Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestechlichkeit
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 15. Februar 1999, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Die Verurteilung wegen Bestechlichkeit (§ 332 StGB a.F.) kann keinen Bestand haben.
a) Das Landgericht hat gemäß § 2 Abs. 3 StGB zutreffend der rechtlichen Beurteilung die Bestimmung des § 332 StGB in der bis zum 19. August 1997 geltenden Fassung zugrundegelegt, da durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl. I 2038) die Straftatbestände der §§ 331 bis 334 StGB erweitert und in den vorgesehenen Sanktionen verschärft worden sind.
b) Die getroffenen Feststellungen belegen indessen nicht eine Strafbarkeit nach § 332 StGB a.F..
aa) Die Tatbestände der §§ 331 bis 334 StGB a.F. setzen eine zwischen dem Amtsträger und dem Vorteilsgeber – ausdrückliche oder konkludent getroffene – Unrechtsvereinbarung voraus, bei der eine bestimmte Diensthandlung als Äquivalent für die Vorteilsgewährung erbracht wird (std. Rspr.; vgl. BGHSt 39, 45, 46; BGH NStZ 1984, 24; 1999, 561; zu der nunmehr geänderten Rechtslage vgl. Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 331 Rdn. 15 ff.). Es genügt also – auch zur Verurteilung wegen Vorteilsannahme nach § 331 StGB a.F. – nicht schon die Feststellung der Annahme eines Vorteils durch den Amtsträger, auch wenn die Zuwendung mit Rücksicht auf seine Dienststellung, etwa zur Erlangung seines allgemeinen Wohlwollens, erfolgt (vgl. BGH a.a.O.). Allerdings hat die Rechtsprechung namentlich dann, wenn der Amtsträger den Vorteil um eines künftigen Verhaltens erhielt, keinen strengen Maßstab an die Bestimmtheit der Diensthandlung gestellt, sondern es vielmehr ausreichen lassen, daß unter den Beteiligten Einverständnis bestand, daß der Amtsträger innerhalb eines bestimmten Aufgabenkreises oder Kreises von Lebensbeziehungen in eine gewisse Richtung tätig werden soll und die ins Auge gefaßte Diensthandlung dabei nach ihrem sachlichen Gehalt mindestens in groben Umrissen erkennbar und festgelegt war (BGHSt 39, 46/47; BGHR StGB Unrechtsvereinbarung 2, 4).
bb) Eine diesen Grundsätzen genügende Unrechtsvereinbarung kann den Urteilsgründen – auch in ihrem Gesamtzusammenhang – nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnommen werden.
Der Angeklagte war im Tatzeitraum Regierungsvizepräsident der Bezirksregierung Magdeburg, der frühere Mitangeklagte R. Geschäftsführer einer Wohnungsbaugesellschaft (im folgenden: WOBAU), deren einzige Gesellschafterin die Stadt Magdeburg ist. Zum Aufgabenbereich des Angeklagten gehörte aufgrund einer internen Absprache mit dem Regierungspräsidenten insbesondere auch die Wirtschaftsförderung im Großraum Magdeburg. Anfang 1993 entwickelte der Angeklagte gemeinsam mit R. den Plan, sich im Rahmen der Vermarktung des der WOBAU gehörenden Grundstückskomplexes „Leiterstraße” im Werte von ca. 35 Millionen DM eine „Provision” zu verschaffen, die unter ihnen geteilt werden sollte. Zu diesem Zweck sollte die WOBAU die Vermarktung der betroffenen Grundstücke einem vom Angeklagten zu findenden Unternehmen übertragen, welches bereit sein würde, einen wesentlichen Teil des von der WOBAU zu zahlenden Honorars als „Vermittlungs- oder Maklercourtage” an den Angeklagten abzugeben (UA 10/11). Letztlich kam es zu Kontakten mit dem Maklerunternehmen H.-J. L., das nach mehreren Gesprächen, unter anderem auch im Dienstzimmer des Angeklagten im Regierungspräsidium, bereit war, die mit der WOBAU unter Mitwirkung R. s noch zu vereinbarende Provision von 3 % bezogen auf den Objektwert bis auf einen Betrag von 100.000 DM über verschiedene zur Verschleierung des Geldflusses zwischengeschaltete Personen und Firmen an den Angeklagten weiterzuleiten. Zusätzlich sollte die Firma H.-J. L. berechtigt sein, von einem Käufer des Objektes „Leiterstraße” eine Außenprovision von 2 % des Kaufpreises zu verlangen. Um die angestrebte Verteilung der Provision zu sichern, stellte der Angeklagte bei diesen Gesprächen in Aussicht, „daß er es von seiner Position in Magdeburg vermöge, bei verschiedenen Behörden und Entscheidungsträgern zugunsten der Vermarktung der Leiterstraße im Sinne der beidseitigen Interessen einzugreifen” (UA 17). Die Verantwortlichen der Firma H.-J. L. „verstanden dies, wie vom Angeklagten … auch erkannt und in Kauf genommen, so, daß dieser … seinen Einfluß, aber auch seine Dienststellung pro der Interessen der Fa. H.-J. L. wegen der Vermarktung Leiterstraße einsetzen würde und die Interessen der Firma L. letztlich zum Maßstab seiner Entscheidungen machen würde” (UA 18). Bei einer früheren Besprechung in den Geschätsräumen der WOBAU, bei der ebenfalls ein Vertreter der Firma H.-J.- L. anwesend war, hatte R. den Angeklagten in dessen Beisein und Einverständnis als „rechtlichen Berater der WOBAU” vorgestellt und hierzu erläuternd bemerkt, „daß es bzgl. der geplanten Vermarktung und Bebauung der Leiterstraße Auseinandersetzungen mit dem Amt für offene Vermögensfragen und dem Grundbuchamt etc. geben könnte. In diesen Fällen … könnten sich die Beteiligten … an Lutz-Walter F. (das heißt: an den Angeklagten) wenden” (UA 14). Im Mai 1993 kam es zwischen der WOBAU und der Firma H.-J. L. zum Abschluß eines „Dienstleistungsvertrages”, der für die WOBAU von R. unterzeichnet worden und in welchem vorgesehen war, daß die Firma H.-J. L. für ihre Tätigkeit ein Honorar von 3 % bezogen auf einen Geschäftswert von 35 Millionen DM beanspruchen konnte. Aus den in der Folge von der WOBAU an die Firma H.-J. L. erbrachten Honorarzahlungen flossen dem Angeklagten bis September 1994 insgesamt 690.000 DM zu, von denen er 285.000 DM an R. weiterleitete.
Diesen Feststellungen kann zwar entnommen werden, daß die Zahlungen der Firma H.-J. L. an den Angeklagten – zumindest auch – im Hinblick auf seine dienstliche Stellung erfolgt sind. Sie lassen jedoch – auch bei Zugrundelegung eines großzügigen Maßstabes – nicht erkennen, zu welchem künftigen (pflichtwidrigen) dienstlichen Verhalten der Angeklagte sich als Gegenleistung der Firma H.-J. L. gegenüber bereit gezeigt hat. Dies gilt auch, soweit mögliche „Auseinandersetzungen mit dem Amt für Vermögensfragen und dem Grundbuchamt etc.” angesprochen werden, zumal hier der für die Annahme einer dienstlichen Handlung erforderliche Bezug zum Aufgabenbereich des Angeklagten als Regierungsvizepräsident unklar bleibt (vgl. BGHSt 14, 124, 125; 16, 37, 38/39). Zudem ist in den Urteilsgründen wiederholt von einer „Unrechtsvereinbarung” bzw. „Unrechtsabsprache” zwischen dem Angeklagten und R. die Rede (UA 42, 49, 59). Dies läßt befürchten, daß das Landgericht bei seinen Feststellungen von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen ist. Die Bestechungstatbestände setzen eine Unrechtsvereinbarung zwischen dem Amtsträger und dem Vorteilsgeber voraus. Als Vorteilsgeber kommt jedoch auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nur die Firma H.-J. L., nicht aber der frühere Mitangeklagte R. in Betracht.
cc) Auch die Urteilsfeststellungen zu einem späteren Gespräch zwischen dem Angeklagten und einem Vertreter der Firma H.-J. L. im September 1994 bieten keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Unrechtsvereinbarung. Zwar betraf diese Unterredung konkrete Diensthandlungen des Angeklagten, nämlich unter anderem ein aufsichtsrechtliches Tätigwerden wegen der verzögerlichen Behandlung einer Bauvoranfrage durch die Stadt Magdeburg. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch bereits die Zahlungen der Firma H.-J. L. an den Angeklagten erfolgt, so daß insoweit eine Tatbestandsmäßigkeit nach § 332 Abs. 1 und 3 StGB a.F. ausscheidet. Eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift käme allerdings in Betracht, wenn der Angeklagte – sei es auch nur in versteckter Form – bei dieser Gelegenheit sein in Aussicht gestelltes dienstliches Verhalten von der Erbringung weiterer Zahlungen abhängig gemacht hat (vgl. hierzu BGHSt 10, 237, 241/242). Dies bedarf jedoch – auch zur inneren Tatseite – näherer tatrichterlicher Prüfung.
2. Der aufgezeigte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Schuldspruchs insgesamt. Zwar ist die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Teilaufhebung ist aber nicht möglich. Treffen mehrere Strafgesetze rechtlich zusammen, so erfaßt die Aufhebung – auch wenn nur die Anwendung eines der Strafgesetze rechtsfehlerhaft ist – regelmäßig (so auch hier) die Verurteilung wegen der Tat im ganzen (vgl. BGHSt 19, 46, 48; Kuckein in KK-StPO 4. Aufl. § 353 Rdn. 10 m. Nachw.)
Unterschriften
Meyer-Goßner, Maatz, Kuckein, Athing, Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 540808 |
NStZ 2000, 319 |
wistra 2000, 97 |