Leitsatz (amtlich)
Ein Polizeibeamter, der mit Billigung seines Dienstherrn nach Dienstschluß seine Dienstwaffe nach Hause nimmt und dort verwahrt, handelt insoweit regelmäßig in Ausübung eines öffentlichen Amtes. Für Schäden aus einer unsorgfältigen Verwahrung haftet deshalb nicht der Beamte persönlich, sondern dessen Dienstherr.
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839
Verfahrensgang
Thüringer OLG (Aktenzeichen 2 U 798/98) |
LG Erfurt (Aktenzeichen 4 O 524/98) |
Tenor
Die Revision des Streithelfers der Klägerin gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 31. März 1999 - 2 U 798/98 - wird nicht angenommen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Streithelfer zu tragen.
Streitwert: 100.000 DM
Gründe
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, daß der dem beklagten Polizeibeamten zur Last gelegte sorglose Umgang mit seiner Dienstwaffe innerhalb seiner Privatwohnung, wodurch der Sohn des Beklagten Gelegenheit erhielt, die geladene Waffe an sich zu nehmen und die Klägerin durch einen Schuß zu verletzen, in Ausübung des dem Beklagten anvertrauten öffentlichen Amtes erfolgt war. Für etwaige Pflichtverletzungen des Beklagten haftet daher nicht er persönlich, sondern gemäß Art. 34 Satz 1 GG an seiner Stelle das Land T. als Dienstherr.
Ob ein bestimmtes Verhalten einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amtes anzusehen ist, beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn die Person tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob bejahendenfalls zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger und innerer Zusammenhang besteht, daß die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muß (BGHZ 118, 304, 305 m.w.N.). Im Streitfall kann allenfalls zweifelhaft sein, ob nach Dienstschluß des Beklagten noch der notwendige innere Zusammenhang mit seiner hoheitlichen Aufgabe als Polizeibeamter gewahrt war. Die Frage ist mit dem Berufungsgericht zu bejahen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß nach § 13 Abs. 1 der Verwaltungsvorschrift des Thüringer Innenministeriums zum Umgang mit Schußwaffen und Munition vom 1. September 1993 (Thüringer Staatsanzeiger S. 1878) der Beklagte berechtigt war, seine Dienstpistole mit nach Hause zu nehmen, um seine jederzeitige Einsatzbereitschaft zu gewährleisten und zudem den nächsten Dienstantritt zu erleichtern. War somit die häusliche Verwahrung der Waffe – zumindest auch – dienstlich veranlaßt, so erstreckten sich wegen des Funktionszusammenhangs die dienstlichen Obhutspflichten des Beklagten zur Sicherung der ihm anvertrauten Waffe gegen Mißbrauch (vgl. §§ 8, 10 der Verwaltungsvorschrift) auch auf seine dienstfreie Zeit; sie begleiteten ihn, wie es das Reichsgericht bildhaft ausgedrückt hat (RGZ 101, 354, 356), in sein Quartier. Das heißt nicht, daß damit ein seine Waffe nach Dienstschluß mitführender Polizist haftungs- und dienstrechtlich nun immer und in jeder Beziehung Amtsträger wäre, wie es die Revision befürchtet. Im einzelnen ist hierüber aber gegenwärtig nicht zu befinden.
Unterschriften
Wurm, Schlick, Kapsa, Dörr, Galke
Fundstellen
Haufe-Index 538748 |
NJW 2000, 1637 |
BGHR |
NVwZ 2000, 467 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 2000, 771 |
ZBR 2000, 213 |
DÖD 2000, 133 |
DÖV 2000, 693 |
MDR 2000, 270 |
VersR 2000, 1235 |
BayVBl. 2000, 381 |
DVBl. 2000, 482 |
NPA 2001 |