Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 16.02.2021; Aktenzeichen 101 KLs 113 Js 23097/20 (19/20)) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 16. Februar 2021 im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Niebüll vom 14. September 2020 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Der Gesamtstrafenausspruch unterliegt der Aufhebung, weil der Senat wegen der unvollständigen Feststellungen nicht ausschließen kann, dass hinsichtlich der dem Urteil des Amtsgerichts Niebüll vom 14. September 2020 zugrundeliegenden Tat vom 3. Februar 2020 und der durch das Amtsgericht Osnabrück am 24. Februar 2020 abgeurteilten Tat eine Gesamtstrafenlage bestand. In diesem Fall hätte die (nicht erledigte) zeitlich erste Vorverurteilung vom 24. Februar 2020 ihrerseits Zäsurwirkung entfaltet, nicht hingegen die zweite vom 14. September 2020 (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. November 2020 – 3 StR 360/20, Rn. 17, und vom 8. Juni 2016 – 4 StR 73/16, NStZ-RR 2016, 275; Schäfer/Sander/von Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1244). Die Bildung einer Gesamtstrafe nur aus den durch die amtsgerichtlichen Entscheidungen verhängten Geldstrafen wäre zudem ausgeschlossen, wenn die durch das Amtsgericht Osnabrück verhängte Geldstrafe im Zeitpunkt das Judikat des Amtsgerichts Niebüll erledigt oder ihrerseits bereits durch Entscheidung des Amtsgericht Hannover vom 25. September 2019 nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB einzubeziehen gewesen wäre. Da die vorliegend einbezogene Geldstrafe die Freiheitsstrafe als schwerere Strafart (vgl. SSW-StGB/Eschelbach, 5. Aufl., § 53 Rn. 13) erhöht hat, kann der Senat eine Benachteiligung des Angeklagten nicht ausschließen.
Rz. 3
2. Der Rechtsfehler führt zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht (§ 354 Abs. 2 StPO). Die neu zu treffende Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch konnte nicht dem Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden. Denn es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 – 3 StR 358/11 Rn. 5).
Unterschriften
Sander, Schneider, König, Fritsche, von Schmettau
Fundstellen
Dokument-Index HI14981172 |