnde Belastung durch die Abgabenstaffelung selbst bei Berücksichtigung der vom Antragsteller im einzelnen angegebenen Unkosten nicht vorliege.
Das Bezirksgericht – jetzt Oberlandesgericht – Dresden hat den Abgabenbescheid vom 28. Februar 1992 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 17. September 1992 aufgehoben. Es hält die Abgabensatzung der Antragsgegnerin, auf der der angefochtene Bescheid beruht, deshalb für nichtig, weil die progressive Abgabenstaffelung zu einer Einkommensumverteilung zu Lasten umsatzstarker Notariate führe, die verfassungsrechtlich insoweit unzulässig sei, als die Abgabe rechtlich auch die Bedeutung eines Sozialversicherungsbeitrages habe. Der Beitrag zur Altersversorgung unterliege der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG; ihr widerspreche die mit der Abgabenprogression notwendigerweise verbundene Einkommensumverteilung jedenfalls insoweit, als es den „umverteilungsfesten” Teil des Sozialversicherungsbeitrages angehe und der Beitragsleistung keine entsprechende Versicherungsanwartschaft gegenüberstehe. Da die Staffelabgabe eine Ermittlung des in jedem Falle rechtlich bedenklichen Anteils nicht zulasse, verstoße die Satzungsregelung über die Abgabenerhebung insgesamt gegen höherrangiges Recht.
Gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie hält es unter Änderung ihres rechtlichen Vorbringens für unzutreffend, die an sie zu leistenden Abgaben auch als Sozialversicherungsbeiträge zu werten. Bei ihnen handelt es sich nach Meinung der Antragsgegnerin um einheitliche gegenleistungsunabhängige Verbandssonderlasten zur Finanzierung wichtiger „gesamtverbandsspezifischer” Aufgaben, die insgesamt dem Ziel dienten, die sachliche und personelle Unabhängigkeit der Notare zu stärken und eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Leistungen auch in strukturschwachen Gebieten zu sichern. Das die Bemessung der Staffelabgaben tragende Prinzip des standesinternen Lastenausgleichs führe bei Berücksichtigung der besonderen Stellung des Notars, der als Träger eines öffentlichen Amts einen „staatlich gebundenen” Beruf ausübe, nicht zu einer unzulässigen Beschränkung der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG. Art. 14 GG scheide als Prüfungsmaßstab aus, weil dessen Schutzbereich durch die Auferlegung von Geldzahlungspflichten grundsätzlich nicht berührt und der Sonderfall der erdrosselnden Wirkung öffentlicher Abgaben nicht gegeben sei. Im übrigen seien die Staffelabgaben selbst im Falle einer Wertung als Sozialversicherungsbeiträge rechtlich zulässig, weil der damit verwirklichte gruppeninterne Solidarausgleich durch besondere Sachgründe, die aus der Stellung der Notare folgten, gerechtfertigt sei.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Abgabenbescheid vom 28. Februar 1992 in der Fassung des Abgabenbescheids vom 17. September 1992 unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde. Er hält die angefochtene Entscheidung für rechtlich zutreffend und wiederholt im wesentlichen sein Vorbringen in erster Instanz. Zusätzlich beanstandet er das Fehlen formgerechter Ausfertigung als formellen, zur Nichtigkeit der Abgabensatzung führenden Mangel.
Entscheidungsgründe
B.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 25 Abs. 3 VONot zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Sie ist auch in der Sache gerechtfertigt.
I. Zutreffend hat das Bezirksgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als zulässig behandelt. Bei dem Abgabenbescheid, der in Gestalt des Änderungsbescheides Anfechtungsgegenstand ist, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der der Anfechtung nach der § 111 Abs. 1 BNotO entsprechenden Regelung des § 25 Abs. 1 VONot unterliegt (vgl. BGHZ 52, 283, 284 f.; 85, 173, 176; 112, 163, 165). Diese Anfechtungsmöglichkeit gilt nicht nur für Verwaltungsakte von Justizbehörden, sondern erfaßt, wenn eine andere Rechtswegzuweisung fehlt, auch solche Entscheidungen sonstiger Träger öffentlicher Gewalt, die wie die Antragsgegnerin auf dem Gebiet des Notarrechts hoheitlich tätig werden (für die in ihrer Rechtsstellung der Antragsgegnerin vergleichbare Notarkasse München: BGH, Beschlüsse vom 27. Juni 1966 – NotZ 1/66, vom 15. Juli 1969 – NotZ 8/68 und vom 5. Mai 1980 – NotZ 3/80).
II. Entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung jedoch unbegründet. Der angegriffene Abgabenbescheid ist rechtmäßig. Die ihn rechtfertigende Grundlage in der Abgabensatzung der Antragsgegnerin ist, bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, wirksam.
1. Der vom Antragsteller beanstandete formelle Mangel fehlender Ausfertigung der satzungsrechtlichen Regelungen wirkt sich jedenfalls im Ergebnis nicht aus.
Für das Bundesrecht ist die Ausfertigung von Gesetzen und Rechtsverordnungen durch Art. 82 Abs. 1 GG vorgeschrieben; vergleichbare Regelungen sind für das Landesrecht in Verfassungen der Bundesländer enthalten. Hingegen fehlen ausdrückliche Bestimmungen über die Ausfertigung der von der Antragsgegnerin nach § 39 Abs. 6 und Abs. 7 Satz 1 und 2 VONot zu erlassenden Satzungen. Gleichwohl ist die Ausfertigung als Teil des Rechtsetzungsverfahrens auch für diese satzungsrechtlichen Normen notwendig. Mit ihr sollen zwei Ziele erreicht werden. Zum einen besteht die Ausfertigung darin, daß von dem dafür zuständigen Organ die Originalurkunde der erlassenen Rechtsnormen geschaffen wird. Zum anderen wird durch sie in einem Formalakt bezeugt, daß der Inhalt dieser Originalurkunde mit dem Rechtsetzungsbeschluß übereinstimmt und die für die Rechtswirksamkeit maßgeblichen formellen Anforderungen eingehalten worden sind (vgl. VGH Kassel NJW 1994, 812; VGH München BayVBl 1991, 23; OVG Koblenz NVwZ – RR 1990, 61; VGH Mannheim NVwZ 1985, 206; Ziegler DVBl 1987, 280; derselbe, Die Verkündung von Satzungen und Rechtsverordnungen der Gemeinden, 1976, S. 54 ff.). Die Ausfertigung dient damit der Rechtssicherheit und ist aus dem Rechtsstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 3 GG abzuleiten. Ihr Fehlen hat regelmäßig die Nichtigkeit (auch) der untergesetzlichen Normen zur Folge (VGH Kassel, VGH München und VGH Mannheim; jeweils a.a.O.). Welchen Mindestanforderungen sie, wenn ausdrückliche Regelungen nicht vorhanden sind, genügen muß, kann nach Auffassung des Senats nicht unabhängig von der Art, der Bedeutung und dem Adressatenkreis der satzungsrechtlichen Vorschriften bestimmt werden. Im Regelfall wird notwendig sein, daß das für die Ausfertigung zuständige Organ die Originalurkunde der Satzung unter Angabe des Datums mit einem entsprechenden (kurzen und formelhaften) Ausfertigungsvermerk versieht und mit seinem Namen unterzeichnet (vgl. VGH Mannheim NVwZ 1985, 206; Ziegler DVBl 1987, 280, 282 f.). Eine solche Ausfertigung im Sinne der Herstellung einer Originalurkunde hat der Senat für die vom Verwaltungsrat ursprünglich beschlossene erste Abgabensatzung nicht feststellen können. Das ist jedoch unschädlich, weil der angegriffene Abgabenbescheid mit seiner Änderung nicht auf der ursprünglichen, sondern auf der abgeänderten und neugefaßten Abgabensatzung vom 17. Februar 1991 beruht. Hinsichtlich dieser Satzung ist von der Antragsgegnerin die von ihrem Präsidenten unterzeichnete Originalurkunde (in Fotokopie) vorgelegt worden. Nach der in § 39 Abs. 5 VONot festgelegten Befugnis des Präsidenten, die Antragsgegnerin nach außen umfassend zu repräsentieren, ist er als das für die Ausfertigung zuständige Organ anzusehen. Allerdings fehlt eine ausdrückliche Ausfertigungsformel; diese ist jedoch nicht ebenso wie die Unterschrift des zuständigen Organs ein in jedem Fall zu fordernder Bestandteil der Ausfertigung (Ziegler DVBl 1987, 280, 284). Angesichts der zeitlich begrenzten Bedeutung der Abgabensatzung, ihres verhältnismäßig eng begrenzten Adressatenkreises und der leichten Überschaubarkeit des Rechtsetzungsverfahrens hält der Senat auch die hier ebenfalls fehlende Datumsangabe in diesem Fall nicht für eine unverzichtbare, unmittelbar aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Voraussetzung der Ausfertigung (a.A. VGH Mannheim NVwZ 1985, 206; Ziegler DVBl 1987, 280, 283; derselbe, Die Verkündung von Satzungen und Rechtsverordnungen der Gemeinden, 1976, S. 60 m.Nachw.). Doch kann dies auf sich beruhen. Jedenfalls ist ein etwaiger, die Nichtigkeit begründender Mangel der Ausfertigung dadurch geheilt worden, daß während des Beschwerdeverfahrens für alle von der Antragsgegnerin erlassenen Satzungen die Ausfertigung durch den Präsidenten in ordnungsgemäßer, auch strengen Anforderungen genügender Weise nachgeholt worden ist und die neu ausgefertigten Satzungen neu verkündet worden sind. Die rechtliche Möglichkeit der nachträglichen Heilung solcher Satzungsmängel ist im Anschluß an eine in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum vertretene Meinung selbst außerhalb des Anwendungsbereichs ausdrücklicher Vorschriften über die Heilung von Rechtssetzungsmängeln (vgl. § 155 a BBauG) und damit auch für die Satzungen der Antragsgegnerin zu bejahen (vgl. VGH Kassel NJW 1994, 812; VGH Mannheim NVwZ 1985, 206; Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, 1986, S. 432; Ziegler DVBl 1987, 280, 287 m.Nachw.). Zur Bereinigung von Fehlern im Rechtsetzungsverfahren ist grundsätzlich dort zu beginnen, wo der Fehler entstanden ist. Bei Ausfertigungsmängeln muß daher die Ausfertigung fehlerfrei wiederholt werden; die erneute Verkündung hat sich anzuschließen (Ziegler a.a.O.). Diesen Anforderungen ist – wie dargelegt – hier genügt. Einer (wiederholten) Bestätigung der neu ausgefertigten (und verkündeten) Satzungen durch die Aufsichtsbehörde nach § 39 Abs. 6 Satz 2 und Abs. 7 Satz 2 VONotO bedurfte es entgegen der Meinung des Antragstellers nicht. Die aufsichtsrechtliche Genehmigung oder Bestätigung geht der Ausfertigung notwendig voraus (vgl. VGH München BayVBl 1991, 23, 24; Ziegler DVBl. 1987, 280, 282; derselbe, Die Verkündung von Satzungen und Rechtsverordnungen der Gemeinden, 1987, S. 59); die ursprüngliche Bestätigung blieb daher von – etwaigen – Mängeln der nachfolgenden Ausfertigung unberührt.
Auf die Wirksamkeit der mit der neuen Ausfertigung und der neuen Verkündung angeordneten Rückwirkung kommt es nicht an. Der Senat wendet insoweit die Rechtsprechungsgrundsätze entsprechend an, die das Bundesverwaltungsgericht für das Recht der Erschließungsbeiträge entwickelt hat (BVerwGE 64, 218, 220 ff.; BVerwG BayVBl 1990, 666, 667). Danach sind abweichend von der Regel, daß im Falle der Anfechtung eines belastenden Verwaltungsaktes dessen Rechtmäßigkeit im allgemeinen ausschließlich nach dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen ist, Veränderungen in den rechtlichen Verhältnissen, insbesondere die nachträgliche Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Erschließungsbeitragsbescheid, auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erst während des gerichtlichen Verfahrens eintreten. Die Berechtigung dieser rechtlichen Betrachtungsweise leitet sich aus Besonderheiten des materiellen Beitragsrechts ab. Wesentlich ist, daß mit dem Neuerlaß einer entsprechenden Beitragssatzung oder mit der Heilung von Satzungsmängeln jedenfalls ex nunc die Beitragspflicht entsteht, wie sie dem angefochtenen Bescheid entspricht. Dem formalen Aufhebungsanspruch der Betroffenen deshalb zu genügen, weil im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids eine Rechtsgrundlage fehlte, und die Behörde auf den alsbald möglichen Neuerlaß des Beitragsbescheids zu verweisen, ist durch Gründe rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nicht gefordert. Vielmehr liegt es im Gemeininteresse aber auch im wohlverstandenen Eigeninteresse der Betroffenen, einen solchen „Leerlauf” zu vermeiden (vgl. BVerwG BayVBl 1990, 666, 667).
Diese Gesichtspunkte haben Gültigkeit auch für das Abgabenrecht der Antragsgegnerin; sie rechtfertigen es, darauf abzustellen, ob der angegriffene Bescheid im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine (formal) gültige Grundlage in der Abgabensatzung hat. Dies ist jedenfalls auf Grund der erneuten Ausfertigung und Verkündung der angewendeten satzungsrechtlichen Regelungen der Fall.
2. Die dem (abgeänderten) Abgabenbescheid zugrunde gelegten satzungsrechtlichen Bestimmungen halten auch im übrigen rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Insbesondere bestehen an der Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage zum Erlaß der Abgabensatzung in § 39 Abs. 7 VONot keine begründeten Zweifel.
aa) Sie genügt den Anforderungen des allgemeinen, auch für die Erhebung von öffentlichen Abgaben geltenden Gesetzesvorbehalts. Auf Grund des Zustimmungsgesetzes zum Einigungsvertrag sind die Vorschriften der VONot (mit geringen, hier nicht wesentlichen Änderungen) zu partiell geltendem Bundesrecht geworden. Sie haben damit ebenso wie die übrigen Normen des ehemaligen „DDR-Rechts”, deren Übernahme angeordnet worden ist, ihren Geltungsgrund in einem formellen Gesetz der Bundesrepublik Deutschland. Ob dieser Umstand schon ausreicht, fortgeltendes untergesetzliches Recht der DDR generell in den Rang von nachkonstitutionellem Gesetzesrecht zu heben (vgl. aber BVerfG – 2. Kammer des Ersten Senats – DtZ 1994, 148), kann dahingestellt bleiben. Für Verordnungsrecht, das nach der sog. Wende von der demokratisch legitimierten Regierung (Ministerrat) der DDR erlassen worden ist und inhaltlich Regelungen in formellen Bundesgesetzen entspricht, ist dies jedoch anzunehmen. Beide Voraussetzungen treffen auf die VONot zu. Sie ist nach der „Wende” ergangen, lehnt sich an die Vorschriften der Bundesnotarordnung an und stimmt in § 39 VONot mit den die Notariatsverfassung in Bayern und die Notarkasse München betreffenden Regelungen der § 113 BNotO überein. Jedenfalls in diesem begrenzten Bereich muß für die Qualifizierung als untergesetzliches Recht oder als formelles, den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts genügendes Gesetzesrecht den Ausschlag geben, daß der Gesetzgeber mit dem Zustimmungsgesetz im Gesetzgebungsverfahren mit den darin enthaltenen formellen und inhaltlichen Prüfungen die Fortgeltung der DDR-Normen angeordnet und damit für die Zukunft die allein entscheidende Geltungsgrundlage in einem formellen Gesetz geschaffen hat.
bb) Aus den spezielleren und engeren Anforderungen des sogenannten Parlamentsvorbehalts ergeben sich ebenfalls keine zur Unwirksamkeit des § 39 Abs. 7 führenden Gründe.
Diese Vorschrift ermächtigt zum Erlaß von Satzungen, zu Rechtsvorschriften also, die von einer in den Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden (BVerfGE 10, 20, 49 f.; 33, 125, 156). Solche Autonomie im Sinne relativer Unabhängigkeit von staatlichen Einflüssen kommt der Antragsgegnerin nach den durch die VONot getroffenen Regelungen in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten und bei der Rechtssetzung zu. Beide Organe, über die sie in dem Präsidenten und in dem Verwaltungsrat verfügt, werden aus den Reihen der Notare besetzt. Der Verwaltungsrat ist es auch, der über die Abgabensatzung und die Anpassung der Abgaben an den jeweiligen Haushaltsbedarf der Ländernotarkasse mit Zustimmung des Präsidenten beschließt. Staatliche Mitwirkungsrechte, wie sie etwa in der Berufung der Organe der Antragsgegnerin und in der Satzungsgenehmigung sowie in weiteren aufsichtsrechtlichen Befugnissen bestehen, engen den Spielraum zur Selbstgestaltung für die Antragsgegnerin nicht derart ein, daß von Autonomie nicht mehr die Rede sein könnte. Eine demokratische Legitimation der Organe auf Grund zumindest mittelbarer oder gar unmittelbarer Wahl durch den betroffenen Personenkreis gehört – anders als bei den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften, für die besondere verfassungsrechtliche Vorgaben nach Art. 28 GG bestehen – nicht zum unabdingbaren Wesensgehalt der Autonomie. Sie ist auch nicht notwendig an eine körperschaftliche Struktur der in Frage stehenden juristischen Person gebunden. Davon abgesehen, weist die Antragsgegnerin trotz ihrer formalen rechtlichen Organisation als Anstalt des öffentlichen Rechts ohnehin körperschaftliche Elemente auf. Ihre Organe sind zudem, wie die die Gründungsphase der Antragsgegnerin betreffende Übergangsregelung des § 49 Abs. 2 i.v.m. Abs. 1 VONot sowie die spätere Hauptsatzung der Antragsgegnerin belegen, durch mittelbare Wahlen als Grundlage der aufsichtsrechtlichen Berufung ausreichend demokratisch legitimiert.
Als Ermächtigungsgrundlage zum Erlaß von Satzungen unterliegt § 39 Abs. 7 VONot zwar nicht dem für Rechtsverordnungen geltenden Gebot hinreichender Bestimmtheit nach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerfG in ständiger Rechtsprechung, vgl. u.a. BVerfGE 12, 319, 325; 32, 346, 361; 33, 125, 157). Die Übertragung von Satzungsautonomie ist jedoch nicht schrankenlos möglich. Vielmehr müssen die wesentlichen Entscheidungen, insbesondere was Eingriffe in Grundrechtsbereiche angeht, in der Ermächtigungsnorm vom Parlament selbst getroffen werden und dürfen nicht dem Satzungsgeber überlassen bleiben (BVerfGE 47, 46, 79; 61, 260, 275). Dabei richten sich die aus dem Parlamentsvorbehalt abgeleiteten Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigung nach der Intensität des vorgesehenen Eingriffs. Berufsrechtliche Regelungen, welche die Freiheit der Berufswahl berühren oder das Gesamtbild der Berufsausübung wesentlich prägen (sog. statusbildende Normen der Berufsausübung) müssen in den Grundzügen vom Gesetzgeber festgelegt werden (BVerfGE 33, 125, 163). Hingegen unterliegen die nicht statusbildenden Regelungen der Berufsausübung geringeren Anforderungen. Insoweit können u.U. auch Ermächtigungsnormen mit nur generalklauselartiger Umschreibung der Zielkonzeption zulässig sein (vgl. Stüer DVBl 1989, 1137, 1138 f.). Daran gemessen ist den Geboten des Parlamentsvorbehalts hier genügt. Die Abgabenpflicht gegenüber der Antragsgenerin berührt nicht die Grundpflichten der beruflichen Betätigung eines Notars; es geht um eine sonstige, die Berufsausübung regelnde Maßnahme, die nicht statusbildend wirkt. Auch folgt aus der Abgabenpflicht, wie noch darzulegen ist, keine so schwerwiegende Belastung, daß deswegen eine besonders hohe Regelungsgenauigkeit (Regelungsdichte) in der Ermächtigung geboten wäre. Zwar ist in § 39 Abs. 7 VONot hinsichtlich der Abgabenhöhe keine ins einzelne gehende Vorgabe enthalten. Durch die Regelung, daß sich die Abgaben an der Leistungsfähigkeit der Notare auszurichten haben, und Insbesondere durch die begrenzende Zweckbestimmung des Abgabenaufkommens zur Finanzierung der der Ländernotarkasse obliegenden Aufgaben sind jedoch die nach den gegebenen Umständen notwendigen wesentlichen Eckwerte (vgl. BVerfGE 12, 319, 325) in der VONot selbst festgelegt. Eine zusätzliche Konkretisierung der Satzungsermächtigung ergibt sich aus Sinn, Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte des § 39 VONot. Für die Auslegung und inhaltliche Bestimmung solcher Ermächtigungsnormen kann neben dem Aufgabenbereich des zur Rechtssetzung befugten autonomen Rechtsträgers durchaus auch die Entstehungsgeschichte der die Befugnis verleihenden Rechtsgrundlage herangezogen werden (vgl. Maunz/Dürig GG Art. 80 Rdn. 31, 47, 49). Die Einrichtung des „Nurnotariats” in der DDR und einer Notarkasse durch Erlaß der VONot war an der Notariatsverfassung in Bayern und am Beispiel der Notarkasse München ausgerichtet. Das ergibt sich nicht nur aus der Entstehungsgeschichte der VONot (vgl. Treffkorn NJ 1991, 304, 305), sondern vor allem auch aus dem § 113 BNotO weitgehend entsprechenden Regelungsinhalt des § 39 VONot. Den Vorstellungen des damaligen Verordnungsgebers, die auch für den (Bundes-)Gesetzgeber des Zustimmungsgesetzes zum Einigungsvertrag bei der Anordnung der Fortgeltung offensichtlich waren, lag in der Notarkasse München und in dem sie betreffenden Regelwerk ein im einzelnen ausgestaltetes Modell zugrunde, an dem die weiteren satzungsrechtlichen Regelungen nach § 39 Abs. 6 und 7 VONot ausgerichtet sein sollten. Bei der Bestimmung des Inhalts der Satzungsermächtigung darf diese offen zu Tage tretende, durch ein konkretes Vorbild bestimmte Konzeption bei Erlaß der VONot nicht außer Betracht bleiben. Unter diesen Umständen konnten die näheren Einzelheiten der Abgabenbemessung, wie es zum Zwecke einer besser handhabbaren, an die Entwicklung flexibel angepaßten Regelung ohnehin sachgerecht ist, zulässigerweise der Satzungsgeberin überlassen werden.
cc) Die Ermächtigungsnorm in § 39 Abs. 7 VONot steht auch materiell im Einklang mit der Verfassung (für die vergleichbare Vorschrift des § 113 BNotO im Ergebnis ebenso schon BGH, Beschluß vom 27. Juni 1966 – NotZ 1/66, S. 22); sie bedeutet insbesondere keinen unzulässigen Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen der den Regelungen unterworfenen Notare.
Für diese Beurteilung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die an die Antragsgegnerin zu entrichtende Notarabgabe, weil sie nicht eindeutig einer bestimmten nichtsteuerlichen Abgabenart zuzuordnen ist, als „Mischabgabe”, als einheitliche gegenleistungsunabhängige Verbandssonderlast zur Finanzierung wichtiger „gesamtverbandsspezifischer” Aufgaben oder als Abgabentyp eigener Art zu werten ist. In jedem Falle ist ihre materielle Zulässigkeit (auch) daran zu messen, ob für die einzelnen Zwecke, deren Finanzierung sie dient, überhaupt öffentliche Abgaben erhoben werden dürfen. Dies ist der Fall.
Soweit die Notarabgaben dafür vorgesehen sind, die Haushaltsmittel für die Notarkammern im Tätigkeitsbereich der Antragsgegnerin aufzubringen und die einheitliche Durchführung der Schadensversicherungen zu ermöglichen (§ 39 Abs. 3 Nr. 3 und 4 VONot) haben sie den Charakter von Mitgliedsbeiträgen. Daß die Antragsgegnerin in der Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Anstalt errichtet ist, im körperschaftsrechtlichen Sinne somit keine Mitglieder haben kann, steht dem nicht entgegen. Denn die materiell rechtfertigende Grundlage leitet sich aus der Mitgliedschaft der betroffenen Notare in den Notarkammern im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin ab. Ihr ist lediglich aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit mit dem Ziel einheitlicher Abgabenerhebung die Einziehung auch dieser Mittel übertragen. Gegen die Zulässigkeit solcher verwaltungstechnischer Aufgabenzuweisung ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern. Daß die Notarkammern auch nach den Regelungen der VONot die Voraussetzungen erfüllen, von denen die Zulässigkeit der Zwangsmitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach verfassungsrechtlichen, aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleiteten Maßstäben abhängt, ist angesichts der den Notarkammern obliegenden Aufgaben (vgl. § 29 Abs. 1, 2 und 5 VONot) offensichtlich. Auch im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG hält die grundsätzliche Statuierung der Beitragspflicht zur Finanzierung der Aufgaben nach § 39 Abs. 3 Nr. 3 und 4 VONot verfassungsrechtlicher Nachprüfung stand (vgl. BGHZ 112, 163 ff.).
Soweit die Mittel für die in § 39 Abs. 3 Nr. 1 VONot genannten Aufgaben in Frage stehen (erforderliche Ergänzung des Berufseinkommens für Notare mit geringem Einkommen), können die Notarabgaben dagegen nicht als mitgliedschaftsabhängiger Beitrag oder als Verbandslast im weiteren Sinne beurteilt werden. Denn bei diesen Aufgaben handelt es sich nicht um solche, die originär („an sich”) den Notarkammern als körperschaftlich strukturierten Einrichtungen zugewiesen sind und für deren Mittelbeschaffung die Antragsgegnerin der Sache nach nur die Funktion eines Mittlers hätte. Ihr ist jedoch insoweit in § 39 Abs. 7 VONot sachlich das Recht zur Erhebung von Sonderabgaben zuerkannt, von Abgaben nämlich, die ohne Zuordnung zu einem anderen Abgabentypus (Steuern, Beiträge, Gebühren) einem bestimmten Finanzierungszweck dienen sollen.
Die Voraussetzungen, von denen es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abhängt, daß die Erhebung solcher Sonderabgaben verfassungsrechtlichen Bestand hat, sind erfüllt. Der über die bloße Mittelbeschaffung hinausreichende Sachzweck der Abgabe (vgl. BVerfGE 82, 159, 179) liegt darin, daß die Einkommensergänzung letztlich mit dazu beitragen soll, ein leistungsfähiges Notariat auch in strukturschwachen Gebieten mit geringem Gebührenaufkommen zu sichern und damit insgesamt eine geordnete vorsorgende Rechtspflege in allen Landesteilen zu gewährleisten. Die der Abgabenpflicht unterworfenen Notare stellen zweifelsfrei auch auf Grund des gemeinsamen Berufs und der besonderen rechtlichen Stellung als Träger öffentlicher Ämter eine von der Allgemeinheit und anderen Personengruppierungen abgrenzbare homogene Gruppe dar (vgl. BVerfGE 55, 274, 305 f.; 67, 256, 276; 82, 159, 180). Sie trifft auch auf Grund besonderer Sachnähe eine gegenüber der Allgemeinheit der Steuerzahler und anderen Bevölkerungsgruppen erhöhte, die Belastung rechtfertigende Verantwortung für den Finanzierungszweck (vgl. BVerfGE 55, 274, 306; 67, 256, 276). Den Notaren sind mit den mannigfachen Tätigkeiten auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege Aufgaben zur eigenverantwortlichen und unabhängigen Wahrnehmung übertragen, die originär dem Staat obliegen. Zugleich mit der Übertragung dieser staatlichen Aufgaben sind den Notaren die Gebühren überlassen worden, die von der rechtsuchenden Bevölkerung im Sinne einer Gegenleistung und eines Ausgleichs für die Inanspruchnahme der vorsorgenden Rechtspflege aufzubringen sind. Es ist evident sachgerecht, wenn in erster Linie dieses Gebührenaufkommen und nicht die allgemeiner Staatsfinanzierung dienenden und von der Allgemeinheit aufzubringenden Steuermittel zur Bestreitung der Kosten herangezogen werden, die zur Gewährleistung einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege dienen. Zugleich ist damit auch die sachgerechte Verknüpfung gegeben, die zur Rechtfertigung einer Sonderabgabe zwischen den mit ihnen verbundenen Belastungen und Begünstigungen bestehen muß (vgl. BVerfGE 55, 274, 307; 67, 256, 276; 82, 159, 180).
Nicht außer acht gelassen werden darf in diesem Zusammemhang schließlich auch, daß die Belastung der Notare mit den Kosten solcher gruppennützigen Aufgaben dem deutschen Notarrecht nicht fremd ist, sondern einer geschichtlich gewachsenen, durch § 113 BNotO vom Bundesgesetzgeber bestätigten Entwicklung in Bayern und in der Pfalz entspricht (vgl. dazu Cammerer, Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern, 1930, S. 137 f., 153 f.; Ring in: 125 Jahre bayerisches Notariat, 1987, S. 96 f.; Bomhard MittBayNot 1972, 2 ff.), die Leitbildfunktion für den Verordnungsgeber der VONot hatte.
Dies ist auch insoweit von Bedeutung, als die von der Antragsgegnerin erhobenen Notarabgaben dazu dienen, die Versorgung der Notare im Alter und bei Amtsunfähigkeit sowie die Versorgung der Hinterbliebenen zu gewährleisten (§ 39 Abs. 3 Nr. 2 VONot). Die Antragsgegnerin hat Versorgungsregelungen getroffen, die denen über die Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Notarkasse München entsprechen (Anlage zu Art. 16 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin in der Fassung vom 13. Oktober 1991, Anlage I zu Art. 20 der Satzung der Notarkasse München vom 23. Oktober 1964). Sie hat sich damit in den Grenzen des durch den Aufgabenzweck und die Entstehungsgeschichte mitbestimmten Inhalts der Satzungsermächtigung in § 39 Abs. 6 und 7 (i.V.m. Abs. 3 Nr. 2) VONot gehalten. Daß berufsständische Altersversorgungen mit Zwangsmitgliedschaft und Erhebung dafür bestimmter Abgaben grundsätzlich zulässig und insbesonders mit Art. 2, 3, 12 und 14 GG vereinbar sind, ist für rechtlich verselbständigte Versorgungswerke einzelner Berufe in ständiger Rechtsprechung anerkannt (vgl. BVerfGE 10, 354, 362 ff. und speziell zu den Versorgungswerken der Rechtsanwälte: BVerfG – 2. Kammer des Ersten Senats – NJW 1990, 1653; BVerwG NJW 1991, 1842, 1843 f.; BayVerfGH NJW 1988, 550, 552; OVG Münster NJW 1990, 592 f.; VGH Mannheim NJW 1987, 1350 f.). Entsprechendes gilt auch für die Notarversorgung der Antragsgegnerin. Materiell gerechtfertigt ist die zwangsweise verordnete Teilnahme an der Altersversorgung der Notare vor allem deswegen, weil sie zur Stärkung der Unabhängigkeit im Amt beiträgt, älteren Notaren das frühere Ausscheiden aus dem Beruf ermöglicht und so Bemühungen um eine ausgewogene Altersstruktur des Notarstandes fördert, mithin im Gesamtinteresse der Notare liegt, letztlich aber auch der Gewährleistung einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege, eines Gemeinschaftsguts von hohem Rang, dient.
Die Notarversorgung der Antragsgegnerin unterscheidet sich in ihrer Ausgestaltung allerdings wesentlich von anderen berufsständischen Versorgungswerken und insbesonders auch von rechtlich selbständigen Versorgungswerken der Notarkammern (Versorgungswerk der Notarkammer Hamburg, Versorgungswerk der Saarländischen Notarkammer, Versorgungskasse Koblenz, Versorgungswerk Köln für den Bereich der Rheinischen Notarkammer). Anders als diese ist sie nicht durch das sog. Versicherungsprinzip bestimmt, für das die grundsätzliche Äquivalenz von Beitrag und Leistung, die Abhängigkeit des Leistungsanspruchs vom Umfang der erbrachten Beiträge kennzeichnend sind (vgl. BVerfGE 79, 87, 101). Die nach Aufgabenzweck und Entstehungsgeschichte des § 39 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 6 und 7 VONot vorgesehene Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Notare ist vielmehr entsprechend dem Vorbild der die Notarkasse München betreffenden Regelungen nach den Grundsätzen beamtenrechtlicher, vom Alimentationsprinzip bestimmter Versorgung ausgestaltet (vgl. Bohrer, Das Berufsrecht der Notare, 1991, Rdn. 352; ferner BVerwG NVwZ 1989, 375, 376). So gilt insbesondere, daß die Leistungsanwartschaft entsprechend der beamtenrechtlichen Versorgung nach Grund und Höhe von der Anzahl der Dienstjahre der Notare und nicht von den Abgabenzahlungen abhängt (§§ 1, 3 der Anlage zu Art. 16 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin in der Fassung vom 13. Oktober 1991, §§ 1, 3 der Anlage I zu Art. 20 der Satzung der Notarkasse München vom 23. Oktober 1964). Auch im übrigen entsprechen die Regelungen der „Versorgungssatzungen” der Notarkasse München und der Antragsgegnerin in ihrem Regelungsgehalt, teilweise sogar in ihrem Wortlaut, den Bestimmungen des Beamtenversorgungsrechts.
Daß der Verordnungsgeber der VONot und mit ihm der Gesetzgeber des Zustimmungsgesetzes zum Einigungsvertrag, wie Sinn, Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte des § 39 VONot ergeben, im Versorgungsbereich nicht die „versicherungsrechtliche Lösung”, sondern das in Bayern historisch gewachsene Modell beamtenrechtlicher Versorgung gewählt haben, hält sich im Rahmen des für die Rechtssetzung gegebenen Ermessens. Die Entscheidung ist angesichts der besonderen Nähe des Amts des „Nurnotars” zum öffentlichen Dienst sachgerecht.
dd) Die Ermächtigungsgrundlage in § 39 Abs. 7 VONot ist darüber hinaus verfassungsrechtlich auch insofern unbedenklich, als im Sinn einer Grundentscheidung festgelegt ist, daß die Beiträge nach der Leistungsfähigkeit zu bemessen sind und davon grundsätzlich selbst eine progressiv an diesem Maßstab ausgerichtete Staffelung der Abgaben abgedeckt ist, wie sie den an die Notarkasse München abzuführenden Abgaben auf Grund der historischen Entwicklung entspricht.
Soweit die Notarabgaben, wie dargelegt, unter dem Teilaspekt des öffentlich-rechtlichen Mitgliedsbeitrags zu betrachten sind, ist die Zulässigkeit einer Differenzierung nach der Leistungsfähigkeit unter den Anforderungen des Gleichheitsprinzips so allgemein anerkannt, daß es der Senat in seiner Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit von Notarkammerbeiträgen umgekehrt als rechtfertigungsbedürftig nach Art. 3 Abs. 1 GG angesehen hat, wenn der Beitrag für alle Mitglieder in gleicher Höhe und nicht entsprechend der Leistungsfähigkeit erhoben wurde (BGH NJW 1991, 2290, 2293; vgl. auch BGHZ 55, 244, 246 f.; BGHR BNotO § 71 Abs. 4 Nr. 1 Beitragsbemessung 1).
Entsprechendes gilt, soweit die Notarabgaben im Hinblick auf die Aufgaben nach § 39 Abs. 3 Nr. 1 VONot als Sonderabgaben zu verstehen sind. Denn Sinn dieser Abgabenart ist es, einen Finanzierungsausgleich innerhalb einer durch gemeinsame Interessen verbundenen Gruppe zu erreichen. Eine Differenzierung nach der Leistungsfähigkeit, selbst in Gestalt einer progressiven Steigerung der Beiträge, entspricht daher ihrem Wesensgehalt.
Soweit die Notarabgaben dazu dienen, die Mittel für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung aufzubringen, ist ihre an der Leistungsfähigkeit ausgerichtete Bemessung nach Progressivsätzen verfassungsrechtlich ebenfalls nicht unzulässig. Die Bedenken, die das Bezirksgericht im Anschluß an Stimmen im Schrifttum (vgl. F. Kirchhof in Isensee/Kirchhof ≪Hrsg.≫, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1990, Bd. IV § 93 Rdn. 22 m.Nachw.) insoweit für durchgreifend erachtet hat, sind unbegründet. Der besondere und eigenständige Charakter der beamtenrechtlich ausgestalteten Notarversorgung der Antragsgegnerin verbietet es, verfassungsrechtliche Schranken sozialversicherungsrechtlicher Regelungen auf sie zu übertragen.
Dies gilt im Ergebnis aber auch dann, wenn man mit dem Bezirksgericht diese besondere Form der Altersversorgung deshalb, weil ihre Kosten von den Notaren – anders als von den Beamten – selbst aufgebracht werden, begrifflich zur Sozialversicherung rechnen wollte (so wohl Schulin, Sozialrecht, 4. Aufl., Rdn. 611). Allerdings trifft es zu, daß das geltende System der Sozialversicherung von einer Bemessung der Sozialabgaben nach festen Beitragssätzen ausgeht (so auch bei den übrigen Formen der Notarversorgung in Gestalt rechtlich verselbständigter Versorgungswerke: vgl. § 18 Abs. 1, § 27 der Satzung des Versorgungswerks der Saarländischen Notarkammer, Amtsblatt des Saarlandes 1991, S. 1275 f.; § 32 der Satzung des Notarversorgungswerks Köln, JMBl. NW 1987, 270; § 20 der Satzung der Versorgungskasse Koblenz, Rhld.-Pfl. JBl. 1986, 16; § 16 der Satzung des Notarversorgungswerks Hamburg, Hamb. JVBl. 1991, S. 74 f.). Richtig ist auch, daß nach dem Versicherungsprinzip in der Sozialversicherung Beitragsleistung und Versicherungsleistung (Versicherungsanwartschaft) einander entsprechen müssen („Individualäquivalenz”). So gesehen kann sich der Schutz des Art. 14 GG grundsätzlich auch auf die Beitragsleistungen in ihrer Entsprechung zur Versicherungsleistung erstrecken. Dazu steht eine Beitragsbemessung, die nach dem Einkommen progressiv gesteigert ist und dazu führt, daß die Beiträge der Leistungsstarken für die Versicherungsleistungen an die Leistungsschwachen verwendet werden, an sich in Widerspruch. Jedoch werden diese Grundsätze – zumal im Bereich der berufsständischen Versorgungswerke (BVerfG – 2. Kammer des Ersten Senats – NJW 1990, 1653) – durch den die Sozialversicherung ebenfalls bestimmenden Solidaritätsgedanken modifiziert und zum Teil verdrängt. Als Ausfluß der Sozialstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) kommt dieses Solidarprinzip im Zusammenschluß der Versicherten zu einer Gefahrengemeinschaft mit dem Ziel zum Ausdruck, im kollektiven Beistand auch den wirtschaftlich und sozial Schwachen eine Absicherung der Lebensrisiken zu ermöglichen. Es rechtfertigt in Zurückdrängung der Individualäquivalenz nicht nur eine Bemessung der Beitragshöhe nach der Leistungsfähigkeit der Mitglieder (BVerfG a.a.O.), sondern kann sich auch dahin auswirken, daß die Mittel für den Versicherungsschutz leistungsschwacher Mitglieder ganz oder nahezu ganz von den leistungsstarken aufgebracht werden. Ob es sich bei solchen weitgehenden Finanzierungsübernahmen im Rahmen der Sozialversicherung um historisch begründete Ausnahmen handelt und ob das aus dem Versicherungsprinzip abgeleitete Gebot der Entsprechung von Beitragsleistung und Versicherungsschutz eine Einschränkung durch den Solidargedanken nur insoweit zuläßt, als die Beiträge proportional zum Einkommen nach festen Sätzen und nicht progressiv als Staffelabgaben bemessen werden (vgl. F. Kirchhof a.a.O. Randziffer 22), kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn selbst bei grundsätzlicher Richtigkeit dieser einschränkenden Auffassung muß eine einkommensabhängige Progression der Beiträge ausnahmsweise dann als zulässig beurteilt werden, wenn besondere Umstände eine Verletzung des Art. 14 GG insoweit ausschließen. Solche besonderen Gründe liegen im Fall der Notarversorgung vor.
Als Träger eines öffentlichen Amts trifft den Notar in Ausübung seines „staatlich gebundenen” Berufs eine erhöhte Verpflichtung gegenüber dem damit angestrebten Ziel, eine geordnete vorsorgende Rechtspflege zu sichern. Daraus folgt mittelbar aber auch eine gesteigerte solidarische Verantwortung innerhalb dieses Berufsstandes. Denn der Beistand gegenüber den Berufskollegen besteht nicht vordringlich in der individuellen Begünstigung der sozial Schwächeren, sondern dient auch der Gewährleistung einer funktionstüchtigen vorsorgenden Rechtspflege. Hinzu kommt, daß die teilweise beträchtlichen Einkommensunterschiede innerhalb des Notarstandes durch die Notariatsverfassung mit der Zuweisung von Amtssitzen und der grundsätzlichen Beschränkung der Notartätigkeit auf einen engeren Amtsbereich mit bedingt sind, diese Art der Notariatsverfassung ihrerseits aber gerade in Flächenstaaten wie im Tätigkeitsbereich der Antragsgegnerin wegen der Notwendigkeit gefordert ist, ein gleichmäßiges Angebot vorsorgender Rechtspflege auch in strukturschwachen Gebieten sicherzustellen. Von Einfluß auf die Unterschiede in den Einkommensverhältnissen ist darüber hinaus die nach Geschäftswerten und nicht nach dem individuellen Arbeitsaufwand bestimmte Gebührenbemessung. Diese Besonderheiten tragen dazu bei, daß das Einkommen des einzelnen Notars in stärkerem Maße als dies bei sogenannten freien Berufen der Fall ist, von objektiven, nur begrenzt beeinflußbaren Umständen abhängt. Von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist schließlich auch die materielle, im Verhältnis zur rechtsuchenden Bevölkerung begründete Zweckbestimmung des Gebührenaufkommens, aus dem die Notare ihr Einkommen ziehen. Mit ihm sollen die Kosten für die Gewährleistung einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege, zu denen letztlich auch der Aufwand für eine angemessene Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Notare gehört, jedenfalls mit bestritten werden (vgl. Cammerer, Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern, 1930 S. 137, 140). Diese Gesichtspunkte der begrenzten Abhängigkeit des Einkommens vom individuellen Arbeitsaufwand und der materiellen Zweckbestimmung des Gebührenaufkommens begründen nicht nur eine größere, den Schutz des Art. 14 GG zurückdrängende Verfügbarkeit für Zwecke geordneter vorsorgender Rechtspflege. Sie lassen es darüber hinaus ebenso wie die erhöhte, aus dem öffentlichen Amt folgende Verantwortung der Notare für die Sicherung der vorsorgenden Rechtspflege als sachwidrig erscheinen, für das legitime Ziel, leistungsschwächere Notare zu schonen, nicht das Mittel eines progressiv ausgestalteten standesinternen Finanzierungsausgleichs, sondern Zuschüsse aus dem allgemeinen Staatshaushalt einzusetzen, die von allen leistungsfähigen Staatsbürgern mit den Steuern aufzubringen sind.
b) Die Abgabensatzung hält sich auch in ihrer Einzelausgestaltung im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage in § 39 Abs. 7 VONot und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
aa) Die Belastung mit berufsständischen Abgaben kann nur im Ausnahmefall eine Grundrechtsverletzung nach Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG bedeuten. Dies wäre hier nur dann der Fall, wenn die Abgaben so unzumutbar hoch wären, daß die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der betroffenen Notare unerträglich eingeengt oder ihre Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt würden oder es ihnen unmöglich wäre, den Notarberuf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerfGE 14, 221, 241; 19, 119, 129; 19, 253, 267 f.; 23, 288, 315; 30, 250, 372; 31, 8, 29; BGHZ 83, 190, 194). Dabei richtet sich die Beurteilung, ob ein so weitgehender Eingriff vorliegt, jedenfalls im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG, nicht nach der Lage einiger weniger Berufsangehöriger, sondern danach, ob den betroffenen Berufsangehörigen dadurch in aller Regel die Möglichkeit genommen wird, den gewählten Beruf zur wirtschaftlichen Basis ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BGH NJW 1991, 2290, 2292). Eine solche „erdrosselnde” Wirkung kommt der Abgabensatzung in der angewendeten Fassung nicht zu. Zwar erreicht die progressive Abgabenstaffelung mit ihren höchsten Stufen – lediglich aus dem Tätigkeitsbereich der Notarkasse München bekannte – Spitzensätze von 60 bis 80 %; in der tatsächlichen Belastung ist sie jedoch wesentlich geringer. Zum einen bestimmt sich, wie die Auslegung der insoweit nicht ganz klaren Satzungsbestimmung in § 4 insgesamt noch erschließt und durch die von der Antragsgegnerin geübte Berechnungsart bestätigt wird, die Abgabenpflicht für ein Gebührenaufkommen, das eine Stufe mit hoher Pflichtigkeit erreicht (etwa 50 % und mehr), nicht für den gesamten Betrag nach diesem hohen Abgabenanteil. Vielmehr ist die Abgabenpflicht im Sinne einer Mehrschrittrechnung auf jeder Einkommensstufe nur für den dieser Stufe entsprechenden Mehrbetrag nach dem jeweils dafür geltenden Abgabensatz zu ermitteln. Des weiteren sind bestimmte Gebühren, die in § 3 Abs. 2 der Abgabensatzung im einzelnen aufgeführt und nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragsgegnerin über entsprechende Erfahrungswerte mit ca. 15 % des Gesamtgebührenaufkommens zu veranschlagen sind, von der Abgabenpflicht von vornherein ausgenommen. Von den verbleibenden an sich abgabenpflichtigen Gebühren ist zusätzlich ein Betrag freigestellt, der für das Rechnungsjahr 1990/1991 20 % beträgt. Die besondere Art der Abgabenberechnung sowie die Betragsfreistellungen (insgesamt ca. 32 % der Gesamtgebühren) bewirken, daß die effektive, auf das Gesamtgebührenaufkommen bezogene Abgabenbelastung deutlich unter den nominellen Prozentwerten liegt, die für die einzelnen Stufen des abgabenpflichtigen Gebührenaufkommens genannt sind. Sie beträgt bei 10.000 DM Gesamtgebühren 3,8 %, bei 100.000 DM 13,4 % und bei 200.000 DM 23,82 % (der Gesamtgebühren). Von einer erdrosselnden Wirkung der Abgabenbelastung im dargelegten Sinn kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein.
bb) Eine materielle Begrenzung für die betroffenen Notare ergibt sich zudem daraus, daß das Gebührenaufkommen ausschließlich an bestimmten in § 39 VONot genannten Finanzierungszwecken im Sinne der Kostendeckung ausgerichtet ist. Daß die Antragsgegnerin in den einzelnen Finanzierungsbereichen gegen das Übermaßverbot verstoßen hätte, ist jedenfalls nach den abschließenden Festlegungen für das Haushaltsjahr 1991 nicht festzustellen. Die einzelnen dafür aufschlußreichen Haushaltstitel lassen einen unverhältnismäßigen Aufwand nicht erkennen. Dies gilt auch für die Vermögenszuweisung in Höhe von 7,5 Millionen DM, die im Haushaltsnachtrag vorgesehen ist. Diese Mittel dienen der Schaffung eines Deckungsstocks für die der Antragsgegnerin zur Pflicht gemachte Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Auch wenn die Einzelheiten der Versorgungsabsicherung damals noch nicht abschließend feststanden, erscheint eine solche Rücklage sachgerecht, jedenfalls bei Berücksichtigung der besonderen Schwierigkeiten beim Aufbau einer berufsständischen Altersversorgung in den neuen Bundesländern nicht unverhältnismäßig. In der Aufbauphase einer solchen Versorgungseinrichtung muß eine gegenüber später stärkere finanzielle Belastung der Mitglieder als zumutbar hingenommen werden.
Daß es zunächst zur Erhebung von Gebühren über die Kostendeckung hinaus kam und in der Folge die in der Abgabensatzung vorgesehenen Anpassungen der Abgabenstaffel sowie dementsprechende Rückzahlungen notwendig wurden, begründet ebenfalls keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Schon allgemein ist es wegen möglicher konjunktureller Schwankungen schwierig, das Gebührenaufkommen der Notare bei der Festlegung der Abgabenstaffel für das kommende Rechnungsjahr zuverlässig abzuschätzen. Bei der Einmaligkeit der bereits nach der sog. Wende in der DDR vorbereiteten Aufgabe, eine funktionstüchtige Notariatsverfassung im Gebiet der ehemaligen DDR neu aufzubauen, waren diese Schwierigkeiten in der Abschätzung der künftigen Entwicklung deutlich erhöht. Unter diesen Umständen ist es unumgänglich, der Antragsgegnerin für eine – hier betroffene – Übergangszeit einen grundsätzlich weiten Spielraum in der vorausschauenden Beurteilung und einen großzügigeren Gebrauch vom Korrekturmittel der nachträglichen Staffelanpassung sowie der Rückvergütung zuzugestehen.
cc) Die Antragsgegnerin setzt – entsprechend den Satzungsregelungen für die Notarkasse München – für die Berechnung der Notarabgaben bei dem sogenannten Bruttogebührenaufkommen an. Dies hält sich innerhalb des zulässigen Rahmens bei der Umsetzung der Ermächtigungsregelung in § 39 Abs. 7 Satz 3 VONot, die eine Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit bei der Abgabenbemessung fordert. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist auch insoweit nicht festzustellen. Durch die Freistellung bestimmter Gebühren von der Abgabenpflicht und durch die Gewährung eines pauschalen Preibetrags in Höhe von 20 %, die beide zusammen einen Anteil von ca. 32 % vom Gesamtgebührenaufkommen ausmachen, werden die Betriebsausgaben/Unkosten der Sache nach in pauschalierter Form berücksichtigt. Dem entspricht es, daß die in dem Parallelverfahren Chucholowski gegen Ländernotarkasse (NotZ 9/93) von jenem Antragsteller selbst angegebene Unkostenbelastung etwas mehr als 30 % des Gesamtumsatzes ausmacht. Die Geschäftsunkosten eines Notars werden zwar anknüpfend an eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 48, 240) allgemein mit 50 % der Einnahmen angenommen; darin sind jedoch die berufsständischen Abgaben ersichtlich bereits eingeschlossen. Wird zusätzlich zur Aussparung von Gebührenanteilen in Höhe von ca. 32 % in die Gesamtbetrachtung noch einbezogen, daß die Abgaben „gruppennützig” zur Finanzierung von Aufgaben eingesetzt werden, die für die Notare auf der Unkostenseite letztlich zum Teil entlastend wirken werden, ist die Wertung berechtigt, daß die Unkosten eine angemessene Berücksichtigung finden. Der in § 39 Abs. 7 Satz 3 VONot vorgeschriebene Maßstab der Leistungsfähigkeit wird dadurch nicht verfehlt. Dieser ist im Bereich der an konkrete Finanzierungszwecke gebundenen und daher in der Mittel-Zweck-Relation zu kontrollierenden Sonderlasten ohnehin nicht mit dem am Nettoeinkommensprinzip ausgerichteten steuerlichen Leistungsfähigkeit voll gleichzusetzen.
dd) Härten durch die Regelung in § 3 Abs. 3 der Abgabensatzung, wonach der Abgabenberechnung die „zum Soll gestellten” Gebühren ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Eingang zugrundezulegen sind, werden in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht werdenden Weise gemindert durch die Aufschiebung des Fälligkeitszeitpunkts (§ 7 Abs. 1 der Abgabensatzung), durch die Stundungsmöglichkeit „wegen nicht zu vertretender außergewöhnlicher Umstände” (§ 7 Abs. 2 der Abgabensatzung) sowie durch die Absetzbarkeit der uneinbringlichen Gebühren (§ 5 Abs. 3 der Abgabensatzung).
ee) Daß eine Teilbefreiung von der Abgabenpflicht für diejenigen Notare nicht vorgesehen ist, die schon anderweitig Vorkehrungen für eine Altersversorgung getroffen haben, unterliegt ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bei einem beamtenrechtlich ausgestalteten Versorgungssystem wie dem der Antragsgegnerin ist für eine Befreiung kein Raum. Jeder Notar erhält eine Versorgung nach dem Alimentationsprinzip, ähnlich wie jeder Beamte durch den Staat versorgt wird. Auch bei der Beamtenversorgung spielt keine Rolle, ob ein Beamter aus einer vorausgegangenen Tätigkeit schon Versicherungsansprüche erworben hat, die er neben seiner Pension behält.
Das Fehlen einer Teilbefreiung ist unter den maßgeblichen Gesichtspunkten des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des rechtsstaatlichen Vertrauensgrundsatzes (vgl. VGH Mannheim NJW 1987, 1350, 1352) selbst dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Versorgungssystem der Antragsgegnerin unter Außerachtlassung seiner Besonderheiten anderen berufsständischen Versorgungswerken gleichgestellt wird. Denn soll nicht die Effektivität einer kollektiven Versorgung in Frage gestellt und die Gemeinschaft mit ungünstigen Versorgungsrisiken überlastet sein, muß vor allem in der Aufbauphase darauf geachtet werden, daß der Grundsatz der Pflichtmitgliedschaft möglichst lückenlos durchgesetzt wird (vgl. BVerfG NJW 1991, 746, 747). Eine rechtliche Verpflichtung, eine generelle Freistellungsmöglichkeit vorzusehen, bestand daher für die Antragsgegnerin auch bei einer solchen Betrachtung nicht. Eine Befreiung war auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes für diejenigen Notare geboten, die, wie der Antragsteller aus dem ehemaligen Gebiet der Bundesrepublik kamen und in den neuen Bundesländern ein Notaramt übernahmen. Sie mußten damit rechnen, daß sie zu den Kosten für den Aufbau eines neuen Versorgungswerks herangezogen werden.
C.
Nach alledem hat der Abgabenbescheid in Gestalt des Änderungsbescheids Bestand. Der angefochtene Beschluß ist aufzuheben, und der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs. 4 VONot (in der Fassung der Anlage II zum Einigungsvertrag, Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 2 c) in Verbindung mit § 180 Abs. 1 des Rechtsanwaltsgesetzes der DDR vom 13. September 1990 (DDR-GBl. I 1504 f.; RAG). Die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Verfahrensbeteiligten ist in den durch die Bestimmungen des Einigungsvertrags in Bezug genommenen Vorschriften des Rechtsanwaltsgesetzes nicht geregelt. Diese Lücke wird jedoch (ebenso wie im Rahmen der §§ 201 ff. BRAO auf Grund der ergänzenden Verweisung in § 40 Abs. 4 BRAO) durch die entsprechende Anwendung des § 13 a FGG geschlossen (§ 36 Abs. 4 RAG i.V.m. Anlage II zum Einigungsvertrag, Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 b). Es entspricht hier der Billigkeit im Sinne des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG, daß die außergerichtlichen Kosten des obsiegenden Teils zu erstatten sind.
Unterschriften
Rinne, Thode, Blauth, Lintz, Toussaint
Fundstellen
Haufe-Index 1683280 |
BGHZ |
BGHZ, 16 |
NJW 1995, 461 |
BGHR |
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