Leitsatz (amtlich)
Der Schadensersatzanspruch gegen den Vertreter der durch eine notarielle Amtspflichtverletzung geschädigten Vertragspartei ist auch dann keine anderweitige Ersatzmöglichkeit, wenn dieser Rechtsanwalt ist, sofern er nicht selbstständig tätig und im Zusammenhang mit dem beurkundeten Geschäft mandatiert ist, sondern als organschaftlicher Vertreter, Arbeitnehmer oder in vergleichbarer Weise in den Geschäftsbetrieb des Vertretenen eingegliedert und in diesem Rahmen mit dessen Belangen befasst ist (Fortführung von BGH, Urt. v. 15.7.2004 - IX ZR 262/00, BGHReport 2004, 1549 = MDR 2004, 1264 = NJW-RR 2004, 1704 [1705 f.]).
Normenkette
BNotO § 19 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 13.08.2004; Aktenzeichen 9 U 332/02) |
LG Berlin |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des KG v. 13.8.2004 - 9 U 332/02 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 251.913,85 EUR
Gründe
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Rechtsfortbildung nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob der anwaltliche Vertreter einer Partei in den Schutzbereich des § 19 Abs. 1 BNotO einbezogen sei mit der Konsequenz, dass die Haftung des Notars gegenüber derjenigen des Anwalts nicht subsidiär sei, ist bereits in einem für den Beklagten negativen Sinn geklärt.
Der IX. Zivilsenat des BGH hat in seinem Urteil v. 15.7.2004 (BGH, Urt. v. 15.7.2004 - IX ZR 262/00, BGHReport 2004, 1549 = MDR 2004, 1264 = NJW-RR 2004, 1704 [1705 f.]) ausgeführt, dass ein Rechtsanwalt, der bei einer notariellen Beurkundung als Vertreter einer Vertragspartei auftritt, in den Schutzbereich der notariellen Amtspflichten des Notars einbezogen ist, sofern er nicht als selbstständig tätiger Rechtsanwalt mandatiert, sondern Angestellter der vertretenen Partei ist. Der in dieser Sache erkennende Senat schließt sich dem an.
In den Fällen, in denen die Rechtsprechung die Einbeziehung des Vertreters in den Schutzbereich der notariellen Amtspflichten angenommen hat (BGHZ 56, 26 [31 ff.]; BGH, Beschl. v. 10.12.1998 - IX ZR 244/97, BGHR BNotO § 19 Abs. 1 S. 2 Subsidiarität 4: Vorstandsmitglieder; Urt. v. 6.7.2000 - IX ZR 88/98, MDR 2000, 1280 = WM 2000, 1808 [1811], Bruder der Vertragspartei), bestanden Beziehungen zwischen Vertreter und Vertretenem, in denen auf Grund eines gesteigerten Näheverhältnisses wechselseitige Treuepflichten existierten, die über das von dem Notar beurkundete Geschäft hinausgingen. Dieses durch rechtliche oder verwandtschaftliche Beziehungen begründete besondere Verhältnis rechtfertigt es, die Interessen von Vertreter und Vertretenem ggü. dem Notar gleichzusetzen und Ersteren in den Schutzbereich der notariellen Amtspflichten einzubeziehen. Ein derartiges Näheverhältnis mit über den Einzelfall hinausgehenden wechselseitigen Verpflichtungen liegt auch vor, wenn ein Rechtsanwalt nicht selbstständig tätig und im Zusammenhang mit dem beurkundeten Geschäft mandatiert ist, sondern als organschaftlicher Vertreter, Arbeitnehmer oder in vergleichbarer Weise in den Betrieb des Vertretenen eingegliedert und in diesem Rahmen mit dessen Belangen befasst ist.
Die von Zugehör (Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 2269, Fn. 28) zitierte Entscheidung des VI. Zivilsenats v. 7.10.1969 (BGH v. 7.10.1969 - VI ZR 223/67, n.v.; Aktenzeichen bei Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 2269, Fn. 28 infolge eines Druckfehlers mit V ZR 223/67 angegeben) steht dem nicht entgegen. Zwar hat dieser Senat angenommen, Schadensersatzansprüche gegen einen als Justiziar angestellten Rechtsanwalt seien eine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S.d. § 21 RNotO i.Vm. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB (= § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO). Die Entscheidung ist jedoch vor dem Grundsatzurteil BGHZ 56, 26 ff. ergangen und hat die Einbeziehung des Vertreters einer Vertragspartei in den Schutzbereich der notariellen Amtspflichten noch gar nicht in den Blick genommen. Der VI. Zivilsenat hat das Vorliegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nur unter dem Gesichtspunkt problematisiert, ob ein Schadensersatzanspruch der dortigen Klägerin gegen ihren angestellten Justiziar unter dem Gesichtspunkt der gefahrgeneigten Arbeit ausgeschlossen sei (Urteilsumdr. S. 18, 20 ff.).
Die vorgenannten Kriterien zu Grunde gelegt, hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, Rechtsanwalt K. sei in den Schutzbereich der notariellen Amtspflichten des Beklagten ggü. der Klägerin einbezogen, so dass etwaige Schadensersatzansprüche gegen ihn keine anderweitige Ersatzmöglichkeit gem. § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO darstellen.
Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Klägerin war Rechtsanwalt K. als Mitgeschäftsführer mit monatlicher Pauschalvergütung ähnlich dem organschaftlichen Vertreter einer juristischen Person in ihren Geschäftsbetrieb eingegliedert und hatte über den hier strittigen Vertragsschluss hinaus weitere Aufgaben im Zusammenhang mit dem Grundstücksprojekt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gem. § 544 Abs. 4 S. 2 Halbs. 2 ZPO ab.
Fundstellen
NJW 2005, 3216 |
BGHR 2005, 1044 |
FamRZ 2005, 1086 |
NJW-RR 2005, 1150 |
DNotI-Report 2005, 135 |
JurBüro 2005, 611 |
WM 2005, 1574 |
WuB 2005, 811 |
ZAP 2005, 942 |
DNotZ 2005, 918 |
MDR 2005, 1166 |