Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Auch in Rheinland-Pfalz fällt die Erteilung des Erbscheins in die Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts und nicht des Nachlaßgerichts, wenn zum Nachlaß ein von der Höfeordnung erfaßter Hof gehört.

 

Normenkette

RhPfHöfeO § 30

 

Tenor

Das Landwirtschaftsgericht bei dem Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler wird als das zuständige Gericht bestimmt.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

 

Gründe

In der vorliegenden Sache ist entspr. § 36 Nr. 6 ZPO als zuständig das Landwirtschaftsgericht bei dem Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler zu bestimmen, in dessen Bezirk der Hof des Erblassers liegt. Dieses ist auch sachlich und funktionell zuständig. Gegenstand des Verfahrens ist ein Hoffolgezeugnis, d.h. ein auf die Hoffolge beschränkter Erbschein. Dessen Erteilung fällt – abweichend von der grundsätzlichen Aufgabenverteilung, nach der hierfür die Nachlaßgerichte berufen sind (vgl. § 2353 BGB) – in die Zuständigkeit der Landwirtschaftsgerichte. Für den Geltungsbereich der Höfeordnung für die Länder Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ist dies in § 18 Abs. 2 des Gesetzes ausdrücklich bestimmt (vgl. dazu auch Faßbender/Hötzel/v. Jeinsen/Pikalo, Höfeordnung, 3. Aufl. 1994, § 18 HöfeO Rdnrn. 6, 10; Lange/Wulf/Handjery, Höfeordnung, 9. Aufl. 1991, § 18 HöfeO Rdnr. 3). Diese Zuständigkeit ist zu sehen vor dem Hintergrund der vom allgemeinen Erbrecht abweichenden Hoffolge und der darauf beruhenden größeren Sachnähe des Landwirtschaftsgerichts bei der Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfragen.

Daß der Gesetzgeber des Landesgesetzes über die Einführung einer Höfeordnung in Rheinland-Pfalz (Höfeordnung) vom 7. Oktober 1953 eine von dieser abweichende Kompetenzverteilung hat festlegen wollen, ist nicht ersichtlich. Das Recht auf den auf die Hoferbfolge beschränkten Erbschein und seine Voraussetzungen sind geregelt in § 30 Abs. 1 dieses Gesetzes. Schon diese besondere Ausgestaltung legt entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Hartmann, Höfeordnung, § 30 HöfeO Anm. 2; vgl. auch Barnstedt/Steffen, LwVG, § 1 LwVG Rdnr. 187) nahe, darin auch eine Zuweisung der entsprechenden Verfahren an das Landwirtschaftsgericht zu sehen. In die gleiche Richtung weist ferner, daß den Landwirtschaftsgerichten in § 30 Abs. 2 dieser HöfeO ausdrücklich alle Streitigkeiten über die Hoferbfolge kraft Gesetzes zugewiesen sind. Auch das macht deutlich, daß der Gesetzgeber insoweit von einer umfassenden Zuständigkeit dieser Gerichte ausgegangen ist. Das gilt um so mehr, als es gesetzestechnisch eher ungewöhnlich erscheint, wenn in einer Vorschrift – wie hier in Abs. 2 – zugleich eine Zuständigkeitsregelung und – in Abs. 1 – Regeln für das Verfahren in der Zuständigkeit eines anderen Gerichts getroffen werden. Daß in Abs. 1 eine ausdrückliche Bestimmung über die Zuständigkeit fehlt, deutet daher eher darauf hin, daß insoweit ebenfalls die in Abs. 2 der Vorschrift bestimmte Zuweisung maßgebend sein sollte. Bestätigt wird dieses Verständnis durch § 31 der RhPfHöfeO. Die in dieser Vorschrift bestimmte Besetzung für die Gerichte im Instanzenzug bestätigt, daß auch der rheinland-pfälzische Gesetzgeber entscheidenden Wert auf die besondere Sachkunde der Landwirtschaftsgerichte gelegt hat. Mit dieser Grundentscheidung wäre eine von dem sonstigen Landesrecht abweichende Zuständigkeit für die Erteilung des Erbscheins in solchen Fällen, in denen auch die Hoferbfolge in Frage steht, nicht zu vereinbaren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 604850

NJW-RR 1995, 197

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