Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 28.04.2004) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 28. April 2004, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßiger Geldfälschung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
Nach den Urteilsfeststellungen war dem Angeklagten bekannt, daß die Brüder Erdal und Orhan K. sowie Kaveh B. gewerbsmäßig mit Falschgeld handelten. Sie hatten sich spätestens im Dezember 2002 mit weiteren Personen zum Zweck des gewinnbringenden Weiterverkaufs von in Bulgarien erworbenen gefälschten Euro-Scheinen an Abnehmer in Deutschland zu einer Bande zusammengeschlossen.
Im März 2003 unterstützte der Angeklagte sie bei einer ihrer Taten, indem er zum Weiterverkauf bestimmtes Falschgeld in seinem Laden aufbewahrte und Kaveh B. am 27. März 2003 mit seinem Pkw nach G. fuhr, wo dieser Falsifikate im Nennwert von 99.500 Euro zum Preis von 25.000 Euro an einen „Abnehmer” übergab. Bei diesem handelte es sich um einen Verdeckten Ermittler der Polizei, so daß das Falschgeld sichergestellt werden konnte. Einen Teil des Erlöses leitete der Angeklagte auf Anweisung des Erdal K. an dessen Ehefrau weiter (Fall III 1).
Anfang April 2003 kam es im Zusammenhang mit einer weiteren Falschgeldlieferung zu zahlreichen Telefonaten zwischen den Beteiligten, wobei der Angeklagte häufig, im Verhältnis zu B. immer, als Kontaktmann des Erdal K. auftrat. Zur Entgegennahme der ersten Teillieferung mietete der Angeklagte einen Pkw für die Brüder K. an, mit dem Orhan K. am 14. April 2003 nach Österreich fuhr und dort von einem Kurier Falschgeld im Nennwert von 100.050 Euro entgegennahm. Anschließend wurden Orhan K. und der Kurier festgenommen. Am 15. April 2003 fuhren der Angeklagte und Erdal K., die von der Festnahme nichts wußten, zwecks Entgegennahme der zweiten Teillieferung nach P.. Zur Verabredung von Zeit und Ort der Übergabe wurden, wie aufgrund der Telefonüberwachung nachvollzogen werden konnte, zahlreiche Telefonate geführt, wobei der bulgarische Lieferant nicht nur Erdal K., sondern auch den Angeklagten anrief. Schließlich kam es am Abend des 16. April 2003 auf einem Parkplatz zu einem von der Polizei observierten Treffen mit dem Kurier. Dabei übergab dieser Falsifikate im Nennwert von 135.100 Euro an Erdal K., während der Angeklagte im Pkw wartete. Unmittelbar danach erfolgte die Festnahme der Beteiligten und die Sicherstellung des Falschgeldes (Fall III 2). Feststellungen dazu, in welcher Höhe der Angeklagte Vorteile aus dem Falschgeldhandel gezogen hat, konnte das Landgericht nicht treffen.
Entscheidungsgründe
II.
Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangener vollendeter Geldfälschung in zwei Fällen nicht.
1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat der Angeklagte im Fall III 1 der Urteilsgründe die Tatbestandsvariante des Sichverschaffens im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht dadurch verwirklicht, daß er das Falschgeld von den Brüdern K. entgegennahm und es einige Tage aufbewahrte. Zwar hatte der Angeklagte während dieser Zeit die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über die Falsifikate. Ein Sichverschaffen im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB setzt aber über eine derartige faktische Verfügungsgewalt hinaus voraus, daß der Täter das Falschgeld mit dem Willen zur eigenständigen Verfügung annimmt (vgl. BGHSt 44, 62, 64; BGH NStZ 2000, 530; StV 2003, 331). Daß der Angeklagte einen solchen Willen hatte, ist durch die Urteilsfeststellungen nicht belegt, denn danach bewahrte der Angeklagte das Falschgeld deswegen auf, weil er dadurch die drei Falschgeldhändler bei ihrem Handel unterstützen wollte (UA 8).
Soweit der Angeklagte in diesem Fall an der Übergabe des Falschgeldes an den als Abnehmer auftretenden Verdeckten Ermittler beteiligt war, kommt nur eine Beihilfe zum versuchten Inverkehrbringen im Sinne der §§ 146 Abs. 1 Nr. 3, 22, 23, 27 StGB in Betracht. Die Übergabe des Falschgeldes an einen Empfänger, bei dem es sich in Wahrheit um einen dabei in amtlicher Eigenschaft tätigen Polizeibeamten handelt, verhindert die Vollendung der Tat, weil das Falschgeld auf diese Weise unmittelbar in amtlichen Gewahrsam und nicht in Umlauf gelangt (vgl. BGHSt 34, 108, 109; BGH NStZ 2000, 530). Die Annahme von Mittäterschaft an dieser Versuchstat kommt für den Angeklagten schon deshalb nicht in Betracht, weil er nach den bisherigen Feststellungen an dem Sichverschaffen des Falschgeldes nicht beteiligt war. § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt jedoch voraus, daß der Täter solches Falschgeld als echt in Verkehr bringt, das er unter den Voraussetzungen der Nummern 1 oder 2 des § 146 Abs. 1 StGB nachgemacht, verfälscht oder sich verschafft hat (vgl. BGH NStZ 1997, 80).
2. Auch im Fall III 2 der Urteilsgründe begegnet die Annahme von Mittäterschaft – wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat – durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Mittäter des Sichverschaffens von Falschgeld (§ 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB) kann nur derjenige sein, der das Falschgeld in eigenen (Mit-)Gewahrsam oder auf andere Weise mit dem Willen zu eigenständiger Verfügung in seine (Mit-)Verfügungsgewalt bringt (vgl. BGHSt 44, 62 f.; BGH, Beschluß vom 11. Februar 2003 – 3 StR 391/02). Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte keine eigene tatsächliche Verfügungsgewalt über die Falsifikate erlangt. Zwar könnte ihm die von Erdal K. – jedenfalls kurzfristig – ausgeübte Verfügungsmacht als eigene zugerechnet werden, wenn K. das Falschgeld auch zur Mitverfügung des Angeklagten angenommen und so eine gemeinschaftliche Verfügungsgewalt begründet hätte, was angesichts der umfänglichen Einbindung des Angeklagten in dieses Falschgeldgeschäft nicht fernliegt. Das Urteil läßt Ausführungen hierzu jedoch vermissen. Die – jedenfalls für diese Tat – rechtlich nicht zu beanstandende Annahme der Strafkammer, der Angeklagte sei als Mitglied einer Bande tätig geworden, vermag die Feststellung der Täterschaft nicht zu ersetzen; denn Mitglied einer Bande kann auch derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur solche Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeiten darstellen (vgl. BGHSt 47, 214, 218 f.; BGHR BtMG § 30 a Bande 10).
Die Sache bedarf daher auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
III.
Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, daß die Frage gewerbsmäßigen Handelns – insbesondere im Fall III 1 der Urteilsgründe – genauerer Begründung bedarf. Auch zur Frage bandenmäßiger Begehung sind im Fall III 1 weitere Feststellungen erforderlich. Dabei wird der neue Tatrichter zu beachten haben, daß es für die Annahme einer Bandenmitgliedschaft auf die Bandenabrede ankommt (vgl. BGHSt 46, 321, 325). Diese muß nicht ausdrücklich getroffen werden, vielmehr genügt jede Form auch stillschweigender Vereinbarung. Es begegnet keinen sachlich-rechtlichen Bedenken, wenn der Tatrichter die Feststellung einer Bandenabrede nur aus dem konkret feststellbaren
wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen herleitet (vgl. BGHSt 47, 214, 219, 220).
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanović, Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 2556967 |
NStZ 2005, 686 |
wistra 2005, 303 |