Verfahrensgang

OLG Bremen (Beschluss vom 25.11.1983)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 5. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen als Senat für Familiensachen vom 25. November 1983 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 11.176,56 DM.

 

Tatbestand

A.

Die Parteien, von denen der Ehemann (Antragsgegner) im Jahre 1915 und die Ehefrau (Antragstellerin) im Jahre 1918 geboren ist, haben am 29. September 1942 geheiratet. Aus der Ehe sind fünf – in den Jahren 1944, 1945, 1948, 1949 und 1951 geborene – Kinder hervorgegangen. Seit November 1965 leben die Parteien getrennt. Die drei damals noch nicht für sich lebenden jüngeren Kinder verblieben bei der Ehefrau. Am 26. Mai 1978 ist dem Ehemann der Scheidungsantrag der Ehefrau zugestellt worden.

Beide Parteien haben in der Ehezeit (1. September 1942 bis 30. April 1978, § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – BfA – (weitere Beteiligte zu 1) erworben. Die Rentenanwartschaften des Ehemannes betragen, bezogen auf das Ende der Ehezeit, 696,78 DM monatlich. Hinzu kommt ein Höherversicherungsanteil, aus dem auf die Ehezeit, bezogen auf deren Ende, 27,12 DM monatlich entfallen. Nach seiner rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung ist der Ehemann Beamter geworden – zuletzt war er als Studienrat bei der Beteiligten zu 2) tätig – und hat daraus Anrechte auf Beamtenversorgung erworben. Mit dem Ablauf des 30. November 1967 ist er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden und bezieht seither Ruhegehalt. Daneben erhält er eine Rente von der BfA, und zwar, wie sich aus deren von dem Oberlandesgericht zugrundegelegter Auskunft vom 2. November 1978 ergibt, seit dem 31. Dezember 1969. Die von der Ehefrau in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung belaufen sich, bezogen auf das Ende der Ehezeit, auf 768,60 DM monatlich. Sie beruhen, wie sich aus den von dem. Oberlandesgericht zugrundegelegten Auskünften der BfA vom 23. Juni 1983 ergibt, zu einem Anteil von 420,60 DM monatlich auf einer freiwilligen Beitrags-Nachentrichtung. Diese hat die Ehefrau im Jahre 1974 aus Mitteln vorgenommen, die ihr aus einer Erbschaft zugeflossen waren. Die von ihr eingeschossenen Mittel sind von der BfA der Zeit vom 1. Januar 1958 bis 30. April 1969 zugeordnet worden.

Das Amtsgericht – Familiengericht – hat durch Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und den. Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, daß es zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes auf dem Rentenversicherungskonto der Ehefrau Rentenanwartschaften in Höhe von 1.055,58 DM monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit, begründet hat.

Auf die Beschwerde des Ehemannes und die (unselbständige) Anschlußbeschwerde der Beteiligten zu, 2) hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Ehemannes sowie einer (unselbständigen) Anschlußbeschwerde der Ehefrau die Entscheidung des Familiengerichts dahin geändert, daß es zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes Rentenanwartschaften in Höhe von 923,63 DM monatlich und zu Lasten des Rentenanspruchs des Ehemannes aus der Höherversicherung Rentenanwartschaften in Höhe von 7,75 DM monatlich, jeweils bezogen auf das Ende der Ehezeit, auf dem Rentenversicherungskonto der Ehefrau begründet hat.

Mit der – zugelassenen – weiteren Beschwerde macht der Ehemann wie schon in den Vorinstanzen geltend, daß der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit zu unterbleiben habe oder zu kürzen sei.

 

Entscheidungsgründe

B.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I. Herabsetzung des Versorgungsausgleichs

Allerdings ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht die Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs verneint hat.

1. Das gilt zunächst, soweit es das Oberlandesgericht abgelehnt hat, den Versorgungsausgleich wegen des der Ehefrau von dem Ehemann vorgeworfenen Verhaltens nach § 1587 c Nr. 1 BGB auszuschließen oder zu kürzen.

a) Die weitere Beschwerde rügt in dieser Hinsicht, daß das Oberlandesgericht gegen § 12 FGG verstoßen habe, indem es sich nur mit den schriftsätzlichen Ausführungen des Verfahrensbevollmächtigten des Ehemannes befaßt habe, statt unter Beiziehung der Akten der vorausgegangenen Verfahren und anhand der persönlichen Eingaben des Ehemannes von Amts wegen zu prüfen, ob der Versorgungsausgleich wegen des Verhaltens der Ehefrau herabzusetzen ist. Zu einer solchen Aufklärung, so meint die weitere Beschwerde weiter, habe umso mehr Veranlassung bestanden, als für den Ehemann „Zwangspflegschaft” angeordnet sei und er so nicht die Möglichkeit gehabt habe, über einen von ihm selbst bevollmächtigten Rechtsanwalt das zur Wahrung seiner Interessen für notwendig Gehaltene vortragen zu lassen. Mit der von dem Ehemann angestrebten Herabsetzung des Versorgungsausgleichs wegen. Fehlverhaltens der Ehefrau hängt auch die weitere Rüge zusammen, daß das Oberlandesgericht unter den Gegebenheiten des Falles nicht ohne mündliche Verhandlung hätte entscheiden dürfen (s. § 53 b Abs. 1 FGG; s. insoweit Senatsbeschluß vom 15. Dezember 1982 – IVb ZB 544/80 – FamRZ 1983, 267 f.): Die weitere Beschwerde macht geltend, daß dem durch die Pflegschaft ansonsten „mundtot gemachten” Ehemann Gelegenheit zu geben gewesen wäre, die nach seiner Auffassung für eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs sprechenden Gründe in mündlicher Verhandlung näher darzulegen.

b) Mit diesen Rügen hat die weitere Beschwerde im Ergebnis keinen Erfolg. Richtig ist ihr Ausgangspunkt, daß eheliches Fehlverhalten von dem Kreis der umstände, die eine Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB zu rechtfertigen vermögen, nicht generell ausgenommen werden kann (Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 1982 IVb ZB 615/80 FamRZ 1983, 32, 33 und IVb ZB 781/80 FamRZ 1983, 35 f.). Noch nicht abschließend geklärt ist freilich, wieweit Umständen, die eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB begründen könnten, von Amts wegen nachzugehen ist oder es hierzu eines geeigneten Vortrags des Ausgleichsverpflichteten bedarf (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 1984 – IVb ZR 55/83 – FamRZ 1985, 267, 269). Das mag jedoch vorliegend auf sich beruhen. Das Oberlandesgericht hat das Verhalten der Ehefrau, dessentwegen der Ehemann sich auf § 1587 c Nr. 1 BGB beruft, nicht etwa von vornherein außer Betracht gelassen. Es hat vielmehr das dahingehende Beschwerdevorbringen eingangs des angefochtenen Beschlusses in seinem wesentlichen Gehalt gekennzeichnet und eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs unter diesem Gesichtspunkt erwogen. Dabei hat es zwar darauf hingewiesen, daß der Ehemann in seiner Beschwerde keine konkreten Vorwürfe erhoben habe. Darauf beruht die Entscheidung jedoch nicht. Denn das Oberlandesgericht fährt fort, daß eine grobe Unbilligkeit (im Sinne des.§ 1587 c Nr. 1 BGB) „auch unabhängig von den einzelnen zu belegenden Vorwürfen” des Ehemannes nicht angenommen werden könne, und zwar im Hinblick auf die „Lebensleistung” der Ehefrau, die die fünf Kinder der Parteien großgezogen habe und in den Jahren 1955 bis 1957, obwohl die Kinder noch klein gewesen seien, berufstätig gewesen sei, um dem Ehemann die Möglichkeit zu geben, seine Ausbildung zum Studienrat abzuschließen. Daß das Oberlandesgericht letzteres als „unbestritten” bezeichnet hat, rechtfertigt nach Lage der Sache nicht den Schluß, daß das Gericht den Vortrag der Ehefrau nur wegen Nichtbestreitens als wahr angenommen hat und nicht auch von seiner Richtigkeit überzeugt gewesen ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Ehemannes hat zu der betreffenden Darstellung der Ehefrau ausweislich des Terminprotokolls vom 8. Juni 1982 lediglich angemerkt, es sei davon auszugehen, daß die Versorgung der Familie während der Referendarzeit des Ehemannes von den Parteien gemeinsam getragen worden sei. Danach durfte das Oberlandesgericht ohne Verstoß gegen seine Amtsermittlungspflicht nach § 12 FGG davon ausgehen, daß die Erwerbstätigkeit der Ehefrau in dieser Zeit auch dem Abschluß der Berufsausbildung des Ehemannes zugutegekommen ist. Er wäre sonst in verstärktem Maße mit dem Unterhalt der Familie belastet gewesen, was den Abschluß seiner Ausbildung naturgemäß erschwert hätte.

Die von dem Oberlandesgericht vorgenommene Abwägung, daß die (ungekürzte) Durchführung des Versorgungsausgleichs ungeachtet des später von der Ehefrau an den Tag gelegten Verhaltens nicht grob unbillig im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB sei, hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Verantwortungsspielraums und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es verdient in der Tat gebührende Berücksichtigung, daß die Ehefrau über lange Jahre in Erfüllung ihrer Pflichten als Hausfrau und Mutter die fünf Kinder der Parteien großgezogen und in den Jahren 1955 bis 1957, als sich der Ehemann noch in der Ausbildung befand, trotz der Belastung durch die damals noch kleinen Kinder durch Erwerbstätigkeit zum Familienunterhalt beigetragen hat. Das Verhalten, das der Ehemann ihr für die späteren Jahre der Ehe als Fehlverhalten vorwirft, kann es unter diesen Umständen nicht rechtfertigen, sie vom Versorgungsausgleich auszuschließen. Dies gilt umso mehr, als jenes Verhalten in eine Zeit fällt, in der sich der Ausgleichsanspruch der Ehefrau nicht mehr erhöht, sondern nurmehr verringert hat. Die Umstimmigkeiten in der Ehe der Parteien begannen nach den eigenen Angaben des Ehemannes ab Ende 1963, als ein Verfahren vor dem Jugendamt und hernach vor dem Vormundschaftsgericht in Gang kam. In diesen Verfahren, in deren Rahmen sich der Ehemann von der Ehefrau verleumdet fühlte, sieht er selbst den Ausgangspunkt aller weiteren Auseinandersetzungen der Parteien, in deren Verlauf ihn die Ehefrau durch unangebrachte Feindseligkeit gesundheitlich, und wirtschaftlich geschädigt habe. In Übereinstimmung damit tragen die Verfahrensakten, auf die sich der Ehemann für die feindselige Haltung der Ehefrau bezogen hat, sämtlich Aktenzeichen aus dem Jahre 1964 und später. In der Zeit seit Ende 1963 hat aber nicht der Ehemann, sondern die Ehefrau die werthöheren Versorgungsanrechte erworben: Nach Ende 1963 sind dem Ehemann in der gesetzlichen Rentenversicherung ausweislich der von dem Oberlandesgericht zugrundegelegten Auskunft der BfA nurmehr 31,19 Werteinheiten gutgeschrieben worden, was umgerechnet nach den einschlägigen Rechengrößen zur Durchführung des Versorgungsausgleichs (s. BAnz. 1984 S. 5666) einer Rentenanwartschaft von 8,42 DM monatlich entspricht. In der Beamtenversorgung hat er bei Zugrundelegung der bisherigen Auskünfte der Beteiligten zu 2) vom 1. Dezember 1963 bis zu seiner mit dem Ablauf des 30. November 1967 (= nach 4 aus 24,132 anrechenbaren Dienstjahren) erfolgten vorzeitigen Pensionierung bei Anwendung der in dem Senatsbeschluß BGHZ 82, 66 dargelegten Rechenmethode ohne Berücksichtigung der durch die gesetzliche Rente bedingten Kürzung eine Anwartschaft von 504,32 DM monatlich erworben (4: 24,132 × ungekürztes Ruhegehalt von 3.042,57 DM). Damit ergeben sich, läßt man die Kürzung wegen der zusammentreffenden Versorgungen unberücksichtigt, Anwartschaften in Höhe von (8,42 DM + 504,32 DM =) 512,74 DM. Demgegenüber hat die Ehefrau nach den von dem Oberlandesgericht zugrundegelegten Auskünften der BfA in der Zeit ab Ende 1963 allein durch ihre 1974 vorgenommene Nachversicherung eine Rentenanwartschaft von 420,60 DM sowie durch ihre im Jahre 1969 wieder aufgenommene Erwerbstätigkeit bis zum Ende der Ehezeit 1.025,06 Werteinheiten (= weitere Rentenanwartschaft von 276,87 DM monatlich) erworben. Die durch die Beitrags- Nachentrichtung erlangte Rentenanwartschaft ist dabei ungeachtet der Zeiten, denen der Nachentrichtungsbetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet worden ist (und die hier teilweise vor Ende 1963 liegen), für die Zwecke des Versorgungsausgleichs als im Zeitpunkt der Zahlung des Nachentrichtungsbetrages entstanden zu behandeln. Das ergibt sich aus den Grundsätzen, die der Senat in BGHZ 81, 196 im Zusammenhang mit dem sog. „In-Prinzip” entwickelt hat. Danach ist für den Versorgungsausgleich nicht maßgeblich, für welche Zeiten die Nachversicherung erfolgt. Entscheidend ist, vielmehr, in welcher Zeit der Beitrag nachentrichtet wird. Das gilt nicht nur bei Einzahlungen nach Ende der Ehezeit für Zeiten der Ehezeit (a.a.O. S. 200 ff.), sondern auch für Zahlungen in der Ehezeit für Zeiten vor der Ehezeit (a.a.O. S. 203). Bei Nachentrichtung von Beiträgen in der Ehezeit für Zeiten in der Ehezeit kann, soweit es versorgungsausgleichsrechtlich darauf ankommt, nichts anderes gelten. Somit stehen für die Zeit ab Ende 1963 Versorgungsanwartschaften des Ehemannes in Höhe von (ungekürzt) 512,74 DM monatlich solche der Ehefrau von (420,60 DM + 276,87 DM =) 697,47 DM gegenüber. Demzufolge hat sich diese Zeit versorgungsausgleichsrechtlich nicht zum Nachteil des Ehemannes ausgewirkt. Die Ehefrau nimmt daher bei ungekürzter Durchführung des Versorgungsausgleichs nur an der Alterssicherung teil, die in den guten Tagen der Ehe aufgebaut worden ist. Das ist auch nach Auffassung des Senats durchaus nicht grob unbillig im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB, sondern entspricht im Gegenteil dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs (vgl. hierzu auch Senatsbeschluß vom 13. Oktober 1982 a.a.O. S. 36).

2. Eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB aus Gründen eines erheblichen sozialen Ungleichgewichts zwischen den Ehegatten (s. insoweit näher Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 – IVb ZB 813/80 – FamRZ 1981, 756, 757 und vom 16. Dezember 1981 – IVb ZB 555/80 – FamRZ 1982, 258, 259 sowie BGHZ 82, 66, 79 f.) hat das Oberlandesgericht mit der Begründung, daß die von der Ehefrau bis zum Ende der Ehezeit erworbenen eigenen Rentenanwartschaften von 959,80 DM monatlich für ihre angemessene Alterssicherung nicht ausreichen, ebenfalls rechtsfehlerfrei abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat dabei auch nicht verkannt, daß der Ehefrau aus einer ihr im Jahre 1974 zugeflossenen Erbschaft seinerzeit ca. 50.000 DM verblieben sind. Es hat dies jedoch für eine Kürzung des Versorgungsausgleichs unter dem Gesichtspunkt eines erheblichen sozialen Ungleichgewichts nicht ausreichen lassen. Auch das bleibt im Rahmen des tatrichterlichen Verantwortungsspielraums und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Entgegen der Auffassung des Ehemanns ist der Versorgungsausgleich auch nicht deshalb herabzusetzen, weil die Ehefrau die ihr im Jahre 1974 aus einer Erbschaft zugeflossenen Mittel (75.000 DM) nicht in größerem Umfange als geschehen,(nämlich unter Einsatz von 21.888 DM) für eine Beitrags-Nachentrichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung verwendet hat. Was ihr der Ehemann damit vorhält, fällt in erster Linie in den Anwendungsbereich des § 1587 c Nr. 2 BGB. Die Verhaltensweise der Ehefrau stellt sich jedoch nicht als ein (pflichtwidriges) Unterlassen im Sinne dieser Vorschrift dar. Die Ehefrau war in der Verfügung über die ihr zugeflossenen Mittel frei und nicht verpflichtet, sie für eine Beitrags-Nachentrichtung einzusetzen. Im übrigen ist auch nicht ersichtlich, daß sie von einer weitergehenden Beitrags-Nachentrichtung im Sinne des § 1587 c Nr. 2 BGB „in Erwartung der Scheidung” abgesehen hat. Ob ihr hier in Frage stehendes Verhalten auch im Rahmen des § 1587 c Nr. 1 BGB gewürdigt werden könnte (vgl. auch Senatsbeschluß vom 16. Februar 1984 – IVb ZB-577/80 – FamRZ 1984, 467, 469), kann offenbleiben. Denn jedenfalls erscheint der Versorgungsausgleich auch unter Berücksichtigung dessen, daß die Ehefrau die ihr zugeflossenen Mittel nicht in größerem Umfange als geschehen für eine Beitrags-Nachentrichtung eingesetzt hat, unter den zu 1 b) dargelegten Umständen nicht als grob unbillig im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB. Das Oberlandesgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Ehefrau durch die in erheblichem Umfange bewirkte Beitrags-Nachentrichtung und die im Jahre 1969 wieder aufgenommene Sozialversicherungspflichtige Tätigkeit das ihr Zumutbare für den Aufbau eigener Versorgungsanwartschaften getan hat.

4. Eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Sätze 3 und – 4 des 1. EheRG scheidet sachlich-rechtlich von vornherein aus. Daher kommt es auch in dieser Hinsicht auf die Rügen der weiteren Beschwerde nicht an. Ein Antrag nach Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 des 1. EheRG hätte keinen Erfolg haben können.

Wie der Senat durch Beschluß vom 4. Dezember 1985 (IVb ZB 907/81, FamRZ 1986, 252, 253) entschieden hat, sind bei der Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 des 1. EheRG die von den Ehegatten in der Trennungszeit (hier: ab November 1965) erworbenen Versorgungsanwartschaften für sich zu ermitteln und zu vergleichen, um so den auf die Trennungszeit entfallenden Anspruch festzustellen, der dann bis zur Hälfte für eine Kürzung des Versorgungsausgleichs zur. Verfügung steht. Danach bleibt hier für eine Kürzung zu Lasten der Ehefrau nach der genannten Übergangsregelung nichts übrig, da die von ihr in der Trennungszeit ab November 1965 erworbenen Rentenanwartschaften höher sind als die nach diesem Zeitpunkt von dem Ehemann erworbenen Versorgungsanwartschaften, Auf die Ausführungen zu 1 b) a.E., die die Zeit ab Ende 1963 betreffen, wird Bezug genommen.

II Bewertung der auszugleichenden Versorgungsanrechte

Die angefochtene Entscheidung hat jedoch aus Gründen der Bewertung der auszugleichenden Versorgungsanrechte keinen Bestand.

1. Allerdings kann es sich nicht zum Nachteil des Ehemannes auswirken, daß das Oberlandesgericht nicht der Frage nachgegangen ist, ob die Rente, die der Ehemann bei Ehezeitende (bereits) bezog und bei der es sich nach Lage des Falles um eine Erwerbsunfähigkeitsrente gehandelt haben dürfte, etwa höher war als das von der BfA mitgeteilte fiktive Altersruhegeld und eine Entziehung der Rente nicht mehr zu erwarten stand. Für diesen Fall wäre nach der Rechtsprechung des Senats im Versorgungsausgleich nicht von dem fiktiven Altersruhegeld, sondern von der höheren, nach § 31 Abs. 2 i.V. m. § 30 Abs. 2 Satz 5 AVG besitzgeschützten Erwerbsunfähigkeitsrente auszugehen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 1981 – IVb ZB 504/80 – FamRZ 1982, 33, 35 f., vom 11. April 1984 – IVb ZB 876/80 – FamRZ 1984, 673 und vom 13. März 1985 – IVb ZB 169/82 – FamRZ 1985, 688, 689). Eine hiergegen verstoßende Bewertung wäre jedoch für den Ehemann günstiger und würde ihn daher nicht beschweren.

2. Die von dem Beschwerdegericht zum Anlaß für die Zulassung der weiteren Beschwerde genommene Frage, wie sich Art. 2 § 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur – 2. HStruktG – vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) auf die Ruhensberechnung bei der Beamtenversorgung (§ 1587 a Abs. 6 Halbs. 2 BGB) auswirkt, hat der Senat inzwischen in Übereinstimmung mit dem Beschwerdegericht dahin entschieden, daß diese Rechtsänderung auch in Fällen wie dem vorliegenden zu berücksichtigen ist, in denen sie in der Zeit zwischen Ehezeltende und gerichtlicher Entscheidung in Kraft getreten ist (BGHZ 90, 52, 56 ff.). Demgemäß hat das Oberlandesgericht zu Recht anstelle der im Falle des Ehemannes früher einschlägigen Anrechnungsregelung des § 10 Abs. 2 BeamtVG a.F. die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG angewendet. Die angefochtene Entscheidung entspricht auch insoweit der Rechtsprechung des Senats, als das Oberlandesgericht den: Ausgleichsbetrag nach Art. 2 § 2 Abs. 1 des 2. HStruktG nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen hat (Senatsbeschluß a.a.O. S. 64 ff.).

3. Die von dem Oberlandesgericht bei der Beamtenversorgung des Ehemannes vorgenommene Ruhensberechnung nach § 1587 a Abs. 6 Halbs. 2 BGB i.V.m. § 55 BeamtVG steht der Methode nach im Einklang mit den Grundsätzen des Senatsbeschlusses vom 1. Dezember 1982 – IVb ZB 532/81 – FamRZ 1983, 358), an denen der Senat trotz der daran geübten Kritik festgehalten hat (Senatsbeschluß vom 6. Juli 1983 – IVb ZB 794/81 – FamRZ 1983, 1005).

4. Das Oberlandesgericht ist bei seiner Ruhensberechnung nicht darauf eingegangen, daß in der von der BfA mitgeteilten Rentenanwartschaft des Ehemannes ein Anteil enthalten ist, der durch freiwillige Beiträge erworben worden ist. Insoweit ist die Rentenanwartschaft bei der Ruhensberechnung uneingeschränkt nur zu berücksichtigen, wenn mindestens die Hälfte der Beiträge durch Arbeitgeberzuschüsse aufgebracht worden ist (§ 55 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BeamtVG). Für den Fall, daß hiernach ein Teil der Rentenanwartschaft bei der Ruhensberechnung außer Ansatz zu lassen sein sollte, wäre indes die Beamtenversorgung des Ehemanns zu stark gekürzt worden. Infolgedessen steht auch insoweit kein Rechtsfehler zum Nachteil des Ehemannes in Frage.

5. Ein zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nötigender Mangel der Bewertung des Ausgleichsanspruchs liegt jedoch darin, daß das Oberlandesgericht nicht festgestellt hat, ob die Rente, die der Ehemann bei Ehezeitende bezog, vor dem Jahresende 1979 oder danach von einer Erwerbsunfähigkeitsrente in ein Altersruhegeld umgewandelt worden ist. Ist dies – was nach dem Alter des Ehemannes naheliegt, aber nicht sicher ist – nach dem 31. Dezember 1979 geschehen, kann die Beamtenversorgung und damit der Ausgleichsanspruch – wenn auch verhältnismäßig geringfügig – zu hoch angesetzt worden sein. Denn nach der Regelung des § 37 c Abs. 1 AVG, die zum 1. Januar 1980 in Kraft getreten (Art. 2 § 2 Nr. 13, Art. 3 § 6 des 20. RAG vom 27. Juni 1977 – BGBl. I §. 1040, 1051, 1068 –) und aus den gleichen Gründen wie die Rechtsänderung durch das 2. HStruktG (s. hierzu oben unter 2.) hier noch zu beachten ist (Senatsbeschluß vom 5. Februar 1986 – IVb ZB 728/81 – FamRZ 1986, 447 f.), bleiben Ersatz- und Ausfallzeiten und die Zurechnungszeit bei der Berechnung der Rente unberücksichtigt, soweit sie bei einer Versorgung aus einem – wie hier – vor dem 1. Januar 1966 begründeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (oder Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen) zugrunde gelegt sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalles zugrunde gelegt werden. Dabei ist allerdings eine pauschale Ausfallzeit, wie sie im Falle des Ehemannes angerechnet worden ist, außer Ansatz zu lassen, weil sie sich keiner bestimmten Zeit zuordnen läßt. Der Ehemann hat indes nach der von dem Oberlandesgericht zugrundegelegten Auskunft der BfA auch Ersatzzeiten, und zwar sowohl vor der Ehezeit als auch in der Ehezeit, zurückgelegt. Ihre Nichtberücksichtigung wirkt sich freilich nach § 37 c Abs. 1 AVG, wenn mit einer Entziehung der Erwerbsunfähigkeitsrente nicht mehr zu rechnen war und der Ehemann deshalb in Höhe des Zahlbetrages der Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß §§ 31 Abs. 2 Satz 2, 30 Abs. 2 Satz 5 AVG Besitzschutz genießt, nur insoweit aus, als noch nach dem Eintritt des Versicherungsfalls Versicherungszeiten zurückgelegt worden sind (vgl. § 32 Abs. 8 AVG). Dies beruht darauf, daß der Besitzschutz nach §§ 31 Abs. 2 Satz 2, 30 Abs. 2 Satz 5 AVG durch § 37 c AVG nicht berührt wird (Verbandskomm. RVO § 1260 c Rdn. 5). Der Ehemann hat jedoch nach der von dem Oberlandesgericht zugrunde gelegten Auskunft der BfA jedenfalls noch für Januar 1970 – also nach dem Versicherungsfall – einen Pflichtbeitrag nach einem Entgelt von 546 DM geleistet. Die hiernach in Betracht kommende Verringerung der in die Ruhensberechnung einzustellenden Rentenanwartschaft führt auch nicht etwa in gleichem Umfange zu einer Erhöhung bei der ehezeitlich erworbenen Beamtenversorgung. Denn der Kürzungsbetrag, der sich bei der Rente ergibt, ist nach der vom Senat für die Ruhensberechnung angewandten Methode vor der Absetzung von der insgesamt erworbenen Versorgung mit einem Bruch zu multiplizieren, der dem Verhältnis der in der Ehezeit erworbenen zu den insgesamt erworbenen Werteinheiten entspricht und damit kleiner als 1 ist. Die Sache muß daher unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung im Interesse einer dem Gesetz entsprechenden Bewertung zur weiteren Aufklärung an den Tatrichter zurückgegeben werden.

III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. War die Erwerbsunfähigkeitsrente, die der Ehemann am Ende der Ehezeit bezog, höher als das fiktive Altersruhegeld und war mit ihrer Entziehung nicht mehr zu rechnen, so ist nicht nur der Betrag der Erwerbsunfähigkeitsrente für den Versorgungsausgleich maßgeblich (s. oben zu II 1). Vielmehr ist auch für die Berechnung des Ehezeitanteils nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 83 Abs. 2 AVG das Verhältnis der Werteinheiten aus der Berechnung der gezahlten Rente zu bilden (Senatsbeschluß vom 13. März 1985 a.a.O. S. 689).

2. Zu beachten ist nunmehr auch Art. 5 Nr. 1 Buchst. a des Siebenten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 1985 (BGBl. I S. 1513), in Kraft getreten am 1. Januar 1986 (Art. 7 Abs. 2 Halbsatz 2 des Gesetzes), wonach § 55 BeamtVG in Fällen, in denen die Versorgung – wie hier – auf einem vor dem 1. Januar 1966 begründeten Beamtenverhältnis beruht, mit der Maßgabe anzuwenden ist, daß der zu berücksichtigende Rentenbetrag nur um 20 % gemindert wird. Auch diese Rechtsänderung ist beim Versorgungsausgleich zu berücksichitigen, obwohl das Ende der Ehezeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegt (Senatsbeschluß vom 11. Juni 1986 – IVb ZB 42/84 –).

3. Das Oberlandesgericht hat den Höherversicherungsanteil nach Tabelle, 1 der BarwertVO mit dem Faktor 7,4 umgewertet. Ist aber, was noch aufzuklären ist, auch dieser Rententeil zum Ehezeitende bereits gezahlt worden und war mit einem Wegfall nicht mehr zu rechnen, so kommt nach § 5 i.V.m. Tabelle 7 der BarwertVO i.d.F. vom 22. Mai 1984 (BGBl. I S. 692) eine Umwertung nach dem Faktor 9,5 in Betracht.

4. Soweit sich bei der neuen Behandlung eine Erhöhung des Wertunterschiedes der Versorgungsanrechte ergibt, wird zu beachten sein, daß der Ehemann im Ergebnis nicht schlechter gestellt werden darf als in der angefochtenen Entscheidung.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Portmann, Macke, Zysk, Nonnenkamp

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1237689

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge