Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebungsklage gegen einen Schiedsspruch

 

Normenkette

ZPO § 1041 Abs. 1 Nr. 5

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 5. November 1982 - 2 U 256/81 - wird nicht angenommen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 2.500.000 DM

 

Gründe

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision verspricht im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.

1.

Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des LG Braunschweig vom 24. März 1981 als unbegründet angesehen.

In dem angefochtenen Teilurteil hat das Landgericht die Aufhebungsklage gegen den Schiedsspruch vom 4. Oktober 1976, soweit in ihm der Teilschiedsspruch vom 5. Juni 1975 "wiederholt" worden ist, wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat sich seiner Rechtsauffassung angeschlossen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 11. Oktober 1979 - III ZR 25/77 - KTS 1980, 130 - entschieden hat, handelt es sich "bei der mit Datum vom 5.6.1975 erstmals verlautbarten, abgefaßten und später berichtigten, danach zugestellten und niedergelegten Entscheidung des Schiedsgerichts" um "ein und dasselbe (identische) Teilurteil" (S. 11 f.). Der Revision ist nicht darin zu folgen, daß die Berichtigung und erneute Verlautbarung dieses Teilschiedsspruchs eine zweite selbständige Aufhebungsklage statthaft macht. Vielmehr erfaßt die Aufhebungsklage gegen den Teilschiedsspruch vom 5. Juni 1975 auch die Berichtigung vom 4. Oktober 1976; eine Aufhebung des ursprünglichen Teilschiedsspruchs macht auch die Berichtigung gegenstands- und wirkungslos. Einer zweiten Aufhebungsklage bedarf es daher nicht. Mit einem Ergänzungsurteil nach § 321 ZPO, das selbständig neben das ergänzte Urteil tritt, läßt die vorliegende Fallgestaltung sich nicht vergleichen.

2.

Auch soweit die Berufung des Klägers gegen das Schlußurteil des Landgerichts Braunschweig vom 27. Oktober 1981 zurückgewiesen worden ist, läßt das Berufungsurteil Rechtsfehler nicht erkennen.

a)

Den Aufhebungsgrund des § 1041 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (Fehlen einer Begründung des Schiedsspruchs) hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum verneint.

Dem vom Kläger angegriffenen Schiedsspruch fehlt nicht die erforderliche Begründung (§ 1041 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). An die Begründung von Schiedssprüchen können nicht die für Urteile staatlicher Gerichte geltenden Meßstäbe angelegt werden. Die Begründung eines Schiedsspruchs muß lediglich gewissen Mindestanforderungen entsprechen. Sie darf nicht offenbar widersinnig sein oder im Widerspruch zur Entscheidung stehen; sie darf sich nicht auf inhaltsleere Redensarten beschränken und muß zu den wesentlichen Verteidigungsmitteln der Parteien Stellung nehmen (vgl. Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl. 1979 S. 143, 181). Diesen Anforderungen entspricht der Schiedsspruch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts. Die hiergegen erhobenen Bedenken der Revision greifen nicht durch. Die Begründung läßt die tragenden Erwägungen des Schiedsgerichts erkennen. Sie brauchte sich weder mit allen einzelnen Einwänden des Klägers ausdrücklich auseinanderzusetzen, noch sämtliche Zeugenaussagen ausdrücklich zu erörtern; dies wird nicht einmal von der Begründung des Urteils eines staatlichen Gerichts gefordert (vgl. BVerfG JZ 1977, 20; BGHZ 39, 333, 338).

Ob der Teilschiedsspruch vom 5. Juni 1975 deshalb als "nicht mit Gründen versehen" anzusehen ist, weil seine Begründung in dem Schiedsspruch vom 4. Oktober 1976 berichtigt wurde, bedarf keiner Entscheidung, weil der ursprüngliche Teilschiedsspruch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.

Das Schiedsgericht hat auch in dem weiteren Schiedsspruch vom 4. Oktober 1976 kein selbständiges Verteidigungsmittel des Klägers mit Stillschweigen übergangen.

Selbständig ist ein Verteidigungsmittel, wenn es den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bildet (RG HRR 1939, 577), d.h. aus sich heraus rechtsbegründend oder rechtsvernichtend, rechtshindernd oder rechtserhaltend wirkt (BGH LM § 41 p PatG Nr. 26; vgl. auch Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl., § 64 I 3 S. 362).

Es kann dahingestellt bleiben, ob es in diesem Sinne ein selbständiges Verteidigungsmittel darstellt, wenn der Kläger geltend macht, die Beklagte sei durch ihr Kündigungsschreiben vom 6. Juni 1974 selbst aus der Gesellschaft ausgeschieden und habe ihn deshalb nicht mehr ausschließen können. Denn das Schiedsgericht hat dieses Verteidigungsmittel nicht übergangen. Die Ausführungen des Schiedsgerichts müssen im Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe in Verbindung mit den Erörterungen im vorausgegangenen Verfahren gesehen werden (BGH LM § 41 p PatG Nr. 31). Bei der Erörterung der im Schiedsgerichtsverfahren vom Kläger erhobenen Widerklage hat das Schiedsgericht auch ausgeführt, den Erklärungen der Beklagten könne nicht entnommen werden, sie habe den Gesellschaftsvertrag notfalls oder hilfsweise mit der Folge des eigenen Ausscheidens kündigen wollen. Entgegen der Meinung der Revision lassen diese Ausführungen nicht erkennen, daß sie sich nicht auch auf das Schreiben vom 6. Juni 1974 beziehen, in dem die Beklagte das Gesellschaftsverhältnis fristlos "gekündigt" hat.

b)

Entgegen der Auffassung der Revision ist der Schiedsvertrag vom 5. Mai 1971, auf dem der beanstandete Schiedsspruch beruht, nicht unwirksam. Daß der Schiedsvertrag formwirksam zustande gekommen ist, hat der Senat in seinem - nach Abfassung der Revisionsbegründung ergangenen - Beschluß vom 29. Juni 1983 - III ZR 225/82 - näher ausgeführt. Eine Nichtigkeit des Schiedsvertrags läßt sich auch nicht aus § 91 GWB herleiten. Die Feststellung des Berufungsgerichts, es fehle an jedem Sachvortrag des Klägers dazu, daß und inwiefern die zwischen den Parteien abgeschlossenen Verträge zu einer Marktbeeinflussung durch Wettbewerbsbeschränkung hätten führen können, wird von der Revision nicht angegriffen. Dies muß aber dargetan sein, wenn der Schiedsvertrag nach § 91 GWB nichtig sein soll (BGH LM § 91 GWB Nr. 3).

c)

Der von dem Schiedsgericht gefällte Schiedsspruch beruht nicht auf einem unzulässigen Verfahren (§ 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Durchführung der Beweisaufnahme durch das Schiedsgericht machte das Verfahren nicht unzulässig. Das Schiedsgericht durfte nach § 1035 ZPO alle ihm erforderlich erscheinenden Beweise ohne Bindung an Beweisanträge erheben (vgl. Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl. 1979 S. 101 ff.). Ob das Schiedsgericht die Widerklage des Klägers auf Grund des beiderseitigen Parteivorbringens und der vorgelegten Urkunden abweisen durfte, braucht hier nicht entschieden zu werden, weil der Teilschiedsspruch vom 5. Juni 1975 im Hinblick auf die anderweitige Rechtshängigkeit kein zulässiger Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Daß das Schiedsgericht nicht allen Beweisanträgen des Klägers nachgegangen ist, stellt keinen wesentlichen Verfahrensverstoß im Sinne des § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO dar (vgl. BVerfG, Vorbescheid vom 14. Oktober 1958 - 1 BvR 486/58 - mitgeteilt bei Arndt, NJW 1959, 6 Fn. 6; BGH, Urteil vom 6. Dezember 1965 - VII ZR 149/63 = KTS 1966, 45; Schwab a.a.O. S. 103).

Auch der Erlaß des zweiten Teilschiedsspruchs unter Vorbehalt der Entscheidung über weitere Streitpunkte stellt kein unzulässiges Verfahren dar. Wenn das Schiedsgericht über einen Teil der Schiedsklage entschied und die Bescheidung weiterer von der Beklagten geltend gemachter Ansprüche vorbehielt, kann dies allenfalls zu einer materiell unrichtigen Entscheidung geführt haben. Die von der Revision herangezogene Entscheidung BGHZ 20, 311 betrifft den hiermit nicht vergleichbaren Fall einer Sachentscheidung durch Teilurteil über eine unselbständige Anschlußberufung vor endgültiger Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung.

d)

Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 1041 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) ist nicht erkennbar.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist auch im Schiedsgerichtsverfahren zu beachten; das Schiedsgericht ist aber z.B. nicht gehalten, den Parteien seine Rechtsansicht mitzuteilen (BGHZ 31, 43, 46; 65, 59, 63).

Durch die Trennung des Verfahrens am 21. August 1976 hat das Schiedsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Nach den Feststellungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts hatte der Kläger Gelegenheit, durch seinen Prozeßbevollmächtigten im Termin zu dieser Frage Stellung zu nehmen und auf eine Entscheidung gegen die Beklagte hinzuwirken. Daß diese Gelegenheit nicht wahrgenommen wurde, begründet keine Vorenthaltung des rechtlichen Gehörs.

Auch in der Durchführung der Beweisaufnahme vor dem Schiedsgericht liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergeben sich keine Konsequenzen für die Durchführung der Beweisaufnahme und für die Beweislast (Maunz/ Dürig /Herzog/Scholz, Grundgesetz Art. 103 Abs. I, Rdn. 73).

e)

Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Anerkennung des Schiedsspruchs sei mit den guten Sitten und der öffentlichen Ordnung nicht vereinbar (§ 1041 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

aa)

Eine Sittenwidrigkeit der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge, auf denen die Schiedssprüche beruhen, hat das Berufungsgericht aus tatsächlichen Gründen verneint. Die hiergegen von der Revision erhobenen Bedenken greifen nicht durch.

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist das staatliche Gericht weder an die tatsächlichen Feststellungen noch an die Rechtsauffassung des Schiedsgerichts gebunden, sondern hat selbständig zu prüfen, ob ein solcher Verstoß vorliegt (BGHZ 30, 89, 95; 46, 365, 370; BGH NJW 1972, 2180, 2181; NJW 1973, 98, 100). Es ist auch durch tatsächliche Feststellungen des Schiedsgerichts, aus denen sich - im Gegensatz zur Auffassung des Schiedsgerichts - eine Sittenwidrigkeit ergeben könnte, nicht an neuen Feststellungen gehindert, auf Grund deren eine Sittenwidrigkeit zu verneinen ist.

Die Feststellungen, auf deren Grundlage das Berufungsgericht die Sittenwidrigkeit der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge verneint hat, werden von der Revision nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffen. Die rechtliche Folgerung des Berufungsgerichts ist nicht durch Rechtsirrtum beeinflußt.

bb)

Eine Satzungsbestimmung, die vorsieht, daß ein Gesellschafter einer GmbH aus wichtigem Grund durch Beschluß der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden kann, ist zulässig (BGHZ 9, 157, 160; 32, 17, 22). Auch bei einer lediglich aus zwei Gesellschaftern bestehenden GmbH ist das nicht anders (BGHZ 32, 17, 22). Die entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag der P.-GmbH kann daher nicht als sittenwidrig angesehen werden.

cc)

Ebensowenig liegt ein Verstoß gegen die guten Sitten vor, wenn ein Gesellschafter, der selbst nicht vertragstreu war, die Ausschließung eines anderen Gesellschafters beschließt. Bei der Entscheidung über die Wirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses ist allerdings zu prüfen, ob das Verhalten des Ausgeschlossenen auch im Lichte des Verhaltens des Ausschließenden als ein wichtiger Grund anzusehen ist. Diese Frage ist, wenn ein wirksamer Schiedsvertrag vorliegt, durch das Schiedsgericht zu prüfen und zu entscheiden. Eine fehlerhafte Bewertung des beiderseitigen Verhaltens durch das Schiedsgericht begründet aber als solche keinen Verstoß gegen die guten Sitten.

dd)

Die Festsetzung der Abfindung beim Ausscheiden eines Gesellschafters kann im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich frei geregelt werden. Wird für den Fall der Ausschließung eine dem Wert der Beteiligung nicht voll entsprechende Abfindung vorgesehen, so ist diese Regelung als solche nicht sittenwidrig (vgl. BGHZ 65, 22, 26 ff.); es ist nur zu beachten, daß damit "eine Art Vertragsstrafe" verhängt wird (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 7. Aufl., § 34 Anh. Rdn. 41) und daher die Voraussetzungen einer solchen vorliegen müssen. Gegen diese Annahme bestehen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Bedenken.

Daß eine vorgesehene Abfindung nicht zugleich mit der Ausschließung festgesetzt, sondern die Festsetzung später nachgeholt wird, macht die Ausschließung ebenfalls nicht sittenwidrig.

ee)

Die Übertragung der gewerblichen Schutzrechte des Klägers auf die mit der Beklagten gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts war in den Verträgen zwischen den Parteien vorgesehen. Ob das Schiedsgericht mit Recht den Anspruch auf Übertragung der Schutzrechte der Beklagten zugesprochen hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist darin auch nach dem Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft eine Sittenwidrigkeit nicht zu erblicken.

3.

Auch hinsichtlich der Feststellungsanträge des Klägers ist die Zurückweisung der Berufung nicht von Rechtsirrtum beeinflußt.

Soweit Landgericht und Oberlandesgericht das Feststellungsbegehren im Hinblick auf den Teilschiedsspruch vom 5. Juni 1975 als unzulässig angesehen haben, ist ihre Rechtsauffassung nicht zu beanstanden. Ob der Teilschiedsspruch der Aufhebung unterliegt, ist in dem nunmehr wieder beim Landgericht Hannover anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden. Mit dieser Aufhebungsklage kann allenfalls die Klage in der diesbezüglichen Hauptsache verbunden werden. In einem selbständigen Verfahren kann der Anspruch in der Hauptsache erst geltend gemacht werden, wenn der Teilschiedsspruch rechtskräftig aufgehoben ist.

Soweit Landgericht und Oberlandesgericht die Feststellungsanträge als unbegründet angesehen haben, ergibt sich die Richtigkeit ihrer Auffassung aus den Ausführungen zu der Aufhebungsklage gegen den zweiten Schiedsspruch (vgl. oben 2 ff.).

4.

Schließlich ergibt sich aus den Ausführungen zur Aufhebungsklage, daß der Antrag der Beklagten, den Schiedsspruch vom 4. Oktober 1976 für vollstreckbar zu erklären, in dem Umfang, in dem Landgericht und Oberlandesgericht ihm stattgegeben haben, nicht zurückzuweisen war.

 

Unterschriften

Krohn

Tidow

Kröner

Boujong

Engelhardt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1456564

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge