Verfahrensgang
LG Kassel (Entscheidung vom 13.08.2021; Aktenzeichen 8801 Js 19645/20 62 Js 37/20 ZIT - 11 KLs) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 13. August 2021 - soweit es ihn betrifft - im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rz. 2
1. Die Verfahrensrügen sind schon deshalb nicht ausgeführt und teilweise unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Soweit sie ausgeführt sind, sind sie aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen unzulässig.
Rz. 3
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 4
3. Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand.
Rz. 5
a) Die in sämtlichen abgeurteilten Fällen verhängten Einzelstrafen unterliegen schon deshalb der Aufhebung, weil das Landgericht sowohl bei Ablehnung der Annahme minder schwerer Fälle im Sinne von § 29a Abs. 2, § 30a Abs. 3 BtMG als auch bei der anschließenden konkreten Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten jeweils berücksichtigt hat, dass „neben der geleisteten Hilfestellung zu Gunsten seines besten Freundes auch ein Gewinnstreben im Vordergrund der Tatbegehungen stand.“
Rz. 6
Diese Formulierung lässt besorgen, dass das Landgericht entgegen § 46 Abs. 3 StGB mit dem Gewinnstreben einen bereits zum Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gehörenden Umstand verwertet hat (vgl. Senat, Beschlüsse vom 15. Februar 2022 - 2 StR 223/21; vom 31. Januar 2017 - 2 StR 413/16, NStZ-RR 2017, 147; vom 29. April 2014 - 2 StR 616/13, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Handeltreiben 7).
Rz. 7
b) Darüber hinaus hat das Landgericht rechtsfehlerhaft zu Lasten des Angeklagten gewürdigt, dass die bei den Taten 3 und 5 gehandelten Betäubungsmittel (Amphetamin, MDMA und Ecstasy) auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnehmen. Die mittlere Gefährlichkeit von Betäubungsmitteln stellt für sich genommen weder einen Strafschärfungs- noch einen Strafmilderungsgrund dar (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2019 - 5 StR 462/18; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Auflage, Vorbemerkungen zu §§ 29 ff. Rn. 945).
Rz. 8
c) Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Würdigung zu niedrigeren Einzelstrafen gelangt wäre.
Rz. 9
d) Der Wegfall der Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
Rz. 10
e) Einer Aufhebung der jeweils zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht, weil es sich allein um Wertungsfehler handelt.
Rz. 11
4. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird nunmehr Gelegenheit haben, über die Frage der Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 13. Mai 2020 zu entscheiden, nachdem das auf dem Grundsatz der Spezialität gemäß § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG beruhende Hindernis mittlerweile weggefallen ist.
Franke |
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Eschelbach |
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Schmidt |
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Lutz |
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Fundstellen
Haufe-Index 15498375 |
StV 2024, 452 |