Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame Markenbeschwerdeeinlegung per Fax
Leitsatz (amtlich)
Eine per Computerfax im Markenbeschwerdeverfahren ohne Unterschrift eingelegte Beschwerde genügt dem Erfordernis der Schriftlichkeit, wenn sich aus dem Inhalt des Schriftstücks mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, dass die Beschwerde mit Wissen und Wollen des Verfassers gefertigt und der zuständigen Behörde zugeleitet worden ist.
Normenkette
MarkenG § 66 Abs. 2
Verfahrensgang
BPatG (Beschluss vom 12.11.2002) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Anmelders wird der Beschluss des 33. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des BPatG vom12.11.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das BPatG zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit dem am 18.1.2002 abgesandten Beschl. v. 9.1.2002 die Anmeldung der Wortmarke
zurückgewiesen.
Am 18.2.2002 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt ein am selben Tag aus dem Computer versandtes Fax mit dem Briefkopf des Anmelders D. S. eingegangen, in welchem er "Beschwerde" einlegt. Dabei sind das Aktenzeichen der Marke, die angemeldete Marke selbst und das Datum des angefochtenen Beschlusses angegeben. Dem Fax war ein Beleg über die Einzahlung einer Gebühr i. H. v. 200 Euro auf das Konto des Deutschen Patent- und Markenamtes beigefügt. Ferner enthielt das Fax - hilfsweise - eine Abbuchungsermächtigung hinsichtlich dieses Betrags. Das Fax wie auch das Nachfolgende identische am 21.2.2002 eingegangene Schreiben trugen keine Unterschrift, sondern endeten mit einer Grußformel ohne eine Namensnennung.
Das BPatG hat die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, weil sie nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Beschwerde unterschrieben worden sei.
II.
Die (zugelassene) Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das BPatG hat die Wirksamkeit der Einlegung der Beschwerde durch den Anmelder rechtsfehlerhaft an der fehlenden Unterschrift unter dem Beschwerdeschriftsatz scheitern lassen.
Die per Computerfax übermittelte Beschwerde genügt im vorliegenden Fall der in § 66 Abs. 2 MarkenG geforderten Schriftform. Das BPatG misst der Notwendigkeit einer handschriftlichen Unterzeichnung eines Schriftstücks im Rahmen der einfachen Schriftform, die keine Unterzeichnung durch einen Prozessbevollmächtigten verlangt, eine Bedeutung zu, die sich aus dem Zweck des Schriftformerfordernisses nicht ergibt.
2. Die Schriftform soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück selbst der Inhalt der Erklärung und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem soll über das Gebot der Form sichergestellt sein, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (GmS-OGB v. 30.4.1979 - GmS-OBG 1/78, BGHZ 75, 340 [348 f.]; v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 [162 f.]). Ausgehend von dieser Zweckbestimmung des Schriftformerfordernisses hat die Rechtsprechung die eigenhändige Unterschrift nicht für eine wesentliche Voraussetzung der Schriftlichkeit erachtet, wenn aus dem Schriftstück ansonsten in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich ist, von wem die Erklärung herrührt und dass kein bloßer Entwurf vorliegt (BVerfG BVerfGE 15, 288 [291 f.]; Beschl. v. 4.7.2002 - 2 BvR 2168/00, CR 2003, 28 = NJW 2002, 3534 [3535]; BGH BGHSt 2, 77 [78]; Beschl. v. 23.6.1983 - 1 StR 351/83, MDR 1983, 950 = NJW 1984, 1974; vgl. auch BPatG v. 19.7.1989 - 12 W (pat) 118/87, BPatGE 31, 15 [17 f.]). Diese Beurteilung gilt auch und gerade für per Computerfax eingereichte Schriftstücke, welche technisch bedingt eine eigenhändige Unterschrift des Absenders nicht enthalten können (BVerfG v. 4.7.2002 - 2 BvR 2168/00, NJW 2002, 3534 [3535]; vgl. auch GmS-OGB v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 [165a. E.]).
3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann die Einhaltung der Schriftform der Beschwerde des Anmelders gem. § 66 Abs. 2 MarkenG nicht verneint werden.
a) Der als Beschwerde bezeichnete Schriftsatz des Anmelders v. 18.2.2002 enthält hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die darin erhobene Beschwerde auf dem Willen des Anmelders beruht und von diesem in den Verkehr gebracht worden ist. Der Schriftsatz nennt die persönlichen Daten des Anmelders, das Aktenzeichen der Anmeldung, die angemeldete Marke und das Datum des angefochtenen Beschlusses. Das sind Daten, die i. d. R. allein dem Anmelder bekannt sind. Zugleich ist der Beschwerdeschrift der Beleg beigefügt worden, wonach die gesetzliche Beschwerdegebühr i. H. v. 200 Euro auf das Konto des Deutschen Patent- und Markenamtes eingezahlt worden ist. Diese Einzahlung ist auch rechtzeitig erfolgt. Darüber hinaus hat der Anmelder in der Beschwerdeschrift vorsorglich das Deutsche Patent- und Markenamt ermächtigt, die Beschwerdegebühr von seinem angegebenen Konto einzuziehen, um auch für den Fall die Rechtzeitigkeit der Gebührenzahlung zu gewährleisten, dass seine Überweisung mit Blick auf die Banklaufzeiten nicht rechtzeitig eingehen sollte. Zudem wird angekündigt, dass dieser "vorab per Fax" eingelegten Beschwerde die Beschwerdeschrift "anschließend per Post" folge. Dies ist geschehen, wenn auch wiederum ohne Unterschrift.
b) All diese Umstände lassen keinen vernünftigen Zweifel zu, dass die am 18.2.2002 als Fax eingegangene "Beschwerde" mit Wissen und Wollen des Anmelders dem Deutschen Patent- und Markenamt als zuständige Stelle zugesandt worden ist, weshalb die Schriftform des § 66 Abs. 2 MarkenG gewahrt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1050033 |
BGHR 2003, 1435 |
NJW-RR 2004, 41 |
CR 2004, 23 |
GRUR 2003, 1068 |
MDR 2004, 349 |
WRP 2003, 1443 |
BPatGE 2003, 281 |
GuT 2004, 71 |
ITRB 2004, 83 |
MMR 2004, 208 |
Mitt. 2003, 571 |
ProzRB 2004, 42 |