Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessauftrag. Schreiben zur Aufenthaltsermittlung. Prozessgebühr
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Rechtsanwalt bei der Fertigung von Schreiben zur Aufenthaltsermittlung im Rahmen eines Prozessauftrages tätig, ist dies mit der Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO abgegolten.
Normenkette
BRAGO §§ 31, 120
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.05.2003) |
AG Frankfurt am Main |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des LG in Frankfurt/M. v. 26.5.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde hat der Kläger zu tragen.
Beschwerdewert: 95,49 Euro.
Gründe
I.
Das AG Frankfurt am Main hat den Beklagten am 25.7.2001 antragsgemäß verurteilt und ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Kläger u. a. sieben "Auskunftsgebühren" i. H. v. jeweils 26,68 DM nach § 120 Abs. 2 BRAGO für von seinem Prozessbevollmächtigten gefertigte entsprechende Schreiben zur Aufenthaltsermittlung des Beklagten geltend gemacht. Mit Beschl. v. 9.2.2002 hat das AG diese Gebühren abgesetzt, weil die fraglichen Schreiben im Rahmen des laufenden gerichtlichen Verfahrens angefallen seien. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hat das LG mit Beschluss des Einzelrichters zurückgewiesen und dabei die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der Senat hat auf die Rechtsbeschwerde des Klägers den angefochtenen Beschluss aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen, weil die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter das Gebot des gesetzlichen Richters verletze. Die 9. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main hat daraufhin in der Besetzung mit drei Richtern am 26.5.2003 erneut entschieden. Mit diesem Beschluss ist wiederum die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss v. 9.2.2002 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen worden.
Der Kläger verfolgt mit seinem Rechtsmittel weiterhin das Ziel, dass auch die geltend gemachten Beträge für die sieben Schreiben zur Auskunftsermittlung nebst Zinsen als zu erstattende Kosten festgesetzt werden.
II.
Das LG hat ausgeführt, für die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Fertigung des Schreibens zur Aufenthaltsermittlung entfaltete Tätigkeit könnten gesonderte Gebühren nicht verlangt werden. Diese Tätigkeit sei bereits mit der Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO abgegolten.
III.
Die gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache erfolglos.
Vergeblich macht der Kläger geltend, die Anfrage bei einem Einwohnermeldeamt nach der Anschrift des Beklagten sei Teil eines behördlichen Verfahrens und die Kosten hierfür seien nach § 120 Abs. 2 BRAGO zu erstatten; Letztere gingen nur dann in den Gebühren für eine andere Tätigkeit des Anwalts auf, wenn das behördliche Verfahren als solches in das gerichtliche übergehe.
Mit einer in der Rechtsprechung (OLG Zweibrücken v. 30.4.1998 - 3 W 107/98, MDR 1998, 1183; LG Konstanz v. 24.2.1992 - 6 T 19/92, RPflger 1992, 365; LG Berlin JurBüro 1987, 71 f.; a. A. allerdings LG Hamburg JurBüro 1990, 1291 f.) und Literatur (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 91 Rz. 13 "Aufenthaltsermittlung"; Hansens, BRAGO, 8. Aufl. 1995, § 120 Rdnr. 3; ders. JurBüro 1987, 809 ff.) vertretenen Meinung ist der Senat der Auffassung, dass die Systematik der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung einer gesonderten Berücksichtigung der für die Anschreiben an die Einwohnermeldeämter entfalteten Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers entgegensteht.
Nach einhelliger Auffassung ist § 120 Abs. 2 BRAGO eine Sondervorschrift zu § 118 BRAGO. Diese Bestimmung betrifft nach ihrem Wortlaut Tätigkeiten eines Rechtsanwalts "in anderen als im Dritten bis Elften Abschnitt geregelten Angelegenheiten". Mithin scheidet eine Anwendung der §§ 118, 120 BRAGO aus, wenn die anwaltliche Tätigkeit unter einen der in diesen Abschnitten aufgeführten Gebührentatbestände fällt. Aus diesem Gesetzestext ergibt sich, dass eine anwaltliche Tätigkeit nur dem gerichtlichen oder dem außergerichtlichen Bereich zugeordnet werden kann. Soweit eine außergerichtliche Tätigkeit in eine gerichtliche Tätigkeit übergeht, ist sie gebührenrechtlich nach § 118 Abs. 2 BRAGO anzurechnen.
Da im Streitfall der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Fertigung der Schreiben zur Aufenthaltsermittlung im Rahmen des ihm vom Kläger erteilten Prozessauftrages tätig geworden ist, berechnen sich seine Gebühren allein nach §§ 31 ff. BRAGO. Die im Beschwerdeverfahren gesondert geltend gemachte Tätigkeit ist mit der Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO abgegolten.
Fundstellen
Haufe-Index 1101296 |
BB 2004, 352 |
BGHR 2004, 561 |
EBE/BGH 2004, 4 |
FamRZ 2004, 536 |
NJW-RR 2004, 501 |
JurBüro 2004, 315 |
ZAP 2004, 293 |
MDR 2004, 538 |
AGS 2004, 151 |
Info M 2004, 25 |
RENOpraxis 2004, 94 |
RVGreport 2004, 109 |