Leitsatz (amtlich)
›An dem Quotenvorrecht des Kaskoversicherten nehmen auch die für die Begutachtung der Fahrzeugschäden aufgewandten Sachverständigenkosten teil (Bestätigung des Senatsurteils vom 12. Januar 1982 - VI ZR 265/80 - LM § 67 VVG Nr 45 = VersR 1982, 383).‹
Verfahrensgang
Gründe
I. Der Kläger verlangte von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Er nahm die ursprünglich auf Zahlung von 20.327,28 DM gerichtete Klage im ersten Rechtszug hinsichtlich eines Teilbetrages von 885,-- DM zurück, erklärte aufgrund einer Zahlung seines Kaskoversicherers von 13.681,50 DM den Rechtsstreit in Höhe eines weiteren Betrages von 9.869,32 DM für erledigt und begehrte die Zahlung restlicher 9.572,96 DM nebst Zinsen. Das Landgericht sprach die Erledigung der Hauptsache in Höhe von 5.431,50 DM aus und verurteilte die Beklagten auf der Grundlage einer Haftungsquote von 50% unter Abweisung der weiteren Klage zur Zahlung von 3.489,59 DM nebst Zinsen. Auf die Berufung des Klägers, der die dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegte Haftungsquote nicht angriff, von den Beklagten jedoch unter Erhöhung seiner Klage um 751,36 DM die Zahlung weiterer 3.175,20 DM nebst Zinsen begehrte, änderte das Berufungsgericht die Verurteilungssumme der erstinstanzlichen Entscheidung auf 5.704,34 DM nebst Zinsen. Dabei wies es die weitergehende Berufung u.a. in Höhe eines Teils der Klageforderung von 538,44 DM zurück, bei dem es sich um die von den Beklagten nicht zu ersetzende Hälfte der vom Kläger zur Schadensfeststellung aufgewandten Sachverständigenkosten von 1.076,88 DM handelte. Das Berufungsgericht vertrat insoweit mit dem Landgericht die Auffassung, daß die Sachverständigenkosten nicht zum Fahrzeugschaden zu zählen seien, deshalb nicht zum Kaskobereich gehörten und somit auch nicht dem Quotenvorrecht des Klägers nach § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG unterlägen. Aus diesem Grunde könne der Kläger im Verhältnis zu dem Kaskoversicherer nicht verlangen, daß die Ersatzansprüche für den Sachschaden zur Deckung auch der von der Haftung nicht erfaßten Sachverständigenkosten herangezogen würden und daher der Forderungsübergang auf den Kaskoversicherer um die so verbrauchten 538,44 DM gekürzt werde. Zur Überprüfung des verneinten Quotenvorrechts des Klägers ließ das Berufungsgericht die Revision zu.
Nach fristgemäßer Einlegung und Begründung der Revision durch den Kläger hat die Erstbeklagte den Betrag von 538,44 DM nebst Zinsen an ihn gezahlt. Beide Parteien haben daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärt und gebeten, über die Kosten des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
II. Da durch die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien der Rechtsstreit insgesamt seine Erledigung gefunden hat, ist über alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreits, auch über diejenigen der Vorinstanzen, gemäß der auch für die Revisionsinstanz geltenden Vorschrift des § 91 a ZPO (BGH, Beschluß vom 12. Oktober 1951 - V ZR 39/50 - LM § 91 a ZPO Nr. 2) nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluß zu entscheiden. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Revisionsverfahrens zu beachten (BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 1951 - aaO und vom 18. Februar 1954 - III ZR 208/52 - LM § 91 a ZPO Nr. 6) und dessen Auswirkung auf die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen festzustellen (BGH, Beschluß vom 12. Dezember 1975 - I ZR 48/74 - LM § 91 a ZPO Nr. 34). Da das Berufungsgericht in wirksamer Weise die Zulassung der Revision auf den Streit um die Aktivlegitimation des Klägers wegen einer Teilforderung von 538,44 DM nebst Zinsen beschränkt hat und deshalb das Berufungsurteil auch nur in diesem Umfang angefochten worden ist, muß es mit seinem sonstigen Inhalt für den Ausgang des Rechtsstreits zugrunde gelegt werden (Senatsbeschluß vom 15. November 1983 - VI ZR 252/82 - LM § 823 (Ah) BGB Nr. 83).
Auf dieser Grundlage hält es der Senat für angezeigt, die Kosten in der aus der Beschlußformel ersichtlichen Weise zu verteilen. Er stützt sich dabei auf folgende Erwägungen:
1. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei den Kosten für die Begutachtung von Fahrzeugschäden durch einen Sachverständigen um einen unmittelbaren Sachschaden und nicht um einen Sachfolgeschaden. Allerdings hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Dezember 1981 - VI ZR 153/80 - VersR 1982, 283, 284 (insoweit in BGHZ 82, 338, 345 nicht abgedruckt) die von den damaligen Parteien übereinstimmend vorgenommene und deshalb unstreitige Einordnung der Sachverständigenkosten in den Bereich der Sachfolgeschäden nicht beanstandet. Er hat jedoch, eigens zur rechtlichen Überprüfung dieser Frage aufgerufen, in seinem Urteil vom 12. Januar 1982 - VI ZR 265/80 - LM VVG § 67 Nr. 45 = VersR 1982, 383 f ausgesprochen, daß die Sachverständigenkosten zum Sachschaden zu zählen sind (vgl. auch die Anmerkung Dunz zum Urteil vom 8. Dezember 1981 in LM § 67 VVG Nr. 44 und die Anmerkung Dannert zum Urteil vom 12. Januar 1982 in VersR 1982, 667). Hieran ist festzuhalten. Die Gutachterkosten werden vor allem aufgewandt, um das Ausmaß der Beschädigung des Kraftfahrzeugs zu ermitteln und deren Beseitigung in einer Werkstatt vorzubereiten. Sie dienen daher der Wiederinstandsetzung des Fahrzeugs und damit der Herstellung des früheren Zustandes. Aus diesem Grunde handelt es sich bei ihnen um einen die Substanz des betroffenen Kraftfahrzeugs berührenden und deshalb mit der Leistung des Kaskoversicherers kongruenten Schaden.
2. Bei dieser rechtlichen Einordnung unterliegen die Sachverständigenkosten dem aus § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG folgenden Quotenvorrecht des Kaskoversicherten. Das bedeutet, daß die Ersatzansprüche für den Sachschaden im Verhältnis zum Kaskoversicherer zunächst auch zur Deckung des Teils der Sachverständigenkosten heranzuziehen sind, für den die Beklagten wegen ihrer auf 50% beschränkten Haftung keinen Ersatz leisten müssen, und daß der so verbrauchte Betrag von 538,44 DM für einen Forderungsübergang auf den Kaskoversicherer nach § 67 VVG nicht zur Verfügung steht. Vielmehr kann der Kläger in Höhe des ungedeckten Schadens von 538,44 DM die Ersatzforderung gegen den Beklagten vor dem Kaskoversicherer in Anspruch nehmen; entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stehen ihm deshalb von den Ansprüchen für den Sachschaden weitere 538,44 DM zu.
3. Die Beklagten wären deshalb, wenn die Revision durchgeführt worden wäre, zur Zahlung weiterer 538,44 DM an den Kläger verurteilt worden, so daß ihnen gemäß § 91 a ZPO die Kosten der Revisionsinstanz aufzuerlegen sind. Das (weitere) Obsiegen des Klägers in der genannten Höhe wirkt sich angesichts der den Entscheidungen der Vorinstanz zugrunde zu legenden Gegenstandswerte zwar nicht auf die vom Berufungsgericht getroffene Kostenverteilung für den ersten Rechtszug, wohl aber auf die Quotierung der Kosten des Berufungsrechtszuges aus, und zwar dahin, daß dem Kläger nunmehr 1/8 und den Beklagten 7/8 der Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 2992769 |
NJW 1985, 1845 |
DAR 1985, 154 |
MDR 1985, 483 |
VRS 68, 344 |
VersR 1985, 441 |
ZfS 1985, 200 |