Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.05.2002) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Mai 2002, soweit es ihn betrifft,
- im Schuldspruch dahin geändert und neu gefaßt, daß der Angeklagte der Hehlerei in einem Fall und des Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in sechs Fällen, davon in einem Fall versucht, schuldig ist,
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
aa) im Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten für die Fälle II, B 2, 3, 5, 8 sowie im Gesamtstrafenausspruch und
bb) soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Tatbestand
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Hehlerei in vier Fällen und wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in sieben Fällen, davon in einem Fall versucht, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Durch Beschluß vom 27. Juni 2002 hat schon das Landgericht die Urteilsformel wegen eines Zählfehlers dahin berichtigt, daß der Angeklagte des Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in sechs Fällen schuldig ist. Mit demselben Beschluß hat das Landgericht auch den Schuldspruch gegen die Mitangeklagte wegen eines gleichartigen Zählfehlers berichtigt.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im übrigen ist es offensichtlich unbegründet.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Angeklagte hat sich der Hehlerei in einem Fall schuldig gemacht und nicht in vier Fällen.
Die Mitangeklagte hatte in einer Postfiliale vier Blanko-Postsparbücher entwendet, mit Hilfe der Sparbücher fiktive Konten eröffnet und von den vier gefälschten Sparbüchern jeweils 3.000 DM, insgesamt also 12.000 DM abgehoben. Anschließend kehrte sie in ihre Wohnung zurück und berichtete dem Angeklagten von der Entwendung der Sparbücher, der fiktiven Kontoeröffnung und den Abhebungen. Das erbeutete Geld haben die beiden Angeklagten gemeinsam verbraucht.
Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten zu Recht als Hehlerei gewertet. Aus den Feststellungen ergibt sich zwar nicht, daß der Angeklagte sich das Geld im Sinne von § 259 StGB verschafft hat, indem er eine eigene (Mit-)Verfügungsgewalt hierüber erlangt hat. Er hat aber zumindest beim gemeinsamen Absetzen des erbeuteten Geldes geholfen (vgl. BGH GA 1965, 374; BGH, Beschl. vom 16. April 1985 – 5 StR 147/85). Daß die Beute aus vier betrügerischen Abhebevorgängen stammt, begründet jedoch nicht die Annahme von vier Hehlereitaten. Wirkt der Hehler beim Absatz von Beute mit, die – wie hier – aus mehreren Vortaten stammt, handelt es sich nur um eine Tat (vgl. Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 259 Rdn. 64; § 52 Rdn. 29). Aus den bisherigen Feststellungen ergeben sich keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, daß die Absatzhilfe des Angeklagten ihrerseits in mehrere rechtlich selbständige Taten aufzuteilen wäre. Da insoweit keine ergänzenden Feststellungen zu erwarten sind, aus denen sich eine Mehrzahl von Hehlereitaten des Angeklagten ergeben könnte, ist zu seinen Gunsten davon auszugehen, daß er sich wegen Hehlerei in einem Fall schuldig gemacht hat.
Der Schuldspruch ist deshalb entsprechend zu ändern (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 StPO steht dem bei dem geständigen Angeklagten nicht entgegen.
Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung der betroffenen vier Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten in den Fällen II, B 2, 3, 5 und 8 sowie der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
2. Eine weitergehende Schuldspruchberichtigung wegen eines Zählfehlers bei der Zahl der Fälle des Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung ist nicht veranlaßt. Der Beschluß, mit dem das Landgericht die verkündete Urteilsformel bereits selbst wegen eines Zählfehlers berichtigt hat, ist – entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts – wirksam. Dem Landgericht ist ein offensichtliches Verkündungsversehen unterlaufen. Der Fehler betrifft allein die Zählung der tatsächlich abgeurteilten Fälle. Ein solcher Zählfehler darf – auch vom Tatrichter selbst – berichtigt werden, wenn er für alle Verfahrensbeteiligten offensichtlich ist und seine Behebung darum auch nicht den entfernten Verdacht einer inhaltlichen Änderung des Urteils begründen kann (vgl. zur Berichtigung von Zählfehlern BGH NStZ 2000, 386 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten in ihrer Anklageschrift elf Taten zur Last gelegt. Kurz vor den Plädoyers erging in der Hauptverhandlung der Beschluß, daß das Verfahren wegen der Tat Nr. 1 der Anklage gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt werde, „so daß nur noch Ziffer 2 bis 11 der Anklage verfolgt werden”. Hieraus ergab sich in der Hauptverhandlung für alle Beteiligten zweifelsfrei, daß nur noch zehn Taten Gegenstand des Verfahrens waren. Gleichwohl umfaßte der Schuldspruch elf Taten. Diese Abweichung betraf nicht die Zahl der nach einem rechtlichen Hinweis als Hehlerei abgeurteilten vier Fälle, so daß sie sich notwendigerweise bei der Zählung der Betrugsfälle ergeben haben mußte.
Da im Revisionsverfahren des Angeklagten eine Schuldspruchberichtigung wegen dieses Zählfehlers nicht mehr erfolgen muß, ist schon deshalb für eine Erstreckung des Rechtsmittels auf die Mitangeklagte (§ 357 StPO) kein Raum, zumal das Landgericht auch ihren Schuldspruch bereits selbst berichtigt hat.
3. Keinen Bestand hat das Urteil schließlich, soweit das Landgericht nicht über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entschieden hat. Die Prüfung dieser Frage drängte sich nach den Urteilsfeststellungen auf.
Der Angeklagte ist seit längerer Zeit in erheblichem Umfang rauschgiftabhängig. Seit Anfang der 90er Jahre konsumierte er zunächst Haschisch und verlor deshalb seinen Ausbildungsplatz als Elektroniker. Jedenfalls seit Anfang 1999 konsumierte er gewohnheitsmäßig Heroin, Kokain und andere Drogen, vor allem Crack. Heroin und Kokain hat er geschnupft. Der gemeinsame Heroinverbrauch des Angeklagten und der Mitangeklagten betrug schließlich an den Wochenenden etwa 1 1/2 g pro Tag. Gelegentlich wurde auch Crack geraucht. Für das konsumierte Rauschgift gab die Mitangeklagte dem Angeklagten etwa 300 bis 400 DM pro Woche (UA S. 5). Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht zugunsten des Angeklagten gewertet, daß bei ihm eine auf jahrelangem Konsum beruhende Drogengewöhnung und psychische Abhängigkeit vorliege, die letztlich zu erhöhtem Geldbedarf geführt habe, der wiederum ein wesentlicher Grund für die Begehung der Taten gewesen sei, ohne jedoch die Schuldfähigkeit erheblich zu vermindern (UA S. 15).
Angesichts dieser Umstände lag eine Anordnung nach § 64 StGB hier in einer Weise nahe, daß sich das Fehlen der Prüfung unter diesem Gesichtspunkt als durchgreifender sachlich-rechtlicher Mangel darstellt. Die Strafkammer hätte unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) prüfen müssen, ob die zu beurteilenden Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, Drogen im Übermaß zu sich zu nehmen und ob die Gefahr besteht, daß der Angeklagte infolge seiner Abhängigkeit rückfällig werden und dem durch seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt begegnet werden kann. Es ist nicht ersichtlich, daß keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten zu heilen oder doch für eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren (vgl. BVerfGE 91, 1). Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (vgl. BGHSt 37, 5). Die Nichtanwendung des § 64 StGB ist vom Rechtsmittelangriff auch nicht ausgenommen worden (vgl. BGHSt 38, 362).
Die Einzelstrafen für die Betrugstaten werden von der Teilaufhebung nicht berührt. Der Senat schließt aus, daß der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung geringere Strafen verhängt hätte.
Eine Erstreckung der teilweisen Aufhebung des Urteils auf die Mitangeklagte, die keine Revision eingelegt hat, kommt auch in Bezug auf die Maßregelentscheidung nicht in Betracht (vgl. BGHR StPO § 357 Erstreckung 4).
Unterschriften
Rissing-van Saan, Bode, Otten, Rothfuß, Fischer
Fundstellen
Haufe-Index 2558767 |
wistra 2003, 99 |
StV 2003, 396 |