Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses. Erteilung eines Hoffolgezeugnisses
Leitsatz (amtlich)
- § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung vom 29. März 1976 (BGBl I S. 881 - 2. ÄndG-HöfeO) ist auch auf solche Fälle anwendbar, in denen der Erblasser zwar erst nach dem 30. Juni 1976 verstorben ist, er aber bereits vor dem 1. Juli 1976 die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer einem Miterben übertragen hat.
- Art. 3 § 3 2. ÄndG-HöfeO ordnet insoweit nur eine "unechte" Rückwirkung an und verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
- Das Merkmal der Übertragung der Bewirtschaftung "auf Dauer" i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO ist jedenfalls dann erfüllt, wenn der Erblasser und der Miterbe erkennbar übereinstimmend davon ausgehen, daß letzterer die Bewirtschaftung bis zum Tode des ersteren führen soll.
- Zur Frage der Notwendigkeit eines ausdrücklichen Vorbehalts anderweitiger Hoferbenbestimmung im Falle des § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO.
- Erklärt der Erblasser bei der Überlassung der Bewirtschaftung "auf - Dauer", daß nach dem Tode des Miterben, der die Bewirtschaftung übernimmt, ein anderer den Hof erben soll, so liegt darin jedenfalls kein Vorbehalt, der den Hoffolgetatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO ausschließt. Ob die Erklärung zur Folge hat, daß der die Bewirtschaftung übernehmende Miterbe nur Vorerbe wird, oder ob er ungeachtet der Vorstellung des Erblassers Vollerbe wird, bleibt offen.
Normenkette
HöfeO § 6 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 2104
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 19. Juli 1979 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1, die dem Beteiligten zu 2 die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 850.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die am 27. August 1977 verstorbene Witwe Marta T. geb. W. (im folgenden: Erblasserin) war Eigentümerin des im Grundbuch von R. Band 7 Blatt 278 eingetragenen, 42,65 ha großen Grundbesitzes, für den seit dem 16. Juni 1952 im Grundbuch der Hofvermerk eingetragen ist. Aus der Ehe der Erblasserin sind fünf Kinder hervorgegangen, darunter der Antragsgegner und als jüngstes die Antragstellerin; eines der Geschwister ist im Jahre 1962 ohne Hinterlassung von Abkömmlingen verstorben, zwei weitere (Gerold T. und Peter T.) haben auf ihre Erbrechte verzichtet.
Der Antragsgegner ist Eigentümer eines in Hartwarden gelegenen Hofes und hat von dort aus seit 1959 nach und nach immer mehr Ländereien des Grundbesitzes der Erblasserin in Bewirtschaftung genommen. Seit 1965 bewirtschaftete er ihren gesamten Grundbesitz; eine Hofstelle ist seither nicht mehr vorhanden. Im Jahre 1966 pachtete der Antragsgegner die Ländereien der Erblasserin bis zum 30. April 1973. Im Oktober 1974 erlitt die Erblasserin einen Verkehrsunfall und war seitdem geschäftsunfähig. Im November 1975 wurde zur Wahrnehmung ihrer Vermögensinteressen für sie ein Pfleger bestellt.
Die Antragstellerin hat beantragt, ihr ein Hoffolgezeugnis zu erteilen, nach dem sie als jüngstes Kind Hoferbin geworden sei.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten; er hält sich selbst für den Hoferben, da die Erblasserin ihm die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer übertragen und sich eine anderweitige Hoferbenbestimmung nicht vorbehalten habe (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO 1976).
Landwirtschaftsgericht und Oberlandesgericht haben den Antrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Antragstellerin u.a. auferlegt, dem Beteiligten zu 2 sowie ihren Geschwistern Gerold und Peter T., die als Beteiligte hinzugezogen worden waren, die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Mit ihrer - vom Oberlandesgericht zugelassenen -Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.
Der Antragsgegner beantragt,
das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II.
Das Beschwerdegericht hat den Standpunkt vertreten, daß der Antragsgegner gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO vor der Antragstellerin als jüngstem Abkömmling der Erblasserin zum Hoferben berufen sei. Da im Zeitpunkt des Erbfalls der - auch jetzt noch bestehende - Hofvermerk im Grundbuch eingetragen gewesen sei, sei gemäß Art. 3 § 1 Abs. 1 und 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung vom 29. März 1976 (BGBl I S. 881 - 2. ÄndGHöfeO) davon auszugehen, daß es sich bei dem landwirtschaftlichen Grundbesitz zu diesem Zeitpunkt noch um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe. Die Erblasserin habe, wie in § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO vorausgesetzt, dem Antragsgegner, einem Miterben, die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer übertragen, ohne sich dabei die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich vorzubehalten. Das Beschwerdegericht meint, für die Beurteilung jener Übertragung sei nur die Zeit bis Oktober 1974 zu berücksichtigen, weil die Erblasserin - so stellt es fest - nach diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig und damit auch testierunfähig gewesen sei. Die Erblasserin habe sich im Jahre 1973, nachdem der achtjährige Pachtvertrag ausgelaufen gewesen sei, stillschweigend damit einverstanden erklärt, daß der Antragsgegner den Hof - wie geschehen - zu unveränderten Bedingungen auch weiterhin bewirtschaftete. Eine Gesamtwürdigung ergebe, daß die Erblasserin dem Antragsgegner die Bewirtschaftung vor ihrem Tode auch nicht mehr habe entziehen wollen; auch der seit dem 14. November 1975 für die Erblasserin bestellte Pfleger habe den Zustand so hingenommen.
Für alle Fälle, in denen der Erbfall - wie hier - erst nach dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung (1. Juli 1976) eingetreten ist, gilt nach Ansicht des Beschwerdegerichts § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO uneingeschränkt auch dann rückwirkend, wenn der Erblasser den Hof bereits vor dem 1. Juli 1976 zur Bewirtschaftung auf Dauer übertragen hat und mithin noch nicht wissen konnte, welche schwerwiegenden rechtlichen Folgen sich an das Fehlen eines ausdrücklichen Vorbehalts bezüglich der Hoferbenbestimmung knüpfen könnten. Es handele sich insoweit um eine verfassungsrechtlich unbedenkliche sogenannte unechte Rückwirkung, weil sie nur für Erbfälle nach diesem Zeitpunkt galt und mithin keine Hoffolgetatbestände erfaßte, die beim Inkrafttreten bereits abgeschlossen waren. Der vorliegende Fall weise zwar die Besonderheit auf, daß die Erblasserin am 1. Juli 1976 bereits geschäftsunfähig gewesen sei und daher der neuen Rechtslage nicht mehr habe Rechnung tragen können; ein solcher Einzelfall stelle aber die Vereinbarkeit der Regelung mit dem Grundgesetz nicht in Frage. Einen ausdrücklichen Vorbehalt anderweitiger Hoferbenbestimmung hat die Erblasserin nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts vor Oktober 1974 gegenüber dem Antragsgegner nicht gemacht. Sie habe wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß er, der Antragsgegner, den Hof bekommen solle, und habe dies nur in dem Sinne eingeschränkt, daß nach ihm ein Sohn der Tochter (Antragstellerin) Hoferbe werden solle; damit habe die Erblasserin den Antragsgegner gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO zum Hofvorerben (auf Lebenszeit) berufen; dies sei rechtlich unbedenklich und habe zur Folge, daß Nacherbe entsprechend § 2104 BGB derjenige werde, der gesetzlich zur Hoferbfolge berufen wäre, wenn die Erblasserin erst beim Eintritt des Nacherbfalls verstorben wäre. Hiernach sei der Antragsgegner Hofvorerbe geworden und der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zu ihren Gunsten somit unbegründet.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 24 Abs. 1 LwVG), aber unbegründet.
1.
Mit Recht ist das Beschwerdegericht trotz Fehlens einer Hofstelle aufgrund des Hofvermerks davon ausgegangen, daß es sich bei dem hinterlassenen landwirtschaftlichen Grundbesitz im Zeitpunkt des Erbfalls (27. August 1977) um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe (Art. 3 § 2 2. ÄndGHöfeO).
2.
Die Rechtsbeschwerde meint, daß § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO n.F. (1976) auf die Hoffolge der Erblasserin nicht anwendbar sei, weil die Erblasserin zwar erst nach dem Stichtag des Inkrafttretens des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung (1. Juli 1976) verstorben sei, den Grundbesitz nach der Annahme des Beschwerdegerichts aber schon vorher "auf Dauer" dem Antragsgegner übertragen habe.
Die Rüge ist unbegründet.
a)
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde enthält Art. 3 § 3 2. ÄndGHöfeO eine hier einschlägige Überleitungsvorschrift. Danach bleiben für erbrechtliche Verhältnisse die vor dem 1. Juli 1976 geltenden Vorschriften grundsätzlich (nur dann) maßgebend, wenn der Erblasser vor diesem Zeitpunkt gestorben ist. Für Erbfälle, die nach dem 30. Juni 1976 eingetreten sind, gilt gemäß Art. 3 § 9 2. ÄndGHöfeO die am 1. Juli 1976 in Kraft getretene Neufassung der Höfeordnung. Die Überleitungsregelung folgt damit dem für erbrechtliche Übergangsbestimmungen üblichen Grundsatz, daß das alte Recht (nur) dann für die erbrechtlichen Verhältnisse maßgebend bleibt, wenn der Erblasser vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes gestorben ist (vgl. die Nachweise im Senatsbeschluß BGHZ 69, 89, 91 f = LM HöfeO/2. ÄndG mit Anmerkung Hagen).
b)
Die Überleitungsregelung ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere verstößt sie nicht gegen Art. 14 GG, wonach das Erbrecht sowohl als Rechtsinstitut wie als Individualrecht garantiert ist, dem Gesetzgeber jedoch vorbehalten ist, Inhalt und Schranken des Erbrechts zu bestimmen (BVerfGE 44, 1, 17 m.w.N.).
aa)
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist allerdings davon auszugehen, daß die "echte" Rückwirkung eines belastenden Gesetzes wegen Verstoßes gegen das im Rechtsstaatsprinzip enthaltene Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes regelmäßig verfassungswidrig ist (BVerfGE 21, 117, 131). Eine solche Rückwirkung liegt aber nur vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (BVerfGE 11, 139, 145). Als Anknüpfungspunkt einer Erbrechtsregelung ist ein abgeschlossener Tatbestand in diesem Sinne erst mit dem Eintritt des Erbfalls gegeben. Da das neue Recht erst für Erbfälle nach dem 30. Juni 1976 gilt, entfaltet die Übergangsregelung mithin keine echte Rückwirkung,
bb)
"Unechte" Rückwirkung entfaltet eine Norm nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann, wenn sie zwar nicht auf vergangene, aber auch nicht nur auf zukünftige, sondern auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich im ganzen entwertet. Derartige Gesetze sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann zwar je nach Lage der Verhältnisse im einzelnen Fall der Regelungsbefugnis Schranken setzen (BVerfGE 30, 392, 402); er geht aber nicht so weit, dem Staatsbürger jegliche Enttäuschung zu ersparen (BVerfGE 14, 288, 299). Für Stichtags- und Übergangsregeln ist zu berücksichtigen, daß sich bei ihnen im Interesse der Rechtssicherheit gewisse Härten niemals gänzlich vermeiden lassen. Die verfassungsrechtliche Prüfung hat sich bei ihnen daher darauf zu beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm notwendigerweise zukommenden Regelungsspielraum sachgerecht genutzt, die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und nicht willkürlich verfahren ist (BVerfG 44, 1, 21/22).
Unter diesen maßgeblichen Gesichtspunkten gibt Art. 3 § 3 2. ÄndGHöfeO i.V.m. § 9 a.a.O. zu Bedenken keinen Anlaß.
Personen, denen - wie der Antragstellerin - nach altem Höferecht der landwirtschaftliche Besitz zugefallen wäre, haben in der Regel noch keine rechtlich geschützte Position (Anwartschaftsrecht), sondern lediglich eine Aussicht auf späteren Rechtserwerb und genießen daher im allgemeinen insoweit keinen Vertrauensschutz. Etwas anderes gilt nur für diejenigen besonders schutzbedürftigen Hofanwärter, die schon nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur formlos bindenden Hoferbenbestimmung nach altem Höferecht (BGHZ 12, 286 ff; 23, 249 ff) unter bestimmten - strengen - Voraussetzungen bereits eine rechtlich geschützte Position erlangt hatten; ihre Rechtstellung hat indessen auch das Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung überdauert (vgl. BGHZ 73, 324, 329) und wirft daher - auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Probleme auf.
Der Gesetzgeber hat auch nicht die gebotene Rücksicht auf die Belange der Eigentümer vermissen lassen.
Nicht überzeugend ist allerdings die hierfür vom Beschwerdegericht angeführte, von der Rechtsbeschwerde bekämpfte Begründung, soweit sie sich, ohne eine zeitliche Begrenzung anzugeben, darauf stützt, die Hofeigentümer hätten schon vor dem 1. Juli 1976 seit längerer Zeit damit rechnen können, daß eine dem § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO entsprechende gesetzliche Regelung erfolgen würde. Diese Begründung geht fehl, weil das Vertrauen des Bürgers in den Bestand des geltenden Rechts erst von dem Zeitpunkt ab nicht mehr schutzwürdig ist, in dem der Gesetzgeber ein in die Vergangenheit zurückwirkendes Gesetz beschlossen hat (vgl. BVerfG NJW 1963, 29, 30 m.w.N.).
Das vom Bundestag am 29. März 1976 beschlossene Zweite Gesetz zur Änderung der Höfeordnung ist am 3. April 1976 verkündet worden (BGBl I S. 881). Erst seit der Veröffentlichung bestand kein Vertrauensschutz mehr für den Bestand des geltenden Rechts. Aber auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 1976 und über diesen Zeitpunkt hinaus verblieb für einen geschäfts- und testierfähigen Hofeigentümer genügend Zeit, sich bei der Regelung der Hoferbfolge dem neuen Recht anzupassen. Wenn er die Bewirtschaftung seines Hofes vorbehaltlos einem Abkömmling übertragen hatte, konnte er rechtzeitig notfalls einen anderen als den nach neuem Recht dazu bestimmten Abkömmling als Hoferben oder als Erben einsetzen; er konnte auch die Hofeigenschaft seines Grundbesitzes aufheben oder dem Abkömmling die Bewirtschaftung des Hofes entziehen (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages vom 6. Januar 1976 zu § 7 Abs. 2 HöfeO - BT-Drucks. 7/4545 - zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung).
Ein nach dem 30. Juni 1976 verstorbener Hofeigentümer, der bereits zur Zeit der Gesetzesverkündung geschäfts- und testierunfähig war, konnte sich allerdings auf die am 1. Juli 1976 in Kraft tretende Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO nicht mehr einstellen. Hatte er aber davon abgesehen, eine letztwillige Verfügung in der dafür vorgesehenen Form zu errichten, so hat er die Erbfolge der gesetzlichen Regelung überlassen, die im deutschen Zivilrecht nun einmal dem bereits oben erwähnten Grundsatz folgt, daß sich die erbrechtlichen Verhältnisse nach dem Recht bestimmen, das im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in Kraft ist. Mit den Vorschriften über die gewillkürte Erbfolge achtet das Erbrecht den Erblasserwillen, der nachweislich die Regelung des dispositiven Gesetzes nicht übernimmt und ausdrücklich eine eigene Anordnung über die Verteilung des Nachlasses trifft. Darin liegt eine sachgerechte Abwägung der mit dem Erbrecht grundrechtlich geschützten Testierfreiheit einerseits und des verfassungsrechtlichen Gebots der Rechtssicherheit andererseits.
3.
Ohne Erfolg stellt die Rechtsbeschwerde zur Nachprüfung, daß das Beschwerdegericht das Tatbestandsmerkmal der Wirtschaftsübertragung "auf Dauer" unter Verzicht auf eine allgemeine Abgrenzung jedenfalls für den Fall als gegeben angesehen hat, daß der Miterbe den Hof bis zum Tod des Eigentümers bewirtschaften sollte.
Das Merkmal der Wirtschaftsführung "auf Dauer" wird unterschiedlich verstanden. Nach der Amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 7/1443 S. 18 Ziff. 5 zu Art. 3 Nr. 2 = § 6 HöfeO) wird es mit einer Übertragung "auf unbestimmte Zeit" gleichgesetzt (ebenso Peinemann, Agrarrecht 1977, 151 m.w.N.). Stöcker sieht es als gleichbedeutend mit "nicht nur vorübergehend" an (Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 3. Aufl. § 6 Rdn. 16). Nach ganz überwiegender Ansicht können unter bestimmten Umständen auch langfristige Pachtverträge das Merkmal "auf Dauer" erfüllen, OLG Hamm, Agrarrecht 1976, 359, 360; AG Meschede, Agrarrecht 1978, 87; Faßbender/Hötzel/Pikalo, HöfeO § 6 Rdn. 9; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO 8. Aufl. § 6 Rdn. 4; Lüdtke-Handjery, Agrarrecht 1978, 144; Wöhrmann/Stöcker aaO; Bendel, Agrarrecht 1977, 151, 152 und Agrarrecht 1978, 155; a.A. Peinemann, Agrarrecht 1977, 15.
Der vorliegende Fall nötigt den Senat nicht zu einer abschließenden Bestimmung des Begriffs "auf Dauer". Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, ist dieses Merkmal jedenfalls dann erfüllt, wenn der Eigentümer und der Miterbe erkennbar übereinstimmend davon ausgehen, daß letzterer die Bewirtschaftung bis zum Tode des ersteren führen soll (vgl. in ähnlichem Sinne Faßbender/Hötzel/Pikalo a.a.O. § 6 Rdn. 9). Denn hierbei handelt es sich um diejenige Übertragungsdauer, die als klarstes Indiz für einen die Hoferbfolge betreffenden - in § 6 Abs. 1 HöfeO typisierten - Erblasserwillen in Betracht kommt.
4.
Die Rechtsbeschwerde wendet sich allerdings gegen die Feststellung des Beschwerdegerichts, die Erblasserin und der Antragsgegner seien bei der Überlassung davon ausgegangen, daß er die Bewirtschaftung bis zu ihrem Tode fortführen solle. Der Angriff geht fehl.
a)
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht Zeit und Art der Wirtschaftsüberlassung hinreichend bestimmt. Es hat hierfür auf die weitere Überlassung der Bewirtschaftung nach Ablauf des Pachtverhältnisses im April 1973 abgestellt. Damals hätte die Erblasserin gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO 1976 sich eine anderweitige Hoferbenbestimmung vorbehalten müssen, wenn sie den Rechtsfolgen dieser Vorschrift ohne weiteres entgehen wollte.
b)
Entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde durfte das Beschwerdegericht die stillschweigende Fortsetzung des Pachtverhältnisses nach Ablauf der schriftlich vereinbarten achtjährigen Pachtzeit, die wiederholte Erwägung der Erblasserin, mit dem Antragsgegner einen Hofübergabevertrag abzuschließen, und ihre wiederholte Erklärung, der Antragsgegner solle ihr Erbe werden, in Verbindung mit dem Fehlen gegenteiliger Indizien in dem Sinne würdigen, daß die Erblasserin dem Antragsgegner die Bewirtschaftung bis zu ihrem Tode überlassen wollte. Die Rechtsbeschwerde verweist demgegenüber auf einige Einzelheiten der Aussagen der Zeugen Hartwich und Wardenburg sowie auf Angaben des Antragsgegners. Es fehlt indessen an Anhaltspunkten dafür, daß das Beschwerdegericht diesen Prozeßstoff bei seiner Beweiswürdigung etwa übersehen hätte.
5.
Die Rechtsbeschwerde stellt zur Nachprüfung, daß das Beschwerdegericht einen Vorbehalt im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO 1976 verneint hat. Sie meint, ein ausdrücklicher Vorbehalt sei in der Zeit vor dem 1. Juli 1976 nicht denkbar gewesen, da der Hofeigentümer damals die künftige gesetzliche Regelung noch nicht kennen konnte; deshalb müsse für jenen Zeitraum das Erfordernis des Vorbehalts abgeschwächt werden; mindestens sei ein ausdrücklicher Vorbehalt dann nicht erforderlich, wenn - wie hier nach dem Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 12. Juli 1979 und den Bekundungen der Brüder Gerold und Peter Töllner - schon vor einer Übertragung der Bewirtschaftung der Wille der Erblasserin darauf gerichtet war, den Hof einem anderen als dem Bewirtschafter zukommen zu lassen.
Der Hinweis verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg.
a)
Das Erfordernis eines ausdrücklichen Vorbehalts ist vom Rechtsausschuß des Bundestages in die Gesetzesvorlage eingefügt worden, um nachträgliche Zweifel und Streitigkeiten darüber auszuschließen, ob sich der Erblasser bei der Übergabe der Bewirtschaftung des Hofes die Bestimmung des Hoferben vorbehalten hat (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages zum Zweiten Gesetz zur Änderung der Höfeordnung zu Art. 1 unter § 6 Abs. 1 HöfeO, abgedruckt bei Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO 8. Aufl. S. 407). Ob dieses Erfordernis auch für solche Fälle Geltung hat, in denen - wie hier - die Bewirtschaftung vor dem Erlaß des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung übergeben worden ist, kann zweifelhaft sein (verneinend Lüdtke-Handjery, Agrarrecht 1978, 144; Peinemann, Agrarrecht 1977, 151; bejahend OLG Hamm, Agrarrecht 1976, 359; Bendel, Agrarrecht 1977, 151, 152 und 1978, 155). Zwar bestand auch vorher schon für den "Übernehmer" das nunmehr gesetzlich berücksichtigte Schutzbedürfnis; denn auch damals konnte man von einem Abkömmling schwerlich erwarten, daß er von sich aus auf eine Regelung der Hoferbfolge drängte, wenn ihm der Hof auf Dauer zur Bewirtschaftung überlassen wurde (vgl. insoweit die Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung zu Art. 1 Abs. 6 Nr. 2 unter Nr. 5 - BT-Drucks. 7/1443 S. 18). Der Hofeigentümer hatte daher auch schon vor Erlaß des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung Anlaß, diesem Schutzbedürfnis Rechnung zu tragen und einen etwaigen Vorbehalt anderweitiger Hoferbenbestimmung - sei es auch nur durch schlüssiges Verhalten - klar und unzweideutig zum Ausdruck zu bringen (vgl. für den jetzigen Rechtszustand die Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs aaO). Mindestens in dieser - ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehenen - abgemilderten Form kann § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO 1976 auch auf Übertragungen der Bewirtschaftung vor dem 1. Juli 1976 angewendet werden. Ob - weitergehend - auch ein ausdrücklicher Vorbehalt vorausgesetzt werden darf, weil zwischen dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung (3. April 1976) und dem Inkrafttreten (1. Juli 1976) dem Hofeigentümer noch hinreichend Zeit blieb, der künftigen Rechtslage Rechnung zu tragen, kann offen bleiben, denn im vorliegenden Falle hat die Erblasserin nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts auch nicht in schlüssiger Weise gegenüber dem Antragsgegner zum Ausdruck gebracht, daß der Antragsgegner nicht Hoferbe werden solle.
b)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Bekundungen der Zeugen Gerold und Peter T. vor dem Beschwerdegericht, deren Nichtberücksichtigung die Rechtsbeschwerde rügt. Sie zeigt nicht auf, aus welchen Teilen der Zeugenaussagen das Beschwerdegericht hätte entnehmen können, daß sich die Erblasserin in Gegenwart des Antragsgegners vorbehalten hätte, anstelle des Antragsgegners einen anderen Hoferben zu bestimmen.
c)
Für einen solchen Vorbehalt reicht auch die - vom Beschwerdegericht festgestellte - wiederholte Erklärung der Erblasserin nicht aus, nach dem Antragsgegner solle der Sohn Uwe der Antragstellerin den Hof bekommen. Es kann zweifelhaft sein, ob diese Erklärung, wie das Beschwerdegericht meint, zur Folge hatte, daß der Antragsgegner nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO 1976 nur Vorerbe wurde. Diese Frage mag hier auf sich beruhen; denn keinesfalls wäre der Vorbehalt der Einsetzung eines Nacherben für die Zeit nach dem Tode des Hofübernehmers gleichbedeutend mit dessen Ausschluß von der Erbfolge: Auch der Vorerbe ist Erbe (auf Zeit) und ein Vorbehalt der Bestimmung eines Nacherben daher kein Ausschluß von der Erbfolge. Er ist daher auch kein Tatbestand, der das schutzwürdige Vertrauen des Hofübernehmers auf die Hoferbfolge, wie in § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO 1976 vorausgesetzt, beseitigen könnte. Der Antragsgegner ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 a.a.O. mindestens Hofvorerbe, wenn nicht gar Hofvollerbe geworden.
Infolgedessen ist der Antrag der Antragstellerin, ihr ein Hoffolgezeugnis zu ihren Gunsten zu erteilen, unbegründet. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin daher zu Recht als unbegründet zurückgewiesen.
6.
Auch die Auslagenentscheidung des Beschwerdegerichts ist nicht zu beanstanden. Die Rechtsbeschwerde meint zu Unrecht, Gerold und Peter T. hätten im zweiten Rechtszuge nicht die Stellung von Beteiligten, sondern nur von Zeugen gehabt. Richtig ist lediglich, daß Gerold und Peter T. im zweiten Rechtszuge nicht mehr im materiellen Sinne beteiligt gewesen sind, weil sie bereits im ersten Rechtszuge klargestellt hatten, daß sie aufgrund ihrer Erbverzichtsverträge mit der Erblasserin keine Ansprüche auf den Hof erheben wollten (vgl. den Beschluß des Landwirtschaftsgerichts vom 24. April 1978). Sie waren jedoch Beteiligte im formellen Sinne. Beteiligte in diesem - prozessualen - Sinne, auf den u.a. die Kostenregelung der §§ 44, 45 LwVG ausgerichtet ist (Pritsch, Das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen § 14 C I, S. 193), sind alle Personen, die das Gericht nach freiem Ermessen als Beteiligte zum Verfahren heranzieht, sei es auch nur aus Zweckmäßigkeitsgründen zur besseren Aufklärung der Angelegenheit (Pritsch a.a.O. m.w.N.; Barnstedt, LwVG § 14 Rdn. 51). Der Senat hat schon wiederholt ausgesprochen, daß es in der Regel erwünscht ist, den Kreis der Beteiligten weit zu ziehen, damit eine möglichst umfassende Regelung in einem Verfahren erreicht wird und nicht durch Nichtberücksichtigung eines materiell Beteiligten (und Nichtzustellung der Entscheidung an ihn) die Rechtskraft der ergehenden Entscheidung in Frage gestellt wird (vgl. BGH RdL 1952, 322 m.w.N.). Dies ist hier geschehen. Das Beschwerdegericht hat Gerold und Peter Töllner zu den Verhandlungsterminen als Beteiligte geladen und sie auch im Beweisbeschluß vom 22. Mai 1979 sowie in der Niederschrift über die Beweisaufnahme vom 5. Juli 1979 als Beteiligte gekennzeichnet.
Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, daß das Beschwerdegericht die durch verspätete Benachrichtigung der Antragstellerin, ihres Bruders Gerold und des Verfahrensbevollmächtigten entstehenden Auslagen nicht der Landeskasse auferlegt hat, geht ihre Rüge ebenfalls fehl. § 16 KostO kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil die Vorschrift nur die Nichterhebung von Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) ermöglicht. Ob in Fällen unrichtiger Sachbehandlung darüber hinaus auch außergerichtliche Kosten der Staatskasse angelastet werden können, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil es dazu eines selbständigen Amtshaftungsverfahrens bedürfte (vgl. Hagen, NJW 1970, 1017, 1021).
7.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Unterschriften
Hill
Hagen
Linden
Fundstellen
Haufe-Index 1456515 |
BGHZ, 384 |
NJW 1980, 2582 |
DNotZ 1981, 508 |