Verfahrensgang
AG Otterndorf (Beschluss vom 30.06.2010; Aktenzeichen 4 Cs 115 Js 23753/09) |
Tenor
Für die Entscheidung über den Widerruf der zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Otterndorf vom 30. Juni 2010 – 4 Cs 115 Js 23753/09 – ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg zuständig.
Gründe
Rz. 1
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift an den Senat unter anderem ausgeführt:
„Über den Antrag der Staatsanwaltschaft Stade vom 23. September 2014 hatte ursprünglich das Amtsgericht […] zu entscheiden. Am 23. Oktober 2014, dem Tag der Festnahme des Verurteilten und der tatsächlichen Aufnahme in das Justizvollzugskrankenhaus in Lingen, ging die Zuständigkeit jedoch auf eine Strafvollstreckungskammer über (vgl. BGHSt 26, 187, 189). Dies war vorliegend die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg, in deren Zuständigkeitssprengel die Justizvollzugsanstalt Uelzen liegt, in die der Verurteilte am 1. Dezember 2014 überführt wurde.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Osnabrück […] ist wegen des vorangegangenen Aufenthalts des Verurteilten im Justizvollzugskrankenhaus in Lingen nicht für die Entscheidung über den Widerruf der Bewährung zuständig geworden. Gemäß § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO ist für die nach § 453 StPO zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befasst wird, aufgenommen ist. „Aufgenommen” im Sinne des § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO ist ein Verurteilter, wenn er sich in der betreffenden Vollzugseinrichtung tatsächlich und nicht nur vorübergehend, wie etwa im Rahmen einer Verschubung oder zum Zwecke einer medizinischen Untersuchung (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2012 – 2 ARs 159/12 –, NStZ 2012, 652-653 m.w.N.) oder im Rahmen einer vorübergehenden medizinischen Behandlung aufhält (KK-StPO/Appl, 7. Aufl., § 462a Rn. 15 m.w.N.; vgl. zu einer Behandlung von drei Wochen in einem Bezirkskrankenhaus bei einer Justizvollzugsanstalt: BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1975 – 2 ARs 291/75 –, NJW 1976, 249; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. November 2014 – 2 ARs 388/14 –, NStZ-RR 2015, 58-59). Diesen Grundsätzen folgend dürfte lediglich von einem vorübergehenden Aufenthalt des Verurteilten im Justizvollzugskrankenhaus in Lingen auszugehen sein, welcher eine „Aufnahme” im Sinne des § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO (noch) nicht begründete. Obwohl es sich um eine Erstaufnahme des Verurteilten und einen etwa fünfwöchigen Aufenthalt des Verurteilten im Justizvollzugskrankenhaus in Lingen handelte, war eine Verlegung in die zuständige Justizvollzugsanstalt Uelzen von Anfang an bereits veranlasst (vgl. Aufnahmemitteilung vom 24. Oktober 2014, BewH Bl. 222) und wurde auch am 1. Dezember 2014 durchgeführt […].
Die spätere Verlegung des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Hannover führte nicht zu einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Das Befasstsein der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg endet erst, wenn diese in der Sache abschließend entschieden hat (vgl. BGHSt 26, 165 ff.).”
Rz. 2
Diesen Ausführungen tritt der Senat bei.
Unterschriften
Krehl, Eschelbach, Ott, Zeng, Bartel
Fundstellen
Haufe-Index 8141579 |
NStZ-RR 2015, 290 |