Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 10. September 2012,
- soweit es den Angeklagten I. betrifft, dahin geändert, dass dieser Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Betrug in vier tateinheitlichen Fällen und mit versuchtem Betrug zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt wird,
- soweit es den Angeklagten P. betrifft, dahin geändert, dass dieser Angeklagte wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug in vier tateinheitlichen Fällen und mit Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt wird.
2. Die weiter gehenden Rechtsmittel der Angeklagten werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten I. wegen (richtigerweise: gewerbsmäßiger) Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in sechs Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Betrug und in einem Fall tateinheitlich mit versuchtem Betrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten P. hat es wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in sechs Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug und in einem Fall mit Beihilfe zum versuchten Betrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Beurteilung der Konkurrenzen durch das Landgericht hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
Rz. 3
a) Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils begab sich der Angeklagte I. im Zeitraum vom 22. bis 27. Februar 2012 in verschiedene Baumärkte und erwarb dort mit Unterstützung des Angeklagten P. unter Vorlage manipulierter Kreditkarten Werkzeuge, die er anschließend gegen Beteiligung am jeweiligen Wert der Geräte an Unbekannte weitergab (Fälle II.2 bis 5 der Urteilsgründe). Bei der letzten Tat (Fall II.6 der Urteilsgründe) kam es, weil die Kassiererin misstrauisch geworden war, nicht zur Übergabe der Ware. In den Fällen II.5 und 6 der Urteilsgründe benutzte der Angeklagte I. dabei eine von acht im Anschluss an die letzte Tat sichergestellten Kreditkarten, in den Fällen II.2 bis 4 der Urteilsgründe benutzte er jeweils andere, auf dieselbe Weise manipulierte Karten.
Rz. 4
b) Das Landgericht hat jeden Einsatz einer gefälschten Kreditkarte durch den Angeklagten I. als eigene Tat der gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion gemäß § 152b Abs. 1 und 2 i.V.m. § 152a Abs. 1 Nr. 2 StGB gewertet. Den Erwerb der acht sichergestellten Kreditkarten – zu dem konkrete Feststellungen nicht getroffen sind – hat es als weitere Tat nach § 152b Abs. 1 und 2 i.V.m. § 152a Abs. 1 Nr. 2 StGB in der Variante des Sichverschaffens angesehen.
Rz. 5
c) Diese Annahme begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beschaffung einer gefälschten Zahlungskarte und deren anschließender Gebrauch bilden eine einzige Tat der Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion, wenn der Täter sie in der Absicht erwirbt, sie alsbald einzusetzen (BGH, Beschlüsse vom 25. August 2000 – 2 StR 314/00, BGHR StGB § 152a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 1; vom 26. Januar 2005 – 2 StR 516/04, NStZ 2005, 329; vom 7. März 2008 – 2 StR 44/08, NStZ 2008, 568; vom 28. September 2010 – 5 StR 383/10, wistra 2010, 482), und zwar auch bei mehrfacher absichtsgemäßer Verwendung (BGH, Beschluss vom 25. August 2000 – 2 StR 314/00 aaO; Erb in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 152a Rn. 17; vgl. NK-Puppe, StGB, 3. Aufl., § 152b Rn. 28). Ebenso stellt der gleichzeitige Erwerb mehrerer gefälschter Zahlungskarten in Gebrauchsabsicht nur eine einzige Tat im Rechtssinne dar (BGH, Beschlüsse vom 25. August 2000 – 2 StR 314/00 aaO; vom 7. März 2008 – 2 StR 44/08 aaO; vom 28. September 2010 – 5 StR 383/10 aaO). Zur einheitlichen Tat des Fälschens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion steht der durch den Einsatz der Karte verwirklichte Betrug jeweils in Tateinheit (BGH, Beschluss vom 25. August 2000 – 2 StR 314/00 aaO; vgl. Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 458/12, Tz. 4).
Rz. 6
Danach liegt zunächst in den Fällen II.1, 5 und 6 der Urteilsgründe nur eine einzige Tat nach § 152b Abs. 1 und 2 StGB vor, weil in den Fällen II.5 und 6 der Angeklagte I. einer von Anfang an bestehenden konkreten – durch die von den Angeklagten geführte Liste mit anzusteuernden Baumärkten tragfähig belegten – Absicht entsprechend eine der bei der Tat zu II.1 beschafften Kreditkarten einsetzte. Darüber hinaus bieten die bisherigen Feststellungen keine Grundlage für die Annahme, dass der Angeklagte sich gerade die bei den Taten II.2 bis 4 eingesetzten Kreditkarten, zu deren Erwerb sich die Urteilsgründe nicht äußern, nicht – wofür insbesondere der enge zeitliche Rahmen des Geschehens spricht – gemeinsam mit den acht sichergestellten Karten, sondern in einem oder mehreren gesonderten Akten verschafft hat. Bei Annahme eines Erwerbs aller manipulierten Kreditkarten in einem Akt liegt aber nur eine einzige Tat im Rechtssinne vor, was wegen der Akzessorietät der Beihilfe (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12; Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 3 StR 239/11, NStZ 2012, 318) auch für den Angeklagten P. zur Bestrafung wegen einer einheitlichen Beihilfe führt.
Rz. 7
2. Da weitere Feststellungen dazu, auf welchem Wege der Angeklagte I. in den Besitz der Kreditkarten gelangt ist, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat die Schuldsprüche unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 – 2 StR 439/09, NStZ 2010, 209, Tz. 13) entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegen die geänderten Schuldsprüche nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
Rz. 8
3. Mit der Annahme von Tateinheit entfallen die von der Strafkammer festgesetzten Einzelstrafen. Der Senat kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO jeweils die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Die geänderte konkurrenzrechtliche Bewertung lässt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat unberührt. Es kann deshalb ausgeschlossen werden, dass der Tatrichter bei Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit auf niedrigere Strafen erkannt hätte.
Rz. 9
4. Der geringfügige Erfolg der Rechtsmittel gibt keinen Anlass, die Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und ihren Auslagen gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu entlasten (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Juli 2007 – 4 StR 220/07).
Unterschriften
Mutzbauer, Roggenbuck, Cierniak, Bender, Reiter
Fundstellen