Entscheidungsstichwort (Thema)
Mord
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 5. Februar 2001 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Entsprechend dem von beiden Angeklagten auf Initiative der Angeklagten B. S. gefaßten Tatplan hat der Angeklagte H. S. C. Si., eine Arbeitskollegin der Angeklagten B. S., die deren beruflichen Plänen im Wege stand, am Nachmittag des 9. November 1999 aufgelauert und erschlagen. Tatort war eine Tiefgarage, die die Angeklagten zusammen zuvor im Hinblick auf Zugangsmöglichkeiten und Fluchtwege im einzelnen ausgekundschaftet hatten. Der Tatplan sah vor, daß C. Si. am Vormittag von B. S. mit der unwahren Behauptung, es sei ein Anruf eingegangen, wonach der PKW von C. Si. in der Tiefgarage beschädigt worden sei, zum Aufsuchen der Tiefgarage veranlaßt werden, wo sie der Angeklagte H. S. erschlagen sollte, oder die Tat sollte, wie es dann auch der Fall war, am Nachmittag geschehen, sobald C. Si. nach Dienstende in die Tiefgarage zu ihrem PKW gekommen war. Am Vormittag hatte die Angeklagte B. S. C. Si. in der geplanten Weise dazu veranlaßt, die Tiefgarage aufzusuchen; es kam jedoch nicht zur Tat, weil sich im letzten Moment das Rolltor öffnete und der Angeklagte H. S. deshalb fürchtete, gestört zu werden.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat die Strafkammer die Angeklagten wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes jeweils zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Die Revisionen der Angeklagten bleiben erfolglos, da die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Ergänzend zum Vorbringen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
1. Zur Revision der Angeklagten B. S.:
Die Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes ist rechtlich nicht zu beanstanden, da ihr das Verhalten des Angeklagten H. S. als Mittäterin zuzurechnen ist (§ 25 Abs. 2 StGB), so daß die Ausführungen der Strafkammer zu einer letztlich von ihr verneinten Täterschaft durch Unterlassen und die hieran anknüpfenden Erwägungen der Revision auf sich beruhen bleiben können.
2. Zur Revision des Angeklagten H. S.:
Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Dies gefährdet den Bestand des Urteils jedoch nicht:
a) Die Strafkammer geht davon aus, daß der Angeklagte die Tat nicht zuletzt deshalb begangen habe, um zu verhindern, daß sich die Angeklagte B. S. „endgültig und in aller Konsequenz von ihm abwenden” werde, oder sich „tatsächlich was antun könnte”, nachdem sie mit Selbstmord gedroht hatte, wenn C. Si. am Leben bliebe. Im „Lebensentwurf des Angeklagten (sei) eine Trennung nicht vorgesehen, zumal es im Gesellschaftsbild des Angeklagten als Ernährer und Beschützer der Familie keine einigermaßen realistische Alternative gäbe”. Eine Trennung von seiner Ehefrau „umschloß” für ihn die Vorstellung von „einem Leben in Einsamkeit und Verbitterung”. All dies könne die Tötung eines Menschen jedoch „moralisch nicht rechtfertigen”. Die Beweggründe seien vielmehr sittlich verachtenswert und stünden auf tiefster Stufe, da sie „zutiefst egoistischer Natur und letztlich der Angst vor der Zukunft geschuldet” seien.
b) Schon der Ansatz, eine Tötung sei im Sinne des § 211 StGB aus niedrigen Beweggründen begangen, weil sie moralisch nicht gerechtfertigt sei, geht von einem unzutreffenden Maßstab aus. Unbeschadet der Frage, unter welchen Umständen die Tötung eines Menschen moralisch gerechtfertigt sein kann, ergibt sich die Niedrigkeit der Beweggründe jedenfalls nicht schon aus der fehlenden moralischen Rechtfertigung der Tat.
Im übrigen tragen Motive, denen „jedermann je nach Anlaß mehr oder weniger stark erliegen kann, nicht von vorneherein den Stempel der Niedrigkeit” (BGH NJW 1996, 471, 472 für eine aus „Wut, Enttäuschung und Rachsucht” begangene Tat m. w. Nachw.). Dies gilt auch, wenn die Tat aus Angst vor der Zukunft begangen wurde. Eine Bewertung derartiger Motive als niedrig setzt vielmehr eine umfassende Gesamtabwägung aller Umstände voraus (BGH aaO). Daran fehlt es hier schon deshalb, weil, worauf die Revision zutreffend hinweist, die Strafkammer in diesem Zusammenhang nicht erörtert, daß es dem Angeklagten auch darum ging, einen Selbstmord der Angeklagten B. S. zu verhindern. Die Annahme, ein solches Motiv sei „zutiefst egoistischer Natur” ist sehr fernliegend; Anhaltspunkte, die hier eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
c) Da die Strafkammer jedoch Heimtücke rechtsfehlerfrei bejaht hat, bleibt der Schuldspruch von alledem unberührt (vgl. BGH aaO).
Es sind auch weder im Hinblick auf die Beziehungen des Angeklagten zum Tatopfer noch sonst Anhaltspunkte für derart ungewöhnliche Umstände erkennbar, die es gebieten würden, zu erörtern, ob eine Strafrahmenmilderung gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB für den (nur) heimtückisch begangenen Mord (vgl. BGHSt 30, 105, 119 ff.) in Betracht kommen könnte.
Schließlich hat sich der aufgezeigte Mangel auch nicht auf die Entscheidung gemäß § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB ausgewirkt, da die Strafkammer eine besondere Schwere der Schuld verneint hat.
Unterschriften
Schäfer, Nack, Wahl, Boetticher, Schluckebier
Fundstellen
Haufe-Index 651606 |
StV 2003, 26 |