Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindungsergänzung nach § 13 HöfeO. Hoferbschaft
Leitsatz (amtlich)
Veräußert der Hoferbe ein zum Hofvermögen gehörendes Milchkontingent, so wird er mit dem dafür erhaltenen Erlös grundsätzlich nachabfindungspflichtig.
Leitsatz (redaktionell)
Veräußert der Hoferbe ein zum Hofvermögen gehörendes Milchkontigent, so wird er mit dem dafür erhaltenen Erlös grundsätzlich nachabfindungspflichtig.
Normenkette
HöfeO §§ 13, 3, 13 Abs. 4
Verfahrensgang
OLG Celle (Beschluss vom 18.11.1996) |
AG Nienburg |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Celle vom 18. November 1996 wird auf Kosten des Antragsgegners, der der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 21.730 DM.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin verlangt vom Antragsgegner, ihrem Bruder, eine Abfindungsergänzung nach § 13 HöfeO.
Die Beteiligten entstammen der Ehe ihrer am 1. Oktober 1988 verstorbenen Mutter A. und ihres am 8. Oktober 1991 verstorbenen Vaters W. A. Die Eltern waren je zur ideellen Hälfte Eigentümer eines Ehegattenhofes. Diesen (13.1205 ha Eigenland und 25.82 ha Pachtland) verpachteten sie ab 1. Januar 1984 auf die Dauer von zwölf Jahren an den Antragsgegner, wobei sie die von ihnen genutzten Räumlichkeiten ausnahmen. Der Antragsgegner hatte eine Barpacht von 3.600 DM jährlich zu zahlen und übernahm sämtliche Lasten des Betriebes, wie Grundsteuer, Beiträge zum Wasser- und Bodenverband, zur Landwirtschaftskammer, die Feuerversicherungsprämie und die vorhandenen Verbindlichkeiten der Eltern, denen er auch die Bezahlung von Licht und Heizung versprach.
Da auch die Eltern schon Milchwirtschaft betrieben hatten, wurde dem Antragsgegner zum 1. April 1984 ein Milchkontingent zugeteilt, das sich 1992 auf 72.503 kg belief. Der Antragsgegner ist Hoferbe nach seinem Vater, der seinerseits Hoferbe hinsichtlich des Anteils seiner Ehefrau geworden war.
Durch notariellen Vertrag vom 16. April 1993 veräußerte der Antragsgegner an den Landwirt C. H. zwei Flurstücke des Hofes mit 3.4369 ha zum Preis von 20.621,40 DM zusammen mit der auf der Kauffläche ruhenden Milchquote von 72.503 kg zum Preis von 110.000 DM. Am 18. April 1994 kaufte er die beiden Flächen zum selben Preis zurück, allerdings ohne die Milchquote. Zugleich schaffte er das Milchvieh ab und verkaufte die Tiere zum Preis von 33.000 DM. Anstelle der Milchwirtschaft betrieb er nunmehr den Betriebszweig „Mutterkuhhaltung” und erwarb dazu im Juli 1994 14 Tiere für 28.000 DM und im Juni 1995 drei Tiere für 6.210 DM.
Die Antragstellerin, die eine Abfindung von 17.500 DM vom Hof erhalten hat und Aufwendungen des Antragsgegners teilweise als erlösmindernd anerkennt, hat beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung von 48.500 DM nebst Zinsen zu verpflichten.
Das Landwirtschaftsgericht hat unter Abweisung des weitergehenden Antrags den Antragsgegner zur Zahlung von 21.7.30 DM verpflichtet. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen „soweit … über den geltend gemachten Anspruch der Antragstellerin zum Grunde entschieden” worden ist. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist im Umfang ihrer Zulassung statthaft (§ 24 Abs. 1 LwVG). Das Berufungsgericht hat die Zulassung auf den Anspruchsgrund beschränkt. Diese Beschränkung war zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann die Revisionszulassung – und nichts anderes gilt für das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (vgl. Senatsbeschl. v. 8. Dezember 1995, BLw 33/95, BGHR LwVG § 24 Abs. 1, Zulassung 6 m.w.N.) – auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Insbesondere kann die Zulassung auf solche Teile des Streitgegenstandes beschränkt werden, über die das Oberlandesgericht durch Zwischenurteil hätte gesondert entscheiden dürfen (hier: § 304 Abs. 1 ZPO); ob es tatsächlich ein Grundurteil erlassen hat ist unerheblich (vgl. BGHZ 76, 397, 399 m.w.N.; Thomas/Putzo, ZPO, 20. Aufl., § 546 Rdn. 26). Auch im gerichtlichen Verfahren in Landwirtschaftssachen kommt eine Vorabentscheidung über den Grund in Betracht, wenn ein Zahlungsanspruch – wie hier – nach Grund und Betrag streitig ist (vgl. Senatsbeschl. v. 31. Januar 1956, V BLw 54/55, MDR 1956, 404, 406; Barnstedt/Steffen, LwVG, 5. Aufl., § 21 Rdn. 24 und 27; § 9 Rdn. 93).
III.
Das Berufungsgericht bejaht einen Zahlungsanspruch der Antragstellerin dem Grunde nach gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. a HöfeO. Zwar habe die Veräußerung der beiden Flurstücke keinen Abfindungsergänzungsanspruch ausgelöst, weil der Antragsteller diese Grundstücke innerhalb einer Zweijahresfrist zum selben Preis zurückerworben habe. Der Antragsgegner schulde aber eine Abfindungsergänzung aus der Veräußerung des Milchviehs (Erlös 33.000 DM) und der Milchquote (Erlös 110.000 DM). Das Milchkontingent unterfalle dem Begriff des Zubehörs nach § 3 HöfeO, könne aber auch als Lieferrecht nach § 2 Buchst. b HöfeO betrachtet werden. Es sei dem Hofvermögen auch ungeachtet der Tatsache zuzurechnen, daß es der Antragsgegner während seiner Pachtzeit zugeteilt erhalten habe. Insgesamt seien die Veräußerung von Milchvieh und Milchreferenzmenge weder im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung erfolgt noch zur Erhaltung des Hofes erforderlich gewesen.
IV.
Die Rechtsbeschwerde ist im zulässigen Umfang unbegründet.
1. a) Daß die Veräußerung des Milchviehs, das Hofzubehör ist (§ 3 HöfeO), grundsätzlich einen Nachabfindungsanspruch auslösen kann (§ 13 Abs. 4 Buchst. a HöfeO) bezweifelt auch die Rechtsbeschwerde nicht.
b) Mit Recht nimmt das Beschwerdegericht auch an, daß die Verwertung der Milchquote dem Tatbestand des § 13 HöfeO unterfällt. Dabei kann offenbleiben, ob – wie das Berufungsgericht meint – ein Abfindungsfall nach § 13 Abs. 4 Buchst. a HöfeO vorliegt. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift dürfte – anders als das Berufungsgericht annimmt – schon deshalb ausscheiden, weil die Milchquote kein Hofzubehör (§ 3 HöfeO) darstellt (vgl. BGHZ 114, 277, 281). Unter den Begriff des Zubehörs fallen grundsätzlich nur bewegliche Sachen nicht aber Rechte (§§ 97, 98 Nr. 2 BGB; vgl. auch BGHZ 111, 110, 116). Soweit dem höferechtlichen Begriff des Zubehörs ausnahmsweise auch Rechte zugeordnet werden, gilt dies nur dann, wenn sie unter den Oberbegriff der Betriebsmittel fallen (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke/Handjery, HöfeO, 9. Aufl., § 3 Rdn. 1 und 11), was für die Milchquote nicht zutrifft.
Der Senat hält es jedoch für geboten, rechtsanalog von einer abfindungspflichtigen Verwertung eines Hofbestandteils (§ 2 Buchst. b HöfeO) nach § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO auszugehen. Soweit dies – vornehmlich für den hier nicht vorliegenden Fall des Bezugs einer Milchaufgabevergütung – abgelehnt wird (vgl. z.B. Lange/Wulff/Lüdtke/Handjery, aaO, § 2 Rdn. 14 und 17; § 13 Rdn. 64; Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 6. Aufl., § 13 HöfeO Rdn. 62; Niewerth, AgrarR 1994, 47, 48 ff; AG Ibbenbühren, AgrarR 1993, 29), ist dies nach Auffassung des Senats jedenfalls für den Erlös aus dem Verkauf der Milchquote nicht überzeugend.
Ein Nachabfindungsanspruch ist nicht auf die in § 13 Abs. 1 und Abs. 4 HöfeO ausdrücklich erwähnten Fälle beschränkt. Die Höfeordnung will die ungeteilte Erhaltung des Hofes im Erbgang sicherstellen, um dem Hoferben die Fortführung der Bewirtschaftung zu ermöglichen. Das dem weichenden Erben zugemutete Opfer findet darin seinen rechtfertigenden Grund. Der nachträgliche Wegfall dieses höferechtlichen Zwecks kann sich vielfältig äußern. Vor diesem Hintergrund sind die im Gesetz genannten Fälle zwar typisch aber nicht erschöpfend. Der Zweck der Vorschrift erfordert es vielmehr, über die genannten Einzeltatbestände im Wege richterlicher Rechtsfortbildung weitere Fälle einzubeziehen und zwar auch dort, wo an sich die Voraussetzungen von §§ 2, 3 HöfeO nicht gegeben sind (vgl. Senatsbeschl. BGHZ 115, 157, 159 ff; OLG Celle, AgrarR 1984, 219 ff). Die Milchquotenveräußerung kann nicht anders behandelt werden als die sonstige Veräußerung von Hofbestandteilen. Das Recht zur abgabefreien Milchanlieferung ist wie ein „ähnliches Recht” im Sinne von § 2 Buchst. b HöfeO zu behandeln.
Diese Rechte müssen dem Hof dienen, gleichviel ob sie mit dem Eigentum am Hof verbunden sind oder dessen Eigentümer persönlich zustehen. Die Milchreferenzmenge ist zwar einerseits personenbezogen, andererseits aber auch betriebsgebunden (BGHZ 114, 277, 281). Diese Bindung hat im Laufe der Zeit eine gewisse Lockerung erfahren mit der Folge, daß nunmehr auch in bestimmtem Umfang der flächenungebundene Verkauf von Referenzmengen zulässig ist (vgl. § 7 Abs. 2 a MGVO i.d.F. v. 24. September 1993, BGBl I, 1659). Es liegt deshalb nahe, die Milchquote ähnlich wie ein Lieferrecht zu behandeln, das wie die namentlich aufgeführten Rechte die Bewirtschaftungs- und Leistungsfähigkeit des Betriebs fördern soll (vgl. BGHZ 45, 196, 197/198). Unbestreitbar hat die Milchreferenzmenge eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Ohne sie können landwirtschaftliche Flächen praktisch nicht zur Milcherzeugung genutzt worden und sind in ihrem Wert entsprechend gemindert, weil ein Bedarf für Grünland außerhalb der abgabefreien Milchwirtschaft kaum besteht (BGHZ 118, 351, 354). Unabhängig vom subventionsähnlichen und abgaberechtlichen Charakter der Referenzmenge muß ihr Verkauf nach Auffassung des Senats deshalb grundsätzlich einen Nachabfindungsanspruch auslösen (so auch Hötzel, AgrarR 1993, 144 ff; Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 13 Rdn. 17 b). Es wäre wenig einleuchtend, daß der Erlös aus dem Verkauf der Milchviehherde einer Nachabfindungspflicht unterläge, der Hofeigentümer aber den viel höheren Gewinn aus der damit zusammenhängenden Veräußerung der Milchquote sollte in vollem Umfang behalten dürfen. Dies entspräche gegenüber dem weichenden Erben auch nicht der Billigkeit.
Mit Recht hat das Berufungsgericht die Milchquote auch dem Hofvermögen zugerechnet, und zwar ungeachtet der Tatsache, daß diese zunächst dem Antragsgegner als Pächter zugeteilt worden war. Er hätte sie nicht auf Dauer behalten können, sondern sie wäre nach Ablauf des Pachtvertrages grundsätzlich ohne Ersatz des hierdurch bedingten Mehrwerts an den Hofeigentümer zurückgefallen (BGHZ 115, 162, 167 ff). Daß noch während des Pachtvertrages der Erbfall eingetreten ist, damit der Antragsgegner als Hoferbe Hofeigentümer wurde, und hinsichtlich der pachtvertraglichen Rechte und Pflichten eine sog. Konfusion vorliegt (vgl. BGHZ 48, 214, 218), ändert nichts daran, daß die Milchquote einen zum Hof gehörenden Vermögenswert darstellt. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß die dem Antragsgegner zugeteilte Milchquote auf der von seinen Eltern betriebenen Milcherzeugung beruht (vgl. auch Faßbender/Hötzel/Lukanow, Landpachtrecht, 2. Aufl., § 585 BGB, Anhang I Rdn. 1), mithin der dafür erzielte Erlös bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht auf eine eigene Leistung des Antragstellers zurückzuführen ist (vgl. § 13 Abs. 5 Satz 4 HöfeO).
Ob es im Rahmen der Anwendung von § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO noch auf die Frage ankommt, ob die Veräußerung der Milchquote im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung lag, mag dahinstehen. Erfolglos bleibt die Rechtsbeschwerde nämlich insoweit, als sie sich gegen die Feststellung des Beschwerdegerichts wendet, die Veräußerung von Milchvieh und Milchquote sei nicht im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung erfolgt. Das Beschwerdegericht hat unter Berufung auf die Sachkunde seiner ehrenamtlichen Beisitzer insoweit eine Reihe betriebswirtschaftlicher Tatsachen festgestellt und daraus gefolgert, daß die Aufgabe der Milcherzeugung hier betriebswirtschaftlich verfehlt war, wobei es insoweit einen weiten Entscheidungsspielraum des Hofeigentümers zugrunde gelegt hat. Gegen diese Feststellungen erhebt die Rechtsbeschwerde keine durchgreifende Verfahrensrüge (§ 27 Abs. 2 LwVG; §§ 561, 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO). Soweit sie geltend macht, die Ertragssituation zwischen Milcherzeugung und Mutterkuhhaltung sei nicht alleiniges Kriterium, vielmehr müßten beim Antragsgegner, der den Betrieb allein führe, auch arbeitswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist übersehen, daß das Beschwerdegericht auch die Feststellung getroffen hat, die mit der Milcherzeugung verbundene Arbeit hätte bei der Größe des Milchkontingents auch allein bewältigt werden können. Ohne Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang auch, daß die Mutterkuhhaltung staatlich gefördert wird. Dies mag zwar zutreffen, gleichwohl kann im Einzelfall nach der Situation des Hofes die Aufgabe der Milcherzeugung eine nicht ordnungsgemäße Bewirtschaftung darstellen.
V.
Unzulässig ist die Rechtsbeschwerde soweit sie hilfsweise Rügen zur Höhe des Anspruchs erhebt (vgl. oben Ziff. II). Insoweit könnte die Rechtsbeschwerde allenfalls nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG statthaft sein (vgl. dazu näher BGHZ 89, 149, 150 ff). Sie bezeichnet mit der Beschwerdebegründung aber nicht eine Vergleichsentscheidung, von der das Beschwerdegericht abgewichen sein soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Unterschriften
Hagen, Vogt, Wenzel
Fundstellen
Haufe-Index 1122687 |
BGHZ |
NJW 1998, 78 |
BGHR |
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