Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Entscheidung vom 16.12.2021; Aktenzeichen 19 U 45/21)

LG Rottweil (Entscheidung vom 22.02.2021; Aktenzeichen 3 O 530/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 31.08.2022; Aktenzeichen IV ZR 48/22)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Rz. 1

I. Die Parteien sind Geschwister und streiten um die Erbfolge nach der 2016 verstorbenen Erblasserin. Der Kläger macht geltend, Miterbe zu 1/3 nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu sein. Die Beklagten berufen sich auf ein notarielles Testament der Erblasserin vom 12. Dezember 2014, in dem sie die Beklagten als ihre Erben zu je 1/2 einsetzte. Das Landgericht hat die Klage im Hauptantrag hinsichtlich der Feststellung der Erbenstellung des Klägers abgewiesen und der auf Feststellung ihrer Erbenstellung gerichteten Widerklage der Beklagten stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers im Verfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger fristgerecht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Auf dessen Antrag ist die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 5. Mai 2022 verlängert worden. Nach umfangreichem Schriftwechsel zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde hat letzterer mit Schriftsatz vom 22. April 2022 angezeigt, dass er sein Mandat niederlege. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 2. Mai 2022 beantragt, ihm einen Notanwalt beizuordnen, und diesen Antrag mit weiterem Schriftsatz vom 4. Mai 2022 ergänzend begründet.

Rz. 2

II. Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts ist nicht begründet.

Rz. 3

1. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht nach § 78b Abs. 1 ZPO einer Partei auf ihren Antrag einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Rz. 4

Die erstgenannte Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Partei zumutbare Anstrengungen unternommen und ihre vergeblichen Bemühungen, einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden, dem Gericht substantiiert dargelegt sowie gegebenenfalls nachgewiesen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2021 - IV ZR 213/21, r+s 2022, 119 [juris Rn. 7]; vom 12. Januar 2021 - IV ZR 206/20 juris Rn. 8; vom 10. Oktober 2018 - IV ZR 161/18 juris Rn. 3; vom 17. Mai 2017 - IV ZR 391/16 juris Rn. 6; vom 20. April 2015 - IV ZB 3/15 juris Rn. 6). Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert, kommt im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Das hat die Partei gegebenenfalls darzulegen (Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2021 - IV ZR 213/21, r+s 2022, 119 [juris Rn. 8]; vom 12. Januar 2021 - IV ZR 206/20 juris Rn. 8; vom 17. Mai 2017 - IV ZR 391/16 juris Rn. 6; vom 20. April 2015 - IV ZB 3/15 juris Rn. 6).

Rz. 5

2. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Klägers nicht gerecht. Er hat hierzu lediglich vorgetragen, der bisher eingeschaltete Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof habe die Akte unvollständig und damit mangelhaft bearbeitet. Aus dem von ihm zu den Akten gereichten Schriftwechsel mit seinem bisherigen Prozessbevollmächtigten ergibt sich indessen, dass dieser ihm mehrfach dringend und mit detaillierter Begründung geraten hat, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzunehmen, weil diese aussichtslos sei. Dieser Beurteilung wollte sich der Kläger nicht anschließen und bestand auf der Durchführung des Verfahrens. Die Bestellung eines Notanwalts kann indessen nicht allein deshalb verlangt werden, weil ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Beschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2021 - IV ZR 213/21, r+s 2022, 119 Rn. 10; vom 12. Januar 2021 - IV ZR 206/20 juris Rn. 9; vom 10. Oktober 2018 - IV ZR 161/18 juris Rn. 4).

Mayen     

Harsdorf-Gebhardt     

Prof. Dr. Karczewski

Dr. Brockmöller     

Dr. Götz     

 

Fundstellen

Haufe-Index 15462186

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