Verfahrensgang
Tenor
1. Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers vom 9. Mai 2023 gegen die Präsidentin des Bundesgerichtshofs L., den Richter Dr. Re. und die Richterin G. sowie gegen die Rechtsanwältin S. und den Rechtsanwalt Dr. L. wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Antragstellers auf Aufhebung des Beschlusses vom 28. September 2021 und Einstellung des Verfahrens wird abgelehnt.
Gründe
I.
Rz. 1
Das Anwaltsgericht hat gegen den Antragsteller wegen Verstoßes gegen seine anwaltlichen Pflichten (§§ 43, 43a BRAO i.V.m. § 14 BORA) einen Verweis ausgesprochen und eine Geldbuße in Höhe von 2.000 € verhängt. Der Anwaltsgerichtshof hat die Berufung des Antragstellers verworfen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Anwaltsgerichtshofs hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, die der Senat durch einstimmigen Beschluss vom 28. September 2021 gemäß § 145 Abs. 5 Satz 1 und 2 BRAO als unzulässig verworfen hat. Der Beschluss ist dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 18. Oktober 2021 im Wege der Ersatzzustellung (§ 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 1, § 37 Abs. 1 StPO, § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zugestellt worden; nach seinen eigenen Angaben ist er ihm am 15. November 2021 persönlich zugegangen.
Rz. 2
Mit Beschluss vom 12. Januar 2022 hat der Senat eine gegen den Beschluss vom 28. September 2021 erhobene Anhörungsrüge des Antragstellers vom 24. November 2021, eingegangen bei Gericht per Telefax am25. November 2021, als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgerecht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 356a Satz 2 StPO eingereicht wurde, und ergänzend dazu ausgeführt, dass die Anhörungsrüge auch in der Sache unbegründet wäre. Der Verwerfungsbeschluss ist dem Antragsteller gemäß Beschluss des Senats vom 27. April 2022 nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 40 Abs. 3 StPO öffentlich zugestellt sowie am 3. August 2022 nochmals formlos (unter Hinweis auf die erfolgte öffentliche Zustellung) an die Anschrift B. straße, K., Sch. übersandt worden, nachdem die Rechtsanwaltskammer B. diese Adresse in einem anderen beim Senat anhängigen Verfahren (AnwZ ) mit am 31. Mai 2022 eingegangenem Schreiben als ihr derzeit bekannte Korrespondenzanschrift des Antragstellers mitgeteilt hatte.
Rz. 3
Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2023 hat der Antragsteller nunmehr die Aufhebung des Beschlusses vom 28. September 2021 und die Einstellung des Verfahrens nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 33a StPO wegen Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör beantragt. Außerdem hat er die an dem Beschluss vom 28. September 2021 mitwirkenden Richter und Rechtsanwälte wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
II.
Rz. 4
1. Das Ablehnungsgesuch ist gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 26a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 StPO durch den Senat unter Mitwirkung der abgelehnten Richter und Rechtsanwälte als unzulässig zu verwerfen, da es gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO verspätet ist.
Rz. 5
a) Gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO ist eine Ablehnung nach dem letzten Wort des Angeklagten unzulässig. Die Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO ist auf Verfahren, in denen die abschließende Entscheidung ohne Hauptverhandlung im Beschlusswege ergeht (wie etwa bei Verwerfung der Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO), sinngemäß anzuwenden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. August 1993 - 3 StR 277/93, NStZ 1993, 600; vom 13. Februar 2007 - 3 StR 425/06, NStZ 2007, 416, 417; vom 7. August 2007 - 4 StR 142/07, NStZ 2008, 55 und vom 15. November 2012 - 3 StR 239/12, juris Rn. 4). Demnach ist eine Ablehnung der be-schließenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit jedenfalls nach Erlass der Abschlussentscheidung nicht mehr zulässig. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Ablehnung mit einer Anhörungsrüge nach § 356a StPO verbunden wird, die sich jedoch deswegen als unbegründet erweist, weil die gerügte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht vorliegt, so dass nicht mehr in eine neue Sachprüfung einzutreten ist, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. November 2006 - 1 StR 180/06, JR 2007, 172; vom 13. Februar 2007 - 3 StR 425/06, NStZ 2007, 416, 417; vom 7. August 2007 - 4 StR 142/07, NStZ 2008, 55 und vom 15. November 2012 - 3 StR 239/12, juris Rn. 4).
Rz. 6
b) Danach ist das Ablehnungsgesuch des Antragstellers vom 9. Mai 2023 nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO verspätet. Das anwaltsgerichtliche Verfahren gegen den Antragsteller war gemäß § 145 Abs. 5 Satz 3 BRAO mit dem Beschluss des Senats vom 28. September 2021, mit dem die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 145 Abs. 5 Satz 1 und 2 BRAO verworfen wurde, rechtskräftig abgeschlossen. Damit war bereits ab diesem Zeitpunkt ein Ablehnungsgesuch des Antragstellers nicht mehr zulässig, selbst wenn er es mit seiner (ersten) Gehörsrüge vom 24. November 2021 verbunden hätte, da diese nicht nur unzulässig, sondern - wie im Beschluss des Senats vom 12. Januar 2022 ergänzend ausgeführt - mangels entscheidungserheblicher Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG auch unbegründet war. Für das erst nach dem Beschluss des Senats vom 12. Januar 2022 gestellte Ablehnungsgesuch vom 9. Mai 2023 gilt das erst recht.
Rz. 7
2. Der Antrag auf Aufhebung des Beschlusses vom 28. September 2021 und auf Einstellung des Verfahrens nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 33a StPO ist nicht statthaft.
Rz. 8
Die an keine Frist gebundene Anhörungsrüge nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 33a StPO ist entgegen der Ansicht des Antragstellers als Rechtsbehelf gegen Revisionsentscheidungen bereits ihrem Wortlaut nach nicht statthaft, da sie nur subsidiär gegenüber anderen Rechtsbehelfen gilt und § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 356a StPO eine spezielle Regelung der Anhörungsrüge für das Revisionsverfahren enthält, deren Frist- und Formvorschriften nicht durch den Rückgriff auf § 33a StPO unterlaufen werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2006 - 4 StR 110/05, NStZ 2007, 236; OLG Nürnberg, NJW 2007, 1015; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 33a Rn. 1, § 356a Rn. 1a, 6).
Rz. 9
Selbst wenn man die Gehörsrüge vom 9. Mai 2023 - trotz der ausdrücklichen Berufung des Antragstellers auf § 33a StPO - als Anhörungsrüge gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 356a StPO auslegen wollte, hätte der Antragsteller damit keinen Erfolg. Eine Rüge nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 356a StPO wäre zwar statthaft, aber unzulässig, weil der Antragsteller die einwöchige Antragsfrist des § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 356a Satz 2 BRAO nicht gewahrt hat. Der Beschluss vom 28. September 2021 ist dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde bereits am 18. Oktober 2021 zugestellt worden und ihm nach eigenen Angaben jedenfalls seit dem 15. November 2021 persönlich bekannt.
Rz. 10
Im Übrigen wäre die Anhörungsrüge auch unbegründet. Wie bereits im Beschluss vom 12. Januar 2022 ausgeführt, hat der Senat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Antragsteller nicht hätte Stellung nehmen können, noch hat er entscheidungserhebliches Vorbringen des Antragstellers im Rahmen seiner Nichtzulassungsbeschwerde und ergänzenden Stellungnahme vom 26. Mai 2021 übergangen oder in sonstiger Weise den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt. Vielmehr hat der Senat bei seiner Entscheidung das Vorbringen - insbesondere die mit Schriftsatz vom 26. Mai 2021 weiter präzisierten Fragen - in vollem Umfang bedacht und gewürdigt, es aber für nicht durchgreifend erachtet.
Rz. 11
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 465 Abs. 1 StPO analog (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. März 2006 - 2 StR 387/91, BeckRS 2006, 4295 Rn. 5 und vom 24. Januar 2019 - 1 StR 596/18, juris Rn. 6 mwN; OLG Köln, NStZ 2006, 181, 182; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 33a Rn. 7, § 356a Rn. 9).
Limperg Remmert Grüneberg
Schäfer Lauer
Fundstellen
Dokument-Index HI16676248 |