Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Der Ausgleichsbetrag nach § 97c VBLS unterliegt dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach § 1587f Nr. 4 BGB.
Zu den Voraussetzungen und der Durchführung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach Art. 4 § 1 Abs. 2 VAwMG i.V. mit § 10a VAHRG.
Normenkette
BGB § 1587f Nr. 4; VAwMG Art. 4 § 1; VBLS § 97c Abs. 2 S. 7; VAwMG Art. 4 § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Beschluss vom 27.01.1988) |
AG St. Goar (Beschluss vom 17.03.1987) |
AG St. Goar (Urteil vom 27.10.1980) |
Tenor
Auf die weiteren Beschwerden der Antragstellerin und der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz wird der Beschluß des 13. Zivilsenats – 1. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Koblenz vom 27. Januar 1988 aufgehoben.
Auf die Anschlußbeschwerde der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Goar vom 17. März 1987 teilweise abgeändert:
Das Verbundurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Goar vom 27. Oktober 1980 wird im zweiten Absatz des Urteilsausspruchs dahin abgeändert, daß von dem Versicherungskonto des Antragsgegners Nr. … bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 461,40 DM, bezogen auf den 31. Oktober 1977, auf das Versicherungskonto der Antragstellerin Nr. … bei der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz übertragen werden.
Im weiteren Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 3.351,12 DM
Tatbestand
I.
1. Die am 31. Oktober 1922 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der am 24. April 1920 geborene Ehemann (Antragsgegner) schlössen am 11. April 1944 die Ehe, aus der eine am 30. Dezember 1944 geborene Tochter hervorging. Auf den am 18. November 1977 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemannes wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Goar vom 27. Oktober 1980 (rechtskräftig seit dem 5. Januar 1982) geschieden.
In dem Scheidungsverbundurteil wurde der Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, daß von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, weitere Beteiligte zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 480 DM, bezogen auf den 31. Oktober 1977, auf ein für die Ehefrau zu errichtendes Versicherungskonto bei der BfA übertragen wurden. Zum Ausgleich seiner in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworbenen Versorgungsanwartschaften bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL, weitere Beteitilgte zu 2) verpflichtete das Familiengericht den Ehemann, als Beiträge zur Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 229,70 DM einen Betrag von 43.054,50 DM, bezogen auf das Jahr 1980, auf das für die Ehefrau zu errichtende Konto einzuzahlen. Auf die – im übrigen erfolglose – Beschwerde des Ehemannes änderte das Oberlandesgericht den letztgenannten Teil der Entscheidung dahin ab, daß er zur Begründung von Rentenanwartschaften in Höhe von 229,69 DM einen Betrag von 46.680,43 DM, bezogen auf eine Einzahlung im Jahre 1981, zu entrichten hatte. Grundlage dieser Entscheidungen waren eine Auskunft der BfA vom 14. September 1978, nach der der Ehemann in der Ehezeit (1. April 1944 bis 31. Oktober 1977, § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften der Angestelltenversicherung in Höhe von monatlich 960 DM erlangt hatte, sowie eine Auskunft der VBL vom 7. November 1978, nach der dem Ehemann aus der Zusatzversorgung – bei fortdauernder Pflichtversicherung über den 31. Oktober 1977 hinaus – eine ehezeitbezogene Anwartschaft auf Versorgungsrente in Höhe von monatlich 459,38 DM zustand. Die Ehefrau hatte nach den Feststellungen des Familiengerichts in der Ehe keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt und keine Versorgungsanwartschaften erworben.
Der Ehemann zahlte den Betrag in der Folgezeit nicht.
2. Mit Schriftsatz vom 10. August 1984 beantragte die Ehefrau, gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG in Höhe der Hälfte der auf die Ehezeit entfallenden Anwartschaften des Ehemannes bei der VBL Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung für sie zu begründen. Die dazu gehörte Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz (LVA, weitere Beteiligte zu 3), nunmehr kontoführender Versicherungsträger der Ehefrau, wies jedoch darauf hin, daß die rechtskräftige Anordnung von Beitragszahlungen auf der Grundlage des § 1587b Abs. 3 BGB trotz der zwischenzeitlich festgestellten Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich nicht berührt werde.
Die Ehefrau begehrte daraufhin mit Anträgen vom 11. Januar und 8. März 1985 den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, und zwar mindenstens in Höhe von monatlich 229,70 DM. Sie machte dazu geltend, der Ehemann sei bereits Rentner; sie selbst habe zwar das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet, sei aber aus Gesundheitsgründen nicht (mehr) in der Lage, eine zumutbare Erwerbstätigkeit auszuüben. Das Amtsgericht holte eine neue Auskunft der VBL ein. Diese teilte unter dem 28. Oktober 1985 mit: Der auf die Ehezeit entfallende Betrag der Versorgungsrente des Ehemannes belaufe sich – unter Berücksichtigung der am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen 19. Änderung ihrer Satzung – auf monatlich 275,98 DM. Neben der Versorgungsrente beziehe der Ehemann aufgrund der Übergangsregelung des § 97c Abs. 2 der Satzung einen Ausgleichsbetrag in Höhe von monatlich 393,15 DM, wovon 264,78 DM auf die Ehezeit entfielen. Der Ausgleichsbetrag gelte als Versorgungsrente, werde aber nicht angepaßt, sondern bei jeder Anpassung der Versorgungsrenten nach dem 1. Januar 1990 um ein Sechstel seines Anfangsbetrages, höchstens um den Betrag der Erhöhung der Gesamtversorgung, abgebaut.
Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. April 1986 (BVerfGE 71, 364), durch die § 13 VAHRG wegen Fehlens einer Übergangsregelung für die Fälle rechtskräftiger, jedoch nicht erfüllter Titel über Beitragszahlungen für verfassungswidrig erklärt wurde, setzte das Amtsgericht das Verfahren durch Beschluß vom 20. Mai 1986 aus.
3. Nach Inkrafttreten des Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs (VAwMG) nahm die Ehefrau mit Schriftsatz vom 11. Februar 1987 das Verfahren wieder auf und beantragte, zu Lasten der für den Ehemann bei der VBL bestehenden Anwartschaften Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 229,69 DM, bezogen auf den 31. Oktober 1977, bei der BfA für sie zu begründen.
Das Amtsgericht – Familiengericht – gab dem Antrag durch Beschluß vom 17. März 1987 statt.
Gegen diese Entscheidung legte die VBL Beschwerde ein. Sie machte geltend, das Familiengericht habe ihre Auskunft vom 28. Oktober 1985 nicht berücksichtigt. Da sich der Ehezeitanteil der Versorgungsrente des Ehemannes nur auf monatlich 275,98 DM belaufe und der daneben gezahlte, ab 1990 abzubauende Ausgleichsbetrag im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt werden könne, seien für die Ehefrau nur Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 137,99 DM zu begründen.
Die LVA, der der Beschluß vom 17. März 1987 nicht zugestellt worden war, beanstandete mit ihrer Stellungnahme vom 14. Juli 1987, daß die Rentenanwartschaften für die Ehefrau nicht bei ihr als zuständigem Versicherungsträger begründet worden seien. Ferner führte sie aus: Die Ehefrau habe während der Ehezeit ebenfalls Rentenanwartschaften erworben; außerdem habe sie Höherversicherungsbeiträge entrichtet und daraus Rentenanwartschaften im Sinne von § 1587a Abs. 2 Nr. 4 Buchst. c BGB erlangt, die mit der Anwartschaft des Ehemannes aus der Zusatzversorgung zu saldieren seien. Wenn die Entscheidung des Familiengerichts vom 27. Oktober 1980 im vorliegenden Verfahren auch hinsichtlich der Übertragung von Rentenanwartschaften nach § 1587b Abs. 1 BGB abgeändert werden könne, bitte sie, entsprechend zu verfahren. In einer Auskunft vom 18./11. August 1987 gab sie die Höhe der Rentenanwartschaften, die die Ehefrau in der Ehezeit – auch durch Kindererziehungszeiten – erworben habe, mit monatlich 28,60 DM an, ihre ehezeitlich erworbenen Anwartschaften aus der Höherversicherung mit monatlich 0,40 DM.
Das Oberlandesgericht holte eine neue Auskunft der BfA über die während der Ehezeit erlangten Anwartschaften des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung ein (Auskunft vom 11. Januar 1988) und änderte sodann den Beschluß des Familiengerichts auf die Beschwerde der VBL dahin ab, daß es zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der VBL auf dem Konto der Ehefrau bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 137,99 DM, bezogen auf den 31. Oktober 1977, begründete. Eine Änderung der Splittingentscheidung lehnte das Oberlandesgericht ab, weil die VBL ihre Beschwerde auf die Entscheidung über das Quasisplitting beschränkt habe und die BfA, die LVA und der Ehemann sich dem Rechtsmittel nicht angeschlossen hätten.
Nachdem das Oberlandesgericht entschieden hatte, legte die VBL unter dem 22. Februar 1988 eine neue Berechnung des Ehezeitanteils der Versorgungsrente sowie der Ausgleichsrente (nach § 97c VBL-S) des Ehemannes vor, bei der sie die neue Auskunft der BfA über dessen in der Ehezeit erlangte Rentenanwartschaften berücksichtigte.
Gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts wenden sich die Ehefrau und die LVA mit – zugelassenen – weiteren Beschwerden.
Die Ehefrau beanstandet, daß das Oberlandesgericht seine Entscheidung vor Eingang der angekündigten neuen Auskunft der VBL getroffen und daher nicht die darin ausgewiesene höhere auf die Ehezeit entfallende Versorgungsrente des Ehemannes von monatlich 485,82 DM ausgeglichen habe. Außerdem beantragt sie, auch den Ehezeitanteil der Ausgleichsrente in Höhe von monatlich 311,80 DM durch Quasisplitting, hilfsweise schuldrechtlich auszugleichen.
Die LVA wendet sich dagegen, daß das Oberlandesgericht von einer Änderung der Splittingentscheidung des Verbundurteils vom 27. Oktober 1980 abgesehen hat, und rügt insoweit Verletzung des rechtlichen Gehörs; das Gericht habe im Beschwerdeverfahren durch Hinweis auf die Möglichkeit einer Totalrevision der Erstentscheidung den Eindruck erweckt, daß es in dieser Weise vorgehen werde, und habe sie damit von der Einlegung einer Beschwerde oder Anschlußbeschwerde abgehalten. Im übrigen macht die LVA geltend, das Oberlandesgericht habe die Anwartschaft der Ehefrau aus der Höherversicherung nicht nach § 3c VAHRG vom Versorgungsausgleich ausschließen dürfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsmittel sind begründet.
A. Gesetzliche Rentenanwartschaften:
1. Die Ehefrau hat mit ihrem Antrag vom 11. Februar 1987 ein Verfahren auf Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach Art. 4 § 1 VAwMG eingeleitet. Nach dieser Vorschrift „ändert das Familiengericht” eine vor Inkrafttreten des Gesetzes ergangene (rechtskräftige) Entscheidung über den Versorgungsausgleich, die zur Übertragung oder Begründung eines Anrechts geführt hätte, wenn im Zeitpunkt ihres Erlasses bereits die §§ 1 und 3b VAHRG gegolten hätten, auf Antrag eines der in Abs. 3 genannten Antragsberechtigten „in Anwendung der §§ 1 und 3b VAHRG ab”, es führt also in einem Fall wie dem vorliegenden ein Quasisplitting nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 VAHRG durch, wenn der Ausgleichsverpflichtete in der Erstentscheidung zu einer Beitragszahlung nach § 1587b Abs. 3 Satz 1 BGB verpflichtet worden ist und keine Zahlungen auf die Verpflichtung geleistet hat (Art. 4 § 1 Abs. 1 Satz 2 VAwMG). Das Abänderungsverfahren nach Art. 4 § 1 VAwMG wird als Amtsermittlungsverfahren gemäß § 12 FGG geführt (Johannsen/ Henrich/Hahne Eherecht § 1 VAErgG Rdn. 13; Soergel/ Schmeiduch BGB 12. Auflage Art. 4 § 1 VAwMG Rdn. 12). Wie die Verweisung auf § 10a Abs. 1 VAHRG in Art. 4 § 1 Abs. 2 VAwMG ergibt, findet aus Gründen der Prozeßökonomie eine „Totalrevision” der Erstentscheidung statt. Es sind also alle im Zeitpunkt der Abänderungsentscheidung auszugleichenden Anrechte beider Ehegatten mit ihrem aktuellen Wert, bezogen auf das Ende der Ehezeit, zum Ausgleich heranzuziehen und Fehler der Erstentscheidung zu korrigieren. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß sowohl die Entscheidung zum Splitting als auch die zum Quasisplitting zu überprüfen sind.
2. Das Oberlandesgericht hat sich zu Unrecht gehindert gesehen, die Splittingentscheidung des Verbundurteils vom 27. Oktober 1980 zu ändern, obwohl nach der Auskunft der LVA vom 11./18. August 1987 die Ehefrau in der Ehezeit Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt hat, die in der Verbundentscheidung nicht berücksichtigt worden waren.
Hierbei kann auf sich beruhen, ob die VBL ihre Beschwerde wirksam auf die Entscheidung des Familiengerichts zum Quasisplitting beschränkt hat. Denn es lag jedenfalls ein zulässiger Rechtsmittelangriff der LVA dagegen vor, daß das Amtsgericht unter Verstoß gegen den Grundsatz der Totalrevision eine Abänderung der Splittingentscheidung unterlassen hatte. Die LVA hat zwar nicht formell „Anschlußbeschwerde” eingelegt. Sie hat jedoch mit ihrem Schriftsatz vom 14. Juli 1987 zu erkennen gegeben, daß sie eine neue Splittingentscheidung auf der Grundlage der aktualisierten Werte der von beiden Ehegatten in der Ehezeit erlangten Rentenanwartschaften erstrebte. Das hiermit zum Ausdruck gebrachte Begehren auf Abänderung der Splittingentscheidung ist als Anschlußbeschwerde anzusehen (vgl. Senatsbeschl. v. 26. Juni 1985 – IVb ZB 63/84, nicht veröffentlicht). Soweit sie ihr Begehren an die Voraussetzung geknüpft hat, daß die Splittingentscheidung im vorliegenden Verfahren abgeändert werden könne, handelt es sich nicht um eine unzulässige Bedingung der Prozeßhandlung. Die Voraussetzung betrifft vielmehr (nur) einen innerprozessualen Vorgang, nämlich die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit durch das Gericht, und steht damit der Zulässigkeit der Anschlußbeschwerde nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluß vom 23. Dezember 1981 – IVb ZB 806/80; Zöller/Stephan ZPO 15. Auflage vor § 128 Rdn. 18 m.w.N.).
An eine Frist war die Anschlußbeschwerde nicht gebunden (vgl. § 521 ZPO); im übrigen wäre eine etwaige (eigene) Beschwerdefrist für die LVA nicht abgelaufen gewesen, da ihr der Beschluß des Amtsgerichts nicht zugestellt worden und die Sechsmonatsfrist des § 516 Halbsatz 2 ZPO nicht verstrichen war. Als der zuständige Versicherungsträger der Ehefrau war die LVA auch beschwerdebefugt.
3. Auf die Anschlußbeschwerde ist das Verbundurteil vom 27. Oktober 1980 in Anwendung des Art. 4 § 1 Abs. 2 VAwMG i.V. mit § 10a VAHRG dahin abzuändern, daß das Rentensplitting unter Berücksichtigung der von beiden Ehegatten ehezeitlich erworbenen Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung mit ihrem jeweiligen aktuellen Wert durchgeführt wird. Diese Entscheidung kann der Senat selbst treffen; denn die neuen Rentenauskünfte der LVA vom 11. August 1987 und der BfA vom 11. Januar 1988 sind bereits Gegenstand des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht gewesen. Bedenken gegen ihre Richtigkeit sind von keinem der Beteiligten erhoben worden und auch sonst nicht ersichtlich. Die Ehefrau hat danach während der Ehezeit Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 28,60 DM erworben, der Ehemann Anwartschaften in Höhe von monatlich 951,40 DM, jeweils bezogen auf den 31. Oktober 1977. In Höhe der Hälfte der Differenz dieser Beträge (951,40 – 28,60 = 922,80) d.h. in Höhe von monatlich 461,40 DM, sind von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Konto der Ehefrau bei der LVA zu übertragen.
B. Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes:
1. Das Oberlandesgericht hat die abändernde Entscheidung zum Quasisplitting auf der Grundlage der von der VBL am 28. Oktober 1985 erteilten Auskunft getroffen, der auf die Ehezeit entfallende Anteil der Versorgungsrente des Ehemannes belaufe sich (unter Berücksichtigung der am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen 19. Satzungsänderung) auf monatlich 275,98 DM.
Damit hat das Oberlandesgericht gegen die Pflicht zur – erschöpfenden – Amtsermittlung gemäß § 12 FGG verstoßen. Es hat Verfahrensfehlerhaft eine abschließende Sachentscheidung gefällt, bevor es den Sachverhalt hinreichend aufgeklärt hatte. Dies wird von den weiteren Beschwerden zu Recht beanstandet.
Da die Versorgungsrente der VBL auf der Grundlage eines Gesamtversorgungssystems unter Einbeziehung der gesetzlichen Rente als Grundversorgung ermittelt wird, wird ihre Höhe unter anderem durch die Höhe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beeinflußt. In der Auskunft der VBL vom 28. Oktober 1985 war der Ehezeitanteil der Versorgungsrente unter Anrechnung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von ehezeitanteilig 960 DM ermittelt worden. Dieser Betrag trifft indessen, wie sich aus der Auskunft der BfA vom 11. Januar 1988 ergibt, nicht mehr zu. Der Einsatz des zutreffenden Betrages von monatlich 951,40 DM führt dazu, daß sich auch der Ehezeitanteil der Versorgungsrente ändert. Diese Änderung mußte das Oberlandesgericht durch Einholung einer neuen Auskunft der VBL ermitteln, bevor es eine Entscheidung zur Sache traf.
Die Einholung einer neuen Auskunft über den Wert der auf die Ehezeit entfallenden Versorgungsrente des Ehemannes gebot sich im übrigen aus einem weiteren Grund: In der Auskunft vom 28. Oktober 1985 wird die gesamtversorgungsfähige Zeit gemäß § 42 VBLS – in Abschnitt I unter 1 b und 2 b – unter Anrechnung „einer Zeit vom Ende der Ehezeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres” des Ehemannes ermittelt (d.h.: bis zum April 1985), die mit 90 Monaten angegeben wird. Aus der weiteren Auskunft der VBL vom 13. Februar 1986 geht indessen hervor, daß der Ehemann vorzeitig in den Ruhestand getreten ist. Davon ist auch das Oberlandesgericht selbst ausgegangen; denn es hat festgestellt, er beziehe seit Mai 1984 Rente. Dieser Umstand kann ebenfalls Auswirkungen auf die Höhe des Ehezeitanteils der Versorgungsrente haben, insbesondere deshalb, weil die VBL in Abschnitt I und 1 b und 2 b der Auskunft vom 13. Februar 1986, abweichend von der früheren Auskunft, eine „Zeit vom Ende der Ehezeit bis zum Rentenbeginn” als gesamtversorgungsfähige Zeit zugrundegelegt hat und damit zu einem anderen Betrag der auf die Ehezeit entfallenden Versorgungsrente gelangt ist als in der Auskunft vom 28. Oktober 1985. Zudem hat die VBL die Zeit vom Ende der Ehezeit (31. Oktober 1977) bis zum Rentenbeginn in der Auskunft vom 13. Februar 1986 mit 21 Monaten angenommen; da der Ehemann im Mai 1984 in den Ruhestand getreten ist, lag es daher nahe, diesen Punkt in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären und auch zu diesem Zweck eine aktualisierte Auskunft erstatten zu lassen.
Der angefochtene Beschluß kann nach alledem nicht bestehen bleiben, auch soweit es die Entscheidung zum Quasisplitting betrifft.
2. Der Senat ist nicht in der Lage, die Entscheidung über das Quasisplitting selbst zu treffen. Zwar hat die VBL eine neue Berechnung des auf die Ehezeit entfallenden Anteils der Versorgungsrente des Ehemannes vorgelegt. Diese ist jedoch erst nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Oberlandesgericht eingegangen. Die in ihr enthaltenen Angaben sind daher bisher nicht tatrichterlich festgestellt. Sie können deshalb nicht zur Grundlage einer eigenen Entscheidung des Senats gemacht werden. Die Sache muß vielmehr zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur neuen Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden.
Bei der neu zu treffenden Entscheidung nach § 1 Abs. 3 VAHRG ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts auch der Höherversicherungsanteil der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen. Dieser kann nicht nach § 3c VAHRG vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden. Die weitere Beschwerde der LVA macht hierzu geltend: § 3c VAHRG verfolge das Ziel, Verwaltungsaufwand im Bereich der leistungsrechtlichen Auswirkungen des Versorgungsausgleichs zu vermeiden, und zwar in der Weise, daß bei einem an sich öffentlich-rechtlich oder schuldrechtlich auszugleichenden Anrecht vom Ausgleich abgesehen werden könne. Ein Versorgungsanrecht könne daher nicht bereits im Rahmen des § 1587a BGB außer acht gelassen werden; vielmehr seien geringwertige Anrechte bei der Ermittlung des insgesamt auszugleichenden Wertunterschiedes nach § 1587a Abs. 1 Satz 2 BGB einzubeziehen. Das bedeute zugleich, daß nur ein Anrecht des Ausgleichsverpflichteten nach § 3c VAHRG ausgeschlossen werden könne, nicht aber ein Anrecht des Ausgleichsberechtigten.
Der Auffassung der LVA ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen.
Angesichts des Wortlauts von Art. 4 § 1 Abs. 1 VAwMG, in dem nur die Vorschriften der §§ 1 und 3b VAHRG genannt sind, wird die Meinung vertreten, in der Abänderungsentscheidung nach Art. 4 § 1 VAwMG könne nur eine Anwendung der §§ 1 und 3b VAHRG nachgeholt werden; hingegen sei es nicht zulässig, den Ausgleich eines Anrechts nach § 3c VAHRG auszuschließen (vgl. Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung 3. Auflage Art. 4 § 1 VAwMG Bem. 2). Ob diesem am Wortlaut orientierten Verständnis zu folgen ist – obwohl Art. 4 § 1 Abs. 2 VAwMG mit der Verweisung auf § 10a VAHRG eine Totalrevision der Erstentscheidung bezweckt – kann auf sich beruhen. Der Senat teilt jedenfalls die Ansicht, daß die Anwendung der Bagatellklausel des § 3c VAHRG auf Anrechte des Verpflichteten beschränkt ist, während (auch) geringfügige Anrechte des Berechtigten in die ohnehin zu erstellende Versorgungsbilanz einzubeziehen sind (vgl. BT-Drucks. 10/5447 S. 15; Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O. § 3c VAHRG Rdn. 2; Maier/Michaelis a.a.O. § 3c VAHRG Bem. 2.1; MünchKomm/Maier BGB 2. Aufl. § 3c VAHRG Rdn. 7; Soergel/Minz a.a.O. § 3c VAHRG Rdn. 4; anderer Ansicht: Wagenitz FamRZ 1987, 1, 8; Bergner, Die Sozialversicherung 1987, 65 unter 2.2.2). Andernfalls käme es, entgegen dem mit der Bagatellklausel verfolgten Ziel, geringwertige Anrechte von dem Versorgungsausgleich auszuschließen, nicht zu einer Reduzierung des Ausgleichs, sondern zu einer Erhöhung einzelner Ausgleichsansprüche des Ausgleichsberechtigten (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 12. Oktober 1988 – IVb ZB 18/88 = BGHR VAHRG § 3c Grenzwert 1 = FamRZ 1989, 39).
Das Oberlandesgericht wird mithin bei der neuen Entscheidung zum Quasisplitting die Anrechte der Ehefrau aus der Höherversicherung – nach Dynamisierung – in den Ausgleich gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG einzubeziehen haben (vgl. Maier/Michaelis a.a.O. § 1587a BGB Bem. 5.3.3 i.V. mit § 1 VAHRG Bem. 4.1 – S. 411).
C. Ausgleichsbetrag nach § 97c VBLS:
1. Das Oberlandesgericht hat den Ausgleichsbetrag, den der Ehemann neben der Versorgungsrente aus Gründen der Besitzstandswahrung nach § 97c Abs. 2 Satz 7 VBLS bezieht, in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, weil er „nicht in den Versorgungsausgleich falle”.
Das entspricht insoweit der Rechtsprechung des Senats, als der abzuschmelzende Ausgleichsbetrag nach § 97c VBLS nicht dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich unterliegt (Senatsbeschlüsse vom 21. September 1988 – IVb ZB 54/86 = BGHR VBLS § 97c Abs. 2 Satz 7 Ausgleichsbetrag 1 = FamRZ 1988, 1251; vom 9. November 1988 – IVb ZB 57/88). Insofern ist die weitere Beschwerde der Ehefrau mit ihrem Hauptantrag unbegründet.
2. Die Ehefrau beantragt indessen hilfsweise, die Ausgleichsrente schuldrechtlich auszugleichen.
a) Gegen die Zulässigkeit dieses Begehrens bestehen keine Bedenken. Die Ehefrau hat bereits im ersten Rechtszug mit ihren Anträgen vom 11. Januar und 8. März 1985 den schuldrechtlichen Ausgleich der Anrechte des Ehemannes aus der Zusatzversorgung bei der VBL begehrt und dazu ausgeführt, aus der Anwartschaft des Ehemannes von 459,38 DM sei „zumindest der Betrag von monatlich 229,70 DM” schuldrechtlich in monatlichen Zahlungen auf sie „zu übertragen”. Nachdem das Amtsgericht den Betrag von 229,69 DM ohne Berücksichtigung der Auskunft der VBL vom 28. Oktober 1985 in vollem Umfang gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG öffentlich-rechtlich ausgeglichen hat, hätte das Oberlandesgericht, als es die Entscheidung in ein Quasisplitting in Höhe von monatlich 137,99 DM abänderte, im übrigen – wegen des Ausgleichs des Betrages nach § 97c VBLS – den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich prüfen müssen. Da die Ehefrau mit Schriftsatz vom 24. September 1987, zeitlich nach Eingang der Auskunft der VBL vom 28. Oktober 1985, ausdrücklich ihr Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt hat, ist der Antrag vom 11. Januar/8. März 1985 jedenfalls als Hilfsantrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu behandeln.
b) Die Voraussetzungen für eine Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 1587g Abs. 1 Satz 2 BGB liegen vor. Der Ehemann bezieht seit mehreren Jahren eine Versorgung, die Ehefrau hat am 31. Oktober 1987 das 65. Lebensjahr vollendet.
c) Der Ausgleichsbetrag nach § 97c VBLS ist schuldrechtlich auszugleichen. Er gehört zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB. Daß er für eine Berücksichtigung im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nach § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB wegen der besonderen Gestaltung dieses Rechtsinstituts gleichwohl ausscheidet, steht seinem schuldrechtlichen Ausgleich nicht entgegen.
Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich findet unter den Voraussetzungen des § 1587f Nr. 1 – Nr. 5 BGB statt. Von den Nummern 1, 2 und 3 der Vorschrift wird der Ausgleichsbetrag nach § 97c VBLS (hier) erkennbar nicht erfaßt. Er erfüllt jedoch die Voraussetzungen des § 1587f Nr. 4 BGB. Danach findet der schuldrechtliche Versorgungsausgleich in den Fällen statt, in denen in den Ausgleich Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aufgrund solcher Anwartschaften oder Aussichten einzubeziehen sind, die im Zeitpunkt des Erlasses der (Erst-)Entscheidung noch nicht unverfallbar waren. Im Gegensatz zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, der Anwartschaften oder Aussichten auf eine spätere Versorgung erfaßt, begründet der schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach § 1587f Nr. 4 BGB hiernach eine Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der bereits tatsächlich bezogenen Versorgung des Verpflichteten, nämlich an den „Leistungen”, die dieser aus der betrieblichen Altersversorgung erhält. Fragen der Unverfallbarkeit (nach Grund und Höhe) stellen sich insoweit, anders als bei Anwartschaften oder Aussichten auf spätere Leistung, nicht.
Da der Ehemann den Ausgleichsbetrag nach § 97c VBLS tatsächlich bezieht, steht der Ehefrau mithin ein Anspruch auf schuldrechtliche Beteiligung daran zu.
d) Die Beteiligung des Ausgleichsberechtigten an der Versorgung des Ausgleichspflichtigen richtet sich nach der jeweiligen Höhe der Versorgungsleistung, § 1587g Abs. 1 Satz 1 BGB. Ändert diese sich, so ändert sich entsprechend auch der Anspruch des Berechtigten auf Beteiligung daran. Wird eine Rente, wie der Betrag nach § 97c VBLS, im Laufe der Zeit kontinuierlich abgebaut, so ermäßigt sich auch der dem Ausgleichsberechtigten zustehende Anteil mit jeder Verringerung des Rentenbetrages.
Dem kann gemäß § 1587g Abs. 3 i.V. mit § 1587d Abs. 2 BGB im Streitfall in der Weise Rechnung getragen werden, daß das Familiengericht den ausgeurteilten Betrag auf Antrag an die neu festgesetzte (herabgesetzte) Versorgung des Ausgleichspflichtigen anpaßt.
e) Zur Höhe des Ausgleichsbetrages nach § 97c VBLS und seines auf die Ehezeit entfallenden Anteils hat das Oberlandesgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Die Sache ist deshalb auch in diesem Punkt in die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Im weiteren Verfahren wird gegebenenfalls zu prüfen sein, ob und von welchem Zeitpunkt an die Ehefrau die Ausgleichsrente für die Vergangenheit beansprucht und beanspruchen kann (§ 1587k Abs. 1 i.V. mit § 1585b Abs. 2 BGB). Ihr Antrag läßt hierzu bisher ihr Begehren nicht erkennen. Ab wann sie die Ausgleichsrente verlangen kann, hängt zunächst davon ab, seit wann der Ehemann die Rente nach § 97c VBLS bezieht. Außerdem ist der Zeitpunkt eines etwaigen Verzuges – etwa auf Grund des Schriftsatzes der Ehefrau vom 17. April 1986 – oder der Rechtshängigkeit zu klären (vgl. Senatsbeschluß vom 12. April 1989 – IVb ZB 84/85 = FamRZ 1989, 950, 951). Die Beteiligten haben im weiteren Verfahren vor dem Oberlandesgericht Gelegenheit, hierzu näher Stellung zu nehmen.
Unterschriften
Lohmann, Blumenröhr, Krohn, Zysk, Nonnenkamp
Fundstellen
Haufe-Index 1237693 |
Nachschlagewerk BGH |