Leitsatz (amtlich)
Zum Ausgleich von Anwartschaften eines Ehegatten bei der Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung im Saarland.
Normenkette
BGB §§ 1587, 1587a Abs. 2 Nrn. 3, 4d
Verfahrensgang
Tenor
Die weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats – Senat für Familiensachen I – des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 11. Juni 1981 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Abschnitt I b des Beschlußausspruchs wie folgt neu gefaßt wird:
Zu Lasten der gegenüber der Landesversicherungsanstalt für das Saarland – Abteilung Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung – bestehenden Zusatzversorgungsanwartschaft des Antragsgegners (Vers.Nr.: …) werden für die Antragstellerin auf ihrem Versicherungskonto Nr. … bei der Landesversicherungsanstalt für das Saarland Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 2,96 DM – bezogen auf den 28. Februar 1978 – begründet.
Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Antragsgegner zu tragen.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Die im Jahre 1937 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der im Jahre 1941 geborene Ehemann (Antragsgegner) haben am … August 1962 die Ehe geschlossen. Am. März 1978 ist dem Ehemann der Scheidungsantrag der Ehefrau zugestellt worden.
Beide Parteien haben in der Ehezeit (1. August 1962 bis 28. Februar 1978, § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar die Ehefrau in Höhe von monatlich 30,50 DM und der Ehemann in Höhe von monatlich 447,70 DM. Der Ehemann hat außerdem vom 1. August 1955 bis zum 10. Januar 1956 und – während der Ehezeit – vom 1. Oktober 1964 bis zum 12. September 1965 Versicherungszeiten bei der Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung im Saarland (HZV) zurückgelegt. Er hat damit die besondere Wartezeit für den Anspruch auf eine Zusatzrente bei der HZV von 60 Monaten – noch – nicht erfüllt. Auf der Grundlage der tatsächlich für ihn zu der HZV entrichteten Beiträge errechnet sich eine auf die Dauer der Ehezeit entfallende Aussicht auf eine dynamische Jahresrente in Höhe von 70,95 DM.
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat durch Verbundurteil die Ehe der Parteien vorab geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 23. Juni 1978). Den Versorgungsausgleich hat es später in der Weise geregelt, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 208,60 DM (Hälfte des Wertunterschiedes zwischen 447,70 DM und 30,50 DM), bezogen auf den 28. Februar 1978, auf das Konto der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) für das Saarland (weitere Beteiligte zu 1) übertragen hat. Die Anwartschaft des Ehemannes bei der HZV hat das Amtsgericht nicht in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen, weil sie – als Anwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung – mangels Erfüllung der besonderen gesetzlichen Wartezeit von 60 Monaten noch nicht unverfallbar sei.
Gegen diese Entscheidung hat die Ehefrau Beschwerde eingelegt mit dem Begehren, auch die Anwartschaft des Ehemannes bei der HZV zu ihren Gunsten öffentlich-rechtlich auszugleichen.
Das Oberlandesgericht hat der Beschwerde stattgegeben und den Ehemann – in teilweiser Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts – verpflichtet, zur Begründung einer monatlichen Rentenanwartschaft von 2,96 DM, bezogen auf den 28. Februar 1978, zugunsten der Ehefrau einen Betrag von 561,28 DM an die LVA für das Saarland zu zahlen.
Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der er die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erstrebt.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde hat keinen Erfolg, soweit der Ehemann die Verweisung seiner Anrechte auf eine Zusatzversorgung bei der HZV in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich begehrt. Jedoch wird der angefochtene Beschluß wegen der Form des durchzuführenden Ausgleichs neu gefaßt.
1. Die HZV ist, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, eine überbetriebliche Zusatzversicherung für die Arbeitnehmer in den Betrieben der Saarhütten und anderer Unternehmen der eisenerzeugenden, – verarbeitenden und – weiterverarbeitenden Industrie im Saarland (§ 1 HZvG vom 22. Dezember 1971, BGBl. I 2104; vgl. auch BRats Drucks. 688/70 S. 8).
Leistungen aus der HZV werden nur zusätzlich zu vergleichbaren Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung – bei Erfüllung einer besonderen Wartezeit von 60 Kalendermonaten – gewährt (§ 3 Abs. 2, Abs. 3, § 6 HZvG). Für die Gewährung von Zusatzrenten aus der HZV wegen Berufsunfähigkeit und wegen Erreichens der Altersgrenze gelten grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen wie in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Bemessung der Leistungen aus der HZV sind weitgehend die einschlägigen Vorschriften der RVO maßgebend (vgl. besonders § 3 Abs. 3, §§ 4, 5, 6, 8, 10 HZvG; BT-Drucks. VI/1980).
2. Da die HZV als betriebliche Zusatzversorgung (vgl. Rolland 1. EheRG 2. Aufl. § 1587 a Rdn. 80 d; BR-Drucks. 688/70 S. 8 „überbetriebliche Zusatzversicherung”) weder eine gesetzliche Rentenversicherung ist noch zu den Beamtenversorgungen oder beamtenähnlichen Versorgungen gehört, hat das Oberlandesgericht die Anrechte des Ehemannes aus dieser Zusatzversicherung nach dem damaligen Rechtszustand zutreffend der Ausgleichsform des § 1587 b Abs. 3 BGB unterworfen.
Soweit diese Ausgleichsform Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB erfaßte, war grundsätzlich die allgemeine Regelung in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB zu beachten, nach der Anrechte auf betriebliche Altersversorgung nur dann öffentlich-rechtlich auszugleichen sind, wenn sie im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung bereits unverfallbar sind; andernfalls finden die Vorschriften über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Anwendung. Diese allgemeine Regelung gilt jedoch kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift nicht für die HZV. Die HZV fällt vielmehr unter die – vor allem mit Blick auf sie geschaffene (vgl. BT-Drucks. 7/4361 S. 39 zu § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 d) – Sonderregelung des §.1587 a Abs. 2 Nr. 4 d BGB, die als speziellere Norm der allgemeinen Regelung in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB vorgeht (Rolland a.a.O. Rdn. 80 d, 106; Ruland-Tiemann, Versorgungsausgleich und steuerliche Folgen der Ehescheidung, Rdn. 271, 330; Soergel/Schmeiduch BGB 11. Aufl. § 1587 a Rdn. 215; MünchKomm/Maier BGB § 1587 a Rdn. 265, 236; Palandt/Diederichsen BGB 43. Aufl. § 1587 a Anm. 3 B zu Ziff. 4 d).
§ 1587 a Abs. 2 Nr. 4 d BGB erfaßt Renten und ähnliche wiederkehrende Leistungen sowie Anwartschaften und Aussichten auf Altersversorgung (und Versorgung wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit) außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung, die sich – wie es bei der HZV der Fall ist – nach den für die gesetzliche Rentenversicherung geltenden Grundsätzen bemessen. Für die Zwecke der Bewertung der Anwartschaften bleibt in den Fällen des § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 d BGB nach § 1587 a Abs. 7 BGB außer Betracht, ob im Zeitpunkt der Scheidung die Wartezeit für die Rente bereits erfüllt ist (vgl. Soergel/Schmeiduch a.a.O. Rdn. 207, 52; Palandt/Diederichsen a.a.O.). Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen im Sinne von § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 d BGB sind mithin im Wege des öffentlich-rechtlichen – Wertausgleichs ohne Rücksicht darauf auszugleichen, ob sie bereits unverfallbar oder – etwa mangels Erfüllung einer Wartezeit – noch verfallbar sind.
In diesem Sinn hat das Oberlandesgericht die Anrechte des Ehemannes auf eine Zusatzversorgung bei der HZV zu Recht in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen, obwohl der Ehemann die besondere Wartezeit nach § 3 Abs. 3 HZVG bisher nicht erfüllt hat.
3. Die von dem Oberlandesgericht ausgesprochene Verpflichtung zur Beitragszahlung nach § 1587 b Abs. 3 BGB trifft den Ehemann allerdings nicht mehr. Denn die Vorschrift des § 1587 b Abs. 3 Satz 1 BGB über die Beitragszahlungspflicht ist mit Wirkung vom 1. April 1983 an nach § 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) vom 21. Februar 1983 (BGBl. I 105) durch eine neue Regelung ersetzt worden.
Da das Gesetz nach seinem zeitlichen Geltungswillen sämtliche noch nicht rechtskräftig erledigten Verfahren über den Versorgungsausgleich in den Fällen des früheren § 1587 b Abs. 3 Satz 1 BGB erfaßt, ist es im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren anzuwenden und zur Grundlage der hier zu treffenden Entscheidung zu machen (vgl. Senatsbeschluß vom 6. Juli 1983 – IVb ZB 842/81 = FamRZ 1983, 1003, 1004).
Nach § 1 Abs. 2 VAHRG tritt an die Stelle der bisherigen Verpflichtung zur Beitragszahlung nach § 1587 b Abs. 3 Satz 1 BGB die Ausgleichsform der Realteilung, wenn die für das … Anrecht des Ausgleichsverpflichteten maßgebende Regelung dies vorsieht. Andernfalls findet für Anrechte, die sich gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger richten, das Quasi-Splitting in sinngemäßer Anwendung des § 1587 b Abs. 2 BGB (§ 1 Abs. 3 VAHRG), im übrigen der schuldrechtliche Versorgungsausgleich (§ 2 VAHRG) statt. Träger der HZV ist die LVA für das Saarland (§ 14 HZvG), also ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger im Sinne von § 1 Abs. 3 VAHRG. Bei der LVA für das Saarland ist eine Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG für die HZV nicht vorgesehen. Infolgedessen ist der Ausgleich der ehezeitlich erlangten Anwartschaft des Ehemannes auf eine Zusatzversorgung in der HZV gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB – in sinngemäßer Anwendung – im Wege des Quasi-Splittings durchzuführen (vgl. Rolland Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich § 1 Rdn. 84; Maier, Härteregelungen zum Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung § 1 Anm. 3).
Den Wert der hiernach auszugleichenden Anwartschaft hat das Oberlandesgericht mit monatlich 5,91 DM festgestellt. Bedenken hiergegen und gegen die zugrundelegende Wertermittlung sind nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich.
Auf die weitere Beschwerde des Ehemannes sind daher – in Abänderung der ihm von dem Oberlandesgericht auferlegten Pflicht zur Beitragszahlung – in Höhe der Hälfte des Betrages von 5,91 DM, also in Höhe von 2,96 DM, Rentenanwartschaften für die Ehefrau zu begründen.
4. Soweit die weitere Beschwerde – hilfsweise – den Ausschluß des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs beantragt, weil es grob unbillig sei, den Ehemann sofort zur Einzahlung eines Beitrages zugunsten der Ehefrau an die LVA zu verpflichten, obwohl er selbst voraussichtlich im Versicherungsfall keine Leistungen aus der HZV erhalten werde, kommt diesen Erwägungen keine rechtserhebliche Bedeutung mehr zu, nachdem der Versorgungsausgleich insoweit im Wege des Quasi-Splittings durchzuführen ist.
Gründe, die den Ausgleich in der Form des § 1587 b Abs. 2 BGB nach § 1587 c Nr. 1 BGB als grob unbillig erscheinen lassen könnten, sind nicht dargetan. Insbesondere kann eine grobe Unbilligkeit, wie das Oberlandesgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, nicht daraus hergeleitet werden, daß die Anrechte des Ehemannes aus der HZV nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 1587 a Abs. 7 BGB trotz Nichterfüllung der besonderen Wartezeit in den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich einzubeziehen sind.
Unterschriften
Lohmann, Blumenröhr, Krohn, Zysk, Nonnenkamp
Fundstellen
Haufe-Index 1520575 |
Nachschlagewerk BGH |