Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 16. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 54.081,25 DM.
Gründe
I.
Gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 27. November 1997, das ihr am 2. Dezember 1997 zugestellt wurde, legte die Beklagte am 2. Januar 1998 mit Telefax fristgemäß Berufung beim Oberlandesgericht Rostock ein; das Original der Berufungsschrift folgte am 5. Januar 1998 nach. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 1998, der am 5. Februar 1998 bei Gericht einging, beantragte die Beklagte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis zum 5. März 1998; diese wurde ihr antragsgemäß gewährt. Die Berufungsbegründung ging am 5. März 1998 beim Oberlandesgericht ein. Nachdem zunächst Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 5. Mai 1999 anberaumt worden war, hob das Oberlandesgericht den Termin mit Verfügung vom 3. Mai 1999 auf und wies darauf hin, daß die Berufungsbegründung verfristet sei. Mit Schriftsatz vom gleichen Tag beantragte die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Hierzu hat ihr Prozeßbevollmächtigter unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Kanzleiangestellten A. R. vorgetragen:
Die für Fristberechnung und Fristüberwachung zuständige Mitarbeiterin A. R., eine gut ausgebildete, sorgfältig überwachte und zuverlässige Bürokraft, habe bei Einlegung der Berufung – wie gewöhnlich – eine vorläufige Frist in einem gesondert geführten Fristenkalender notiert. Nach Zugang der Eingangsquittung der Berufungsschrift habe sie den tatsächlichen Fristablauf – unter Streichung der vorläufig eingetragenen Frist – in Fristenkalender und Handakte sowie zusätzlich eine Vorfrist von einer Woche vor Fristablauf im Fristenkalender notiert. Bei der Berechnung sei Frau R. ein Fehler unterlaufen, weil sie sich an der Eingangsquittung des Originals der Berufungsschrift orientiert habe, die den Eingangsstempel vom 5. Januar 1998 trage. Dabei habe sie übersehen, daß die Berufung bereits mit Telefax am 2. Januar 1998 eingelegt worden sei. Er selbst habe sich auf die Berechnung seiner Mitarbeiterin verlassen dürfen. Insbesondere habe für ihn nach Zugang der Gerichtsakten am 5. Februar 1998 kein Anlaß zur Überprüfung der Fristberechnung bestanden, weil in den Akten bereits die Fristverlängerung bis zum 5. März 1998 verfügt gewesen sei.
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hierzu hat es ausgeführt, die Fristversäumnis beruhe auf einem Anwaltsverschulden, wenn dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten oder seinem amtlich bestellten Vertreter die Handakten – wie in der Kanzlei organisiert – bereits eine Woche vor Fristablauf vorgelegt worden sei, weil er dann Ende Januar 1998 und damit vor Fristablauf den richtigen Fristenlauf hätte erkennen können. Sei ihm dagegen die Handakte weisungswidrig erst am 3. Februar 1998 und damit nach Fristablauf vorgelegt worden, so sei der Wiedereinsetzungsantrag nach § 234 Abs. 1, 2 ZPO verfristet, weil der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt die Fristversäumnis hätte erkennen und den Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO hätte stellen müssen. Jedenfalls sei der Wiedereinsetzungsantrag aber nach Ablauf der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO gestellt worden und auch deshalb verfristet.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Zur Begründung hat ihr Prozeßbevollmächtigter unter anderem ergänzend vorgetragen, bei Erreichen der Vorfrist sei festgestellt worden, daß die beantragte Akteneinsicht noch nicht gewährt worden sei. Daraufhin habe er seine Mitarbeiter angewiesen, einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vorzubereiten. Hierbei hätten die Akten den routinemäßigen Bürobetrieb nicht verlassen. Die Vorbereitung des Fristverlängerungsantrages habe er dem Büropersonal überlassen dürfen, weil es sich hierbei um eine Routineangelegenheit gehandelt habe. Die Akten seien ihm dann erstmals am Nachmittag des 5. Februar oder am Morgen des 6. Februar 1998 mit den Gerichtsakten zur Bearbeitung vorgelegt worden (SS. vom 21.10.1999 – anders: „3. Februar” im SS. vom 1.7.1999).
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet wurde. Die Frist lief einen Monat nach Einlegung der Berufung, also am 2. Februar 1998, ab (§ 519 II 2 ZPO). Die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Vorsitzenden des Berufungssenats war nicht wirksam, weil im Zeitpunkt des Eingangs des Verlängerungsantrages die Frist zur Rechtsmittelbegründung bereits verstrichen war (BGHZ 116, 377, 378).
2. Auch die Ablehnung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch das Berufungsgericht hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Der Antrag war jedenfalls verfristet.
a) Nach § 234 Abs. 1 ZPO ist die Wiedereinsetzung innerhalb einer zweiwöchigen Frist zu beantragen; diese Frist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem das Hindernis behoben ist (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das ist schon dann der Fall, wenn das Weiterbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Die Frist beginnt deshalb spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der verantwortliche Anwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihm zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen können; dies ist wiederum davon abhängig, wann der Anwalt Anlaß hatte zu prüfen, ob das Fristende richtig ermittelt und festgehalten war (st.Rspr. vgl. BGH, Beschluß vom 5. Februar 1998 – VII ZB 8/97, NJW 1998, 1498 unter II 1).
b) Vorliegend ist der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten den Sorgfaltsanforderungen nicht nachgekommen. Der hier maßgebliche Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungfrist ist eine fristgebundene Prozeßhandlung, für die der Rechtsanwalt den Fristablauf eigenverantwortlich nachzuprüfen hat, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung der betreffenden Prozeßhandlung vorgelegt wird (st.Rspr., z.B. Senatsbeschluß vom 6. Juli 1994 – VIII ZB 26/94, NJW 1994, 2551 unter II 2 m.w.N.). Angesichts der Bedeutung des rechtzeitigen Eingangs eines Fristverlängerungsantrages besteht die Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Fristenprüfung auch dann, wenn die Akten im Zusammenhang mit der beabsichtigten Fristverlängerung dem Anwalt nicht vorgelegt werden und dieser lediglich den Antrag unterzeichnet (vgl. BGH, Beschluß vom 19. Februar 1991 – VI ZB 2/91, NJW-RR 1991, 827 unter II 2 b aa).
Ob der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Beklagten gegen seine Verpflichtung zur Überprüfung der Fristen bereits dadurch verstoßen hat, daß er sich die Handakten bei Erreichen der notierten Vorfrist von einer Woche (zur Bedeutung der Vorfrist: vgl. Senatsbeschluß vom 6. Juli 1994 aaO) nicht vorlegen ließ, sondern statt dessen seine Mitarbeiter anwies, einen Verlängerungsantrag vorzubereiten, kann – ungeachtet der Frage, ob dieser erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Vortrag im Hinblick auf die zweiwöchige Antrags- und Begründungsfrist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO noch berücksichtigt werden kann (vgl. BGH, Beschluß vom 5. Februar 1998 – VII ZB 8/97, NJW 1998, 1498 unter II 2) – dahingestellt bleiben. Jedenfalls wäre der Anwalt spätestens bei Unterzeichnung des Fristverlängerungsantrages am 3. Februar 1998 gehalten gewesen, die von seinen Mitarbeitern notierte Berufungsbegründungfrist auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Diese Verpflichtung hat er nicht eingehalten. Ansonsten hätte er anhand der Handakten unschwer feststellen können, daß die Begründungfrist bereits am 2. Februar 1998 abgelaufen war. Der Umstand, daß ihm auf seinen – im übrigen nicht ausreichend begründeten (vgl. § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO) – Antrag hin Fristverlängerung bis zum 5. März 1998 gewährt wurde, entlastet ihn nicht. Denn da er bereits bei Antragstellung am 3. Februar 1998 seiner Überprüfungspflicht hätte nachkommen müssen, konnte er auf die Gewährung einer Fristverlängerung schon deshalb nicht vertrauen, weil diese zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt war.
c) Da somit der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Beklagten die eingetretene Säumnis bei der gebotenen Sorgfalt bereits am 3. Februar 1998 hätte erkennen können, begann zu diesem Zeitpunkt die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist. Diese Frist hat die Beklagte nicht eingehalten, so daß es auf die weitere Frage, ob die Beklagte auch die Einjahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO versäumt hat, nicht mehr ankommt.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Dr. Wolst
Fundstellen