Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 26.11.1992) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 4. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 26. November 1992 dahin abgeändert, daß Absatz 2 Ziffer 2 des Beschlußausspruchs folgende Fassung erhält: „Wegen eines übersteigenden Ausgleichsanspruchs bleibt der Ehefrau der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.”
Im übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Das Verfahren betrifft die Abänderung der Regelung des Versorgungsausgleichs gemäß § 10 a VAHRG.
1. Die am 28. Juli 1940 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der am 26. Mai 1930 geborene Ehemann (Antragsgegner) hatten am 28. Juli 1965 die Ehe geschlossen. Auf den am 9. März 1982 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemannes hatte das Familiengericht durch Urteil vom 8. Juni 1984 – rechtskräftig seit dem 13. August 1984 – die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei war es davon ausgegangen, daß die Ehefrau während der Ehezeit (1. Juli 1965 bis 28. Februar 1982, § 1587 Abs. 2 BGB) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, weitere Beteiligte zu 1) eine monatliche Rentenanwartschaft in Höhe von 88,20 DM, bezogen auf den 28. Februar 1982, erworben hatte. Der Ehemann, von Beruf Diplom-Ingenieur und Architekt, hatte sich als technischer Angestellter der Stadt Hamburg von der gesetzlichen Rentenversicherung mittels einer Lebensversicherung befreien lassen. Er besaß indessen nach den Bestimmungen des Hamburgischen Ruhegeldgesetzes (RGG) eine Versorgungsanwartschaft gegenüber der Freien und Hansestadt Hamburg (weitere Beteiligte zu 2), deren auf die Ehezeit entfallender (dynamisierter) Wert mit 90,75 DM, bezogen auf das Ehezeitende, festgestellt worden war. Demgemäß hatte das Familiengericht den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß in Höhe der Hälfte der Differenz, nämlich (90,75 – 88,20 = 2,55: 2 =) 1,28 DM ein Quasi-Splitting zugunsten der Ehefrau angeordnet und ihr im übrigen der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten worden war. In einem zu gerichtlichem Protokoll geschlossenen Vergleich hatten die Eheleute außerdem nähere Einzelheiten bezüglich der später zu zahlenden schuldrechtlichen Ausgleichsrente auf der Grundlage der damals gegebenen Werte vereinbart.
2. Seit dem 1. November 1986 befindet sich der Ehemann im Ruhestand und bezieht Ruhegeld nach dem RGG. Die Ehefrau hat mit einem am 21. April 1989 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich beantragt. Das Amtsgericht ist aufgrund neuer Auskünfte der Beteiligten davon ausgegangen, daß die auf die Ehezeit entfallende Rentenanwartschaft der Ehefrau 110,80 DM und der Ehezeitanteil an der Versorgung des Ehemannes 2.257,30 DM beträgt, jeweils monatlich und bezogen auf den 28. Februar 1982. Demgemäß hat es den Ausgleichsbetrag mit (2.257,30 – 110,80 = 2.146,50: 2 =) 1.073,25 DM angenommen und den Versorgungsausgleich mit Rücksicht auf den gemäß § 1587 b Abs. 5 BGB bestehenden Höchstbetrag von 1.004 DM, die für die Ehefrau bereits für die Ehezeit bestehende Rentenanwartschaft von 110,80 DM und die in der Erstentscheidung bereits für sie begründete Anwartschaft von 1,28 DM dahin neu geregelt, daß zugunsten der Ehefrau weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 891,92 DM, bezogen auf das Ehezeitende, begründet werden; in Höhe des verbleibenden Betrages von 180,05 DM hat es den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich angeordnet, denn die Ehefrau habe einen entsprechenden Antrag gestellt.
Gegen diese Entscheidung hat der Ehemann Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, „über den Versorgungsausgleich anderweitig zu entscheiden”. Er hat u.a. geltend gemacht, einer Abänderung der Ausgleichsregelung stehe die im Verbundverfahren vergleichsweise geschlossene Vereinbarung der Ehegatten entgegen. Dem hat die Ehefrau widersprochen. Sie hat sich der Beschwerde mit der Begründung angeschlossen, die auf ihrer Seite in die Differenzberechnung eingesetzte Rentenanwartschaft sei mit 110,80 DM zu hoch bewertet. Sie habe nämlich die durch die Heiratserstattung erlangten Beiträge inzwischen wieder eingezahlt; das habe zur Folge, daß die ehezeitlich geleisteten Pflichtbeiträge geringer bewertet würden.
Das Oberlandesgericht hat neue Auskünfte der BfA vom 3. Januar 1991 und – nach dem Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes – vom 11. September 1992 eingeholt. Danach beträgt der Ehezeitanteil der Rentenanwartschaft der Ehefrau nur noch 64,60 DM monatlich, bezogen auf den 28. Februar 1982. Demgemäß hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert. Es hat den im Verbundurteil geregelten Versorgungsausgleich dahin abgeändert, daß (Ziffer 1) zu Lasten der für den Ehemann bei der Freien und Hansestadt Hamburg – Senatsamt für den Verwaltungsdienst – bestehenden Versorgung auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften von monatlich 939,40 DM, bezogen auf den 28. Februar 1982, begründet werden – die in Entgeltpunkte umzurechnen sind – und (Ziffer 2) hinsichtlich einer weiteren Rentenanwartschaft von 81,73 DM der Ehefrau der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten bleibe. Es hat ausgeführt, eine entsprechende Rente könne sie gegenwärtig aber noch nicht verlangen, weil die Voraussetzungen des § 1587 g Abs. 1 BGB noch nicht erfüllt seien. Im übrigen hat es Beschwerde und Anschlußbeschwerde zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die zugelassene weitere Beschwerde des Ehemannes, mit der er das Ziel verfolgt, daß die ehezeitlich erworbene Rentenanwartschaft der Ehefrau ohne Berücksichtigung der nach Ehezeitende nachentrichteten freiwilligen Beiträge weiterhin mit 110,80 DM bewertet wird. Der Senat hat eine Stellungnahme der BfA eingeholt, die diese unter dem 26. Mai 1994 abgegeben hat.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Voraussetzungen für eine Abänderung des im Erstverfahren geregelten Versorgungsausgleichs gemäß § 10 a VAHRG haben die Vorinstanzen zu Recht für gegeben erachtet. Der Ehemann bezieht aus dem Anrecht, das seinerzeit als statisch bewertet worden war, eine unverfallbare volldynamische Versorgungsrente mit der Folge, daß zugunsten der Ehefrau eine die Wesentlichkeitsschwelle (§ 10 a Abs. 2 VAHRG) deutlich überschreitende Neuregelung vorzunehmen ist. Das greift die weitere Beschwerde ebensowenig an wie die Bewertung des Ehezeitanteils des vom Ehemann bezogenen Ruhegeldes, den das Oberlandesgericht – insoweit zu seinen Gunsten – unter entsprechender Anwendung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b BGB rechnerisch richtig lediglich mit 2.106,87 DM errechnet hat.
Der Ehemann wendet sich schließlich auch nicht mehr dagegen, daß das Oberlandesgericht die Scheidungsfolgenvereinbarung der Parteien vom 8. Juni 1984 im vorliegenden Abänderungsverfahren nicht berücksichtigt hat, weil sie mangels Erteilung der erforderlichen familiengerichtlichen Genehmigung (§ 1587 o Abs. 2 Satz 3 BGB) nicht rechtswirksam geworden sei. Rechtliche Bedenken sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Die weitere Beschwerde verfolgt ausschließlich das Ziel, daß die ehezeitlich von der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbene Anwartschaft nicht mit dem vom Oberlandesgericht – gestützt auf die Auskunft der BfA vom 11. September 1992 – ermittelten Wert von 64,60 DM (hier und im folgenden: monatlich und bezogen auf den 28. Februar 1982) in die Ausgleichsbilanz eingestellt wird, sondern mit dem Wert von 110,80 DM, der sich aus der Auskunft der BfA vom 14. August 1989 ergeben hatte.
Diese Differenz beruht auf folgenden Vorgängen: In der Erstentscheidung war der Ehezeitanteil dieser Rentenanwartschaft mit 88,20 DM bewertet worden. Nach Ehezeitende hat die Ehefrau durch Entrichtung weiterer Pflichtbeiträge nachträglich die sogenannte Halbbelegung mit wenigstens 60 Pflichtbeiträgen erfüllt, was zu einer Werterhöhung der ehezeitlich erworbenen Rentenanwartschaft von 88,20 DM auf 110,80 DM führte. Dagegen verminderte sich der Wert dieser Anwartschaft von 110,80 DM auf 64,60 DM dadurch, daß die Ehefrau im November 1989 die Pflichtbeiträge, die ihr im Wege der sogenannten Heiratserstattung nach der Eheschließung zurückgezahlt worden waren, wieder eingezahlt hat.
Denn dadurch wurde der Eintritt in die Versicherung im Sinne von § 32 Abs. 4 AVG auf den 1. April 1958 vorverlegt (statt bisher 1. September 1978) mit der Folge, daß die ersten fünf Versicherungsjahre nunmehr nicht mehr in die Ehezeit fallen. Die zuvor günstigere Bewertung u.a. der von ihr in der Zeit vom 1. September 1978 bis zum 28. Februar 1982 geleisteten Beiträge (nach § 32 Abs. 4 b AVG mit dem Wert 7,50 pro Kalendermonat) ist entfallen und die in dieser Zeit geleisteten Beiträge werden nunmehr nur noch mit ihrem geringeren tatsächlichen Wert berücksichtigt.
Die weitere Beschwerde vertritt die Auffassung, daß Rechtsfolgen, die sich aus Beitragszahlungen nach dem Ende der Ehezeit für vor der Ehe liegende Zeiten ergeben, gemäß § 1587 BGB im Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt werden dürfen, weil ihnen der nötige Bezug zur Ehe fehle. Allerdings will die weitere Beschwerde offenbar die durch die Erfüllung der Halbbelegung zunächst eingetretene Werterhöhung auf 110,80 DM anerkennen, denn sie wendet sich nur gegen die anschließende Wertverringerung.
3. Die umstrittene Bewertung der Rentenanwartschaft, die die Ehefrau ehezeitlich bei der BfA erworben hat, wirkt sich auf den im vorliegenden Verfahren zu regelnden öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nicht aus. Denn nach der vom OLG seiner Entscheidung zugrundegelegten Auskunft der BfA vom 11. September 1992 ist wegen der Regelung in § 1587 b Abs. 5 BGB i.V.m. § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI unter Berücksichtigung der in der Ehezeit bereits vorhandenen Entgeltpunkte eine Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften für die Ehefrau nur noch bis zu einem Betrag von 939,40 DM zulässig. Dieser Wert wird in vollem Umfang unabhängig davon ausgeschöpft, ob der Auffassung der weiteren Beschwerde zu folgen ist. Denn auch dann, wenn der Ehezeitanteil der Rentenanwartschaft weiterhin mit 110,80 DM (entsprechend der Auskunft der BfA vom 14. August 1989) zu bewerten wäre und demgemäß der Unterschied der auszugleichenden Versorgungen nicht (2.106,87 – 64,60 =) 2.042,27 DM, sondern nur (2.106,87 – 110,80 =) 1.996,07 DM betrüge, bliebe es bei der Begründung von Rentenanwartschaften für die Ehefrau in Höhe von 939,40 DM, weil der Ausgleichsbetrag mit 998,03 DM immer noch darüber läge. Die unterschiedliche Bewertung des Ehezeitanteils beeinflußt lediglich die Höhe des verbleibenden Wertes, der nicht mehr öffentlich-rechtlich ausgeglichen werden kann und einem späteren schuldrechtlichen Ausgleich unterfällt.
Gleichwohl fehlt der weiteren Beschwerde nicht die Beschwerdeberechtigung. Hierfür reicht aus, daß der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt wird. Wie der Senat inzwischen entschieden hat, ist das schon dann anzunehmen, wenn im Verfahren zur Regelung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs der Betrag, dessen Ausgleich aus den in § 1587 f BGB genannten Gründen nicht möglich ist, genau ermittelt und zum Gegenstand eines besonderen Feststellungsausspruchs gemacht wird (Senatsbeschluß vom 26. Oktober 1994 – XII ZB 114/93 – FamRZ 1995, 293). Denn in solchen Fällen besteht die Gefahr, daß die Beteiligten bei einer späteren Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs den anscheinend rechtskräftig gewordenen Ausspruch zur Grundlage des Anspruchs auf die Geldrente machen, obwohl der Feststellung eine Bindungswirkung nicht zukommt (vgl. den weiteren Senatsbeschluß vom 26. Oktober 1994 – XII ZB 126/92 – FamRZ 1995, 157, 158).
4. Absatz 2 Ziffer 2 des Beschlußausspruchs der angefochtenen Entscheidung, wonach der Ehefrau hinsichtlich einer Rentenanwartschaft von 81,73 DM, bezogen auf den 28. Februar 1982, der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten bleibt, ist aufzuheben. Im gegenwärtigen Verfahren ist darüber nicht zu entscheiden und in einem denkbaren späteren Verfahren wäre über den durch eine Geldrente noch auszugleichenden Betrag ohne Bindung an den im vorliegenden Verfahren errechneten Wert zu befinden. Feststellungen über dessen Höhe sind danach ohne ausreichenden Nutzen für die Beteiligten. Besondere Gründe, die ausnahmsweise ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung schon im Zeitpunkt der hier zu treffenden Abänderungsentscheidung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Nonnenkamp, Gerber, Sprick
Fundstellen