Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 27.03.2015) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. März 2015 aufgehoben,
- soweit der Angeklagte im Falle C. III. 2. a. aa. der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
- im Ausspruch über die Gesamtstrafe; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
2. Im Falle C. III. 2. a. aa. der Urteilsgründe wird der Angeklagte freigesprochen; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Im Umfang der Aufhebung im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Verurteilung des Angeklagten im Falle C. III. 2. a. aa. der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
Rz. 3
a) Nach den Feststellungen hatte sich der Bruder des Angeklagten in Syrien der dort bestehenden terroristischen Vereinigung „Jaish al-muhajirin wa-l-ansar” angeschlossen. Auf dessen Bitte veranlasste der Angeklagte die Überweisung von 1.000 USD an einen Mittelsmann in der Türkei, die zur Förderung der Zwecke der Vereinigung bestimmt waren. Da die Auszahlung des überwiesenen Betrags an den Mittelsmann scheiterte, kam der Angeklagte mit seinem Bruder überein, die Summe zurückzubuchen. Sie sollte stattdessen vom Angeklagten anlässlich eines ins Auge gefassten Besuchs in Syrien bar übergeben werden. Auch dazu kam es indes nicht.
Rz. 4
b) Dies trägt entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts nicht den Schuldspruch wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (§ 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB).
Rz. 5
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 11. Juli 2013 – AK 13 und 14/13, BGHSt 58, 318; vom 20. September 2012 – 3 StR 314/12, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 4) ist unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich jedes Tätigwerden zu verstehen, durch das ein Nichtmitglied der Vereinigung deren innere Organisation und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten – wenn auch nicht unbedingt maßgebend – erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (s. etwa auch BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa BGH, Urteile vom 30. Oktober 1964 – 3 StR 45/64, BGHSt 20, 89; vom 3. Oktober 1979 – 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und – wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt – sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. Beschluss vom 16. Mai 2007 – AK 6/07, BGHSt 51, 345, 350 f.; Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117 f.). Auch muss das Wirken des Nichtmitgliedes nicht zu einem von diesem erstrebten Erfolg führen, es genügt, wenn sein Tun für die Organisation objektiv nützlich ist, ohne dass ein messbarer Nutzen für diese eintritt (BGH, Urteile vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 116; vom 25. Juli 1984 – 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; vom 25. Januar 1984 – 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244).
Rz. 6
bb) Die dargestellten Maßstäbe schließen es zwar nicht von vornherein aus, dass im Einzelfall allein schon die Zusage eines Außenstehenden, zugunsten der Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder Geld- oder Sachleistungen zu erbringen oder sich sonst in bestimmter Weise zu verhalten, als Unterstützungshandlung im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB zu bewerten ist, auch wenn es letztlich nicht zur Erfüllung der Zusage kommt oder der zugesagte Erfolg aus anderen Gründen ausbleibt. In Abgrenzung zum bloßen straflosen Versuch der Unterstützung ist jedoch stets an dem Erfordernis festzuhalten, dass das Tun des Nichtmitglieds für die Vereinigung objektiven Nutzen entfaltet. Erschöpft es sich – wie hier – in der Zusage einer Unterstützungshandlung bzw. in nachfolgendem erfolglosem Bemühen, muss sich somit bereits dies für sich allein auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder in irgendeiner Weise positiv auswirken.
Rz. 7
Solche Auswirkungen hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt.
Rz. 8
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zum objektiven Nutzen der Zusage des Angeklagten für die Vereinigung oder für mitgliedschaftliche Betätigungshandlungen des Bruders getroffen werden können. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
Rz. 9
2. Der Wegfall der Einzelstrafe im Falle C. III. 2. a. aa. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des Urteils auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Die zugehörigen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
Unterschriften
Becker, Pfister, Schäfer, Mayer, Gericke
Fundstellen
Haufe-Index 8765726 |
NStZ 2016, 528 |
NStZ-RR 2016, 5 |
StV 2016, 498 |
StraFo 2016, 33 |