Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 19.09.2014) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 19. September 2014, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 26 Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte dem Mitangeklagten R. im Zeitraum von Januar bis April 2013 in 15 Fällen je mindestens sechs Gramm und einmal zehn Gramm sowie zwischen März und Mai 2013 dem Zeugen T. in zehn Fällen mindestens sechs Gramm Marihuana durchschnittlicher Qualität. Außerdem erhielt er „im Frühjahr 2013” von seinem Bruder zweimal 500 Gramm Marihuana zum Weiterverkauf.
Rz. 3
2. Die rechtliche Bewertung des Landgerichts, dass der Angeklagte damit in 26 selbständigen Fällen mit Betäubungsmitteln und in zwei Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben hat, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Rz. 4
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 1 und § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 – 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144, 145; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 563 ff. mwN). Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Einzelverkäufe von Betäubungsmitteln mehreren größeren Erwerbsmengen entstammen, ist deshalb zu prüfen, ob Bewertungseinheiten vorliegen. Dazu hat der Tatrichter die Zahl und Frequenz der Erwerbsvorgänge sowie die Zuordnung der einzelnen Verkäufe zu ihnen an Hand der Tatumstände festzustellen. Kann er genaue Feststellungen nicht treffen, hat er innerhalb des feststehenden Gesamtschuldumfangs die Zahl der Einkäufe und die Abverkäufe aus den einzelnen Erwerbsmengen zu schätzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810, 1811; vom 4. April 2006 – 3 StR 91/06, NStZ 2007, 102; vom 26. September 2012 – 4 StR 345/12, NStZ-RR 2013, 46, 47).
Rz. 5
Die Strafkammer hat nicht geprüft, ob und gegebenenfalls inwieweit die einzelnen Taten danach zu Bewertungseinheiten zusammenzufassen sind. Konkrete Anhaltspunkte hierfür liegen vor. Sie ergeben sich insbesondere daraus, dass sich die Tatzeiträume, in denen die Verkäufe kleinerer Mengen Marihuana an den Mitangeklagten R. und den Zeugen T. stattfanden, teilweise überschnitten. Alle Geschäfte fanden in der ersten Jahreshälfte 2013 statt. In dieser Zeit – nämlich „Frühjahr 2013” – erwarb der Angeklagte nach den Feststellungen zweimal 500 Gramm Marihuana von seinem Bruder zum Weiterverkauf. Der Schuldspruch bedarf daher erneuter Prüfung.
Unterschriften
Becker, Pfister, RiBGH Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker, Gericke, Spaniol
Fundstellen