Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfordernis eines Mindestbeschwerdewerts bei Rechtsbeschwerden gegen Kostenentscheidungen. Erstattungsfähigkeit der Auslagenpauschale des Rechtsanwalts bei Mahn- und anschließendem Streitverfahren
Leitsatz (amtlich)
a) Bei einer Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen über Kosten ist ein Mindestbeschwerdewert wie für die sofortige Beschwerde in § 567 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich.
b) Die Auslagenpauschale nach § 26 S. 2 BRAGO ist sowohl für das Mahnverfahren als auch für das anschließende Streitverfahren gesondert erstattungsfähig (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 13.7.2004 - VIII ZB 14/04, AGS 2004, 343).
Normenkette
ZPO § 567 Abs. 2, § 574; BRAGO § 26
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 26.04.2004; Aktenzeichen 5 T 651/04) |
AG Hersbruck (Beschluss vom 08.12.2003; Aktenzeichen 1 C 1264/03) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers werden der Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Nürnberg-Fürth v. 26.4.2004 (LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 26.4.2004 - 5 T 651/04) teilweise aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Hersbruck v. 8.12.2003 (AG Hersbruck, Beschl. v. 8.12.2003 - 1 C 1264/03) dahin abgeändert, dass der Beklagte dem Kläger an außergerichtlichen Kosten weitere 13,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2003 zu erstatten hat.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 87 % und der Beklagte 13 %. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Gegenstandswert:
für das Beschwerdeverfahren 101,97 EUR,für das Rechtsbeschwerdeverfahren 13,30 EUR (2/3 von 19,95 EUR)
Gründe
I.
Der Kläger betreibt in H. ein Krankenhaus. Er nahm den Beklagten zunächst im Mahnverfahren und sodann im streitigen Verfahren vor dem AG He. auf Zahlung von Behandlungskosten i.H.v. 1.569,26 EUR in Anspruch. Der Rechtsstreit endete mit einem gerichtlichen Vergleich, in dem der Kläger 1/3 und der Beklagte 2/3 der Prozesskosten übernahmen. In dem anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger, der sich im Verhandlungstermin durch einen unterbevollmächtigten Rechtsanwalt hatte vertreten lassen, u.a. eine Vergleichsgebühr von 133 EUR sowohl für seinen Hauptbevollmächtigten als auch für den Unterbevollmächtigten sowie neben einer Auslagenpauschale im streitigen Verfahren von 20 EUR weitere Auslagen i.H.v. 19,95 EUR auf Grund des Mahnverfahrens geltend gemacht.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG hat dem Kläger nur eine Vergleichsgebühr zuerkannt und auch die für das Mahnverfahren gesondert beanspruchte Auslagenpauschale abgesetzt. Die hiergegen von dem Kläger eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit seiner - vom LG insoweit zugelassenen - Rechtsbeschwerde begehrt er weiterhin, eine Auslagenpauschale von 19,95 EUR aus dem Mahnverfahren als erstattungsfähig festzusetzen.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, da sie vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig. Eine Mindestbeschwerdesumme von 50 EUR gem. § 567 Abs. 2 S. 2 ZPO i.d.F. des Zivilprozessreformgesetzes v. 27.7.2001 (BGBl. I, 1887) - jetzt i.H.v. 200 EUR nach dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz v. 5.5.2004 (BGBl. I, 718) - ist für die Rechtsbeschwerde entgegen einer im Beschluss des BGH v. 27.4.2004 (BGH, Beschl. v. 27.4.2004 - VI ZB 64/03, BGHReport 2004, 1129 = MDR 2004, 1082 = GesR 2004, 1097 = Rpfleger 2004, 523, insoweit in NJW-RR 2004, 1143 nicht abgedr.) beiläufig geäußerten Rechtsansicht nicht erforderlich (ebenso im Ergebnis BGH, Beschl. v. 5.12.2002 - I ZB 25/02, MDR 2003, 476 = BGHReport 2003, 358 = NJW 2003, 1127, für Fotokopierkosten i.H.v. 26,40 DM; Beschl. v. 13.7.2004 - VIII ZB 14/04, AGS 2004, 343, mit Anm. N. Schneider bei einem Beschwerdewert von 20 EUR). Die Bestimmungen über die Anfechtung von Kostenentscheidungen in § 567 Abs. 2 ZPO stehen im Titel 1 der Beschwerdevorschriften über die sofortige Beschwerde und gelten deswegen schon aus systematischen Gründen nicht für die im Titel 2 geregelte Rechtsbeschwerde (§§ 574 ff. ZPO). Deren analoge Anwendung würde den gesetzlich eingeräumten Rechtsschutz und das Recht auf Zugang zum Gericht ohne zwingenden Grund beschränken und wäre darum auch verfassungsrechtlich bedenklich. Aus ähnlichen Gründen hat der BGH die für Nichtzulassungsbeschwerden gegen Berufungsurteile nach § 26 Nr. 8 EGZPO geltende Wertgrenze von 20.000 EUR ebenfalls nicht auf die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss übertragen (BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - VIII ZB 23/02, BGHReport 2002, 1113 = MDR 2002, 1446 = NJW 2002, 3783). Ein Mindestbeschwerdewert für die Rechtsbeschwerde in Kostensachen verbietet sich aber, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht, auch inhaltlich. Die Rechtsbeschwerde dient wie die Revision der Klärung grundsätzlicher Fragen durch den BGH. Diese Zielsetzung ist von dem Erreichen einer Beschwerdesumme unabhängig; auch die Revision muss ohne Rücksicht auf die Höhe der Beschwer beim Vorliegen der in § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung genannten Gründe zugelassen werden. Im Gegensatz hierzu dient der Ausschluss der sofortigen Beschwerde in Kostensachen unterhalb eines Mindestbeschwerdewerts der Entlastung der Gerichte von Bagatellverfahren und damit einem Zweck, der im Rechtsbeschwerdeverfahren wegen der Beschränkung dieses Rechtsmittels auf grundsätzliche Bedeutung, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO) gerade keine Rolle spielt.
Der VI. Zivilsenat hat auf Anfrage erklärt, dass er an seiner abweichenden Auffassung nicht festhält.
2. In der Sache kann dem LG nicht gefolgt werden. Wie der BGH inzwischen entschieden hat, ist die Auslagenpauschale nach dem hier noch anwendbaren § 26 S. 2 BRAGO sowohl für das Mahnverfahren als auch für das anschließende Streitverfahren gesondert erstattungsfähig; beide Verfahren betreffen verschiedene Angelegenheiten (BGH, Beschl. v. 13.7.2004 - VIII ZB 14/04, AGS 2004, 343; ebenso OLG Düsseldorf v. 3.8.2000 - 10 W 57/00, OLGReport Düsseldorf 2000, 480 = Rpfleger 2000, 566; a.A. KG v. 8.2.2000 - 1 W 9657/98, MDR 2000, 604 = KGReport Berlin 2000, 267 = Rpfleger 2000, 238 [239]). Dem schließt sich der Senat an. Die Frage, ob sich die Auslagenpauschale für das streitige Verfahren aus dem Gebührenaufkommen vor oder nach der Anrechnung bemisst (dazu BGH, Beschl. v. 13.7.2004 - VIII ZB 14/04, AGS 2004, 343, mit Anm. N. Schneider), stellt sich hier nicht; Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist nur die Pauschale für das Mahnverfahren.
Fundstellen
Haufe-Index 1261646 |
BB 2004, 2602 |
BGHR 2005, 261 |
FamRZ 2005, 196 |
NJW-RR 2005, 939 |
FA 2005, 24 |
JurBüro 2005, 142 |
MDR 2005, 237 |
Rpfleger 2005, 114 |
AGS 2005, 26 |
RVG-B 2005, 33 |
RVGreport 2004, 470 |